Problem von Anonym - 19 Jahre

Bester Freundin erzählen, dass man stirbt?

Hallo Liebes Mein-Kummerkasten-Team,
hier schicke ich meinen Text noch einmal und ich bitte darum, ihn schnell zu beantworten. Ich habe nicht mehr besinders viel Zeit, bevor ich entweder ein Spenderher bekomme und sterbe. Die Frage, ob meine Themen noch aktuell sind, sollte bei so welchen Texten übrigens nicht verschickt werden.
Ich habe verschiedene Freundeskreise, in jedem einen anderen Spitznamen, aber oft nennt man mich Tabäumel. Ich komme aus der Nähe von Münster, viel mehr möchte ich gar nicht über mich sagen.
Um es relativ leicht verständlich zu machen: Ich bin -eigentlich schon von Geburt an- Herzkrank und brauche ein Spenderherz, dass ist ziemlich dringend, weil ich schon an einer Herzinsuffizienz leide. Wenn dass alles nicht funktioniert dann sterbe ich bald.
Meine Eltern ignorieren das meistens und sagen einfach, dass das schon wieder wird, ich weiß natürlich, dass sie das nur sagen, um mich zu schonen und das nervt!
Wenn sie weinen müssen, dann tun sie das nie vor mir, und darüber reden tun sie auch lieber mit anderen. Verstehe ich auch, denn genauso würde ich es auch machen... hätte ich jemanden zum reden.
Das größte Problem ist nämlich, dass ich meinen Freunden nichts sagen kann. Meine beste Freundin, nennen wir sie Franzi -nur für den Fall, dass sie das ließt- weiß so gut wie nichts davon. Die anderen auch nicht. Dabei kennt Franzi mich sonst in und auswendig. Ich wusste einfach nie wie und warum ich ihr das sagen sollte. Es war nie nötig. Jetzt ist es aber langsam ziemlich ernst geworden und ich möchte die restliche Zeit, die mir noch bleibt hauptsachlich mit ihr verbringen. Sie ist doch meine beste Freundin!? Leider hat sie nie für mich Zeit, sie hat tausende Hobbies, genau wie ich, das Problem ist nur, dass sie keine Grenzen kennt und sich immer noch mehr annimmt, dabei überschneiden sich JETZT SCHON ihre Termine.
Das wäre ja auch alles in Ordnung, wäre da nicht meine Krankheit. Ich wünschte mir jetzt sie käme öfter her, zu mir nach Hause, würde mich in den Arm nehmen und mit mir darüber sprechen. Und wenn ich im Sterben liege wünsche ich sie wäre mein Auge und meine Ohren und könnte mir erzählen, was in der Welt passiert. Was mit unseren Freunden passiert. Aber sie überlegt Anfang des nächsten Jahres ein Auslandsjahr zu machen.
Soll ich sie gehen lassen, noch bevor sie sich verabschieden kann? Oder soll ich es ihr sagen und sie gibt dann ihr ganzes Leben für mich auf, ihre Pläne. Ich bin es schließlich di stirbt und habe ich das Recht andere mit in den Abgrund zu ziehen?

Tabäuumel.

Dana Anwort von Dana

Liebe Unbekannte!

Zuerst einmal eine technische Antwort: unsere "Absagen" sind automatisch generiert. Wir sind ein kleines Team und schaffen nicht alle Antworten. Wenn also die Probleme durch das "Zeitsieb" fallen, kommt automatisch eine Mail, dass die Ratsuchenden es bitte noch einmal versuchen sollen. Daher siehe es dem Kummerkasten nach, wenn es auf dich nicht so 100% passt. Die Automatik kann nicht erkennen, welcher Art das Problem ist, das gerade durch fällt.

Nun zu deinem Problem. Ich werde mich bewusst nicht mit "oh nein!!!" und "das darf ja nicht wahr sein, SO jung..."-Phrasen aufhalten, weil die dir nicht helfen. Du bist krank, es kann sein, dass ein Spenderherz zu spät kommt und du beschäftigst dich mit dem Sterbevorgang, weil er dir bevorstehen KANN. Ich wünsche dir sehr stark, dass es nicht dazu kommen muss, hoffe für dich das Beste, aber sicherlich ist es sinnvoll, sich mit dem auseinander zu setzen, das einem widerfahren könnte.

Und das schließt deine Freundin mit ein. Klar, es wird sie stark fordern, vielleicht auch überfordern, vielleicht leidet eure Freundschaft drunter, weil sie das nicht gut erträgt, vielleicht würde sie aber auch die Vollkrise kriegen, wenn du sterben solltest und sie ist gerade entweder nicht hier oder hat nie etwas mitbekommen. Das kann einen auch fürs Leben zeichnen. Dazu kommt ein nicht gerade unwichtiger Faktor: was willst DU denn? Und DU möchtest gerne mit ihr darüber reden. Du möchtest ihr gerne erklären, was gerade bei dir passiert. Du hast Vertrauen und ihr seid euch nahe.

Ich würde dir daher dazu raten, dich ihr mitzuteilen. In vielen Fällen kommt sogar ein "warum sagst du mir das jetzt erst???" - trau ihr ein wenig als Freundin zu. Ja, es wird hart, ja es wird für sie sehr schwer...aber sie wird am Prozess beteiligt als beste Freundin, ansonsten würdest du sie vollkommen ausschließen und sie hätte dann irgendwann vielleicht nicht nur keine beste Freundin mehr sondern würde noch verstehen, dass sie die komplette Zeit ausgegrenzt worden ist. Gib ihr die Chance, selbst zu entscheiden, wie sie damit umgehen möchte. Sie hat ja nur die Möglichkeit "Nähe oder Flucht" und wird einen Weg wählen. Und vielleicht ist es für sie auch ein Zeichen, sich nicht so zu verzetteln, nicht ALLES zu wollen oder zu machen...und sich ein wenig zu entschleunigen und Zeit für dich zu nehmen. Sowas prägt, sowas macht durchaus erwachsen.

Ich sehe übrigens auch ein ganz großes Problem bei deinen Eltern. Totschweigen und alles auf "ist prima!" zu tun, ist ein schwerwiegender Fehler. Ihr solltet aufarbeiten, ihr solltet zusammen halten, den Tatsachen ins Auge sehen...und auch zusammen weinen, wie auch lachen. Denn trotz dieser gefahrenvollen Zukunft gibt es ja immer auch noch Dinge, die einen bekloppt grinsen lassen. Den Tod zum Tabuthema zu machen, tut dir ja nicht gerade gut. Und das solltest du ebenfalls thematisieren. Vielleicht musst du deine Eltern sogar zur Ehrlichkeit zwingen, vielleicht ist es wichtig, ihnen zu erklären, wie du das siehst und wie DU damit umgehen musst. Es ist DEIN Leben und DEIN Tod, sofern er eintreten muss. Nicht ihrer.

Trotzdem wünsche ich dir natürlich, dass das für dich Bestmögliche passiert und du die Chance auf ein Weiterleben hast. In deiner Familie, in deinem Freundeskreis, in deinem Leben.

Alles Liebe, viel Mut und viel Glück!

Dana