Problem von Tanja - 18 Jahre

Mitleidsfreundschaften

Hallo Liebes Kummerkastenteam,
Ich weiß ich habe kein großes Problem aber ich brauche dennoch dringend einen Rat.
Folgendes Problem: Ich bin jemand der sich sehr gut in andere hinein versetzen kann. Deshalb hasse ich es wenn andere Menschen Schikanen ausgesetzt sind wie Mobbing, Schlägereien oder einfach Niemanden haben. ich gebe mir auch immer größte Mühe sie zu verteidigen. Mir ist so was bis auf ein zwei Schlägereien nie selbst passiert, aber ich denke ich kann nachvollziehen wie dreckig es einem gehen kann. Zudem interessiere ich mich sehr für Schulattentate, bei denen mir um ehrlich zu sein neben den Opfern die Täter mehr leidtun. Ich meine was muss einem im Kopf umhergehen, wenn man zu so einer Tat fähig ist?
Deshalb versuche ich so gut es geht zu jedem nett zu sein. Ich habe meinen engen Freundeskreis und nebenbei haben sich auch einige Mitleidsfreundschaften angesammelt. Das sind dann einzelne Personen die wirklich niemanden haben. Eine hat sogar Depressionen. Es fällt mir nur so schwer damit umzugehen. Ich habe nie wirklich richtig Spaß mit denen so wie mit meinen Freunden. Wenn ich mal jemanden mit einladen sitzen die dann meistens nur daneben und reden mit niemanden was mir auch leidtut, also muss ich Mitleidsfreunde von meiner 'Gang' trennen. Meine Gang fühlt sich wiederum vernachlässigt weil ich in letzter zeit mehr mit meinen Mitleidsfreunden abhänge als mit ihnen. Mitleidsfreunde klingt herablassender als es gemeint ist. Dennoch dieses ständige Hilfesuchen bei mir und auch für alle immer da sein und die Tatsache dass sie mir eigentlich weniger wichtig sind als sie glauben macht mich fertig. Ich meine soll ich ihnen einfach sagen dass die Chemie zwischen uns nicht passt? weil einerseits ist es vllt besser die Wahrheit zu sagen (es ist doch so niemand will falsche Freunde), aber andererseits fühlen sie sich dadurch verletzt. Eigentlich will ich mit diesen Leuten nichts machen aber ich fühle mich jetzt auf einmal verantwortlich für sie. ich bin ein sehr impulsiver und temperamentvoller Mensch und habe angst das es mir irgendwann raus platzt und ich alles damit verschlimmere.
Ich weiß nicht was die richtige Entscheidung ist, sei sie moralisch begründet oder utilitaristisch,und würde mich deshalb sehr über einen Rat freuen
Vielen dank im voraus

Chaleen Anwort von Chaleen

Liebe Tanja,

Da hast du dich durch deine Gutmütigkeit wohl leider in eine Situation gebracht, aus der du aufgrund genau dieser Gutmütigkeit auch nicht mehr raus kommst.

Erstmal finde ich es schön, dass du keine Vorurteile hast und dir deine eigene Meinung bildest, anstatt Leute sofort zu verurteilen oder mit dem Strom zu schwimmen. Sich für z.B Mobbingopfer einzusetzen ist eine gute und mutige Tat. Darauf solltest du erstmal stolz sein.

Dennoch hast du dich in eine unangenehme Situation gebracht.
Die Personen, die du als "Mitleidsfreunde" betitelst, sind wahrscheinlich Personen, die froh sind, wenn sie jemanden haben, an den sie sich wenden können und deswegen sind diese jetzt wohl ziemlich anhänglich dir gegenüber weil sie froh sind dich zu haben. Dich überfordert es aber mittlerweile und du magst diese Personen gar nicht so sehr, wie diese dich mögen.

Zunächst einmal, du bist in keinerlei Hinsicht für diese Personen verantwortlich, du schreibst dir diese Verantwortung nur selber zu.
Du musst vielleicht einfach versuchen, dich nochmal in diese Personen hinein zu fühlen. Stell dir vor du wärst in deren Situation, wie würdest du wollen, dass dir sowas gesagt wird? Würdest du das überhaupt wollen?
Ob ja oder nein - Du sagst, keiner will falsche Freunde und das ist im Prinzip auch richtig. Du hast deinen "Freunden" wohl nur leider zu lange das Gefühl gegeben, dass ihr wirklich Freunde seid, und daran halten diese wahrscheinlich fest.

Du kannst ihnen aber keine Freundschaft vorlügen. Wie wäre es also, wenn du ihnen mal sagst wie du dich fühlst.
Ich würde versuchen es ihnen schonend beizubringen.

Erzähle ihnen, dass du Angst hast dich zu sehr von deinen anderen Freunden zu distanzieren und frage sie ob sie Verständnis hätten, wenn du mal wieder mehr Zeit mit deiner "Gang" verbringst.
Vielleicht schaffst du es so ja, dass du wieder mehr Zeit mit deinen richtigen Freunden verbringen kannst. Du könntest ja weiterhin versuchen für deine "Mitleidsfreundschaften" da zu sein, damit du ihnen nicht von einen Tag auf den anderen vor den Kopf schlägst. Vielleicht schaffst du es ja, dich schleichend von ihnen zu entfernen, aber ohne diese ganz im Stich zu lassen. Wenn du das mental noch aushältst und du die Mitleidsfreunde (ich betitle sie jetzt auch einfach so, nur damit verständlich ist, wann ich von welchen Freunden spreche) nicht verletzen willst, aber auch nicht so eng mit diesen befreundet sein willst, ist das vielleicht deine beste Möglichkeit mit der weder du, noch deine Mitleidsfreunde, verletzt werden müssen.

Erkläre ihnen einfach die Umstände, und dass du dir wieder mehr Zeit für deine anderen Freunde wünschst, du aber trotzdem für sie da bist, wenn es drauf ankommt. So in der Art kannst du dich vielleicht langsam etwas von ihnen entfernen, sodass sie vielleicht bald auch alleine wieder besser klar kommen.
Sollte das gar nicht klappen, und du oder deine Mitleidsfreunde sind unzufrieden mit der daraus resultierenden Situation, musst du für dich entscheiden was du möchtest. Wichtig ist, dass auch du dich bei dem was du tust noch wohl fühlst, und dich und dein Bedürfnisse nicht immer ganz hinten anstellst.

Es ist schön, wie du dich für andere einsetzt, aber wenn es dir schadet, weil es dir wehtut diese so zu sehen, oder deren Situation dich belastet, musst du auch an dich denken, und versuchen ehrlich zu deinen Mitleidsfreunden zu sein. Das liegt letztendlich in deiner Hand. Man kann ihnen ja auch die Wahrheit sagen, ohne ihnen gleich das Herz zu brechen. Ich denke das bekommst du schon hin.
Nettes Erklären, wie es in dir aussieht, sollte da hoffentlich funktionieren.

Also noch einmal als Fazit: (meine Meinung, mein Rat, was du tust, musst du ganz alleine entscheiden)

An deiner Stelle würde ich nochmal drüber nachdenken, was du eigentlich willst. Du musst nicht nur an deine Mitmenschen denken, sondern manchmal muss man auch sich selbst wieder in den Vordergrund stellen. Demnach wäre wahrscheinlich momentan das Beste (für dich) dich etwas von deinen Mitleidsfreunden abzukapseln und wieder zu deinen ursprünglichen Freunden zurückzukehren. Dann musst du, auch wenn du deine Mitleidsfreunde nicht verletzen willst, wahrscheinlich ehrlich zu ihnen sein. Das muss ja aber nicht heißen, dass du einfach sagst, ich will nichts mehr mit euch zutun haben. Sondern wie gesagt, erkläre ihnen, dass dir die Zeit mit den anderen Freunden fehlt, und dich die Situtation momentan einfach bisschen überfordert. Frage sie ob sie Verständnis dafür haben oder bitte sie darum. Das bedeutet dann, dass du dich langsam von ihnen abwendest, zu deiner Clique zurück kannst, du dich aber ja trotzdem noch gelegentlich mit den anderen "Mitleidfreunden" zusammen setzen kannst, wenn diese Mal deine Hilfe brauchen. Das musst du aber ganz allein wissen, ob du das wirklich so noch willst, oder ob du gar keinen Kontakt mehr zu diesen willst. Dann hilft wohl leider nur die harte Wahrheit. Aber du kannst es ja zumindest erstmal schonend und schleichend probieren. Denn Personen die viel durchgemacht haben, und dann froh sind eine Person gefunden zu haben, sind leider meist sehr verletzlich.

Ich hoffe ich konnte dir einigermaßen weiterhelfen!
Viel Glück!

Alles Liebe,
Chaleen!