Problem von Sarah - 30 Jahre

Meine Tochter wird beschuldigt!

Hallo!
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll!
Ich habe 2 Kinder Lina 9 Jahre und Tom 5 Jahre!
Wir hatten vor 1Woche ein Gespräch in der Schule mit der Schulleitung und dem Jugendamt. Es geht darum, das meine Tochter ein anderes Kind genötigt haben soll, ( die Familie wollte anonym bleiben) unserem Sohn an dem penis zu fassen, und unsere Tochter hätte auch unserem Sohn am penis gezogen.. Worauf er aua gesagt hätte und gejammert hätte. Dieses Kind hat nun psychische Probleme und hat Schlaf Probleme.Ich war sehr Perplext, da ich so ein Verhalten noch nie von meiner Tochter beobachtet habe ,auch nicht in der Badewanne oder so. Ich habe eine sehr gute, vertraute Beziehung zu meinen beiden Kindern, Tom kommt immer sofort zu mir, wenn seine Schwester ihm weh tut und ist da sehr sensibel. Wenn meine Tochter Besuch bekommt und sie im Zimmer sind, höre ich immer mit einem Ohr hin.. Natürlich bekomme ich nicht alles mit, aber meine Tochter verhält sich spielwünschen anderen Kindern gegenüber sehr tolerant und gibt eher auf, als dagegen zu reden. Deswegen kann ich es gar nicht nachvollziehen das meine Tochter ein anderes Kind genötigt haben könnte. Die Vorwürfe machen mich fertig! Unser Sohn hingehen ist sehr eigen.. Er will selbst ungern von mir nach dem Stuhlgang abgeputzt werden... Er fast sich zwar momentan viel unten selber an, aber es ist ja auch Seins,Er zupft viel an seinem penis rum, aber da ist mir noch nichts unnormales aufgefallen. Ich machen mir große Sorgen um meine Tochter. Sie hat kaum noch Freunde.. Ich muss dabei sagen, das wir in einem kleinen Dorf wohnen und wir ,warum auch immer abgeschaut werden wie außerirdische und wir uns wircklich fehl am Platz fühlen. Keiner kennt uns aber die Gerüchte sind unterste Schublade.Ich habe Angst das dass nun auf unsere Tochter über geht. Sie hat ein Schuljahr wiederholt und ihre Freundin dort hat nun jemand anderes zum Spielen und spielt nichtmal mehr in der Pause mit Lina. Ich weiß nicht
was ich tuhen soll... Ich bin total verzweifelt. Der Psychologe des Geschädigten Kindes hat gesagt, das ein Kind in dem Alter sich sowas nicht ausdenken kann. Nun stehen wir da als Täter..
Das Kind sagt die Wahrheit und unsere Tochter lügt( sie streitet es Wehemend ab und wird zunehmend anhänglicher ängstlicher und schläft wieder bei uns). Ich komme mir so schlecht vor.. Ich kann selber kaum noch schlafen mein Mann ist total ruhig geworden, wir verstehen die Welt nicht mehr. Wir machen uns große Sorgen was nun auf uns und unserer Tochter zu kommt. Ich habe so Angst, das sie mir mein Kind nehmen wollen oder uns behandeln wie Täter. Alle glauben dem Kind und unsere Tochter lügt einfach.. Ich kenne mein Kind gut und kann ihr Vertrauen, wenn sie mir etwas sagt. Nun ist es so, das wir hier nichtmal mehr von Leuten gegrüßt werden, vom
der Schule, mit denen wir guten Kontakt hatten. Es ist wie ein Albtraum aus dem man nicht aufwacht! Wir vermuten stark von welcher Familie das kommt, diese Familie mochte besonders meinen Mann noch nie ,das Kind hatte guten Kontakt zu unserer Tochter bis vor 6 Wochen , die Eltern
mochten noch nie den Kontakt zwischen unseren Kinder.. Das Kind durfte hier nie ins Haus und wenn sie hier war, schickten sie ihr großes Kind nach 10
Zum abholen, den kleineren Kind Paste das nie und weinte oft. Das große Kind hat öfters blöde Bemerkungen gegenüber unserer Tochter fallen lassen. Auch dort durfte unser Kind nie ins Haus. Ich möchte niemanden beschuldigen, aber ich fühle mich einfach schrecklich suche nach antworten...
Auf Grund dem allen, sind wir nur noch unglücklich hier und würden am liebsten Weg ziehen. Für mich ist es wie psychoterror hier zu wohnen.. Mag gar nicht mehr vor die Türe gehen.

Ich weiß nicht weiter..

Liebe Grüße Sarah

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Hallo liebe Sarah :)

Vielen Dank, das Du uns geschrieben hast!


Ich bin wirklich schockiert, was ich hier lese. Ich möchte Dir nun zuerst einmal eine Situation schildern, die Ich beruflich mit Kindern erlebt habe, die in etwa zu dem Deiner Lina passen. Einige Sätze die Du schriebst, lese Ich mit verwirrtem Blick, wenn Ich doch selbst sah, das Es anders auch geht! Vielleicht bin Ich da selbst zu vorbelastet, aber Ich habe mich trotzdem entschieden, das Ich dir gerne antworten möchte - da Ich dort durchaus Wege aus deiner Situation sehe.

Ich möchte den Psychologen nicht angreifen, der das Kind untersuchte, welchem dort Sexuelle Übergriffe angeblich angetan wurden.
Tatsächlich ist seine Aussage allerdings fragwürdig. Ein Kind im Alter von 9 Jahren wird sich nicht grundlos solche Situationen ausdenken - Da stimme Ich zu. Aber wer sagt eigentlich, das Das Kind wirklich grundlos handelt? Ich kann hier die Schuldfrage nicht
klären. Du kannst das auch nicht, solange Die Situation sich nicht ändert.

Also,

Beruflich habe ich folgendes Schon Erlebt. Ich habe erlebt, das Ein Kind Missbraucht wurde, aber den Täter schützen wollte. Da musste eine andere Person als Täter her, damit die Hilfe und Unterstützung trotzdem beim "Opfer" ankommt.

2 Jahre später erlebte Ich, das ein Kind sich Sexuell Belästigt fühlte, da ein anderes Kind "Doktor" spielen wollte. Das Kind, welches dieses Spiel vorgeschlagen hatte, sah dieses Spiel aber eher als Spaß und Interessant an. So kann es auch zu Missverständnissen kommen. Auch Kinder sind davon nicht verschont. Diese Spiele sind meist vorzugsweise beliebt bei vielen Kindern, die von der Entwicklung einen anderen Status haben, als Gleichaltrige.

Beide Situationen sind nicht selten und von daher möchte Ich die Aussage des Psychologen ergänzen. Kinder denken Sich solche detailliert erzählten Erlebnisse nicht einfach so aus. Sie haben wenn dann Gründe dafür. In wie weit deine Tochter da wirklich beteiligt war, lässt sich nur schwer herausfinden, solange Sie oder der Junge nicht die Wahrheit sagen. Einer von beiden, erzählt das Erlebte Verkehrt.

Im Alter von 9 Jahren ist das Schamgefühl schon weit ausgeprägt. Ich glaube dir, das deine Kinder und Du ein sehr enges Verhältnis haben. Aber trotzdem kann es zu "Geheimnissen" kommen. Das Verhalten deiner Tochter hat sich geändert. Das ist wichtig und gut, das Du dies bemerkst. Sicherlich ist natürlich auch für deine Tochter die Ausgrenzung von anderen nicht so einfach zu verkraften. In dem Alter, wo man voller Freiheit und Spaß mit anderen Kindern Draußen spielt, sitzt Sie nun alleine.
Das kann deine Tochter massiv belasten, so wie wenn man als Erwachsener im Dauerstress lebt. Auf diesen kleinen Schultern sollte keine so große Last liegen.

In JEDEM Fall, macht Es Sinn, das deine Tochter auch Unterstützung bei einem Kinder- und Jugendpsychologen erfährt. Auch Sie hat Erlebnisse aufzuarbeiten. Ob es die Situationen der Ausgrenzung von anderen Kindern ist, oder auch eine Beschuldigung, die auch Sie belasten wird (Unabhängig davon, wie viel Wahrheit dadrin steckt). Sie ist sicherlich auch gestresst und Belastet.

Das Jugendamt wird dir deine Tochter wegnehmen, wenn eine Gefährdung für Ihr Kindeswohl vorliegt und der Kosten-Nutzen-Faktor höher ist. Tue also das beste dafür, das man sieht, das Du bemüht bist. Lass deiner Tochter alle Hilfe zukommen die geht. Dazu gleich mehr.

Ich persönlich glaube nicht daran, das Ihr in diesem Dorf nun noch euer Glück finden werdet. Du selbst schreibst auch, das Du nur noch da weg möchtest. Wenn Es dir und deinem Mann Beruflich und Mental möglich ist - Warum nicht?! Es tut euch seelisch wohl besser und Ihr tut euch mit einem Umzug wohl eher etwas gutes. Aber auch hier: Vorsicht!

Ein Umzug kann helfen. Was jedoch, wenn Deine Tochter nun in der ggf. neuen Schule, in der Neuen Nachbarschaft wieder aneckt? Es müssen erst einmal die Ursachen der jetzigen Probleme geklärt sein. Sonst bringt das alles nichts, so verpflanzt man Sie nur und überfordert Sie vielleicht in einer neuen Umgebung, neuer Klasse - auf der Suche neue Freunde zu finden. Da besteht eine Große Gefahr, wenn man nicht vorher alle Schwierigkeiten klärt. Viele Gespräche mit deiner Tochter helfen ihr, Sie darf Sich nicht verschließen - das ist gefährlich. Sucht euch da Unterstützung und zeige Ihr, das Ihr da "gemeinsam" durchgeht.

Ich muss dir ein Kompliment machen: Ich finde es sehr schön, das Du dich hier als Mutter an uns gewandt hast und das Du deinen Kindern helfen möchtest. Offenheit ist super und Es ist schön, das Du dir da alle Mühe und Aufwand machst, für deine Kinder das beste Raus zu holen. Oft lesen wir hier auch Mütter, die Ihre Kinder aufgeben oder Die eine sehr negative Einstellung bezüglich der eigenen Familie haben. Es freut mich und Ich spreche Dir meinen Respekt aus, das Du für deine Kinder alles versuchst eine tolle Mutter zu sein. Sie werden das nicht IMMER zu schätzen wissen, aber Du selbst bist grade davor und in ein paar Jahren kannst Du stolz sein, sie in Ihr eigenes Leben zu "entlassen" und hoffentlich weiter zu halten, als Stütze.

Noch etwas zu deinem Tom. Es ist gut, das Er selbst bei dir schon seine Scham entwickelt hat. Das ist normal und letztendlich ist es positiv, wenn ein Kind weiß, das einige Berührungen unangenehm sind oder sich einfach nicht richtig anfühlen. Da musst Du dir um deinen Jungen denke Ich keine Gedanken machen. Er soll seinen Körper als sein Eigentum betrachten und ihn wahren. Natürlich solltest Du als Mutter bei einem 5 Jährigen schon die Möglichkeit haben, Nähe zu deinem Sohn aufbauen zu können. Aber wenn Diese auf anderen Wegen funktioniert, ist das alles kein Problem.

Es gibt einfach Kinder, so wie es auch solche Erwachsene gibt, die Körperkontakt einfach im Allgemeinen meiden. Stellt Sich nun nur die Frage, ob dein Sohn schon ein "durch die Haare streichen" "am Rücken streicheln" "Hand fest halten" akzeptiert, oder auch dort eher Abstand aufbaut? Ob dies zum Vater das selbe Verhalten ist, wie Er zu dir zeigt. Heißt: Dürft Ihr die selben Berührungen geben?

Auch seine Berührungen an sich selbst sind alterstypisch normal. Es findet eine Entdeckung statt für ihn.

Solange da wirklich keine krankhafte Schmerzentwicklung vorliegt, ist das alles noch im Normalbereich. Eltern sollten bei so jungen Jungs immer noch ein Auge darauf haben, ob eine Phimose (Vorhautverengung) vorliegt. Wenn Dies bei Tom nicht der Fall ist und er auch nicht häufiger über Schmerzen klagt, Es nicht immer eine "kratzende" Bewegung bei den Berührungen ist - ist das vollkommen normal. Ansonsten kann man auch mal darauf achten, welches Waschmittel ihr benutzt, ob er Sich auch an anderen Stellen auffällig oft kratzt. Ob Ihn eventuell seine Unterwäsche stört, wenn Diese eventuell ihn kratzt, einengt, zu locker erscheint.

Im Alter von 5 Jahren kann Er einiges vielleicht nicht wirklich als Problem erkennen. Achte dadrauf, wie er Sich da verhält. Ob Er sich nur Zuhause anfässt, oder auch wenn Ihr unterwegs seit, gegenüber fremden Leuten. Wie stark ihn das belastet, oder stört, oder wehtut? Du beschreibst Ihn mit dem ausgeprägten Schamgefühl. Vielleicht fällt Es ihm gegenüber deinem Mann leichter, sich da zu öffnen. Wenn man ihn einfach mal ganz offen fragt, warum Er sich dort immer wieder berührt. Er wird etwas antworten und so kann man dann weiter überlegen, ob da ein wirklicher Grund hinter steht, oder nur die Entdeckung selbst.

Außerdem gibt es dieses Verhalten manchmal auch vermehrt, bevor Der Junge auf Toilette muss. Durch das versuchen dies "aufzuhalten", können die Berührungen auch eine erklärbare Situation darstellen. Vielleicht geschieht dies vermehrt, bevor Er auf die Toilette muss? Letztendlich ist es ein Alterstypisches Verhalten, was ganz normal ist.

Soviel zu Tom. Zurück zu Lina.

Neben der Hilfe durch einen Kinder- und Jugendpsychologen geht es unbedingt darum, das Lina nun weiterhin Erfolgserlebnisse mit anderen Kindern erlebt, damit Sie dort nicht in voller Angst einbricht.

Wie wäre es mit einem Sportverein? Ich weiß, das Das finanziell nicht immer einfach zu stemmen ist. Falls ihr das nicht leisten könntet, gibt Es auch die Möglichkeit für eine Schul-AG. Da gibt es in den meisten Schulen einige Angebote. Gemeinsames Kochen, Handarbeiten, Fußball, Basketball, Federball, etc. Alles mögliche, wo vielleicht auch etwas bei ist, was deine Tochter interessiert. Ich sehe es als wichtig, das Sie weiterhin auch Erlebnisse hat, die ihr mit anderen Kindern in guter Erinnerung bleiben. Kümmert euch darum, das Ihr das möglich wird. Dies noch als zusätzlichen Tipp an Die Hand.

Also, da das nun alles sehr viel und verworren ist, hier nochmal eine genaue Richtlinie meines Ratschlags an Dich:

Lina - Psychologische Hilfe
Sport- Freizeitverein anmelden
Gespräche und Vertrauen stärken

Tom - Berührungen abklären
Gespräche und Vertrauen stärken

Ihr als Familie - Umzugsmöglichkeit hinterfragen
Weitermachen !!! :)

Außerdem: Wie wäre es, wenn Ihr da mal als Familie ein wenig Unterstützung ineinander spürt. Ein schöner Samstag zusammen, wo man mal als Familie gemeinsam ein Eis essen geht oder Spazieren geht, oder einer anderen Spaßigen Aktivität nachkommt, ist da manchmal hilfreich und lässt dich auch deine Kinder von einer anderen Seite präsentieren. Ihr habt da aktuell so viel Stress und das belastet euren Alltag doch extrem. Da muss man kleine Momente der Zuneigung und Freude schaffen. Schaut da mal, was auch an Aktivität gemeinsam möglich ist.


Ich wünsche Euch in jedem Fall Alles, Alles Liebe und Gute und Es würde mich freuen, wieder von Dir zu lesen, wie eure Situation weiter geht. Solltest Du erneut Fragen, oder Probleme haben, kannst Du dich jederzeit an mich/uns wenden. Wenn Du mich direkt erreichen möchtest, kannst Du in den Titel : An JuliaZ schreiben, dann würdest Du mich hier direkt erreichen können. Würde mich aufjedenfall Freuen, zu erfahren wie Es weitergeht und ob Sich da doch noch alles bessert. Ich wünsche Es euch und Glaube dran! :)

Alles Liebe,

Julia