Problem von Anonym - 16 Jahre

Manchmal wünsche ich mir alleine der Welt zu sein

Hallo erstmal,
manchmal habe ich das Gefühl ich möchte alleine in einer Welt leben. Ich denke da immer daran wie ich eines Sonntags durch ein Industriegebiet gelaufen bin. Es war Sommer und schön Mittag. Alles war ruhig, ich war alleine und ich hatte das Gefühl das es so sein muss.Ich schaute umher, alles war leer. Irgendwie mag ich das Gefühl. Ich weiß nicht wieso, aber ich bin ab und zu gerne abseits alleine. Ich habe das Gefühl dadurch kann ich der Welt entfliehen. Gleichzeitig habe ich das Gefühl ich möchte bekannt in der Welt sein. Schauspieler in Hollywood oder ähnliches. Ich weiß ,dass das nie passieren wird, aber durch diesen Traum hab ich das Gefühl einen Platz in der Welt gefunden zu haben. Es ist nicht so das mein Leben schlecht ist. Im Gegenteil, momentan läuft alles gut.
Außerdem beschäftigt mich noch etwas. Ich weiß es klingt etwas kindisch, aber ich habe gestern die letzte Folge meiner Lieblingsserie gesehen (Titel: Quantico). Und nun weiß ich nicht mehr was ich tun soll. Ich langweile mich und habe das Gefühl die Serie war eines der wenigen Teile die meinem Leben einen Platz gegeben haben, obwohl ich sie nur gesehen habe. Ich habe nicht damit interagiert. Es war nur eine Serie die jetzt zu Ende ist, aber ich habe das Gefühl das ein Teil meines Lebens vorbei ist und ein neuer unbekannter Teil beginnt. Ich weiß nicht ob dieses Gefühl alleine auf der Welt zu sein und diese "Trauer" über das Ende meiner Lieblingsserie zusammenhängen.

Ich bedanke mich dafür ,dass Sie meine Probleme gelesen haben.

Mit freundlichen Grüßen und einen schönen Tag noch.

Christina B. Anwort von Christina B.

Lieber Anonyme!

Zunächst mal danke für Dein Vertrauen. Dass Du Dich mit Deinem Problem an uns gewandt hast, zeigt von Deiner Reife und Deinem positiven Umgang mit Gefühlen. Du hast immerhin den Mut aufgebracht, eine solche Website aufzurufen und Dich dort jemandem anzuvertrauen. Das ist wirklich etwas tolles! Du denkst auch viel über Dich und Dein Leben nach, Du reflektierst. Das ist eine Eigenschaft, die wirklich wertvoll ist.

Deine Gedanken und Überlegungen zum Thema "Allein sein" und "Platz im Leben" kann ich gut verstehen. Manchmal ist unsere Welt hektisch, mitreißend, stressig, laut und kann uns an die eigenen Grenzen und an den Punkt bringen, an dem wir sagen "Ich möchte nur mehr Ruhe, aussteigen, weg von alldem." Das ist normal, es passiert uns allen manchmal. Du schreibst ja, dass Du ab und zu GERNE alleine bist. Und das ist völlig in Ordnung! Alleine sein kann uns manchmal helfen und stärken, wieder mit all unseren Problemen und unserem alltäglichen Leben fertig zu werden. Manche Menschen können durchs alleine sein neue Kraft schöpfen. Da Du schreibst, dass Du dieses Gefühl magst, frage ich mich, was Du daran falsch findest? Wenn es Dir hilft, mit der Welt und Deinem Leben besser umzugehen, dann ist das doch toll! Andererseits schreibst Du, dass Du bekannt sein möchtest, als Schauspieler zum Beispiel. Du hast aber auch mit Deinem Kopf gedacht und sehr realistisch erkannt, dass das ein Wunsch ist, den zu verwirklichen eher unwahrscheinlich ist. Was mir zu dem einfällt, ist, dass Du womöglich einfach einen Platz oder einen Sinn im Leben suchst und vielleicht auch, dass Du Dich selbst suchst. Womöglich fragst Du Dich "Wer bin ich?" und "Was will ich machen? Wer möchte ich sein? Wo möchte ich hin? Welche Ziele habe ich?"

Das sind alles Fragen, die in Deinem Alter völlig normal sind. Jeder von uns war mal auf der Suche, viele sind es auch noch im Erwachsenenalter. Manchmal kann es in solchen Situationen helfen, sich mit sich selbst auseinander zu setzen, ganz in Ruhe. Vielleicht hilft es Dir, aufzuschreiben, welche positiven Eigenschaften Du hast, welche Hobbys Du gerne ausübst, welche Fähigkeiten Du mitbringst, vielleicht auch, wohin Du beruflich einmal gehen möchtest, welche Richtung Du einschlagen willst. Ziele können uns im Leben insofern weiterhelfen, weil sie uns Antrieb geben. Sie geben uns etwas, auf das wir zusteuern, einen Plan, eine Art Wegweiser. Sie geben uns Halt und Sicherheit.
Falls Du diesbezüglich noch Probleme hast, würde ich Dir unsere Soforthilfe zum Thema "Persönlichkeit - Wer bin ich?" empfehlen - hier der Link: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/34/Selbstzweifel.html

Auch das mit Deiner Lieblingsserie, und dass Du nun traurig ist, dass sie zu Ende ist und das "unbekannte" nun bevorsteht, könnte damit etwas zu tun haben. Vergänglichkeit ist ein Thema, dass immer wieder im Leben auftritt. Wenn etwas zu Ende geht, ob es eine Beziehung, ein Job, ein tolles Wochenende oder auch nur eine Lieblingsserie ist, kann das Gefühl der Melancholie und dass man am liebsten im Moment verweilen möchte und das Unbekannte einem Angst macht, sehr stark auftreten. Das kenne ich sehr gut und kann Dich wirklich gut verstehen.

Allerdings besteht das Leben einfach aus Veränderungen und diese können zwar zu Anfang Angst machen, aber sie können Dich auf ganz neue Wege, auf neue Erkenntnisse bringen. Sie können auch sehr aufregend und schön sein. Die Menschen sind diesbezüglich unterschiedlich gestrickt. Manche erleben gern Veränderung, sie brauchen das regelrecht, damit ihr Leben weiterhin aufregend und spannend verläuft. Andere wollen lieber Beständigkeit und Ruhe, sie wollen Sicherheit und Routine. Beides ist in Ordnung! Doch Faktum ist, dass Veränderungen passieren. Ob einem die Veränderung immer gefällt oder nicht, ist eine andere Sache. Wichtig ist nur, dass Du für Dich herausfindest, wie Du damit umgehen möchtest.

Vielleicht gibt es etwas in Deiner Lebenswelt, dass immer schon da war und immer da sein wird. Das könnten Deine Eltern sein, oder vielleicht ein bester Freund oder ein Bruder. Das könnten aber auch Gegenstände sein, ein Buch, dass Du vielleicht seit deiner Kindheit immer wieder gern durchgeblättert hast, oder ein Erinnerungsstück. Manchmal kann es hilfreich sein, sich in diesen Momenten kurz zu besinnen und sich den Gegenstand oder die Person vor Augen zu halten. Es kann helfen, sich selbst zu sagen "Du bist nicht allein, es gibt Beständigkeit und Sicherheit in Deinem Leben. Dieses Ding/diese Person ist immer da und wird immer da sein." Für manche Menschen bietet ihr Glaube, z.B.: an den lieben Gott eine solche Sicherheit. Wenn es in Deinem Leben nichts gibt, was so ein Gefühl bei dir auslöst, könntest Du Dir z.B.: einen schönen Stein aussuchen, den Du dann zur Hand nimmst, wenn Dich dieses Gefühl des Unbekannten, womöglich der Angst oder der Trauer, dass das Vergangene vorbei ist, übermannt. Ein solches Symbol könnte für Dich ein Sicherheitsanker sein.

Gerade in der Pubertät durchlaufen die Menschen eine schwierige Achterbahn der Gefühle und der Veränderung. Aber: Du bist nicht allein! Alle haben das mal durchgemacht und da Du so ein reflektierter, junger Mann bist, glaube ich, dass Du das schaffen kannst.

Ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen. Alles Gute!
Herzliche Grüße,
Christina