Ich habe eine Beziehung zu einem Minderjährigem.
Guten Tag,
Zunächst vielen Dank, dass Sie sich Zeit für meine Sorgen nehmen!
Ich führe zurzeit eine (auch sexuelle) Beziehung zu einem 17 jährigem Jungen und wie sie sehen, bin ich mit meinen 44 Jahren nicht mehr die jüngste. Und schon gar nicht in seiner Generation.
Er ist der Sohn einer guten Freundin, welche viel arbeiten muss. Vor einigen Monaten wurde er krank. Meine Freundin ist berufstätig und allein erziehend, weshalb ich mich einige Zeit um ihn gekümmert habe. Über die Tage sind wir uns sehr schnell näher gekommen. Als er wieder gesund war, bat er mich öfter um treffen und nun bin ich in einer Beziehung mit dem minderjährigen Sohn einer guten Freundin.
Für mich hat diese Beziehung ganz klar keine Zukunft, doch zurzeit tut mir seine Nähe sehr gut. Allerdings habe ich schon vor längerer Zeit bemerkt, dass bei ihm definitiv Gefühle im Spiel sind.
Ich habe Angst ihm dieses Wunschdenken zu nehmen und da mir die Beziehung momentan ja sehr gut tut, möchte ich sie wirklich nur ungern beenden.
Die letzten Tage quälen mich allerdings viele Schuldgefühle gegenüber seiner Mutter. Ich weiß nicht, ob es vielleicht sogar etwas pädophil von mir ist, obwohl er ja bald Volljährig ist.
Sollte ich die Beziehung besser jetzt schon beenden?
Ich weiß echt nicht mehr weiter.
Vielen Dank!
Anwort von Judith
Liebe Unbekannte,
Ich danke Dir für Dein Vertrauen. Das ist in der Tat eine sehr vertrackte Situation, in die ihr euch da manövriert habt... Oh je.
Das Ganze hat meiner Meinung nach zwei Ebenen. Eine rechtliche und eine moralische.
Zunächst mal die einfache und gute Nachricht. Das Gesetz brecht ihr nicht. Der junge Mann ist 17 und damit ist es okay, wenn er mit jemandem schläft, der 21 und älter ist. Wieviel älter ist dem Gesetzgeber erst einmal egal. Ihr seid zwei mündige Personen in diesem Sinne.
Und um auch Deine zweite Sorge zu adressieren: Das hat nichts mit Pädophilie zu tun. Der Junge ist kein Kind, sondern ein junger Mann mit seinen eigenen sexuellen Bedürfnissen und Wünschen, die er nun eben mit Dir erfüllt. Es scheint, als habt ihr eine beidseitige Beziehung auf Augenhöhe.
Die schwierigere Frage ist aber, ob ihr "das richtige tut". Und hier kommen auch Dein schlechtes Gewissen und Deine Unsicherheit ins Spiel.
Denn obwohl es rein rechtlich keinen Grund zur Sorge gibt, spielt der gefühlte Vertrauensbruch zu Deiner Freundin eine Rolle. Sie hat Dich gebeten, sich um ihren Jungen ("ihr KIND") zu kümmern. Du hast eine fürsorgenden Rolle gehabt. Eine Vertrauensperson, und der Junge war ein stückweit auch in Deiner Obhut. War von Dir abhängig. Das darf man nicht vergessen, das schafft Nähe, klar, aber auch ein "Machtverhältnis". Du bist nicht nur die Ältere, sondern auch die, die ihn pflegt, sich kümmert. Das ist vielleicht vergleichbar mit dem Musiklehrer, der mit seiner 17jährigen Schülerin ein Verhältnis anfängt, wobei es hier durch das Schüler-Lehrer-Verhältnis noch strengere gesetzliche Regelungen gibt - aber moralisch und auf der Beziehungsebene ist es nicht unähnlich.
Diese Nähe und Dankbarkeit, die aufgrund der Pflege und des Kümmerns entstanden sind, können schonmal mit Liebe und Verliebtsein verwechselt werden.
Und dann kommt ein anderer Aspekt ins Spiel: Die unterschiedliche Lebenserfahrung. Du bist 44, und sicher ist dies nicht Deine erste sexuelle Erfahrung. Du hast ca. 25 Jahre mehr Erfahrung auf dem Gebiet als er, kennst Dich mit sexuellen Praktiken aber auch mit dem Herschmerz drum herum besser aus. Du bist einfach erfahrener und ein stückweit "abgeklärt". Dort, wo er noch viel Romantik und jugendlichen Optimismus an den Tag legt, weisst Du, dass das alles nicht so wirklich langfristig Zukunft hat. Du kannst das besser trennen als er. Du bist einfach reifer - das ist völlig normal.
Du schreibst, dass Dir diese Beziehung momentan gut tut, und ich verstehe, dass Du sie nicht beenden möchtest, während es gerade noch schön ist. Aber ich möchte da an Deine Verantwortung Deiner Freundin aber auch dem Jungen gegenüber appellieren.
Sprich doch mal mit ihm. Sag ihm, dass Du ihn schätzt und wie gut er Dir tut, aber dass Du langfristig keine Zukunft siehst. Zeige ihm den Unterschied auf zwischen Euch. Und dann kann es in der Tat besser sein, diese Beziehung heute zu beenden, sie in guter Erinnerung behalten, als Erfahrung im Leben mitnehmen, und dann getrennte Wege zu gehen.
Ich wünsche Dir alles Gute und Mut und Stärke für die richtige, konsequente Entscheidung.
Herzlich,
Judith