Problem von Marie - 17 Jahre

Was soll ich nur tun?

Hallo,

Ich habe einen Haariges problem und niemand kann mir mehr weiterhelfen.
Ich hatte eine Dauerwelle und blonde haare, dann hatte ich sie dunkler getönt und als die Tönung nachließ, bin ich auf die blöde Idee gekommen sie mit Henna zu tönen, um Geld zu sparen. Auf der Packung vom Henné Noire stand: Wenden Sie Henné Noire nur auf dunkelbraunen, oder schwarzem Haar an. Dann hatte ich mir überlegt die einwirkzeit zu verringern, um nicht grün zu werden...
Aber sie wurden dennoch ziemlich grünlich, sahen aus wie Seetank. Ich fühlte mich so unwohl, war stundenlang damit beschäftigt das Grün rauszubekommen: Schuppenchampoo, Ketchup, Tomatenmark, Asperin.
.. Letztendlich hatte ich mich damit abgefunden, es ging noch do gerade... Aber jetzt ist es absolute Katastrophe!!! Ich halt es kaum noch aus, denn: Ich war beim Friseur, wollte Sie blond färben, weil jemand, auf dem ich stehe mag eher blondienen, und da ich auch gelesen habe, dass blondienen bevorzugt werden... Dann weltuntergang!! Sie wurden Blau!!! kein Blaustich, sie sind richtig blau! dreckiges blau mit grau! jetzt noch immer! Die Friseure haben alles versucht um das Blau rauszuziehen: 3x blondiert, Color B4 und ich mit Zitrone, Essig, Backpulver.....
ich könnte echt heulen, nichts funktioniert, blaue haare sind zwar jetzt im "Trend", aber:
- das bin nicht ich, wenn die anderen mich anschauen, besonders Ältere denke ich Sie denken: Die Jugend von heute, oh Gott.... sieht asozial aus...
das ist auch einfach nicht meins
-aber das schlimmste ist: ich habe gelesen, dass bunte Haare unaktraktiv sind! da haben sogar manche geschrieben: Bahh, eckelhalt, voll unnatürlich, schlimm

mir geht es sooo scheiße, ich weiß einfach nicht was ich tun soll! die Friseurin sagte Aufhellungsshampoo verwenden, dann wird es immer heller, schließlich blond. Aber bis jetzt hat sich NICHTS verbessert, es ist 3 Wochen her

Am liebsten würde ich nicht mehr aus dem Haus gehen!

Muss ich jetzt etwa 3 Jahre lang mit schrecklich blauen Haare rumlaufen?? wegen einen fehler 3 Jahre??! wird mindestens 3 Jahre dauern, bis es rausgewachsen ist!

es muss doch noch irgendeine Lösung geben, ich hab noch nie was davon gehört dass jemand deswegen ewig mit blauen Haaren rumlaufen musste...

Ich fühle mich MEGA unaktraktiv!
voher fand ich mich viel hübscher, hätte ich nur nichts von Henna gehört...

Bitte, Sie sind zwar kein Experte aber, es muss doch etwas geben, BITTE!

und mein zweites problem ist die blöde soziale Phobie, die ich habe, Mittwoch muss ich mit dem Typen, mit dem ich geschrieben habe im selben Bus einsteigen, ich kann mich aber nicht neben ihm setzen, ich hab einfach nur angst! Was soll ich nur sagen, wie schaue ich, wie halte ich mich, seh ich komisch aus, was denkt er von mir....!!! unmöglich! jede sekunde denke ich das! Therapie hat nichts gebracht! war 1 Jahr da und bin deshalb sitzengeblieben. Die soziale Phobie versaut mir generell das ganze Leben, wenn ich sehe wie andere mit Freunden rausgehn... Ich kann es mir garnicht vorstellen Freunde zu haben, das macht mir angst...

Ich. bin. am. Ende.
3 Jahre blaue Haare?
Nie einen Freund?

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Marie,

ich bin leider wirklich kein Experte, was Haare betrifft. Ich habe mich jetzt auch ein wenig über Henna informiert (kannte bis dato nur Henna-Tattoos), und es scheint wirklich, als müsste sich das eher auswachsen. Es tut mir leid, wenn ich dir gerade keinen erlösenden neuen Tipp geben kann; wenn schon deine Friseurin dir keine allzu große Hoffnung machen konnte, werde ich es wohl erst recht nicht können.

Was kann man stattdessen tun? Durch deinen Text zieht sich wie ein roter Faden der furchtbare Ärger über dich selbst, das "Wie konnte ich nur so dumm sein, ich schäme mich so!" Das ist verständlich, aber: Nützt es wirklich etwas, wenn du all deine Wut gegen dich selbst richtest? Du hast keinen Fehler gemacht, du hast allenfalls etwas Leichtsinn gezeigt - mit großen Folgen, das in der Tat. Und diese sind nicht gerade geeignet, dein Selbstbewusstsein zu heben. Trotzdem möchte ich deine Frage etwas abändern: Bist du wirklich bereit, dich wegen der Haare ganze drei Jahre lang zu grämen? Oder findet sich nicht noch irgendwo etwas Kampfgeist in dir, den du benutzen könntest, um der Welt zu zeigen, dass Äußerlichkeiten nicht so wichtig sind, wie man denkt? Oder dass äußere Schönheit sich nicht nur den Haaren verdankt?

Ich kenne einige Mädchen, die - zumindest zum Teil - bunte Haare tragen, oder denen Haarfärbe-Experimente missglückt sind. Und ich kann dir sagen: Keine von ihnen erregt bei mir in irgendeiner Weise Ekel, oder das Gefühl, mit ihr nichts zu tun haben zu wollen. Natürlich sind blaue oder grüne Haare ein sehr markantes Merkmal, und man läuft schnell Gefahr darauf reduziert zu werden. Jedoch, was könnte wohl der Grund dafür sein? Viele, die darüber lästern, haben vielleicht eher unschöne Gedanken daran, wie ihnen das um Haaresbreite einmal selbst passiert wäre. Und möchten nur ihre eigene Angst betäuben, dass es ihnen wirklich widerfahren könnte. Hinzu kommt, denke ich, dass es immer auch eine Typfrage ist: Ich könnte mir schon gut vorstellen, dass die blauen Haare dich eher attraktiv machen. Dass sie dich mit einem besonderen Reiz ausstatten. Kannst du jetzt wissen, ob du in einem Jahr nicht immer blaue Haare haben möchtest? Vielleicht willst du dann gerade eine vollere Färbung haben? Wenn du dich das nächste Mal zu deinem Schwarm in den Bus setzt, dann denke dir nicht: "Oh Gott, was wird er nur über mich denken?" - sondern sprich zu dir: "Wenn er mich auf meine Haare reduziert, dann habe ich an ihm nichts verloren." Es gibt viele Dinge, die einen Menschen schön machen. Kannst du jetzt wissen, was deinen zukünftigen Freund an dir anziehen wird? Vielleicht wird es dein Augenaufschlag sein, vielleicht deine Wangen, wenn du lächelst; vielleicht wirst du rot, wenn dir etwas peinlich ist, und er findet das süß. Vielleicht gefallen ihm deine Ohrringe. Vielleicht findet er, du hättest wunderbar zarte Finger. Vielleicht mag er das Geräusch, wenn du kicherst. Vielleicht berührt es ihn auch tief, wenn er einmal mitkriegt, dass du weinst. All das können Dinge sein, die das besondere Etwas ausmachen, das zwei Menschen zu Verliebten macht. Um dieses Etwas dreht sich alles. Da können keine noch so großen Muskeln und keine noch so sorgfältig blondierten Haare gegen an. Deswegen ist die Liebe ja auch alles, was im Leben zählt - und Bestand hat. Ist das nicht irgendwie beruhigend?

Sieh mal: Was ich dir oben geschrieben habe, mag für dich auf den ersten Blick vielleicht idiotisch klingen. Du hast aber im Grunde nur die Wahl, dich deiner selbst zu schämen - weil dir ein ärgerliches Missgeschick unterlaufen ist, dass dich aber nicht ewig beschäftigen wird -, oder zu dir selbst zu stehen. Nicht obwohl deine Haare blau geworden sind, sondern gerade weil. Dies ist für eine gewisse Dauer dein Selbst, ein Teil deiner Geschichte, ein etwas schamhafter Teil, den du - im Gegensatz zu anderen Leuten - offen herumträgst. Du kannst dich dafür schämen, dass du nicht perfekt bist (was niemand ist) - oder du kannst es zu deiner Identität machen. Ich stehe zu mir, zu meinen Schwächen wie zu meinen Stärken, und ich habe keine Scheu, euch das zu zeigen. Ihr werdet mir keine Angst machen. Du bist jetzt für eine gewisse Zeit ein "Eyecatcher", ja - und es ist gut möglich, dass blöde Sprüche kommen. Dann gilt es, sich das nicht bieten zu lassen, sondern schlagfertig zu sein: Andere haben dämliche Tattoos für ihr ganzes Leben, die die Zeit nicht weglasert, oder entzündete Piercings, oder lassen sich immer wieder dieselbe Frisur schneiden, von der ihnen nie einer zu sagen wagt, dass sie ihnen gar nicht steht. Du hast dich für deine Haarfarbe zwar nicht entschieden, aber du bist damit nicht peinlicher als Andere. Nur wenn du es dir einredest, erscheinst du dir selbst als eine Aussätzige. Aber das bist du nicht. Du bist immer noch sehr schön, hast nie aufgehört, schön zu sein. Die blauen Haare sind nur der Blickfang für den Rest von dir, in den man sich dann immer noch total verlieben kann. Aber ich betone nochmals: Woher weißt du, dass nicht gerade jemand deinen Weg kreuzen wird, der das Ungeradlinige, Wagemutige liebt, der es klasse findet, dass du die Leute zum Nachdenken bringen willst? Steh zu dir - auf diejenigen, die dich ablehnen, obwohl es keinen Grund dafür gibt, muss du gar nichts geben.

Täglich schreiben uns viele Mädchen. Einige von ihnen hadern damit, dass sie ihre Brüste zu klein finden, einige hätten gern eine andere Haarfarbe, und wieder andere finden sich zu dick, zu groß, hassen ihre Sommersprossen. Jungs grämen sich, weil sie ihr bestes Stück zu klein oder ihre Muskeln zu schwach oder ihre Haare zu dünn finden... und all diesen, wie auch mir selber, wenn mich irgendetwas an mir stört, sage ich immer wieder: Wenn die Welt für einen Typ Mensch gemacht wäre, dann wäre sie langweilig und farblos. Und dann gäbe es auch schon längst keine unterschiedlichen Menschen mehr. Aber so ist es ja nicht: Der Mensch selbst widersetzt sich dem Zwang zur Vereinheitlichung, den er ja selbst erzeugt. Immer wieder fühlen sich Menschen unwiderstehlich von etwas angezogen, über das ihr ganzes Umfeld nur Schlechtes erzählt; und immer wieder machen Menschen etwas völlig Verrücktes aus sich. Dir ist es einfach passiert, du musst vorerst damit leben. Aber hier hast du die Chance, eine Prüfung für dich zu bestehen: Will ich der Vergangenheit nachhängen und mir ständig aufzählen, was alles schrecklich ist - oder will ich kämpfen und erhobenen Hauptes meinen Weg gehen?

Vielleicht dauert es ja gar nicht mehr so lange, bis deine blaue Haarfarbe verschwunden ist. Vielleicht ist es aber auch möglich, sich wenigstens soweit damit zu arrangieren, dass du nicht mehr so stark darunter leidest. Doch dafür musst du deinem Hass auf dich selbst den Kampf ansagen: Das ist etwas, das ist keineswegs natürlich und dir von dir selbst aufgezwungen, durch Erfahrungen, die zufällig sind und nichts darüber aussagen, was aus dir werden kann. Versuche, nicht immer das Schlechte zu sehen und zu erwarten, sondern fang an, einfach festzustellen: Ich werde triumphieren. Weil ich ICH bin. Und schön, auch mit blauen Haaren. Das Selbstbewusstsein kommt nicht zu dir, du musst es in deinen Dienst zwingen - indem du gar nicht erst anerkennst, dass es geschwächt ist, sondern sagst: "Ich mache das jetzt. Soll ich mich ärgern? Da pfeife ich drauf." Beginne, nicht länger in Vorwürfen zu denken, sondern in positiven Feststellungen: "Ich bin stark. Ich bin schön." Nicht mehr das Ewige "Ach, würde oder hätte ich doch..." Es genügt, dass du einfach BIST. Und wie du bist, ist es gut.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul