Problem von Anonym - 13 Jahre

Ich werde von meiner Klasse ignoriert/nicht ernst genommen.

Hallo.
In meiner Schule ist es üblich, dass in der 7. Klasse viele Schüler sozusagen durchgemischt werden (Ende der 6. können alle Schüler ein bestimmtes Wahlpflichtfach wählen.)
Ich kam mit einem guten Gefühl in die neue Klasse, jedoch wurde mir sofort bewusst: Keiner merkt so wirklich, dass ich anwesend bin. Also habe ich versucht die Aufmerksamkeit an manchen Tagen auf mich zu ziehen. Was ist passiert? Ich wurde des öfteren von vielen Schülern ausgelacht, also versteckte ich mich einfach weiter im Hintergrund.
Jetzt bin ich in der 8. Jahrgangsstufe und es hat sich nichts geändert. Naja, es ist eigentlich schlimmer geworden. In vielen Fächern muss ich alleine sitzen, im Sportunterricht streiten sich die Teams, wer mich denn nehmen soll. (Da ich nicht wirklich die sportlichste bin.)
Bis vor ein paar Wochen dachte ich mir nichts dabei, aber in letzter Zeit habe ich einfach keine Lust mehr auf irgendwas, ich 'fresse' mich unbeabsichtigt voll, und meine Mutter nervt mich langsam auch mit dem:"Wenn du dich nicht liebst, wird dich keiner lieben.", ich möchte nicht mal, dass mich jemand liebt, ich möchte nur einen Freund in meiner Klasse, der mir seine Aufmerksamkeit schenkt und sich auch das ein oder andere Mal für mich einsetzt.

Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt, diesen mehr oder weniger langen Text durchzulesen.
Lg

Christina B. Anwort von Christina B.

Hallo liebe Anonyme!

Ich finde es gut, dass Du Dich an uns gewandt hast. Ich kann mir vorstellen, dass das schwierig für Dich sein muss, denn allein in der Klasse auf sich gestellt zu sein, ohne richtige Freunde ist, ich drücke es jetzt mal weniger gewählt aus - einfach scheiße. Und wenn man dann noch ausgelacht wird, fühlt man sich natürlich noch schlechter.
Ich kann Dich da gut verstehen, weil es mir mit dreizehn Jahren ähnlich gegangen ist. Die anderen waren immer "cooler" und alle hatten mehr oder weniger eine fixe Freundin in der Klasse und ich bin oft so von Gruppe zu Gruppe gewandert. Auch das auslachen ist mir bekannt und genau wie Du wurde ich immer als letzte in die Turnmannschaft gewählt. Doch aus mir ist auch was geworden und ich habe auch gelernt, damit umzugehen bzw. meine Situation zu verändern und dasselbe würde ich Dir jetzt auch raten. Dazu möchte ich Dir ein paar Fragen stellen und Dir einige Angebote und Tipps mitgeben.

Als Deine Klasse durchgemischt wurde, gab es irgendjemanden, den Du schon vorher kanntest oder mit dem Du in der Klasse warst und Dich halbwegs gut verstanden hast? Denn dann könntest Du Dich erst mal an den halten. Da Du Dich ja schon ziemlich zurückgezogen hast, möchte ich Dich dafür wappnen, dass das Ganze jetzt länger dauern könnte - einfach weil alle Deine Klassenkameraden jetzt die "ruhige, zurückgezogene" gewohnt sind. Das macht es einfach schwieriger, wieder neuen Kontakt herzustellen; in solchen Situationen ist es zwar ganz natürlich, sich eher zurückzuziehen und in den Hintergrund zu treten, aber es macht die Sache nicht besser. Aber das ist natürlich jetzt alles leicht daher gesagt, das weiß ich, denn man will ja nicht noch mehr verletzt werden und geht daher auf Abstand.

Aber Du bist ein sehr zielstrebiges Mädchen, habe ich das Gefühl, das weiß, was es will und das auch sehr gut und klar sprachlich ausdrücken kann. Das ist wichtig für das ganze Leben und Du hast jetzt erkannt, dass Du nicht mehr länger in dieser Situation verweilen möchtest und hast sofort die Initiative ergriffen, um das Problem zu lösen. Zielstrebig, am Punkt, Problem am Schopf packen - Das finde ich echt super!

Was kannst Du also tun? Am leichtesten wäre es wie gesagt, sich an jemanden zu halten, den Du schon etwas kennst. Wenn es so jemanden nicht gibt, kannst Du auch mal beobachten, ob es noch jemanden in der Klasse gibt, dem es vielleicht ähnlich geht wie Dir, der nicht so richtig gehört wird, oder manchmal im Unterricht belächelt wird, der vielleicht auch nicht so viele Freunde hat und eher auf sich gestellt ist. Wenn es weder jemanden gibt, den Du schon etwas besser von der alten Klasse kennst und Dich gut verstehst, noch jemanden, dem es ähnlich ergehen könnte wie Dir, dann such Dir doch einfach jemanden aus, der Dir am sympathischsten ist. Ich glaube, für den Anfang wäre es gut, sich an ein Mädchen zu halten, da kommst Du wahrscheinlich leichter und besser ins Gespräch als mit einem Jungen. Versuch doch mal, Dich in den Pausen evtl. etwas näher an das Mädchen zu setzen und vielleicht ein bisschen ungezwungen und nett mit ihr zu plaudern. Oder Du suchst Dir einen Vorwand, dass Du eine Aufgabe nicht verstehst und ob sie sie Dir erklären könnte. Geh das Ganze langsam an, dann kann sich auch die andere Seite gut daran gewöhnen - das ist wichtig, weil Du die Freundschaften, die Du dann aufbaust, ja auch halten möchtest. Ich kann mich erinnern an ein Mädchen in der Oberstufe, das ebenfalls keine Freunde in der Klasse hatte und sich dann mir und meinen beiden Freundinnen gewidmet hat. Nur leider hat sie dann plötzlich ganz stark angefangen zu "klammern" und gerade, als wir uns mit ihr richtig angefreundet hätten, fing das an, sodass es uns zu viel wurde und wir sie wieder fallen ließen. Daher versuche, nicht alles auf einmal haben zu wollen - Freundschaften brauchen Zeit, sich aufzubauen und zu entwickeln. Wenn du nun schon mehrere Pausengespräche geführt hast, kannst Du auch mal Social Media nutzen und z.B.: auf Facebook oder WhatsApp mit dem Mädchen schreiben oder so - und das kann völlig belangloses sein, aber beide Seiten brauchen oft Zeit, in der sie Smalltalk machen, um dann richtige, tiefergehende Gespräche führen zu können. Du kannst dann mal Nummern austauschen, und evtl. irgendwann veranlassen, Dich neben sie zu setzen. Vielleicht kommt dann nach einiger Zeit auch ein Treffen außerhalb der Schule mal zustande.

Ich weiß, alles, was ich Dir erzähle, ist leichter daher gesagt, als getan, doch Du kannst Dir das Selbstvertrauen dafür holen, indem Du Dich positiv bestärkst mit z.B.: positiven Glaubenssätzen wie "Ich schaffe das, ganz ruhig und cool mit den anderen zu sprechen." Wiederhole Dir diese Sätze im Kopf und präg sie Dir ein. Prinzipiell hat Deine Mutter natürlich Recht mit dem Satz, dass man sich erst selbst lieben muss, bevor man jemand anderes lieben kann, aber ich verstehe, dass Dir das in Deiner Situation nicht so richtig weiter hilft und Dich genervt hat. Wie kommt denn Deine Mutter auf diesen Gedanken? Gibt es Anzeichen dafür, dass Du Dich selbst nicht magst? Oft ist nämlich das ein Grund, warum andere Menschen sich von einem abwenden oder einen gar nicht wahrnehmen, weil man die Abneigung gegen sich selbst ausstrahlt und die anderen Menschen das spüren. Könnte das bei Dir der Fall sein? Was gibt es denn, was Du gut kannst? Fällt Dir da was ein? Vielleicht magst Du ja mal eine Liste erstellen mit Dingen, die Du gut kannst. Da darf alles drauf stehen, was Dir einfällt, Hobbies oder Fähigkeiten wie "singen, tanzen, kochen..." aber auch Schulfächer oder Eigenschaften "nett, freundlich, lustig..:" und aber auch jeder Blödsinn, der Dir einfällt "Ich kann gut nerven. Haare färben. Fotocollagen basteln..." Jedes noch so unwichtige Detail darf da oben stehen. Eine solche Liste bewirkt, dass Du lernst, Dich selbst mehr anzunehmen. Das wirkt sich wiederum auf Deine Ausstrahlung aus und somit auch auf das Freunde-finden.

Ich möchte Dich noch fragen, was Du meinst mit "unbeabsichtigt" voll fressen. Meinst Du, dass Dich plötzlich eine Fressattacke überkommt? Wie gehst Du dann damit um? Vielleicht magst Du das in einem neuen Problemtext schildern? Nur wenn es für Dich bedeutsam ist natürlich, aber da Du das erwähnt hast, wollte ich es nicht unerwähnt lassen ;)

Hier habe ich Dir noch einen Link kopiert mit Tipps für mehr Selbstvertrauen: https://www.psychotipps.com/Selbstvertrauen.html
Du findest diesbezüglich auch noch eine Menge anderer Beratungen in unserer Chronik, gib einfach bei der Stichwortsuche Selbstvertrauen ein.

Ich hoffe, ich konnte Dir schon ein Stück weiter helfen.
Ich bin mir sicher, dass Du diese Situation handeln wirst (: Bei weiteren Fragen oder einfach Redebedarf kannst Du uns gerne erneut kontaktieren.
Alles Liebe wünsche ich Dir,
Christina