Problem von Jessica - 30 Jahre

Fast ganz alleine

Ich weiss nicht mehr, was ich sonst machen soll und hoffe, das mir hier jemand helfen kann, meine aktuelle Situation zu verarbeiten.

Ich bin 30 Jahre alt, habe einen Freund und einen kleinen Sohn (3j.) und bin berufstätig. Meiner kleinen Familie geht es aktuell recht gut finanziell, allerdings sind wir wirklich nur noch zu dritt.

Mein Freund hat vor drei Jahren mit seiner Familie gebrochen da seine Schwester mich und ihn tyranisiert hat und seine Eltern ihr glaubten, wir wurden nicht mal angehört.

Danach starb mein Vater, der für mich mein ein und alles war. Wir ließen unser damaliges Leben stehen und liegen, unsere Jobs und Freunde, unsere schöne Wohnung um zu meiner Mutter in den Ort zu ziehen und ihr bei zu stehen. Meine Mutter wollte das auch. Sie versprach mir mit dem Kind zur Hand zu gehen und das wir in mein Elternhaus einziehen dürfen. Ich verdrängte meinen Kummer wegen dem Tod meines Vaters um in seinem Sinne meine Mutter aufzufangen.

Ich muss dazu sagen, ich bin behindert von Geburt an, meine Mutter hat meine ganze Kindheit über viel für mich Sorgen müssen, es war sehr anstrengend. Allerdings habe ich in meiner Jugend und nach der Ausbildung mit 21 mein Leben selbst in die Hand genommen und bin jetzt absolut selbstständig. Trotzdem sah ich es wohl in meiner Verpflichtung diese Dinge für meine Mutter zutun um etwas wieder "gut zu machen" und ihr etwas "zurück zu geben" und jetzt auch mal die Versorgerin zu sein.

Wir zogen also recht schnell in den Ort, erstmal in eine Mietwohnung. Ab da fingen die Enttäuschungen an. Meine Mutter wollte nicht mehr, das wir mit in das Haus einziehen ,traute aber nicht uns das direkt zu sagen. Ich erfuhr es von einer Freundin von ihr.

Als ich einen neuen Job hatte erklärte sie sich bereit meinen Sohn einen nachmittag in der Woche zu nehmen, das ging drei Monate gut, dann ließ sie mich sitzen weil sie zeitlich anderes zutun hatte.

Ich musste bitten und betteln das sie ihr Enkelkind mal eine nacht nimmt damit ich etwas Kraft tanken konnte. Die Gegenstände meines Vaters wurden einfach verkauft ohne mein Wissen.

Sie meldete sich kaum noch, hatte "keine Zeit", aber mit Freundinnen treffen und in die Disko gehen dafür war zeit da.

Ich habe versucht mit ihr zu reden, allerdings kann sie überhaupt keine Kritik ab und wurde sofort panisch als ich sie darauf ansprach das ich mir das anders vorgestellt hätte und den Eindruck habe wir seien nur ein Klotz am Bein.
"ich dürfe nichts erwarten" war ihre Antwort.

Wenn ihr danach war, meldete sie sich, einige Zeit ging es gut, dann mal wieder gar nicht.
Letztes Weihnachten war ganz schön ich dachte sie hätte verstanden wie wichtig Familie und zusammenhalt ist.
Aber im Januar fing sie dann an mir zu erzählen das sie neue Männer kennnen lernen will und sich im Internet angemeldet habe.
Ich bat sie, Details für sich zu behalten da ich mit dem Tod von meinem Vater noch nicht abgeschlossen habe und so eine Vorstellung einfach noch nicht verkrafte. Was jedoch nicht hieß das ich ihr irgend etwas verboten habe, ich wollte nur nicht das sie mit mir über so etwas redete als sei ich ihre Freundin.

Leider setzte sie sich erneut über meien Gefühle hinweg und teilte mir einige Wochen später mit das sie einen neuen Freund habe. Wieder bat ich von solchen Informationen erstmal Abstand zu halten. Am nächsten Tag kam wieder eine Nachricht wie von einem pubertierenden Mädchen das sie ja so verliebt sei (nach einem Treffen!) usw...

Ich habe nochmal versucht ihr zu erklären das ich ihre Tochter bin, das ich meinen Vater verloren habe und das sie bitte sensibler mit mir umgehen möchte was das Thema betrifft.

Seitdem meldet sie sich bei mir garnicht mehr.
Einmal noch, Ende Februar nahm sie ihr Enkelkind da ich einfach absolut gestresst war von Freitag auf Samstag. Abhol und Bringzeit waren geklärt.
Ich dachte, okay wenigstens leidet das Interesse zum Enkel nicht durch den neuen Kerl.

Wir buchten für uns ein Hotel und wollten an den Bodensee fahren zum entspannen.
Das wusste meine Mutter auch.

Einen Tag vor dem "kurzurlaub" meldete sie sich, erst unter einem Vorwand "wie es mir ginge", um mich dann zu bitten meinen Sohn am Samstag bereits früher abzuholen da ihr etwas dazwischen gekommen sei was für sie sehr wichtig wäre.

Schon eine Vorahnung habend fragte ich was denn so wichtig sei das sie jetzt ihren Enkel, der seid wochen nicht mehr bei ihr war im letzten Moment noch früher weg geben muss.

"Er habe eine Überraschung für sie". Da platzte mir dezent der Kragen und zum ersten mal schluckte ich das nicht herunter und sagte meiner Mutter deutlich das der Termin mit dem Kind zuerst ausgemacht war und sie das dann mit ihrem Typen regeln muss, aber ich sicher nicht deswegen meinen eh schon kurzen Urlaub noch unter Stress verbringe um wieder früh genug zuhause zu sein, damit die Dame ihr Enkelkind abschieben kann nur weil ihr Kerl plötzlich eine Überraschung hat.

Sagt man da nicht als Oma eigentlich "sorry, ich habe meinen Enkel an dem Tag, wenn dann geht es erst wenn er wieder zuhause ist" oder sowas in der Art?!

Ich war so stinksauer, vorallem weil er schon da war als ich meinen sohn dann abgeholt habe, obwohl ich mehrfach darum bat, mich damit noch nicht zu konfrontieren.

Danach hat sich meine Mutter in 2 Monaten gerade 2 Mal gemeldet, nur mit den Worten "kann ich den kleinen holen".

Ich habe ihr jetzt klipp und klar gesagt das mein Sohn keine Oma braucht, der alle Schaltjahre einfällt das sie Oma spielen will und ihn für fremde Männer sogar abschiebt. Das ihr Egoismus und ihre leeren Versprechnungen mich verletzen. Das sie es nicht einsieht und es für mich so nicht weiter geht.

Seitdem nichts mehr. Nicht mal zu Ostern. Ich fühle mich wie einfach weg geworfen. Mein Vater würde sich im Grab herum drehen. Und sie behandelt uns als wären wir ihr jetzt nur noch lästig.
Sie redet auch überall davon das ich ihr verbieten würde ihren Enkel zu sehen, erwähnt aber nicht das sie sich kaum meldet und ich teilweise auf Knien rutschen musste wenn ich mal ein paar freie Stunden brauchte.
Sie ist eine schauspielerin, sie weiss sich zu präsentieren, sie hat eine total falsche Wahrnehmung und findet es gerecht, andere so zu verletzen und nur an sich zu denken.

Ich fühle mich absolut beschissen, mein Sohn hat jetzt keine Großeltern mehr, ich fühle mich benutzt und weg geworfen von meiner Mutter, einfach wertlos. Bin die letzten Tage nur noch gebrochen und enttäuscht und verletzt und habe kaum Kraft für andere Dinge. Meine ganze Familie ist kaputt gegangen.

Frauke Anwort von Frauke

Hallo!

Ich kann verstehen, dass du dich allein gelassen fühlst. Du hast deiner Mutter etwas zurückgeben wollen von dem, was sie für dich getan hat. Und deine Mutter hat in ihrer Trauer nach dem Tod ihres Mannes auch gedacht, es sei eine gute Idee, wenn du in ihren Ort ziehst.
Für mich hört es sich so an, als hat deine Mutter gerade das Gefühl, dass sie viel nachholen muss, was sie bisher in ihrem Leben meint verpasst zu haben. Sie startet neu durch, alles ist neu, spannend und schön.

Du sagst, dass du ihr etwas zurückgeben wolltest und dachtest an Hilfe, Unterstützung und Familie. Denn diese Dinge sind DIR wichtig. Deine Mutter aber braucht in diesem Moment, in dieser Lebenssituation Freiheit. Hatte sie davon vielleicht bisher zu wenig? Du wärest gerne ihre Versorgerin gewesen und eine kurze Zeit lang wird sie gedacht haben, dass das schön wäre, aber schließlich ist auch ihr bisheriges Leben mit dem Tod deines Vaters vollkommen zusammen gebrochen und sie hat bestimmt eine ganze Weile gebraucht, um zu erkennen, was sie jetzt braucht.

Deine Mutter, so sagst du, hat mir dir geredet, als seist du eine Freundin und das wolltest du nicht. Ihr wollt zwei komplett verschiedene Dinge. Du möchtest Familie, sie möchte Freiheit. Du möchtest eine Mutter, sie möchte jetzt in dir eine Freundin haben.

Ihr habt eure Jobs, eure Freunde stehen und liegen gelassen. Das ist schmerzhaft. Ist es auch unumkehrbar? Was spricht dagegen wieder in die Nähe eurer alten Freunde zu ziehen? Es gibt viele Menschen, für die ihre Freunde praktische ihre neue Familie geworden sind. Eine, die man sich ausgesucht hat, die einander gefunden hat.

Lass deiner Mutter Zeit, sich neu zu finden. Ich glaube, sie wird wieder den Weg zu euch zurück finden, auch wenn sie vielleicht nie eine so verlässliche Mutter und Oma sein wird, wie du es dir wünscht.

Lebe dein Leben und konzentriere dich auf dich, deine kleine Familie und deine Freunde. Du hast bisher so viel geschafft. Das schaffst du auch noch!
Alles Gute!
Frauke