Problem von Sarina - 17 Jahre

Rumgemotze und auf mir rumhacken

Hi, liebes Kummerkastenteam,
ich weiß hier echt nicht mehr weiter! Meine Eltern sind den ganzen Tag am Arbeiten, ich sehe sie kaum. Und selbst abends sehe ich sie immer seltener, aber wenn, dann immer öfter mies gelaunt und am rummotzen. Und meistens krieg ich es ab :(. Ich meine, ich kann verstehen, dass der Tag lang und nicht immer gut läuft, aber wieso muss ich darunter leiden?
Dazu kommt noch, dass ich keinen Job habe und nur Zuhause sitze, aber auf Jobsuche bin. Ich darf mir anhören, ich bin stinkendfaul, sitze den ganzen Tag vorm PC und krümme im Haushalt keinen Finger. Dabei stimmt das doch gar nicht! Ich mach hier Zuhause schon viel. Andauernd wird mir mit Rausschmiss gedroht, wenn sich nicht bald was ändert. Und zudem bin ich bald (zwei Wochen) 18, dann können sie das wirklich machen. Aber ich weiß gar nicht wohin oder was ich dann machen soll!
Ich habe drei Freundinnen insgesamt. Eine, die mir immer nur rät, ich soll zum Jugendamt gehen (wovor ich aber mega Angst habe), die zweite hat nur noch Hektik und interessiert sich nur noch für sich und die Dritte wohnt nicht in meiner Stadt.
Ich verzweifle hier mit jedem Tag mehr. Es geht schon seit Monaten so. Auf mir wird nur noch rumgehackt, was ich falsch mache :'( Ich habe mich auch schonmal geritzt (Da bin ich aber nicht stolz drauf) und auch schon mehrere Narben, aber trotzdem will ich es nach jedem Streit wieder machen, aber irgendwie auch wieder nicht! Ich weiß, sehr logisch...
Am Wochenende ist es ähnlich. Jeder sitzt nur vorm PC und es wird rumgemotzt. Ich werd nach dem Aufstehen schon gar nicht mehr angeschaut und/oder mit einem genervten "Waaas?", begrüßt :'(
Ich weiß nicht mehr weiter. Was soll ich machen?
Danke im Vorraus schonmal für eine Antwort
Gruß
Sarina

Christina N. Anwort von Christina N.

Liebe Sarina!

Ich möchte mich zunächst für dein Vertrauen bedanken, da es nicht selbstverständlich ist, sich mit seinen Problemen fremden Personen anzuvertrauen. Ich finde es toll, dass du dir Hilfe gesucht hast, beziehungsweise dein Problem beschrieben hast, da es ganz besonders in deinem Fall wichtig ist, nicht alleine gelassen zu werden.
Wenn ich mir deine Geschichte durchlese, kommen bei mir einige Gedanken auf, die ich aus deinen Zeilen herausgelesen habe, welche Gefühle dich momentan plagen: Verzweiflung, Angst, Selbstzweifel, Hilflosigkeit, Auswegslosigkeit und so etwas wie ich weiß nicht, was mit mir los ist. Diese Gefühle müssen natürlich nicht stimmen, was ich damit sagen will, ist, ich kann dich nur zu gut verstehen, wie du dich gerade fühlst, antriebslos, alleine gelassen, traurig und unverstanden. Ich finde es sehr mutig und tapfer von dir, dennoch alle Ängste und Sorgen kurz beiseite zu schieben und dir alles von der Seele zu schreiben.

Ich stelle es mir unglaublich schwierig vor, überhaupt aufzustehen, da für dich in deiner Situation der Alltag womöglich kaum kaum bewältigbar ist ohne Hilfe, so wie du beschrieben hast. Dies ist natürlich kein Zustand, der lange beziehungsweise überhaupt nicht andauernd sollte.

Du hast jedoch schon einen mutigen Schritt gewagt und zwar dich an uns zu wenden und das finde ich großartig, denn dies bedeutet, sich jemandem anzuvertrauen und dass schaffen leider nicht viele in deiner Situation, dennoch du hast es geschafft und das finde ich großartig, denn alleine aus dieser Situation zu kommen, ist oft nicht möglich.

Fragen, die sich natürlich jetzt bei mir auftun sind, seit wann genau diese familiäre Situation zuhause andauert? Ich nehme mal an, wie du es schilderst, bestimmt schon länger, was deinen Alltag beschreibt. Du bist zwar schon bald 18 ( rechtlich gesehen erwachsen), jedoch doch noch minderjährig und sollte diese Situation, die du mir beschrieben hast, schon länger andauern, ist das für eine Jugendliche wie dich, oder damals eventuell auch als Kind eine unzumutbare Situation. Ich kann mir gut vorstellen wie es dir geht, denn auch als Jugendliche sehnt man sich nach Unterstützung, Anerkennung, Zuwendung, Liebe und Geborgenheit, jedoch wie du beschrieben hast, fehlt es bei dir an diesen Bedürfnissen in allen Lebenslagen. Du hast zwar recht, das ein langer Arbeitstag müde macht, jedoch wie du richtig geschrieben hast, kannst du auf keinen Fall was dafür und auch wenn du bereits 17! bist benötigst du alle diese Bedürfnisse, um sich rundum wohlfühlen zu können. Daher stelle ich es mir irrsinnig schwierig an deiner Stelle vor, hierbei noch tapfer zu sein, glücklich beziehungsweise Motivation für das Schreiben von Bewerbungen zu finden. Ich finde das wirklich großartig von dir, dass du dies trotzdem schaffen möchtest.

Eine weitere Frage die sich bei mir auftut? Seit wann hast du denn genau das Gefühl, dich verletzen zu müssen? Gab es bestimmte Momente, Situationen oder Tage, an denen du es häufiger gemacht hast?
So wie du es geschildert hast, geht es dir gar nicht gut und dich belastet deine Situation sehr, was ich sehr gut verstehen kann, an deiner Stelle wüsste ich auch nicht mehr weiter.

Konntest du dich schon außer uns an jemanden anvertrauen? Freunde ( deren Familie )Bekannte oder andere Verwandte aus deiner Familie?
Möglicherweise könntest du versuchen, dich auch an eine Person, der du dich besonders nahe fühlst oder der du vertraust, ebenfalls dein Problem zu schildern. Oft tut es gut, nicht alleine gelassen zu werden mit seinen Problemen und mit jemandem darüber offen zu reden, vor allem in deinem Fall.

Es gibt auch die Möglichkeit, vielleicht hast du einmal Lust diese auszuprobieren, wenn du einmal wieder den Drang hast, dich zu verletzen oder du dich alleine gelassen fühlst von deiner Familie, stattdessen einfach spazieren zu gehen, deine Lieblingsmusik ganz laut aufzudrehen, tief durchzuatmen, schreibe deine Gefühle auf oder rufe deine Freunde an oder auch die Telefonseelsorge.

Ich finde es auch nicht okay, dass du ganz alleine Bewerbungsschreiben durchführst, nicht weil du es nicht kannst, sondern vielmehr weil es oft sehr viel Unterstützung bedarf und vor allem in deinem Fall, wo es dir an familiärer Unterstützung großteils fehlt, würde ich mir an deiner Stelle wirklich entweder professionelle Beratung beim Arbeitsmarkt suchen, dort gibt es ausgebildetet Berater, die dir helfen einen für dich geeigneten Job zu finden. Eine andere Möglichkeit wäre natürlich, eine dir vertraute Person, die du kennst, vielleicht findest du hierbei auch jemanden, der dir helfen kann.

Rechtlich gesehen dürfen dich deine Eltern mit 18 rauswerfen, da hast du schon recht, aber ich würde mir hierbei keine Sorgen machen, denn oft reagieren Eltern über im Ärger über irgendetwas und wollen einem nur Angst einjagen. Dies ist natürlich nicht in Ordnung, ganz klar, jedoch würde ich mir an deiner Stelle nicht zu sehr den Kopf zerbrechen, denn auch wenn sie es dir so gut wie nie zeigen können, im Inneren haben dich deine Eltern bestimmt ganz toll lieb.

Hast du denn mit deinen Eltern schon Mal persönlich gesprochen, warum sie denn oft so reagieren, wie du beschrieben hast? Möglicherweise kannst du sie ja mal darauf ansprechen und fragen: "Mama, Papa, ich verstehe euch doch, dass ihr müde seid nach einem langen Tag, aber wieso seid ihr nicht nett zu mir? Ich fühle mich nicht wohl und bin sehr traurig dabei. Mir geht es wirklich gar nicht gut damit." Dann könntest du deine Gefühle direkt ansprechen und auch deine Wünsche äußern, wie du es denn gerne anders hättest.

Du darfst jedoch auf gar keinen Fall alleine bleiben mit deinen Problemen. Ich würde mir an deiner Stelle wirklich professionelle Beratung bei Therapeuten oder einer Jugendberatungsstelle holen. Möglicherweie kann dir jemand helfen, einen in deiner Nähe zu suchen und am besten mit dir dort hinzugehen. Denn es soll dir bald wieder besser gehen und die Menschen dort, sind für deine Probleme am besten ausgebildet und können dir bestmöglich helfen. Ich verstehe deine Freundin mit dem "Jugendamt" natürlich auch, weil sie es wahrscheinlich nur gut mit dir meint und sie hat schon recht, dass einige Dinge in der Familie nicht in Ordnung sind, jedoch würde ich mich zuerst an eine Beratung wenden und wenn diese der Meinung sind, dass das Jugendamt eingeschalten gehört, werden sie das mit dir gemeinsam machen, solche Wege musst du nicht alleine gehen.

Möglicherweise kannst du ja auch wenn du möchtest, die Familien deiner Freunde hinzuziehen, wenn deine Freundinnen einverstanden wären, die würden dir bestimmt auch helfen wollen.

Eine weitere Möglichkeit, die ich dir gerne mitgeben möchte, sind zwei Links aus dem Internet. Vielleicht kannst du dich hier mal reinklicken und sehen, ob für dich etwas dabei ist. Möglicherweise kann dich hierbei auch eine Person, die du gerne magst, unterstützen oder ihr könnt es euch
gemeinsam ansehen und möglicherweise Informationen bekommen:

www.rotelinien.de
www.jugendberatung.at
www.eltern-jugendberatung.com
www.selbsthass.com

Ich wünsche dir auf jeden Fall das Beste und dass sich alles positiv entwickelt!
Herzliche Grüße,
Christina