Problem von Martin - 49 Jahre

Geister die ich rief...

Hallo liebes Kummerkasten-Team,
tja, jetzt habe ich hier eine Menge gelesen und habe lange überlegt, hier mein Problem darzustellen, da hier ja so viele jünger sind als ich. Nun habe ich mich durchgerungen, weil sich meine Beziehung mit meiner Lebensgefährtin (C, 51 J) so sehr schwer darstellt. Ich bin seit ca. 3 Jahren mit ihr zusammen und seit dieser Zeit ist es immer wieder erneut sehr schwierig. Das liegt wahrscheinlich größtenteils daran, dass jeder von uns eine Vergangenheit hat und keine sehr gute.
Meine Lebensgefährtin ist im Kindesalter zweimal vergewaltigt worden. Beim ersten Mal war sie gerade einmal 9 jahre alt!! Das zweite Mal passierte ihr mit 17 Jahren. Was hat sie bloß verbrochen, um so etwas schreckliches erleben zu müssen. Und als das noch nicht schrecklich genug war, hatt sie zudem auch große Schwierigkeiten in ihrem Elternhaus, fühlte sich oft nicht "gewollt". Nach vielen Therapien und vieler harter Arbeit hat sie es dennoch geschafft, ins Leben zurück zu finden. Ich finde das einfach toll, dass sie es geschafft ins Leben zurück zu finden hat und den Tätern wünsche ich die Pest an den Hals, auch wenn diese bereits nicht mehr unter uns weilen! Dennoch hat das Erlebte bei ihr Spuren hinterlassen. Natürlich hat es das, wie sollte es denn auch keine Spuren hinterlassen. Hinzu kommt, dass alle Beziehungsversuche durch viel Betrug und Beschiss auf Seiten ihrer Partner bis zu unserem jetzigen Versuch fehlgeschlagen sind. Aus ihren Beziehungen und einer Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen (Tochter 24, Sohn 17).

Jetzt kurz zu mir...: Ich war 15 Jahre verheiratet bis sich meine Ex-Frau aus der Ehe 2006 verabschiedet hat. Auch ich habe eine leibliche Tochter (23 J) und einen Stiefsohn (26 J), welche meine Ex-Frau mit in die Ehe gebracht hat. Als meine Ex-Frau ging blieben beide Kinder bei mir und ich war lange Zeit alleinerziehend. Leider wurde meine Tochter krank und hatte Anorexie. Auch wurde eine Borderline-Störung festgestellt. Aus dieser Störung heraus hatte sie dann auch noch Kontakt zu Drogen und brach mit ihren damaligen 15-16 Jahren völlig aus. Sie verletzte sich selbst (Ritzen) und ich war einfach ohnmächtig dem gegenüber. Ich gab mir die Schuld an ihren Problemen, denn erstens war ich nicht in der Lage die Ehe zu retten (ja ich weiß, da gehören zwei dazu) und zweitens konnte ich sie damals nicht so unterstützen, da ich überhaupt nicht in der Lage war. Der Trennungsschmerz damals war so überirdisch groß. Da ich dann alles irgendwie auch noch alleine wuppen musste, blieb auch vieles auf der Strecke. Ist schon lange her, hat mich aber geprägt. Auch alle Versuche wieder eine Beziehung zu haben, sind irgendwie kläglich gescheitert. Ich bin selbst schon seit längerem in Therapie, da ich irgendwie in all der Zeit in Depressionen verfallen bin. Scheisse, ich schweife ab...
Vor ca. 3 Jahren habe ich meine Lebensgefährtin kennengelernt. Wir kannten uns vorher nur flüchtig vom Sehen und sind uns auf einer Single-Börse im Internet zufällig wieder begegnet. Wir haben ein-zweimal hin und her geschrieben und uns dann getroffen. Ich kann gar nicht mehr erklären, was mich so an ihr fasziniert hat, das Leuchten in ihren Augen, ihre offene Art, wahrscheinlich alles an ihr. Für mich ist sie die Frau! Das meine ich wortwörtlich. Ich war ihr erst nicht so sympathisch, glaube ich, aber ich bin drangeblieben und irgendwann hat es auch bei ihr gefunkt.
Leider stand unsere Beziehung nicht unter einem sehr guten Stern, denn es gab seit Anfang an immer wieder Probleme. Meine Tochter war damals sehr schwierig, wie oben beschrieben und ja meine Süße eben auch. Es gab viele Grabenkämpfe und ich war mittendrin. Wahrscheinlich auch nicht zuletzt deshalb, da ich es Beiden recht machen wollte. Das ging aber nicht. Diese Probleme hörten erst auf, als meine Tochter auszog und ich sie ein- zweimal sehr zurechtweisen musste, so dass wir monatelang keinen Kontakt hatten. Ein weiterer Streitpunkt war und ist noch heute, dass Sie durch Ihre Vergangenheit so geprägt ist und somit allen und jedem misstraut auch mir. Bei mir ist es genau andersrum, da für mich Vertrauen einer der Grundsteine einer guten Beziehung ist. Aber auch ich habe durch meine Vergangenheit und gerade dem Verlust meiner Ehe große Probleme mit mir und meiner Umwelt. Ich versuche es jedem und gerade meiner jetzigen Liebe alles Recht zu machen und ja auch meiner Familie. Nur meine Familie, meine Kinder und meine Lebensgefährtin, irgendwie hat das von Anfang an nicht so recht gepasst. Und ich habe es eben nicht hinbekommen, allen Parteien gerecht zu werden. Durch meine Art, immer alles zu deckeln, schön zu reden und auch einiges zu verschweigen, ist alles nur noch schlimmer geworden.
Bereits am Anfang der Beziehung habe ich gemerkt, dass mit meiner Süßen oftmals nicht gut Kirschen essen ist, da ihr Misstrauen gegenüber Männern so unglaublich groß ist. Ihre Angst wieder unter einem Mann leiden zu müssen, nimmt sie regelrecht gefangen. Aus diesem Grund hat sie sich auch in Therapie begeben, die noch bis heute anhält.
Und diese Angst ist es auch, die auch mich immer wieder gefangen nimmt. Viele Dinge in meinem Leben versuche ich zu deckeln, damit sie es gar nicht erst aufregen kann. Damit meine ich ganz banale Dinge, wie z. B. der Kontakt zu meiner Familie. Ich bin da irgendwie blockiert. Ich habe schon so viele Verluste im Leben erlebt und ich will einmal in meinem Leben irgendetwas hinbekommen, gerade jetzt mit meiner Lebensgefährtin. Ich liebe diese Frau und ich will sie nicht verlieren!
Vor ca. 4 Monaten sind wir zusammengezogen. Ich habe uns ein kleines Häuschen gebaut, von dem ich gedacht habe, wir könnten hier glücklich werden. Meine Süße und ich wollten diesen Schritt wagen. Kurz bevor das Haus bezugsfertig war, habe ich allerdings einen großen Fehler gemacht. An einem Samstagabend fing ich an zu grübeln, ob das was wir machen wirklich richtig ist, ich meine mit all den Problemen, die wir ohnehin schon hatten. War das richtig zusammenzuziehen? Oder war das Irrsinn? Und plötzlich kamen meine inneren „Geister“ hoch. Wie konnte ich mit der Frau, die ich liebe zusammenziehen, wenn doch meine Vergangenheit gezeigt hat, dass immer alles was ich anfasste kaputt geht. Meine Ex-Frau ist vor mir geflohen in die Hände eines anderen Mannes. Alle Beziehungen hinterher, keine hat gehalten. Alle sind abgehauen. Wie soll es denn jetzt klappen? Meine Tochter, ihre Krankheit, ich war nicht Vater genug, hätte mich mehr kümmern müssen und konnte nicht. Vielleicht bin ich Schuld, dass sie so krank geworden ist. Dann war da noch die Arbeit, die mich auffraß. Dann das Haus, die Schulden, die ich gemacht habe, alles brach an diesem Samstagabend über mich herein. Ich wohnte zu dieser Übergangszeit in einer Einzimmerwohnung (hatte ein Jahr vorher mein Reihenhaus verkauft) und war allein. Es war schon sehr spät und ich konnte nicht schlafen. Ich war so durcheinander und hätte den Weg zu meiner Liebsten gehen müssen. Habe ich aber nicht, da ich wieder Angst hatte, ihr was von meinen Ängsten zu sagen. Hätte ich das gemacht, hätte sie gezweifelt an der Beziehung und hätte womöglich alles gecancelt. Mir ist an diesem Abend die Decke auf den Kopf gefallen und ich musste hier raus!! Ich bin dann also in mein Auto gestiegen und bin einfach losgefahren. Ich bin an Orten gewesen, die ich immer aufsuchte um nachzudenken. Aber ich wollte nicht mehr nachdenken. Ich wollte dies Geister loswerden! Da Hamburg nicht weit weg von meinem zu Hause ist, bin ich ziellos durch Hamburg gefahren. Am Hafen hielt ich an und wollte ein Stück gehen. Irgendwann bin ich auf dem Kiez gelandet, ich weiß auch nicht mehr wie und stand vor einem Kino, in welches man nur reingeht, wenn man Befriedigung sucht. Aber die suchte ich nicht, ich suchte doch eigentlich nur Ruhe. Fragt mich bitte nicht, warum ich in dieses Kino reingegangen bin, aber tatsächlich bin ich da drin gewesen. Allerdings nur ein oder zwei Minuten, dann habe ich dieses Kino angewidert wieder verlassen. So etwas habe ich noch nie gesehen. Erschrocken über mich selbst bin ich wieder zum Auto zurück, das war kurz vor Mitternacht. Ich bin dann bis morgens um vier oder so weiter herumgeirrt. Irgendwann war ich zu Hause und habe dann doch noch ein zwei Stunden geschlafen. Nächsten Morgen habe ich mich dann mit meiner Süßen im Haus getroffen, wir wollten noch das ein oder andere anbauen. Ich fühlte mich nicht gut, aber ich musste. Ich wollte mir auch nichts anmerken lassen, hätte ich ihr von dieser Nacht erzählt, hätte ich damit alles kaputt gemacht. Und dennoch kam es, wie es kommen musste. Ich legte meine Jeans über einen Stuhl und zog meine Arbeitshose an und fing an oben zu arbeiten. Irgendwann kam ich runter und mein Schatz hielt mir einen Zettel vor die Nase. Es war die Eintrittskarte zu diesem Scheiss Kino. Wie sollte ich das nun erklären. Es kam zu dem größten Höllenstreit, den ich je erlebt hatte. Und sie hatte Recht, was habe ich in einem solchen Kino verloren. Ich habe ihr dann alles erklärt, von meinen Geistern in der Nacht, von meinen Zweifeln an mir, von meinen Schuldgefühlen, aber das hat sie in diesem Moment gar nicht interessiert. Wer in ein solches Kino geht, will nur Sex, hat sie gesagt. Wie sollte ich ihr glaubhaft erklären, dass das nicht in meinem Kopf war, sondern andere Geister. Wie sollte ich ihr erklären, dass in dem Kino nichts passiert ist und wie sollte ich ihr glaubhaft erklären, dass ich selbst erschrocken war und fluchtartig da wieder raus bin. Das war nicht möglich. Ich an ihrer Stelle hätte das vielleicht auch nicht glauben können. Schon gar nicht mit ihrer Vergangenheit. Da saß ich nun, Wut entbrannt verließ sie unser neues Haus und ließ ihre Enttäuschung über WhatsApp freien Lauf. Und nun kommt es. Die Geister von Samstagnacht nahmen wieder von mir Besitz. Ich fuhr nach Hause in meine Einzimmer-Bude und habe mich richtig vollaufen lassen. Gut nä? Das war die Lösung! Völlig von Sinnen war ich und nicht nur in den Augen meiner Liebsten eine Enttäuschung. Ich wäre am liebsten abgehauen, wie konnte ich nur. Jedenfalls hat sie es mitbekommen, da ich sie in meinem Brausebrand anrief. Als sie das Elend sah, vor allem wie ich mich in meinem Selbsthass die ein oder andere Verletzung zugefügt habe, hat sie mich erstmal sitzen lassen. Hätte ich auch gemacht. Wir hatten in den nächsten Tagen noch das ein oder andere Gespräch und irgendwann kam sie zu dem Entschluss, mir diesen Fehltritt zu verzeihen. Ich möchte das nur einmal klar stellen, denn es war ein Fehltritt, wenn man doch weiß, dass die Partnerin schon so viel schlimmes erlebt hat, geht man nicht in ein Pornokino. Und das habe ich getan, auch wenn aus anderen Gründen und auch wenn dort überhaupt nichts passiert ist! Und ich möchte auch nochmal klarstellen: Ich trinke nicht (vielleicht zwei- dreimal im Jahr), habe mich nie verletzt, ich war noch nie in einem Pornokino. Und nach diesem blöden Samstag wird das auch nie wieder passieren!
Die letzten vier Monate bis heute wohne ich mit meine Liebsten und ihrem 17 jährigen Sohn in diesem Haus. Wir haben es trotz aller Hindernisse, Geister, Ängste und Misstrauensausbrüchen tatsächlich gewagt. Und genau das ist eingetreten, was ich befürchtet habe. Sie kann es eben nicht vergessen und hat daher noch viel mehr Ängste entwickelt wie vorher. Sie zweifelt an sich, an mir und überhaupt an allem. Es gibt wöchentlich Diskussionen über grundlegende Dinge. Ich werde beobachtet, wie ich reagiere, wo ich hinschaue, wie ich anderen Menschen begegne, was ich im Fernsehen anschaue. Es könnten hübschere Frauen mein Interesse wecken, sagt sie immer. Ich gucke anderen Frauen hinterher, unterstellt sie mir. Ich gucke Pornofilme, wenn sie gerade mal nicht hinschaut. Sie fühlt sich alt, unattraktiv und faul. All diese Dinge stimmen nicht, ich bin erstens nicht pervers und sie ist die schönste und fleißigste Frau, die ich jemals kennenlernen durfte, jedenfalls für mich!!! Warum sollte ich also dann auf andere Frauen schauen? All dies erzähle ich ihr immer wieder, aber ihre Geister lassen nicht von ihr ab und wir führen diese Gespräche immer wieder, aber eigentlich wird es im Verlauf immer noch schlimmer. Wenn ich dann in einer ruhigen Minute darüber nachdenke, fange auch ich an zu zweifeln und hasse mich dafür, in dieses Kino gegangen zu sein. Was soll ich also tun? Habt ihr einen Rat für mich? Ich weiß, ich hab viel geschrieben und es ist ne Menge wirres Zeug dabei, aber beim Schreiben fiel mir auf, dass ich nur die Hälfte der Probleme hier zu Papier bekomme und ich will Euch auch nicht überstrapazieren, aber vielleicht habt ihr tatsächlich einen Rat, wie man in solcher Situation agieren könnte.

Viele liebe Grüße

Martin

Christina B. Anwort von Christina B.

Lieber Martin!
Danke, dass du dich mit deinen Sorgen und Problemen an uns gewandt hast.
Ich habe mir deinen Text aufmerksam durchgelesen und ganz gemischte Gefühle beim lesen bekommen - ich selbst war sehr betroffen von deiner Geschichte. Du hast in der Vergangenheit schon viel mitmachen müssen und trotz deinen guten Absichten ist so vieles oft sehr schief gelaufen. Ich kann mir vorstellen, dass einem das Leben nach alledem ungerecht und mies vorkommt. Dass deine Lebensgefährtin vergewaltigt worden ist und das noch gleich zwei Mal, ist wirklich schrecklich! Ich gebe dir vollkommen recht, natürlich hinterlässt so etwas Spuren und Narben und in den meisten Fällen auch sehr tiefe. Das ist furchtbar, doch du kannst ihr ihren Schmerz diesbezüglich leider nicht wegnehmen. Ich kann mir vorstellen, dass du dich da vielleicht sehr hilflos fühlst - das ist auch verständlich, denn in solchen Situationen ist man als Partner leider vollkommen machtlos. Es liegt nur an ihr, ihre Erfahrungen zu verarbeiten und das kannst du ihr leider auch nicht abnehmen.

Zu deiner persönlichen Geschichte kann ich nur sagen: HUT AB! Du hast eine leibliche Tochter und einen Stiefsohn als alleinerziehender Vater aufgezogen - beide Kinder blieben bei dir und das ist eine Riesenverantwortung!! Ich kann mir gut vorstellen, dass du große Schuldgefühle bezüglich deiner Tochter hattest, weil sie die Anorexie und Borderline Störung entwickelte und dann auch noch zu Drogen griff. Du wolltest eigentlich nur alles richtig machen, doch warst selbst so verletzt und im Trennungsschmerz, dass du dich da vollkommen machtlos gefühlt haben musst und einfach nichts tun konntest. Das ist in dieser Lage, denke ich, auch normal und verständlich. Aber ich finde es gut, dass du in dieser turbulenten Zeit Therapie und Hilfe in Anspruch genommen hast. Das ist auch nicht selbstverständlich, denn die meisten verleugnen ihre Probleme, bis sie selbst irgendwann psychische Störungen entwickeln. Noch einmal also: HUT AB! Du hast in der damaligen Situation das für dich bestmögliche getan und mehr als sein Bestes kann man nicht geben. Auch du hattest deine Berechtigung auf deinen Schmerz und Schmerz verändert den Menschen eben manchmal für einige Zeit - das Ganze muss dich ja völlig überfordert haben und das ist auch völlig verständlich in dieser Situation. Du musstest zwei Kinder aufziehen, deinen Schmerz bewältigen und dann gleichzeitig auch noch irgendwie mit den Problemen deiner Tochter umgehen - das ist sehr viel auf einmal und ich denke mir, dass du es so gut geschafft hast, wie du eben konntest und das ist okay und gut so!
Dann hast du also deine Lebensgefährtin kennen gelernt, doch es lief anscheinend nicht so gut zwischen dir, ihr und deiner Tochter. Was war mit deinem Stiefsohn? War der inzwischen wieder zur Mutter gezogen? Welche Probleme genau gab es mit deiner Tochter und deiner Lebensgefährtin? Das habe ich im Text nicht so ganz verstanden. Irgendwie habt ihr aber durch den Auszug deiner Tochter geschafft, eure Probleme wieder zu kippen. Dennoch war deine Lebensgefährtin dir misstrauisch gegenüber. Es ist natürlich verständlich und klar, dass sie durch ihre Erfahrungen so reagiert und denkt, weil sie damit glaubt, sich vor Verletzungen schützen zu können. Sie hat womöglich durch all das mitgenommen "Vertraue niemandem, jeder will dir schlechtes." - was furchtbar ist, aber auch natürlich nach dem, was ihr widerfahren ist. Doch genauso, wie du es auch beschrieben hast - hast auch du deine Erfahrungen und Probleme, die dadurch entstanden sind. Auch du musstest einen schweren Verlust, deine zerbrochene Ehe, hinnehmen und hast lange damit zu kämpfen gehabt und das hat dich sehr geprägt. Du hast dir womöglich mitgenommen, dass deine Wünsche oder Bedürfnisse nur dann respektiert werden und du nur dann der Verletzung entkommen kannst, wenn du darauf achtest, dass alle anderen glücklich sind und du es jedem recht machst. Leider kann man es nicht jedem recht machen, wie du selbst auch schon erkannt hast.

Du hast außerdem geschrieben, du versuchst oft alles zu "deckeln". Was meinst du denn damit? Es zu verschweigen oder vertuschen? Es runterzuspielen? Du hast geschrieben, du redest dann manchmal die Dinge schön und versuchst viele Dinge in deinem Leben zu deckeln, damit deine Lebensgefährtin sich gar nicht erst aufregen kann. Meinst du damit, dass du versuchst, alles für sie zu regeln und sie so wenig wie möglich davon mitbekommen zu lassen? Dein Beispiel war der Kontakt zu deiner Familie. Den hältst du aufgrund deiner Lebensgefährtin so klein wie möglich, weil du weißt, dass es ihr nicht recht ist und du sie nicht verlieren möchtest? Diesen Wunsch kann ich sehr gut verstehen - du möchtest nach all deinen Erfahrungen keinen Verlust mehr hinnehmen und daher tust du alles dafür, dass das nicht passiert und deine Lebensgefährtin bei dir bleibt. Könnte es sein, dass du dich durch dieses Verhalten aber ziemlich für sie verbiegst und eigentlich deine Überzeugungen, Meinungen, Wünsche und Bedürfnisse nur ihretwegen zurücksteckst? Nur damit sie dich nicht verlässt? Glaubst du, dass das der richtige Weg ist? Wenn sie dich wirklich und wahrhaftig liebt, dann sollte sie doch deine Wünsche und Bedürfnisse auch respektieren oder? Es ist schon klar, dass man sich nicht immer einig ist und der eine das und der andere das will, doch es gibt auch die Möglichkeit, einen Kompromiss zu schließen.

Nun seid ihr zusammengezogen und du hast ein kleines Häuschen gebaut. Kurz zuvor ist jedoch in dir die Angst hochgestiegen, es könnte wieder alles falsch und schief laufen. Die alten Ängste und Schuldgefühle bezüglich deiner ersten Ehe, den gescheiterten Beziehungen danach, deiner Kinder, deiner Schulden, deinem Job - alles stürzte also in dem Moment wie eine Lawine auf dich ein. Ich kann mir gut vorstellen, dass dich das vollkommen überfordert hat und du dann völlig rastlos warst und einfach etwas tun musstest. Deine Lebensgefährtin konntest du nicht anrufen und ihr von deinen Sorgen erzählen, weil du wieder Angst hattest, es würde sie aufregen und sie würde wieder misstrauisch werden. Doch in einer Beziehung sollte so etwas eigentlich drin sein. Es sollte drin sein, dass man dem anderen von seinen Sorgen und Problemen erzählen kann, OHNE dass man Gefahr laufen muss, der andere würde einem gleich irgendetwas negatives an den Kopf werfen. Durch deine Rastlosigkeit und deinen Wunsch, diese Gedanken endlich loszuwerden, bist du also im Endeffekt in ein Erotik Kino gegangen und hast dich anschließend dafür verurteilt. Dass deine Lebensgefährtin das dann rausgefunden hatte, muss sehr schlimm für dich gewesen sein. Natürlich war es nicht richtig, da reinzugehen, doch du bist ja auch gleich wieder raus und warst sogar erschrocken über dich selbst, was beweist, dass du nie wirklich die Absicht hattest, dort einen Fuß reinzusetzen. In deinem Schockzustand warst du wahrscheinlich einfach nicht du selbst. Nachdem dich deine Lebensgefährtin auch überhaupt nicht verstanden, sondern dich diesbezüglich nur fertig gemacht hast, kann ich es auch verstehen, dass du zur Flasche gegriffen hast - auch wenn ich betonen möchte, dass Alkohol natürlich in keinster Weise eine Lösung ist. Dennoch glaube ich, dass es an der Zeit wäre, mit der Selbstgeißelung aufzuhören. Du bist auch nur ein Mensch und hast einfach nur so gehandelt, wie du es zu dem Zeitpunkt geschafft hast. Deine Gefühle haben einfach gerade eine Achterbahn durchgemacht und es kann schon mal vorkommen, dass das Hirn in solchen Momenten aussetzt und man dann Unbesonnenes tut. Aber es bringt nichts, sich dann ständig deswegen fertig zu machen und sich selbst dafür zu hassen.

Im Endeffekt hat dir deine Lebensgefährtin dann also verziehen und ihr lebt nun weiter wie vorher. Doch haben sich jetzt so viele Schwierigkeiten eingeschlichen, dass du nicht mehr ein und aus kannst.

"Sie kann es eben nicht vergessen und hat daher noch viel mehr Ängste entwickelt wie vorher. Sie zweifelt an sich, an mir und überhaupt an allem. Es gibt wöchentlich Diskussionen über grundlegende Dinge. Ich werde beobachtet, wie ich reagiere, wo ich hinschaue, wie ich anderen Menschen begegne, was ich im Fernsehen anschaue. Es könnten hübschere Frauen mein Interesse wecken, sagt sie immer. Ich gucke anderen Frauen hinterher, unterstellt sie mir. Ich gucke Pornofilme, wenn sie gerade mal nicht hinschaut. Sie fühlt sich alt, unattraktiv und faul. All diese Dinge stimmen nicht, ich bin erstens nicht pervers und sie ist die schönste und fleißigste Frau, die ich jemals kennenlernen durfte, jedenfalls für mich!!! Warum sollte ich also dann auf andere Frauen schauen? All dies erzähle ich ihr immer wieder, aber ihre Geister lassen nicht von ihr ab und wir führen diese Gespräche immer wieder, aber eigentlich wird es im Verlauf immer noch schlimmer."

Meine Gedanken und Hypothesen dazu sind folgende: Deine Lebensgefährtin ist durch ihre Vergangenheit sehr geprägt und hat demnach ein grundlegendes Misstrauen in die Welt und ihre Mitmenschen entwickelt. Vor allem gegen dich hat sie jetzt ein tiefes Misstrauen und beobachtet dich immer, unterstellt dir Dinge, die nicht stimmen, obwohl du ihr immer sagst, dass nur sie für dich zählt und du sie liebst. Sie selbst aber liebt sich nicht! Sie selbst findet sich eben, wie du schreibst, alt, unattraktiv, und faul. Sie glaubt daher, dass sie es nicht wert ist, geliebt zu werden und dass es demnach auch keiner tut. Weil sie sich selbst unattraktiv findet, kann sie nicht begreifen, dass du sie attraktiv findest. Es ist nur ihre innere persönliche Einstellung und ihr anscheinend völlig fehlendes Selbstwertgefühl, das sie zu diesen inneren Gedankengängen bringt! Ich glaube, dass du ihr noch so oft sagen kannst, dass sie dir vertrauen kann und dass sie die einzige Frau für dich auf dieser Welt ist - wenn sie nicht in ihrem Inneren etwas verändert, dann kann sie das nicht glauben. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Therapie da helfen könnte. Du hast geschrieben, sie sei bereits in Therapie - vielleicht war da bisher noch nicht das richtige dabei? Es gibt auch tolle energetische Methoden, die einem diesbezüglich helfen können.
Diese Dame kann ich beispielsweise nur weiterempfehlen.
http://www.mitgotteshilfe.at/ - Sie wohnt leider in Österreich (ich weiß nicht, woher du schreibst), aber du kannst sie vielleicht auch kontaktieren und sie fragen, ob sie jemanden in Deutschland kennt, den sie dir empfehlen kann oder da irgendwelche Verbindungen hat.

Was du für dich selbst diesbezüglich tun kannst, ist ebenfalls eine Therapie aufzusuchen. Denn so wie du alles beschrieben hast, habe ich den starken Eindruck bekommen, dass dich deine alten Gefühle und "Geister" wie du sie nennst, heute noch stark beeinflussen und am weiterentwickeln hindern. Die alten Gefühle, vor allem die Schuldgefühle gegenüber deiner Tochter, sind noch nicht verarbeitet und aufgelöst worden. Sie begleiten dich weiterhin und das tut dir nicht gut, wie du selbst erkennst. In einer Therapie hättest du die Möglichkeit, all das aufzuarbeiten, um es dann letztendlich auch loslassen und in Friede damit abschließen zu können.

Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen.
Wenn du noch Fragen hast oder auf meine Fragen im Text eingehen möchtest, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Verlinke dazu diesen Text und setze dein neues Problem unter die Kategorie "Feedback" - und schreibe am Anfang deines Textes "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen.
Ich wünsche dir alles Liebe und viel Glück für deine nächsten Schritte!
Herzliche Grüße,
Christina B.