Problem von Paul - 23 Jahre

23 und unglücklich in der Ausbildung

Liebes Kummerkasten-Team,

ich weiß garnicht wo ich anfangen soll, daher hole ich am besten etwas weiter aus..

2014 habe ich am Gymnasium mein Abitur mehr schlecht als recht mit 3,2 absolviert, was daran lag das ich einfach an nichts wirklich interesse hatte und in den Tag hineingelebt habe...oft habe ich auch blau gemacht oder bin meistens zu spät gekommen, ich weiß auch nicht, damals habe ich die schule einfach gehasst und wollte dort einfach nur weg.

Als es dann endlich soweit war, hatte ich natürlich immer noch diese Ziellosigkeit und wusste absolut nicht, was ich mit meinem Leben machenn soll. Ich habe dann einfach ein FSJ in einer Grundschule gemacht was ziemlich holprig losging, aber im nachhinein doch ganz gut lief. Ich wollte nach Ende dieses Jahres aber nicht studieren gehen, da ich mich kannte und wusste das ich einfach noch viel zu träge, unselbstständig und unstrukturiert war. die Lösung: Eine Ausbildung machen. Der Weg dorthin war ziemlich steil und steinig, es hagelte viele Absagen wegen der schlechten Noten in Abitur oder nicht bestandener Einstellungstests, letztere waren mein größtes Problem.

An meinen Noten konnte ich nichts ändern, allerdings an den Ergebnissen in den Tests! Ich hatte mir bücher besorgt und für diese viel gelernt und geübt. Ich wurde immer besser und schließlich auch zu Gesprächen geladen. Da ich mich und meine Interessen und Fähigkeiten wenig kannte, hatte ich mich für vieles beworben. Zum Ende hatte ich 2 Zusagen, bei einer Krankenkasse als Sozialversicherungsfachangestellter und Beim größten Chemiekonzern der Welt als Chemikant. Da die Arbeitsplätze bei dem Chemiekonzern sehr begehrt sind und als top bezahlt und Krisensicher gelten, entschied ich mich für diesen. Chemikant bedeutet: Chemie und Technik, mit beiden hatte ich zu Schulzeiten 0 zutun oder viel Erfahrung, aber ich dachte mir: Es hatt seinen Grund das du dich unter den vielen Bewerbern durchgesetzt hast, dass wird schon was.


Ich bin letzte Woche ins 2te Lehrjahr gekommen und muss leider sagen, dass mir die Ausbildung nicht sonderlich liegt. Die Berufsschule ist kein Thema, es geht um das " praktische" : Wir lernen im Labor Analysetätigkeiten aber auch handwerkliches wie Schlosser
tätigkeiten und elektronische Arbeiten. All diese Arbeiten liegen mir leider garnicht, dass musste ich bisjetzt feststellen. Ich brauche länger als die meisten für die Aufgaben und habe einfach ein eher schlechtes naturwissenschaftliches und technisches Verständnis:/ Mit meiner Ausbildungsklasse komme ich recht gut zurecht, aber neuen Anschluss habe ich nicht gefunden da sie alle von ihrer Art anderster sind, eben typische Facharbeiter. Oft halten sie mich auch für dumm, da ich oft sachen nachfrage die wir zwar schon erklärt bekommen, ich aber noch nicht verstanden habe.....durch den Stress der so entsteht, stehe ich immer total neben der Spur und mache noch mehr Fehler, weshalb ich heute sogar von einem Ausbilder wegen unkonzentriertheit zurechtgewiesen wurde-,- Technik und Naturwissenschaften liegen mir leider nicht so, dass steht fest.

Jetzt weiß ich nicht, wie es weiter gehen soll: Jetzt bin ich schon 23, also schon ziemlich alt und würde mit nichts da stehen wenn ich aufhöre-,- ich habe schon mit vielen geredet und alle haben mir geraten, die Ausbildung fertig zu machen und dann eben was neues...das Problem ist, dass ich leider auch keinen Plan B hätte und mega Angst davor habe, bei einem Neustart ähnliche Probleme zu kriegen....Studieren gehen traue ich mir absolut nicht zu im Moment, ich wäre viel zu unorganisiert und verpeilt um das Studium effektiv zu gestalten.....das größte Problem ist vorallem die eigene Angst und der Druck in der Ausbildung, sie hemmen mich am meisten-,- was soll ich denn jetzt machen?! Da ich wie gesagt Null Ahnung von mir selbst hatte während dem Abitur bezüglich mir und meiner Talente, hatte ich eben "irgendwas" angefangen, damit es mal weiter geht im Leben und das war wohl ein Fehler-,- Was soll ich denn jetzt machen?!


Liebe Grüße, euer Paul

Christina B. Anwort von Christina B.

Lieber Paul!
Danke, dass du dich mit deinen Sorgen und Problemen an uns gewandt hast. Danke für dein Vertrauen. Ich kann mir vorstellen, dass die Situation momentan sehr schwierig für dich sein muss. Du hast nach Schwierigkeiten mit deiner Motivation und Selbstdisziplin dich dennoch aufgerafft und dein Leben auf die Reihe gekriegt. Hut ab, du hast schon mal viel geschafft, du hast dein lethargisches Verhalten abgelegt und erkannt, dass man für einen guten Job auch etwas tun muss. Du hast dich hingesetzt und gelernt, obwohl es dir schwer gefallen ist. Da hast du ja schon ganz schön viel geschafft! Dass du ein freiwilliges soziales Jahr gemacht hast, ist ebenso bewundernswert, nicht viele Jugendliche entscheiden sich für so etwas. Das zeigt auch von sozialem Engagement. Jetzt hast du also diese Ausbildung begonnen und weißt eigentlich nicht, ob sie das richtige für dich ist. Die handwerklichen und praktischen Tätigkeiten liegen dir nicht so, wie du dachtest. Das ist für dich bestimmt eine hohe Belastung, da kann ich dich gut verstehen. Auch dass du für alles ein bisschen länger brauchst als die meisten ist bestimmt schwierig.

Du musst selbst entscheiden, ob du die Ausbildung jetzt weitermachen oder abbrechen willst. Im Falle des Weitermachens, wieviele Jahre hättest du noch? Ich nehme an, zwei, dieses und dann noch ein Lehrjahr, oder? Du kannst versuchen, dir das im Kopf durchzuspielen und zu sehen, ob du das schaffst. Manchmal muss man eben in den sauren Apfel beißen. Es wäre jetzt natürlich schade, wenn du die Ausbildung wieder abbrechen würdest, da dann das Jahr mehr oder weniger "verloren" ist. Aber: Wenn du es psychisch und von den Leistungsanforderungen her nicht schaffst, dann bringt es nichts, dich durchzuquälen. Du hast geschrieben, du hast keinen Plan B und traust dich nicht, studieren zu gehen, weil du da zu verpeilt bist und dich nicht gut organisieren kannst. Es gibt auch Studiengänge auf einer FH zum Beispiel, wo man das Semester mehr oder weniger eingeteilt bekommt - da müsstest du dich selbst nicht so gut organisieren können. Zudem kannst du lernen, dich besser zu organisieren und deine Verpeiltheit abzulegen. Es gibt Kalender, elektronische Erinnerungen, die du dir schreiben kannst, einen Wochenplan, den du dir erstellen kannst und dann kannst du dir selbst auch "positive Belohnungen" setzen, wenn du etwas eingehalten hast oder dir selbst eine Freizeitaktivität streichen, wenn du wieder verpeilt warst und was vergessen hast zum Beispiel. Organisation ist erlernbar, man muss sich nur die richtigen Hilfsmittel suchen. Da kannst du dich auch im Internet schlau machen oder in eine Art Einzelselbsterfahrung beim Psychologen gehen und dort nachfragen, was du gegen dieses Verhalten tun kannst. Die Möglichkeit der positiven Affirmationen aus der Psychologie gibt es ebenso noch zusätzlich (da kannst du mich diesbezüglich gerne erneut kontaktieren, wenn dich das interessiert). Wenn du momentan noch nicht weißt, was du eigentlich machen willst, lass dich beraten. Es gibt online viele Interessens und Studiengänge Tests, Berufswahltests, es gibt in Österreich das Arbeitsmarktservice, das diesbezüglich Kurse und Tests anbietet, viele Psychologen bieten ebenfalls so etwas an, es gibt eigene Bildungsberatungsstellen - google dich mal durch. Ich glaube, es wäre gut, wenn du mal rausfindest, was dir liegt, in welchem Bereich deine Stärken liegen und welcher Beruf dir Freude macht. Bis dahin würde ich die Ausbildung erst mal nicht hinschmeißen und vorerst weiter machen. Wenn du erstmal rausgefunden hast, was du willst, dann kannst du dir immer noch überlegen, ob du die Ausbildung jetzt noch beendest oder gleich etwas neues beginnst. Das hängt dann natürlich auch von deiner finanziellen Situation bzw. Unterstützung deiner Eltern ab.

Ich hoffe, ich konnte dir erstmal ein bisschen weiterhelfen. Wenn du noch etwas brauchst, kannst du mich gerne erneut kontaktieren. Richte dazu deinen Text am Anfang "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen. Alles Liebe und viel Glück!
Herzliche Grüße,
Christina B.