Problem von Lisa - 20 Jahre

Gedanken über Liebe

Hallo,
Ich weiß nicht wirklich wo ich anfangen soll. Ich schreibe einfach mal drauf los.

Ich bin 20 Jahre, wohne alleine & bin in einer Ausbildung die mir sehr viel spaß macht. Bin sehr lieb, hilfsbereit und lache recht viel.

Doch manchmal wenn man so alleine am Abend Zuhause sitzt, da macht man sich schon so gedanken.
Ich hänge sehr an meiner Familie & liebe jedes Familienmitglied von tiefsten Herzen. Wir sind eine große Familie mit vielen Kindern. Doch manchmal versteht meine Familie bzw . Freunde mich nicht. Meine Geschwister haben alle einen Freund oder sind verheiratet, leben zusammen oder verbringen halt zeit zusammen. Was man halt so macht.
Nun ja, da bin ich, 20, Jungfrau mit dem Problem das ich mich JETZT nicht nicht wirklich für Jungs interessiere oder es noch nicht wirklich will. Ich meine ich stehe auf Jungs, keine Frage. Aber irgendwie habe ich das gefühl das ich mich nicht verlieben kann oder will. Meine Eltern haben mich auch mal eine Zeit lang etwas genervt damit das ich mir so langsam mal einen Freund suchen soll. Meine Freunde ebenso. Aber ich habe mir tiefst im inneren gesagt, wenn ich mal jemanden lieben sollte dann richtig! Ich war noch nicht wirklich verliebt...jetzt sagen alle. ''Was jeder war schon mal verliebt!''
Aber nein, ich habe immer mal gewärmt aber Liebe. Naja.

Aber zum thema junge liebe zurück.
Ich sehe doch wie es heute so abläuft, die meisten bleiben nicht sehr lange zusammen. Ich kenne Leute die haben schon recht viele Verehrer gehabt und heulen deswegen nur rum. Sowas ist mir einfach zu anstrengend . Ich will nur einen Mann lieben( nicht 10) & für immer mit den jenigen zusammen bleiben. Ich hebe mich auf für meine Liebe auf. Ich sage auch immer ''und wenn ich dann 40 Jahre bin, ich werde mich solange aufheben bis ich den richtigen finde.'' Ich meine es gab schon Jungs die interesse an mir hatten aber ich habe mich ihnen nie hingegeben. Früher in der Schule war ich die, die niemand bekommen konnte. Auch auf meiner alten Arbeitsstelle haben sich alle gewundert warum ich keinen Freund habe oder jetzt noch nicht haben will. Wenn mich die Leute fragen wofür Lebst du oder was ist dein Ziel?
Ich antworte immer das selbe..
Ich lebe für die Liebe, mein Ziel ist es meine Liebe zu finden & den Rest mit ihr zu verbringen. Mehr will ich auch vom Leben nicht. Kein Geld, kein Ruhm nichts. Nur jemand mit den ich für immer zusammen sein kann. Das versteht keiner & dafür werde ich auch sehr dumm angeschaut. Manchmal werde ich eingebildet genannt weil es heißt niemand sei gut genug für mich.
Oder ich sei einfach nur brüde und ich deshalb noch Jungfrau bin. Was eigentlich nicht wirklich jemand weiß.
Mir wurde oft gesagt das es Zeitverschwendung ist u. das es die große Liebe nicht gibt. Das ist doch lieber Jung sein & spaß haben soll...und mein Leben nicht damit verbringen soll ewig rum zu suchen.
Ich trage auch keine Ringe oder Ketten, weil ich ganz einfach der Meinung bin das nur ein Ring an meinen Fingern zu stecken hat, der Ehering.
Ich sage auch nicht wie ein großteil meiner Freundinnen..ich liebe dich zu jeden bisschen..
Sowas sagt man doch nur wenn man es wirklich fühlt oder?
Ich hatte auch mal vor zu Heiraten, jedoch habe ich eine Schwester die sich gerade Scheiden lässt obwohl es hieß es sei die Liebe fürs Leben. ( +2Kinder) Sowas lässt mich dann schon an der ''großen Liebe'' zweifeln. Haben die Leute vielleicht doch recht & ich vergeude meine Zeit? Auch zu den Thema Kinder passt manchen Menschen meine Einstellung nicht.
Ich hatte nicht wirklich vor mal Kinder zu kriegen. Kinder sind eine feine Sache aber nichts für mich. Man kann doch auch eine Familie sein nur mit Mann und Frau, oder? Jetzt wird kommen wenn du wirklich jemanden liebst dann kommt auch der wunsch nach Kindern, ist bei mir aber nicht der Fall. Ich weiß das sind jetzt keine ''first world problems'' aber mich beschäftigt sowas. Ich bin nicht religiös oder so was, wo man jetzt hätte sagen können das kommt daher aber diese Einstellung kam einfach so über die Jahre.

Ein Rat von jemand Außenstehenden würde mich sehr interessieren.

Lg, lisa.

Christina B. Anwort von Christina B.

Liebe Lisa!
Danke, dass du dich mit deinem Problem an uns gewandt und uns dein Vertrauen geschenkt hast. Ich kann mir vorstellen, dass das für dich schwierig sein muss, wenn du diese Einstellung hast und niemand sie versteht. Es ist nie schön, sich unverstanden zu fühlen, aber da geht es um mehr als nur um die Diskussion, welche Lippenstiftfarbe besser aussieht, da geht es um tiefe Werte in dir. Wenn du dann ganz alleine mit deiner Meinung da stehst, kann ich mir denken, dass das schwer sein muss.
Aber du scheinst mir eine sehr bewusste, reflektierte und kluge, junge Frau zu sein, die sich mit den Dingen auch auseinandersetzt und auch kritisch Dinge hinterfragt. Das sind alles Eigenschaften, die dir in deinem ganzen Leben immer wieder von großem Nutzen sein können. So kannst du es auch betrachten (:

Du hast geschrieben, ihr seid eine große Familie und du hast jedes einzelne Mitglied unglaublich gern und liebst sie alle aus tiefstem Herzen. Das finde ich sehr schön, denn es ist in großen Familien auch oft so, dass es viel Streit gibt. Deine Geschwister scheinen alle älter zu sein als du? Weil du geschrieben hast, dass sie verheiratet sind bzw einen Freund haben und zusammen leben, Zeit miteinander verbringen. Kann es sein, dass du dich da auch manchmal ein bisschen einsam fühlst? Da du nicht so jemanden hast, der mit dir die Zeit zu zweit genießt und du mehr oder weniger immer bei deiner Familie bist und sein willst? Oder liege ich damit ganz falsch? Was ich dir schreibe, sind natürlich alles nur meine Hypothesen und Gedanken dazu, die mir kommen, du alleine entscheidest, ob irgendwas davon für dich passt oder nicht.

Du hast geschrieben, dass du dich nicht wirklich für Jungs interessierst. Aber du hast dabei das JETZT betont. Du interessierst dich JETZT noch nicht wirklich für Jungs. Aus irgendeinem Grund willst oder kannst du dich nicht verlieben. Tja, das verzwickte an der Liebe ist, dass man sie nicht erzwingen und auch nicht suchen kann. Erzwingen - man kann sich nicht dazu bringen, sich in jemanden zu verlieben; und suchen - man kann sich nicht den perfekten Partner "suchen" indem man tausende Jungs datet und eine Art Checkliste im Hintergrund behält, ob dieser Mann jetzt alle Wünsche erfüllt oder nicht. Vor allem, was das Suchen betrifft, verbaut man sich dabei alles selbst. Viele Leute sind auf der Suche nach der Liebe und merken dabei gar nicht, was wirklich mit ihnen geschieht. Denn fast immer suchen sie nach der Liebe, die sie sich selbst nicht geben. Selbstliebe ist entscheidend für eine glückliche Partnerschaft. Diese Leute erwarten dann, dass der Partner ihnen diese Liebe schenkt und sie dann glücklich sind. Doch in Wirklichkeit muss jeder Mensch zuerst selbst mal glücklich sein, bevor er eine erfolgreiche Liebesbeziehung eingehen kann. Und zwar im Inneren selbst glücklich sein. Wenn ich mein Glück vom anderen abhängig mache, dann bin ich nie wirklich glücklich, denn ich muss immer den anderen bzw die Außenwelt haben, um glücklich zu sein. Bin ich aber mit mir selbst glücklich; liebe ich mich selbst und mein Leben und was ich mache, dann kann mich ein Partner NOCH glücklicher machen. Er kann mich dann ergänzen, aber ich bin nicht auf ihn angewiesen und von ihm abhängig. Und das ist der entscheidende Knackpunkt in der Liebe und ein Phänomen, das nicht viele Menschen begreifen. Was deine Familie und Freunde betrifft, die dir sagen, dass jeder schon mal verliebt war, so kann ich dir sagen: nicht unbedingt. Vielleicht war es bei dir bisher wirklich nur Schwärmerei. Du weißt ja, wie verliebt sein beschrieben wird: die Schmetterlinge, man muss ständig an den anderen denken, man schwebt auf Wolke 7, könnte die ganze Zeit nur grinsen, ist aufgeregt, ständig fröhlich und alles dreht sich nur um die besagte Person. Wenn du bisher nicht den Eindruck hattest, dass du verliebt warst, dann warst du es vielleicht auch nicht. Könnte es vielleicht sein, dass du unbewusst auch Jungs von dir "weggeschoben/ferngehalten" hast, weil du auf den richtigen wartest?

Du hast geschrieben, du siehst ja, wie es abläuft und dass die meisten nicht sehr lange zusammen bleiben. Ich nehme an, du beziehst dich da auf deinen Freundes bzw Bekanntenkreis? Ich kann dich verstehen, dass du nur einen Mann lieben willst und nicht mit jedem x-beliebigen eine Beziehung eingehen möchtest. Und ich verstehe, dass es dich nervt, wenn alle immer darauf herumreiten und ständig nachfragen, warum du noch nie einen Freund hattest und was bei dir los ist. Du hast aber geschrieben, in der Schule warst du früher die, die niemand bekommen konnte. Hast du dir damals denn jemanden gewünscht? Bzw wünschst du dir auch jetzt jemanden? Ich finde es gut, dass du mit den Jungs, die Interesse an dir hatten, nicht geschlafen hast und dich aufgehoben hast. Hypothese: Könnte es sein, dass du, so wie ich es oben beschrieben habe, nach dem "perfekten, richtigen" Mann suchst? Und nur darauf wartest, dass er vor der Tür steht? Du hast gesagt, du möchtest dich aufheben, bis du den richtigen findest und auch wenn du schon vierzig Jahre bist.
Reicht dir das? Würdest du wirklich vierzig Jahre darauf "warten" wollen? Beziehungsweise wie stellst du dir das mit dem "Warten" vor? Denn irgendwann wirst du ja auch ausziehen und deine Familie wird nicht immer Zeit für dich haben, glaubst du, dass du so lange warten willst? Ich stelle mir das sehr einsam vor. Denn eines ist klar: Der Märchenprinz wird bestimmt nicht wie in Dornröschen eines Tages an deine Tür klopfen. Nicht falsch verstehen: Man soll nicht nach der Liebe "suchen", denn die Liebe "findet einen", oft dann, wenn man es am wenigsten erwartet, aber es ist klar, dass die Liebe dich nicht finden kann, wenn du zuhause in deinem Zimmer Netflix guckst. Damit meine ich, dass man natürlich schon rausgehen muss, damit man neue Leute kennen lernt. Aber die innere Einstellung ist entscheidend. Kurze Geschichte, um das zu verdeutlichen: Eine meiner besten Freundinnen war damals 18 und völlig am Boden zerstört bzw deprimiert, weil sie als einzige noch nie einen Freund hatte. Sie war so darauf versteift, ihr Glück in der Liebe zu finden, dass sie vergaß, auf sich selbst zu achten und das Glück in sich selbst zu finden. Sie war unglücklich und durch ihre innere Einstellung strahlte sie das aus, sodass sie wirklich nie jemanden abbekam. Eines Tages (so berichtete sie mir im Nachhinein), fiel sie wieder in ein ganz tiefes Loch und weinte sehr viel. Am Abend war sie so fertig, dass sie etwas für sich beschloss. Sie beschloss, jetzt einfach mal auf die Männerwelt zu pfeifen und mit sich selbst glücklich zu werden. Sie beschloss, nicht mehr danach zu suchen, sondern ihr Leben einfach zu leben und der richtige würde schon irgendwann kommen. Einen Tag später lernte sie beim Ausgehen jemanden kennen, mit dem sie zusammen kam - heute sind die beiden immer noch ein Paar und verlobt. Fazit: Die Liebe findet dich, du brauchst nicht nach ihr suchen - aber vor der Tür steht der Märchenprinz natürlich auch nicht.

Du hast geschrieben, dass du für die Liebe lebst, du möchtest kein Geld, keinen Ruhm, nur die große Liebe finden, mit der du den Rest deines Lebens verbringst. Ich könnte mir vorstellen, dass die Leute das deshalb nicht verstehen, weil sie ganz andere Vorstellungen vom Leben haben. Es ist ja an sich eine wahnsinnig schöne und romantische Vorstellung, die du in deinem Kopf hast. Die Liebe deines Lebens finden und mit ihr glücklich werden. Dennoch, ich könnte mir denken, dass die Leute dich vielleicht deshalb nicht verstehen, weil sich das stark nach Disney-Liebe wie in Schneewittchen, Dornröschen und Cinderella anhört. Denn im echten Leben gibt es ja noch so viel mehr zu entdecken. Reisen, Kinder (Kinder sind nichts für dich, ist auch völlig okay, aber mal ganz allgemein gesprochen), Hobbys, Freunde, Familie, Arbeit, Erfüllung, Träume leben, ein schönes Zuhause, schöne Urlaube,... Hast du diese Dinge auch im Hinterkopf gehabt oder gibt es da in deiner Vorstellung wirklich nur dich und deinen Partner? Warum reite ich da so drauf rum? Ich möchte dir eine kurze Geschichte erzählen: Ich hatte eine Freundin, die ich seit dem Kindergarten kannte und mit der ich bis ins Jugendalter eng befreundet war. Dann lernte sie ihren jetzigen Verlobten kennen und ich bekam sie kaum noch zu Gesicht. Sie zog sich aus allem zurück, es gab nur mehr sie und ihren Freund. Natürlich freute ich mich für sie, doch es war auch sehr schade, zu sehen, dass die Außenwelt und ich als Freundin ihr offenbar nichts mehr bedeutete. Es war nur mehr ihr Freund wichtig. Wir haben uns dann auseinander gelebt und die Freundschaft ist damals zerbrochen. Neulich habe ich sie wieder getroffen und sie und ihr Mann bauen jetzt ein Haus, sie haben einen Hund und eine Katze und das war's, heiraten werden sie dann auch bald. Auf meine Frage, ob sie mit Leuten von früher noch etwas zu tun habe, antwortete sie mir mit "Nein", "Nur mehr mit Arbeitskollegen." In Wirklichkeit besteht ihr Leben also jetzt aus ihrem Mann, ihren Tieren und ihrer Arbeit. Wenn das für sie in Ordnung ist, dann ist das ihre Sache. Doch ich persönlich frage mich, wie lange das für sie in Ordnung sein wird. Wird man so glücklich? Und was passiert, wenn die Ehe vielleicht doch nicht funktioniert? Das bringt mich zu meinem nächsten Absatz.

Du hast geschrieben, du hattest auch vor, mal zu heiraten, aber hast eine Schwester, die sich gerade scheiden lässt, obwohl sie auch dachte, es sei die Liebe fürs Leben. Zusätzlich hat sie zwei Kinder. Es ist klar, dass du dann an der großen Liebe zweifelst. Ich kann das gut verstehen. Doch eins ist wichtig zu wissen: Es gibt in der Liebe niemals eine Garantie. Auch wenn man vierzig oder fünfzig Jahre verheiratet ist, kann es sein, dass man sich irgendwann trennt. Natürlich bindet eine Ehe ein Paar fester aneinander, als wenn sie einfach nur zusammen sind. Doch wenn eine Ehe nicht mehr funktioniert oder sich die beiden Partner auseinander gelebt haben, dann macht es ja auch nicht viel Sinn, die Ehe weiterzuführen. Und ja, es kann auch sein, dass nur einer der beiden Parteien so empfindet und der andere nicht. Doch es ist auch möglich, nach einer Scheidung/Trennung noch einmal jemanden zu finden, den man über alles liebt. Die Vorstellung von der großen Liebe ein ganzes Leben lang bis dass der Tod einander scheidet, ist zwar wunderschön, doch sie wird oft zu sehr verherrlicht und verklärt und lässt sich mit der heutigen Realität selten in Verbindung bringen. Warum?
Weil es in vielen Fällen (nicht in allen) vorkommt, dass Mann und Frau (oder Mann/Mann, Frau/Frau) sich auseinander leben und eben nur für eine gewisse Zeitspanne mehr oder weniger "für einander bestimmt" sind und zueinander passen. Menschen verändern sich laufend und es ist nicht immer garantiert, dass der andere sich in dieselbe Richtung entwickelt wie man selbst. Manche Paare können sich dann gut arrangieren und nehmen die Veränderung hin und bleiben trotzdem beieinander. Manche Paare können die Veränderung nicht so gut hinnehmen und trennen sich wieder. Sie haben aber dann im Gegensatz zu den anderen die Möglichkeit, eine Person zu finden, die JETZT besser zu ihnen passt und mit welcher sie glücklicher werden. Viele junge Leute haben die Vorstellung des alten Ehepaares, das zusammen auf der Veranda sitzt und immer noch verliebt ist. Das ist sehr romantisch, aber sicher nicht immer Realität. Jeder wünscht es sich und das ist auch in Ordnung, aber man sollte dennoch die Augen vor der Realität nicht verschließen. Ich denke, dass es durchaus möglich ist, in verschiedenen Lebensabschnitten den für diesen Abschnitt richtigen Partner zu finden und dann mit einem neuen Partner in einem neuen Lebensabschnitt wieder glücklich zu werden. Man könnte jetzt auch hingehen und sagen: Warum sind dann so viele alte Leute immer noch zusammen? Großeltern usw.? Diese sind in einer anderen Zeit aufgewachsen. In einer Zeit, wo es wichtig war, jemanden zu haben, mit dem man gut auskommen konnte, der einem ein Dach überm Kopf gegeben hat und mit dem man eine Familie gegründet hat. Selbstfindung und Streben nach Selbstverwirklichung war damals nicht an der Tagesordnung, denn es war wichtig, dass Essen am Tisch stand. Damals haben sich die alten Leute wahrscheinlich auch arrangiert bzw die Frauen haben das Machtwort der Männer oftmals einfach hingenommen. Und sich jetzt zu trennen ist den meisten wahrscheinlich zu mühsam und aufwendig, zumal es bedeuten würde, dass sie ganz alleine und wahrscheinlich einsam wären. Damit will ich sagen: Früher haben die Leute auch nicht "tiefer" geliebt, sondern einfach aufgrund der Zeit andere Prioritäten gesetzt. Aber: Sie waren wahrscheinlich auch nicht so "pingelig", sondern haben die Fehler des anderen einfach auch akzeptiert und damit leben gelernt. Was viele Leute in der heutigen Zeit nicht tun oder wollen.

Du hast dich gefragt, ob die Leute vielleicht recht haben und du deine Zeit vergeudest. Ich denke mir, dass du erwachsen und ein freier Mensch bist und es dir zusteht, deine Meinung zu vertreten, ganz gleich wie diese aussehen mag. Ich denke aber auch, dass du an uns nicht geschrieben hättest, wenn du nicht gewisse Zweifel oder Unsicherheiten gespürt hättest. Ich glaube, du musst ganz für dich selbst entscheiden, wie du mit dem Thema umgehen willst. Ich denke mir dazu folgendes: Du bist noch sehr jung und es kann sich da bezüglich deiner Einstellung auch noch viel verändern. Aber ich würde dir dennoch ans Herz legen, dich nicht zu sehr auf "die große Liebe" zu versteifen, denn wie du siehst, gibt es nicht immer die Garantie. Das bedeutet aber NICHT, dass man keine Liebesbeziehung eingehen sollte, bis man sich 100 prozentig sicher ist, denn es gibt keine 100 prozentige Sicherheit - aber deshalb sollte man nicht jede Liebesbeziehung von vornherein ablehnen oder nicht eingehen. Eine erneute Hypothese für dich zum überprüfen: Könnte es vielleicht sein, dass du Angst vor einer Trennung hast, wenn du einen Freund hast? Könnte es sein, dass dich diese Angst daran hindert, dich zu verlieben oder überhaupt eine Beziehung einzugehen?
Natürlich ist es moralisch nicht fair, eine Beziehung einzugehen, wenn man den anderen gar nicht richtig mag, aber wenn man spürt, dass etwas einfach passt und man verliebt ist, dann würde man sich doch alles nur verbauen, wenn man die Beziehung nicht eingeht, nur weil man sich nicht sicher ist, ob der andere jetzt zu 100 Prozent der perfekte Partner und der Mann fürs Leben ist? Und ja, es kann sein, dass man sich nach kurzer Zeit wieder trennt, die Beziehung kann ein paar Monate, zwei Jahre oder fünf Jahre oder zwanzig Jahre dauern, und es kann sein, dass man sich irgendwann trennt. Es kann auch sein, dass man auf ewig zusammen bleibt. Aber was ich sagen will, ist: Es wäre schade, wenn du jede Liebesbeziehung/Liebeserfahrung/jedes Liebesglück umgehen oder vielleicht unbewusst verhindern würdest, nur aufgrund dieser Vorstellung, die du in dir trägst, dass der erste Freund auch gleich der "richtige" sein muss. Denn das kannst du sowieso nicht wissen. Außerdem: was folgt daraus? Es folgt daraus, dass du all diese wundervollen Erfahrungen mit der Liebe nicht machst. Und wenn du dann 40 bist und den deiner Meinung nach "richtigen" gefunden hast und nach zehn Jahren ist die Beziehung wieder beendet - was glaubst du, wie du dann auf dein Leben zurückschauen würdest? Das Geheimnis ist, die Liebesbeziehungen, die nicht geklappt haben, nicht als "gescheitert" zu betrachten. Betrachte sie einfach als Erfahrungen, die du gemacht hast. Es gibt, so glaube ich, im Leben eben mehrere "große Lieben" für unterschiedliche Lebensabschnitte. Wenn du nach einer Beziehung, die nach einiger Zeit oder nach einigen Jahren wieder in die Brüche gegangen ist, auch das Gute, das Schöne, die tollen Zeiten, das positive siehst, so kannst du dir das Gute, die schöne Erfahrung behalten und mitnehmen und das Schlechte hast du erfolgreich losgelassen! Du kannst es als Leistung betrachten, wenn du es geschafft hast, einen Menschen auch wieder loszulassen, wenn es zwischen euch nicht mehr gut passt. Dasselbe gilt auch für Freundschaften.

Ich erzähle dir dazu kurz eine Geschichte von meinem Leben: Ich kam im Alter von 16 Jahren mit meinem Freund zusammen. Wir waren zirka 4,5 Jahre zusammen - also von 16-20. In dieser Zeit war ich oft sehr glücklich, aber auch immer wieder sehr unglücklich. Wir haben zwar tolle Zeiten zusammen verbracht, doch vor allem zum Schluss ging es ziemlich steil bergab. Ich wollte diese Beziehung lange nicht loslassen, da ich ebenso die Vorstellung in mir trug, er wäre der Mann, mit dem ich mein Leben verbringen würde, obwohl mir die Beziehung längst mehr Schmerz als Freude bereitet hat. Wir haben uns letztendlich sehr auseinander entwickelt und andere Werte und Einstellungen verfolgt. Ich trennte mich dann von ihm und habe im Nachhinein erkannt, dass es genau richtig so war, wie es gekommen ist. Es gab dann noch eine andere Beziehung in meinem Leben, die ebenso schön war, aber er war eben auch nicht der Richtige. Doch: Um nichts in der Welt würde ich diese Erfahrungen eintauschen wollen, nicht einmal gegen die große Liebe! Warum? Weil mich diese Erfahrungen geprägt haben und ich daraus sehr viel lernen konnte und durfte. Und weil ja auch schöne Dinge dabei waren. Und dann machte ich die Erfahrung, dass auch mal single und alleine zu sein sehr schön sein kann. Du siehst also: es hat alles im Leben seine dunkle, aber auch seine helle Seite. Die Frage ist: Auf welche Seite willst du dich konzentrieren?

Dass du keine Kinder kriegen willst, ist völlig in Ordnung. Kinder sind nicht für jedermann oder jede Frau etwas, und natürlich können auch nur Mann und Frau Familie sein. Ich glaube, wenn du diese Einstellung mit Selbstbewusstsein vertrittst, dann akzeptiert das dein Umfeld auch. Aber gib vor allem deiner Familie da etwas Zeit, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen. Wenn du keine Ringe oder Ketten deshalb tragen möchtest, weil das für dich mit dem Gedanken verbunden ist, ist das doch auch okay (: Dann ist es einfach deine Einstellung. Der Großteil deiner Freundinnen, die zu jedem "Ich liebe dich" sagen, fühlen es vielleicht nicht und sagen es, weil "es eben dazugehört". Ich finde es gut, dass du nicht so denkst. Ich komme jetzt zum Ende meines mittlerweile ja schon halben Romans ;) Ich würde mich sehr darüber freuen, wenn du mir nochmal antworten würdest, und mir deine Sicht der Dinge auf meinen geschriebenen Text mitteilen würdest. Vielleicht hast du in meinen Hypothesen etwas entdecken können, was für dich passt - wenn du mir davon berichtest, kann ich dir vielleicht noch besser weiter helfen. Richte dazu deinen Text am Anfang "An Christina B.", dann wird mich die Nachricht erreichen. Fürs erste hoffe ich, dass dir meine Worte geholfen haben (:
Ich wünsche dir alles Liebe!
Herzliche Grüße,
Christina B.