Problem von Katharina - 29 Jahre

Missbrauch

Was soll ich sagen...
Eigentlich bin ich immer davon ausgegangen ich schaffe das selbst und kann alles einfach verdrängen...aber ich denke immer wieder daran zurück.
Ich glaube es fing an als ich 9 war...mein Bruder war 3 Jahre älter...er hat mich angefasst...später dann sich selbst befriedigt während ich nackt vor seinem Bett stehen sollte und letztendlich hat er auch versucht mich zu befriedigen.
Ich wollte das nie, aber er hat mir eingeredet das muss so sein. Und unsere Eltern dürfen das nicht wissen, denn sonst würde ich ärger bekommen.
Wir waren auf einer Etage und ich hatte ein Durchgangszimmer.
Ich weiß bis jetzt nicht was die richtige bezeichnung dafür ist und ob ich mich nicht anstelle.
Für mich war es schrecklich und am schlimmsten ist, dass meine mama irgendwann zu mir kam...nach Jahren..sie hätte gesehen, dass mein Bruder was komisches bei meiner schwester gemacht hat (sie ist 7 Jahre jünger) und dass es ab jetzt bei mir aufhört...aber sie hat bis heute nie gefragt was tatsächlich los war.
Meinen Eltern ist immer wichtig was andere Leute über uns denken...und ich bin streng katholisch erzogen worden..daher habe ich bis heute nur mit meiner besten Freundin drüber gesprochen...aber auch sie weiß nicht wer es war.
Sie nahm mich mal mit zu einer Psychologin..aber auch ihr konnte ich nichts erzählen.
Jetzt habe ich eine eigene Familie und meine allergrößte Angst ist, dass meiner Tochter was ähnliches passieren könnte...und ich bin froh, dass sie 3 Jahre älter ist als ihr Bruder.
Sekbst meinem Mann kann ich es nicht erzählen....habe zu viel Angst, dass ich dann weniger wert bin und ihn verliere..

Und jetzt meine Frage...Was war das denn? Übertreibe ich? Und bin ich es selbst Schuld?

Vielen Dank Katharina

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Katharina.

Danke, dass Du es Dir einmal von der Seele geschrieben hast! Danke, dass wir Dein Vertrauen haben!

Zuerst zu Deinen Fragen: Du übertreibst nicht! Und Dich trifft keine Schuld!
Wie es bei Deinem damals 12-jährigen Bruder rechtlich gewertet wird, kann ich nicht beurteilen.
Dass Du es als erniedrigend und beschämend erfahren hast: da gibt es keinen Zweifel!
Du schreibst von Deiner "streng katholischen" Erziehung.
Also ... es irritiert mich irgendwie .... Dein Bruder hat doch dieselbe Erziehung genossen?
Und Du schreibst: "Meinen Eltern ist immer wichtig was andere Leute über uns denken..."

Dein gefühlsmäßiger Zwiespalt erinnert mich an einen Film, den ich sehr sehenswert finde: die grüne Meile.
Dort geht es unter anderem darum, dass jemand zwei Schwestern lange Zeit missbraucht hatte und von jeder das Stillschweigen erzwungen mit der Drohung: wenn Du etwas sagst, wird Deine Schwester sterben. Am Ende sterben beide Schwestern und darüber - diesen Satz werde ich niemals vergessen - steht: ihre gegenseitige Liebe brachte sie um.

Was soll Dir das sagen?

Wenn Du weiterhin schweigst, wird es niemanden schützen und nützen können.
Außer Dir selbst?
Nö! Dich selbst wird es zerreißen, solange Dein eigenes Erlebnis Dich dazu bringt, hinter jeder Tür eine Gefahr zu erblicken.
Deinem Sohn generell zu misstrauen, weil er eine Schwester hat?!

Du schreibst: "Selbst meinem Mann kann ich es nicht erzählen....habe zu viel Angst, dass ich dann weniger wert bin und ihn verliere.."
Die Angst werde ich Dir wohl nicht aus dem Stand nehmen können?
Selbst wenn ich Dir meine wahre Meinung dazu schreibe: Wenn Dein Mann solch ein Arschloch ist: vergiss ihn sobald wie möglich!
Mein Rat ist darum: lasse es Dir von Angesicht zu Angesicht durch eine/n Fachfrau/mann sagen, dass Du nur gewinnen kannst, wenn ihr offen miteinander umgeht!

Du hast ein Anrecht darauf, dass Dein Mann Dir offen sagen darf,wie krank er Deinen Bruder findet!
Dein Mann hat ein Anrecht darauf, zu erkennen, wo Du in der Vergangenheit vielleicht auch mal zurückgezuckt hast, wenn eine geplante Zärtlichkeit Dich als "Zudringlichkeit" erreicht hatte?
Eure Kinder haben ein Anrecht darauf, eure Grenzen zu erfahren, ohne den immerwährenden "Generalverdacht"!

Ich denke, Du solltest Dein Erlebnis mit einem Psychologen aufarbeiten und am Ende bereit sein, es mit Deinem Mann und Deinen Kindern zu besprechen.

Bitte verlier keine Zeit!

Du, Dein Mann und Deine Kinder haben es verdient!

Ales Liebe
Bernd