Problem von Sebastian - 18 Jahre

Rassistischer Vater

Hallo,

mein Vater wird seit der Verstärkung der Weltprobleme immer rassistischer. Er hasst alles, was nicht der "westlichen Welt" angehört, also z.B. Türken oder Afrikaner. Er beleidigt andere Völker als "Kümmlebück", "Nigga" oder sagt, dass "die sch*** Türken in ihr Land verpissen sollen", regt sich über das Burka tragen und anderen Dinge auf. Und das wird immer schlimmer. Ich habe Angst, dass er irgendwann noch ein richtiger "Nazi" wird. Vorhin meinte er scherzhaft: "Ich bin kein Nazi, ich tue nur so", als ich ihn mit seinen Sichtweisen konfrontiert habe. Meine Mutter unternimmt nichts gegen ihn. Ich weiß nicht, was ich machen soll... Hat jemand einen Rat für mich?

Bernd Anwort von Bernd

Hallo Sebastian,

mit meinem Vater hatte ich ähnliche Diskussionen. Damals fing es mit Polen an, die in Deutschland eine neue Heimat gefunden haben. Danach mit Italienern, Griechen, Türken ......
Danach ging der Spruch über "Deutschrussen": "da reicht wohl ein deutscher Schäferhund, um als Deutscher anerkannt zu werden".
Und dann gab es den Spruch: "bei Tours und Poitiers hatte sich die westliche Welt vor den Mauren verteidigt. Vor Wien haben wir sie (die Türken) noch geschlagen. Und nun sind sie hier und prägen unsere Gesellschaft"!

Meine erste Liebe war ein Mädchen mit polnischen Wurzeln.
Ich bin stolz darauf, auf der Beschneidungsfeier des Sohnes einer meiner türkischen Kollegen dabei gewesen sein zu dürfen!
Bin stolz darauf, bei der türkischen Hochzeit meines Azubis eingeladen worden zu sein.
Stolz auf meine ehemalige russische und auf meine türkische (kurdische!) Auszubildende!

Man kann solche Begriffe wie "Rassismus" und "Nazi" recht leicht auch überbewerten. Ich denke, dass jeder von uns seine wirkliche Weltanschauung eher durch sein Tun und nicht so sehr durch sein Geschwätz kund gibt!

Nazi-Schwätzer sind oft verunsicherte Menschen: Menschen, die ihre Umwelt nicht mehr verstehen.
Deine Aufgabe ist ganz gewiss nicht, Deinen Vater zu ändern!

Deine Aufgabe ist eher, Toleranz selbst zu leben!
Achtung!: Toleranz soll und darf nicht bedeuten, dass Du Deine eigenen Werte hinten anstellst!

Ich schaue z.B. Menschen gerne in die Augen. Ohne diesen Blickkontakt kann ich kein Vertrauen aufbauen.
(Habe auch schon mal einem Auftraggeber - von dem ich wirtschaftlich abhängig war - gesagt: "Herr ..., ich kann sie nicht sehen!" Er verstand es und nahm seine verspiegelte Sonnenbrille ab!)
Kopftuch ist also kein Thema für mich!
Vollverschleierung schon!
Da ist es irgendwie widersinnig, wenn wir als Staat einerseits ein "Vermummungsverbot" haben, es aber unter dem Deckmantel der "Religionsfreiheit" erlauben.

Leben bedeutet immer: Kompromisse eingehen!

Kompromisse, mit dem jeder, der Dir wichtig ist auch leben kann!

Wer sich vor mir voll verschleiert, will nichts mit mir zutun haben! Will mir unbekannt bleiben!
Im Grunde nennt man das eine "Unperson".
Nimmt sich selbst aber das Recht, mir in die Augen zu schauen, mich zu erkennen und beurteilen zu können.
Das lehne ich für mich persönlich absolut ab!

Du, lieber Sebastian, musst Deine eigene "rote Linie" ziehen: Die Linie zwischen Verständnis, Toleranz und eigenem Empfinden.
Wichtig sind nur nicht alle Gedanken, die wir uns über solche Themen machen!
Wichtig ist immer nur eine Tat!

Alles Liebe
Bernd