Problem von Angelika - 27 Jahre

Abhängig vom Ehemann?

Mein Mann und ich kennen uns seit sechs Jahren. Seit drei Jahren sind wir ein Paar und seit einem Jahr verheiratet. Mein Problem ist, dass ich nicht damit klarkomme, dass er zwei- bis dreimal die Woche spätabends bis in die Nacht hinein Computer spielt. Wenn er sich um 20 Uhr voller Vorfreude von mir verabschiedet und die Bürotür hinter sich schließt, sitze ich da wie versteinert und fühle mich wie versetzt. Es ist, als hätte ich den Kampf um meinen Mann gegen den Computer und seine Freunde verloren. Es freut mich dann auch nicht mehr, irgendeine Aktivität zu beginnen und ich sehne das Schlafengehen herbei, da ich ohnehin kein Nachtmensch bin und dadurch, dass ich meist schlecht schlafe und unter der Woche spätestens um 5:45 Uhr aufstehe, ohnehin schon sehr müde bin. Wenn ich dann aber im Bett liege, bin ich durch die Kränkung wieder hellwach und verliere Stunde um Stunde an Schlaf. Wenn ich dann doch irgendwann einschlafe, bin ich spätestens dann wieder munter, wenn ich meinen Mann schlafengehen höre und der Kampf ums Einschlafen beginnt erneut. Am Morgen bin ich dann still und wenn mich mein Mann fragt, was los ist, erkläre ich ihm den ihm ohnehin schon bekannten Sachverhalt. Er geht dann in die Verteidigung, erklärt mir, er brauche seinen Freiraum und ich müsse lernen zu glauben, dass er mich trotzdem liebt. Er hat wohl mit allem recht, doch das trotzige Kind in mir, dass sich nicht liebenswert sieht, giert nach Aufmerksamkeit und möchte das größte Glück für meinen Mann sein. Es ist, als wären zwei Versionen von mir in mir: Die Vernünftige, die weiß, dass sie geliebt ist und wie eine ideale Ehe aussieht und die Emotionale, die regelmäßig wegen ihrer falschen inneren Glaubenssätze zerbricht und sich Vorwürfe macht, dass sie nicht die Ehefrau in Perfektion ist. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich kann meine Kränkung in mich hineinfressen und still vor mich hin leiden, doch spätestens wenn mein Mann fragt, was los ist, bricht alles hervor und wir kommen auf keinen grünen Zweig. Eine andere Möglichkeit wäre, dass ich bei meiner Schwester übernachte, wenn er spielt, doch ich glaube nicht, dass das die Lösung des Kernproblems ist.

Sarah B. Anwort von Sarah B.

Liebe Angelika,
vielen Dank für deine Nachricht und dein Vertrauen in uns.

Die Frage, die du als Titel für deine Zuschrift gewählt hast, würde ich nur bedingt mit "Ja" beantworten.
Ich denke es ist zutreffender, dass du auf die Aufmerksamkeit seitens deines Mannes angewiesen bist.
Was würdest du selbst sagen? Warum brauchst du diese Bestätigung/Aufmerksamkeit?
Lass das von dir beschriebene trotzige Kind in dir nicht die Oberhand gewinnen.
Dass dich das negativ beeinflusst, musstest du ja leider bereits feststellen.
Du hast Probleme zu schlafen, leidest, bist lustlos etc

Ich gebe dir Recht, an den besagten Abenden bei deiner Schwester zu übernachten, löst definitv nicht das Kernproblem.
Das Kernproblem ist meinen Augen auch nicht, dass er 2-3 mal in der Woche spielt, sondern deine Einstellung dazu.
Es ist absolut nicht so, dass du ihn an den Computer, seine Freunde oder ähnliches verloren hast. Glaube das bitte nicht und rede es dir auch bitte nicht (länger) ein.
Ich muss deinem Mann zustimmen. Auch wenn man in einer Beziehung ist, ist es unglaublich wichtig auch Zeit für sich selbst und seine Hobbies zu haben.
Das heißt nicht, dass man seinen Partner nicht aufrichtig liebt oder keine Zeit mit ihm verbringen möchte. Dein Mann beteuert ja immer wieder, dass er dich liebt. Lass dich nicht von einer falschen Sichtweise fehlleiten. Hör auf die Vernünftige in dir, die dir sagt, dass es keinen Grund gibt an seiner Liebe zu dir und eurer Ehe zu zweifeln.

Auch in einer Beziehung ist man trotzdem immer noch ein "Ich", nicht nur noch ein "Wir".
Ich finde es sehr schade, dass du diese Abende nicht nutzt, um ebenfalls etwas zu unternehmen, was dir Spaß macht.
Sei es nun lesen, Sport, Serie schauen, eine Freundin treffen...dir fällt bestimmt was schönes ein.
Eine kleine Auszeit zwischendurch tut doch gut. Man kann machen wonach einem der Sinn steht, muss keine Rücksicht auf den Geschmack des anderen nehmen usw.
Und genau das zu tun und auch zu genießen, heißt wie gesagt nicht, dass man ein schlechter (Ehe-)Partner ist.
Im Gegenteil, es nützt eher, als dass es schadet.
Du hast geschrieben, dass dein Mann voller Vorfreude im Büro verschwindet. Das zeigt ja, dass ihm diese Abende gut tun.
Stell dir vor er hätte das nicht mehr. Was würde dann passieren? Er wäre vermutlich unausgeglichen(er), unzufrieden(er), launisch(er) o.ä. und DAS, wäre dann das, was euch schaden würde.
Ja, es ist nicht immer einfach. Oftmals denkt man, dass man eine Beziehung festigt, wenn man aneinander klebt, aber leider erreicht man damit eher das Gegenteil.
Auch wenn man damit die Absicht hat den Partner enger an sich zu binden, erreicht man dadurch leider oft, dass man ihn von sich weg treibt.
Es ist wie gesagt sehr wichtig, dass man sein Selbst nicht aufgibt/aufgeben muss.
Was denkst du darüber? Könntest du dir nicht vorstellen diese Abende für dich zu nutzen?
Es wird vielleicht eine Weile dauern, bis du dich mit diesem Gedanken angefreundet hast und eine Routine entwickelt hast, aber ich verspreche dir, dass es sich lohnt.
Es kann für deinen Mann, deine Ehe und vorallem für dich nur von Vorteil sein.

Versteh mich bitte nicht falsch, ich kann deine Gedankengänge sehr gut verstehen und möchte auch nicht sagen, dass man nur was getrennt voneinander machen soll. Es ist ebenso wichtig Zeit gemeinsam zu verbringen.
Man muss einfach eine gesunde Balance finden und zwar so, dass sich beide Seiten damit wohlfühlen.
Wie dieses Mittelmaß aussieht, muss jedes Paar für sich selbst heraus finden.
Daher ist es unumgänglich mit deinem Mann zu sprechen.
Überlegt euch gemeinsam, wie man die anderen Abende gestalten könnte.
Wie sieht das denn aktuell bei euch aus?
Es muss ja nicht immer was spektakuläres oder außergewöhnliches sein. Kocht zusammen, tauscht euch über euren Tag aus, geht essen, ins Kino, spazieren, Minigolf, Escaperoom, Tennis, Bowlen ....es gibt so viele Möglichkeiten.
Ihr könntet eine Liste mit Ideen anfertigen und diese nach und nach "abarbeiten".
Einigt euch darauf, dass es zwei Abende in der Woche gibt, an denen jeder etwas für sich alleine machen kann.
Glaub mir, das tut wie gesagt sehr gut und ich kann dir nur ans Herz legen dich darauf einzulassen.
Ich hoffe, dass du etwas nachsichtiger mit deinem Mann bist. Nur weil er ab und an Zeit für sich alleine braucht, heißt das nicht, dass er nicht auch gerne Zeit mit dir verbringen möchte. Vergiss das bitte nicht!

Liebe Angelika, ich hoffe, dass ich dir das ein oder andere mit auf den Weg geben konnte und, dass du meine Ratschläge beherzigst.
Lass dich darauf ein und sieh, wie du dich damit fühlst.
Melde dich gerne jederzeit wieder, wenn du noch Fragen hast oder erzählen möchtest, ob und wie ihr das Ganze umgesetzt habt.

Alles Liebe für dich und deinen Mann.
Viele Grüße,
Sarah