Problem von A - 17 Jahre

Ich werde nie wieder glücklich

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wo ich anfangen soll und wie man so etwas seriös beginnt...
Die Headline sagt schon ziemlich viel aus und es macht mich ganz verrückt, dass sie so dramatisch klingt. Leider ist sie echt. Schlimmer noch: Sie ist wahr.
Ich werde nie wieder glücklich, weil ich mich seit Längerem vor dem Glück "verstecke". Ein gutes Beispiel sind meine vergangenen Beziehungen.
Bei der ersten war ich zuversichtlich, habe wirklich eine Zukunft mit ihm gesehen...
Und dann hat er mich betrogen. Ich war jung und hart im Nehmen, es war nicht leicht, aber darüber bin ich hinweggekommen, vor allem, weil ich es schon ahnte.
Bei der zweiten fühlte ich mich bedrängt, eingeengt und vor allem überschüttet mit Liebe, die ich nicht erwidern konnte. Als ich es beendete, verlor ich viele gute und im Endeffekt auch nicht so gute Freunde. Wir reden immer noch nicht.
Als ich mich das dritte Mal verliebte, fühlte ich mich benutzt. Bekannte sagten immer zu mir "Was? Ich dachte er will etwas von XY!", wenn ich von ihm als meinen Freund redete. Das Schlimme war, dass er mir erzählte, dass er wirklich mal etwas von ihr wollte und als er etwas von mir erwartete, was ich ihm nicht geben konnte, stieß ich ihn weg und verlor meinen besten Freund. Aber auch darüber kam ich hinweg.
Nicht leicht und nicht ohne mich selbst zu hassen, aber ich überlebte es.
Und dann stand da plötzlich ein Junge vor mir und auf irgendeine Art und Weise klickte es zwischen uns. Wir mochten dieselben Dinge und lachten hemmungslos. Als Leute Andeutungen machten, dass er mehr in mir sah, hörte ich weg, distanzierte mich und verschloss mich in meinem Kokon. Seit ich 14 war, hasste ich mich selbst und als er vor mir stand, erkannte ich, dass er vielleicht der Schlüssel zum Glück sein konnte. Da übermannte mich eine Angst, denn was wenn ich die Beziehung erneut in die Brüche zwinge und ich ihn verliere? Es wird mit Sicherheit passieren, denn ich werde wegziehen (Studium) und auch sonst...Wer könnte mit jemandem wie mir zusammen sein?
Ich werde nie wieder glücklich, weil mein Glück von ihm abhängt und er gehen wird.
Meine Frage also:
Kann ich glücklich werden? Auch wenn ich vollkommen orientierungslos bin und verzweifelt wegen Studium und generell meinem Leben? Kann ich irgendwie mich selbst akzeptieren und irgendwann eine Beziehung führen ohne die Partner wegzustoßen?
-A
Es tut mir leid, dass es so lang geworden ist. Ich musste es irgendwem sagen und mit irgendwem darüber reden.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du,

auf deine letzten Fragen möchte ich gleich zu Beginn antworten: Ja, du kannst dich selbst akzeptieren lernen und in gewisser Hinsicht glücklich(er) werden, wenn du begreifst, was Glück bedeuten kann und was du dafür tun kannst. Dazu unten noch ausführlicher.

Du hattest wirklich einen schlechten Start in die Welt der Liebe. Das tut mir leid für dich. Nichtsdestotrotz ist es kein Grund, alle möglichen zukünftigen Partnerschaften in die gleiche Ecke zu stellen! Sehr viel von dem, was uns widerfährt, hat mit uns selbst zutun, genauer mit dem, was wir anderen signalisieren. Ich kann etwas ausstrahlen, dass ich schlimmstenfalls ausgenutzt, überbehütet oder sonstig übegriffig behandelt werde, weil ich schlechte Überzeugungen von mir selbst habe. Ich kann aber auch nur das Beste für mich anstreben, weil ich weiß, dass ich es grundsätzlich verdient habe. Entsprechende Beziehungen werde ich leben. Du hast es verdient, geliebt und angenommen zu werden. Du bist es wert! Daher musst du dich an die Menschen wenden, bei denen du eine super Bauchgefühl hast, die dir gut tun. Wenn dann noch der Weglaufen-Impuls einsetzt, weil alles so schön ist, ist es umso mehr ein Zeichen, dass du richtig bei diesen Menschen bist. Lass dich dann nicht von den Enttäuschungen der Vergangenheit leiten, sondern von der Verheißung der Zukunft. Nur Mut!

Ich weiß nicht, was dich jenseits der schief gelaufenen Liebesbeziehungen noch alles dazu veranlasst, dich derart runterzumachen und alles schlecht zu reden. Es mag natürlich sein, dass du deine Gründe hast. Doch bitte ich dich, deinen Text nochmal kritisch zu lesen und zu prüfen: Schreibe ich von Fakten, die meine Mitmenschen auch so sehen würden - oder schreibe ich von dem, was ich ganz fest glauben will?
Ich greife diesen Satz von dir heraus, weil ich ihn besonders krass finde: "Ich werde nie wieder glücklich, weil mein Glück von ihm abhängt und er gehen wird." Ernsthaft?!
Was ich vor allem bei dir wahrnehme: Du machst es dir ziemlich leicht, indem du alles als unveränderlichen Tatsachen darstellst: Das ist eben so. Punkt.
Nein!
Du hast dein Leben selbst in der Hand und kannst z.B. deine Liebesbeziehungen so gestalten, dass es dir gut mit ihnen geht. Es ist keineswegs so, dass du immer nur unglücklich, allein und machtlos bist. In erster Linie redest du dir all das ein.
Und was dein Leben insgesamt anbelangt, kannst du sehr viel erreichen, wenn du deine inneren Überzeugungen überdenkst und konsequent an ihnen arbeitest. Statt dich schlecht zu machen: Liebevoll mit dir selbst und realistisch sein - du hast sowohl Stärken als auch Schwächen, nicht nur Schwächen! Anstatt dich einzuigeln: Rausgehen! Statt zu sagen: Ich kann es nicht, ich darf nicht, ich will nicht, es wird eh nichts: Ich will es, ich versuche es, ich kämpfe! Zumindest: Ich warte erst mal ab, ohne gleich zu werten. Alles zunächst auf sich zukommen lassen, ist eine wunderbare Strategie!

Auch wenn es dir unmöglich erscheint: Geh aktiv auf das zu, was dir gut tut und dich vielleicht sogar glücklich macht. Also auch auf den Jungen. Es ist doch erst mal egal, was mit der Zukunft ist. Denn erstens weißt du nicht, wie sich alles zwischen euch entwickeln wird. Zweitens kann es nach deiner Logik immer wieder zu Rechtfertigungen kommen, warum du z.B. im Studium nicht glücklich bist.
Genieße einfach die Zeit mit ihm und baue eine solide Beziehung zu ihm auf (freundschaftlich oder auch darüber hinausgehend). Anstatt zu behaupten, sie würde wegen eines Wegzugs ohnehin zerbrechen, solltest du dir vornehmen, das Schöne zu bewahren und all deinen Elan daran zu setzen, mit ihm in Kontakt zu bleiben.

Auch ist es nicht so, dass alle Menschen permanent glücklich sind. Im Gegenteil: Es ist eher ungewöhnlich, viele Glücksmomente hintereinander zu erleben bzw. lang anhaltend Glück zu empfinden. So sind wir Menschen gar nicht gemacht! Vielmehr ist schon viel gewonnen, wenn wir zufrieden sind mit dem, was wir haben und erreichen. Dann kommen auch zusätzlich noch Glücksmomente, die eben flüchtig sind. So wie die Nachspeise an einem schon reich gedeckten Tisch.
An Augenblicke des Glücks erinnern wir uns aber besonders stark, weil sie eben so intensiv sind und uns viel bedeuten. Im Alltag spielen tatsächlich eher die neutralen oder "negativen" Gefühle wie Langeweile, Angst, Scham, Ärger etc. eine Rolle. Das ist auch gut so, sie halten uns wachsam und sind die Grundlage dafür, dass wir das kleine und große Glück, wenn es zwischendurch mal aufblitzt, genießen, uns einfach daran erfreuen können.
Immer glücklich zu sein ist als weder möglich noch erstrebenswert! Viel zielführender kann es sein, nicht zu sagen: Ich will glücklich sein! Das erzeugt nur sinnlosen Druck, weil du einem unerreichbaren Ideal hinterherjagst. Sondern: Ich will mich entwickeln, um das Beste für mich selbst zu ermöglichen. Dabei nehme ich auch Frust und Leid in Kauf, weil ich weiß, dass ich dafür auch mal Glücksgefühle und einfach Freude verspüren werde.

Darum: Es geht um deine innere Einstellung und wie sie sich auf deine Taten auswirkt! In jeder Hinsicht!
Das Leben ist so vielgestaltig und wartet auf dich mit vielen Möglichkeiten, Erfahrungen und Lernfeldern. Gib dir selbst die Chance zur Entfaltung, indem du dich groß machst. Richte dich innerlich auf, nimm dir, was dir gefällt, atme, liebe, ohne dich dabei immer wieder aufzuhalten. Anstatt das welkende Gras zu bleiben, werde zur stolzen Blume, die erblüht.

Du kannst das! Daran glaube ich ganz fest.

Ich wünsche dir alles Gute!
Nuala