Problem von Celine - 17 Jahre

Ich habe kein Selbstwertgefühl

Hallo Liebes Kummerkastenteam,
Ich habe das Problem, dass ich kein Selbstwertgefühl habe. Um es genau zu sagen hatte ich nie wirklich eins. Ich wurde als ich klein war und etwas nicht sofort hinbekam oder verstand als dumm und scheiße bezeichnet. Ich sollte das "perfekte Kind" sein, was aber natürlich unmöglich war, aber ich musste perfekt sein. In der Grundschule wurde ich gemobbt, weil ich eben wegen diesen einschüchternden Sprüchen von zuhause sehr emotional und schüchtern war, und weil ich etwas dicker war. Sie haben mich als ,,Heulsuse", "Missgeburt", "Fettes schwein" und viel mehr bezeichnet. Ich habe wegen den Kommentaren wegen meiner Figur sogar in der 3. Klasse eine Zeit lang fast nichtsmehr gegessen weil ich nicht wusste wie ich anders dünner werden könnte. Wenn ich zuhause erzählt habe was in der Schule los war, bin ich nur auf Taube Ohren gestoßen. So stand ich damals also mit meinen Problemen alleine da. Ich hatte auch nur eine beste Freundin, die mir zwar helfen wollte sich aber nicht traute weil sie ebenfalls sehr sehr schüchtern war. Als ich dann auf die weiterführende Schule kam hörte das Mobbing zwar kurz auf, aber nur um später noch viel schlimmer zu werden. Sie klauten mir meine Hausaufgaben und zerrissen sie, leerten meine Schultasche in den Mülleimer und bewarfen mich mit Stiften und bewarfen mich mit Dreck. Die Lehrer haben nur tatenlos zugesehen. Meine Noten wurden deswegen schlechter und zuhause wurde es immer schlimmer deswegen. Ich wurde als "Faules stück scheiße" und "Nichtsnutz" beschimpft, und wenn ich versuchte zu erklären wieso ich so schlecht geworden bin hat man mir gesagt, dass ich mir keine Ausreden ausdenken soll. Ich habe mit 14 eine Zeit lang sogar mit dem Gedanken gespielt mir das Leben zu nehmen. Das Mobbing hörte zwar in der 9. Klasse auf, aber ich habe trotzdem kein Selbstwertgefühl und somit auch kein Selbstvertrauen, was mich als angehende Erzieherin natürlich sehr belastet.Könnt ihr mir Tipps geben wie ich Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen aufbauen könnte? Danke schon mal im Voraus.

Liebe Grüße
Celine

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Celine!

Vielen Dank für dein Vertrauen und deine offenen Worte.
Durch das Aufschreiben hast du vielleicht schon etwas mehr Klarheit und Erleichterung entwickelt, sodass alle weiteren Schritte, die du gehen kannst, darauf aufbauen können.

Auch wenn dir immer wieder etwas anderes vermittelt wurde: Du bist ein wertvoller Mensch und verdienst es, geachtet und respektiert zu werden!
Ich bin zuversichtlich, dass du in deinem weiteren Leben endlich die Erfahrungen machen darfst, welche dir leider bisher verwehrt blieben. Denn du bist nun dabei, dich aktiv um eine Wendung zu bemühen, sodass sich im Laufe der Zeit viele kleine und größere positive Veränderungen einstellen werden.

Ich denke, nach allem, was du Scheußliches erleben musstest, wird es Zeit, die Anker zu lichten.
So wie du deine Eltern bzw. dein Verhalten dir gegenüber beschreibst, solltest du schnellstmöglichst ausziehen. Reflektiere, inwieweit ein Kontakt zu ihnen überhaupt noch sinnvoll für dich ist, wenn du ausgezogen bist.
Sofern irgendwie realisierbar, solltest du den Kontakt weitestgehend meiden oder sogar eines Tages ganz einstellen, wenn sich das für dich als erleichternd herausstellen sollte.
Auch die Verbindungen zu deiner Schule, deiner Klasse und anderen Gruppen und Personen, die dir geschadet haben, solltest du strikt kappen.

Bei dem krassen Ausmaß an Demütigung, fehlender Liebe und Unterstützung sowie den intensiven Mobbing-Erfahrungen würde ich dir eine Psychotherapie ans Herz legen; geht es dir insbesondere um dein Selbstwertgefühl, dann eine Verhaltenstherapie. Denn das, was du von Kleinauf nicht lernen und erfahren durftest, kannst du nicht durch ein paar Tipps wettmachen.
Dennoch: Für den Alltag gibt es durchaus nützliche Hilfen, die ohne großen Aufwand angewandt werden können und die auch in Therapien vermittelt werden.

Ich habe soeben in ähnlichen Problemen gestöbert und bin dabei auf den Hinweis zu folgenden Tipps gestoßen, die ich dir hiermit zitiere (nicht verwirren lassen, hier wird von Selbstbewusstsein gesprochen, meint aber das Selbstwertgefühl, wenn es um die eigene Bewertung geht!):

"7 Tipps für mehr Selbstbewusstsein
Der Grundstein für ein starkes Selbstbewusstsein wird meist in der Kindheit gelegt. Aber auch wenn Sie zu den Menschen gehören, die ein schwaches Selbstbewusstsein haben, können Sie an Ihrem Selbstbewusstsein arbeiten und Ihr Selbstbewusstsein stärken.

1. Menschen mit einem guten Selbstbewusstsein sind sich Ihrer Stärken und Schwächen bewusst und können auch mit den Schwächen leben. Menschen mit einem geringen Selbstbewusstsein können meist etliche vermeintliche Fehler aufzählen, aber keine Stärken. Schreiben Sie mindestens 20 Dinge auf, die Sie an sich mögen oder die andere Menschen an Ihnen mögen oder für die Sie bereits einmal ein Kompliment bekommen haben.

2. Menschen mit wenig Selbstbewusstsein sind meist selbst ihr schlimmster Kritiker. Wenn Ihr innerer Kritiker sich wieder meldet und Sie niedermacht, dann halten Sie einen Moment inne: Überlegen Sie kurz – würden Sie auch eine andere Person, jemanden den Sie sehr schätzen, in derselben Situation derart kritisieren und sein Selbstbewusstsein niedermachen? Vermutlich nicht, oder? Warum hacken Sie dann auf sich und Ihrem Selbstbewusstsein herum? Sagen Sie Ihrem inneren Kritiker, dass seine Kritik unangemessen ist.

3. Sagen Sie sich jeden Tag mindestens 100-mal: „Ich bin ein wunderbarer Mensch und ich nehme mich so an, wie ich bin.“ Warum so oft? Nun, Sie sagen sich doch auch mindestens 100 Mal am Tag, was Sie alles falsch machen und kritisieren sich selbst. Da ist es kein Wunder, dass Ihr Selbstbewusstsein im Keller ist. Aber Ihr Selbstbewusstsein lässt sich, durch die richtige Denkweise, auch wieder aufbauen und stärken.

4. Tun Sie Dinge, die Ihnen gut tun! Machen Sie sich hin und wieder selbst eine kleine Freude. Lernen Sie sich wieder selbst wertschätzen und achten. Bauen Sie Ihr Selbstbewusstsein langsam wieder auf, indem Sie sich annehmen und Dinge tun, die Ihrem Selbstbewusstsein Bestätigung und Anerkennung geben.

5. Lernen Sie, Ihre kleinen Fehler und Macken zu akzeptieren und nehmen Sie sich so an, wie Sie sind. Niemand ist perfekt! Und gerade diese kleinen Macken und Unvollkommenheiten machen uns einzigartig. Auch Menschen mit einem guten Selbstbewusstsein haben Fehler und Schwächen, aber Sie können damit umgehen. Und Sie machen Ihr Selbstbewusstsein nicht an vermeintlichen Fehlern fest.

6. Für jedes Mal, wo Sie Ihren inneren Kritiker dabei erwischen, wie er Sie kritisiert und Ihr Selbstbewusstsein angreift, sagen Sie sich mindestens zwei Dinge, die Sie an diesem Tag gut gemacht haben. Dies können ganz banale Dinge sein wie: Ich bin heute pünktlich aufgestanden und zur Arbeit gefahren. Oder: Ich habe heute morgend die Dinge abgearbeitet, die ich mir vorgenommen habe. Wenn Ihr innerer Kritiker Sie wegen banalen Dingen kritisieren und zurechtweisen darf, können Sie sich auch wegen banalen Dingen loben. Ihr Selbstbewusstsein wird es Ihnen danken.

7. Wenn Sie von anderen Menschen kritisiert werden, versuchen Sie, diese Kritik nicht persönlich zu nehmen. Niemals dürfen Sie Kritik als Wertung Ihrer Selbst ansehen. Kritik sagt immer etwas über die Persönlichkeit des Kritikers aus, nicht aber über Sie! Wenn Ihr Chef Sie beispielsweise wegen Ihres grünen Pullovers kritisiert, sagt dies nichts über Sie aus, sondern über Ihren Chef und dessen Abneigung gegen grüne Pullover. Es sagt auch nichts über den Wert des grünen Pullovers aus, sondern bedeutet nur, dass Ihr Chef aus irgendwelchen Gründen, die er vermutlich selbst nicht kennt, etwas gegen diesen grünen Pullover hat.

Was hat das mit Ihnen zu tun? Nichts, genau! Daher machen Sie Ihr Selbstbewusstsein nicht von der Meinung anderer abhängig und seien Sie barmherzig zu sich selbst!"


Noch ein paar Worte zu deinem Berufswunsch der Erzieherin: Ich finde es toll, dass du jetzt schon weißt, was du werden möchtest! Für mich persönlich ist das ehrlich gesagt nicht selbstverständlich.
Natürlich ist es vorteilhaft, wenn du ein Selbstbewusstsein und ein Selbstwertgefühl hast. Doch es ist für den Anfang keine zwingende Voraussetzung. Du wirst beides in den kommenden Monaten und Jahren aufbauen!
Ich finde es wichtig, dass du dich in der Arbeit mit Kindern/Jugendlichen nicht verunsichern lässt. Weder von sehr direkten Fragen, noch von merkwürdigen Kommentaren oder Handlungen. Da ist es gut, in sich zu ruhen und den Kids wohlwollend gegenüberzustehen. Sie wollen dir nichts Böses. Du hast nichts zu befürchten. Außerdem bin ich mir sicher, dass du innerhalb deiner Ausbildung Möglichkeiten erhältst, dich mit den anderen Azubis auszutauschen und auch deine Lehrkräfte in einem vertraulichen Gespräch um Rat zu fragen, wenn dich etwas arg verunsichert. Bestimmt ist das auch teilweise ein Thema in der Ausbildung, weil das prinzipiell alle betreffen kann.
Versuche, deine "Verwundbarkeit" als etwas zu sehen, das du mit Würde trägst, anstatt dich wie eine leicht umzuwerfende Person zu sehen - eine Veränderung des Blickwinkels sozusagen. Du kannst die Kriegerin sein, die schwer getroffen wurde, aber nicht aufgibt, sich pflegt und dann mit neuer Kraft startet!

Jeder Mensch hat etwas, was in belastet und beschäftigt. Bei dir ist es ein schweres Paket, das du zu tragen hast. Doch du hast deine Qualitäten und Stärken, die du umso mehr betonen darfst! Und wie ich schon geschrieben habe, bin ich davon überzeugt, dass dein Paket schrumpfen wird. Mit Geduld und Nachsicht wirst du auch die dunklen Stunden durchstehen. Dafür wünsche ich dir viel Kraft.

Alles Liebe,
Nuala