Problem von Anonym - 14 Jahre

Streit zwischen Eltern & Schulwechsel

Hallo,
mir wird das im Moment alles zu viel. Ich bin zwar nicht Versetzungsgefährdet, allerdings hatten wir ein Gespräch mit meinem Lehrer. Es ist unklar, ob ich die nächsten Schuljahre schaffe, weil ich nach der 8. Klasse nicht mehr wechseln kann (komme jetzt in die 9. Klasse). Mein einziges Problem ist eigentlich nur Mathe. Manchmal werde ich auch in der Schule "gemobbt" (bin nicht der schlangste, aber auch nicht der dickeste) und traue mich nicht mit meinen Eltern darüber zu reden. Außerdem habe ich sehr Angst, dass meine Eltern sich trennen, da meine Mutter sehr wütend auf meinen Vater ist.. Mein Vater hat meinem Opa einen Brief geschrieben, dass er nicht mehr zu uns nach Hause kommen soll.. Als meine Eltern auf einem Geburtstag waren, hat ein Freund von mir bei uns geschlafen. Meine Eltern kamen erst gegen 2 Uhr Nachts zurück. Meine Mutter erzählte mir, dass mein Vater sie geschlagen hat.
Manchmal ist es so, dass alles gut zwischen ihnen ist, manchmal auch im Gegenteil. Meine Mutter schreit meinen Vater an und mein Vater reagiert erst gar nicht drauf.
Ich weiß nicht was ich tun soll..

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Ich würde mich bestimmt genauso hilflos fühlen wie du. Stress in der Schule und in der Familie ist sehr belastend und beängstigend. Du bekommst dauernd zu spüren, was schief läuft und weißt gleichzeitig nicht, wie es besser werden könnte.
Ich werde dir dazu ein paar Gedanken nennen und hoffe, dass du davon etwas für dich mitnehmen kannst.

Zunächst zum Punkt Schule: Es beruhigt mich, dass es "nur" Mathe ist. Das grenzt das Problem deutlich ein und macht es relativ einfach, es zu beseitigen. Hier ganz klar meine Empfehlung: Kombiniere intensive Nachhilfe mit einem festen Willen, dich anzustrengen und dich durchzubeißen! Such dir eine Person, die dir Mathe so erklären kann, dass du es nicht durch komplett verstehen, sondern auch korrekt umsetzen kannst.
Sehr effektiv ist es, sich Lösungswege für verschiedene Aufgaben vorrechnen zu lassen (Schritt für Schritt). Dabei denkst du aktiv über jeden einzelnen Schritt nach. Erst wenn du alle verinnerlicht (verstanden) hast, rechnest du eigene Aufgaben. Das kannst du auch daheim mit Hilfe von schon notierten Aufgabenschritten oder auch Anleitungen auf YouTube machen.
Außerdem solltest du eng mit deiner Mathe-Lehrkraft zusammenarbeiten. Melde dich bitte im Unterricht bei Verständnisfragen oder wenn es dir zu schnell geht. Anderen geht es dann bestimmt ähnlich und sind dankbar, dass du dich traust! Du kannst zusätzlich nach der Stunde zur Lehrerin/dem Lehrer und Details klären. Ihm/ihr sollte merken können, dass du ernsthaft an deiner Verbesserung in Mathe arbeitest. Eine gute Lehrkraft wird versuchen, möglichst individuell auf dich einzugehen, was du dir dann zunutze machen kannst. Desweiteren kannst du mit netten Mitschüler:innen eine kleine Lerngruppe gründen: Gemeinsam Hausaufgaben machen, lernen, sich gegenseitig testen... davon profitierst du auch sozial: Du fühlst dich sicherer und hast feste Anlaufpunkte in deiner Klasse.

Schon anders sieht es mit Mobbing oder dessen Vorstufen aus. Hier solltest du dir wirklich ein Herz fassen und mit deinen Eltern und deiner Klassenführung sprechen! Mobbing darf nirgends geduldet werden, so auch nicht in deiner Klasse!
Solange es sich noch halbwegs in Grenzen hält und du nicht stark leidest, kannst du es mit Ignorieren der abwertenden Kommentare probieren. Nicht hinhören, die Personen einfach stehen lassen. Raum wechseln, auf Durchzug stellen. Hilfreich kann es dabei sein, sich zu verdeutlichen, dass nicht du ein Problem hat, sondern die Mobbenden.
Oder du konfrontierst sie direkt: "Oh, jetzt fängst du wieder an, über meinen Körper zu lästern." (mehr nicht sagen, einfach diesen Satz wirken lassen. Dabei ein vielsagender Blick und dann weggehen). Oder: "Ah, du interessierst dich für meine Figur. Bist du denn mit deinem eigenen Körper unzufrieden?" Oder: "Im Gegensatz zu dir habe ich kein Problem mit meinem Speck." etc. Du kannst sie auch bloßstellen: "Warum schikanierst du mich? Hast du keine anderen Sorgen?", "Kommst du dir nicht blöd vor, andere so auf Äußerlichkeiten zu reduzieren?" Das kann natürlich auch nach hinten losgehen. Du kannst Verschiedenes testen. Auf jeden Fall solltest du möglichst viele einweihen. Wenn du Freund:innen in deiner Klasse hast, sollten sie dir auf jeden Fall beistehen - mach sie darauf aufmerksam und bitte um deren Unterstützung.

Deine familiäre Lage kann ich ehrlich gesagt nicht so richtig einschätzen. Aber soviel: Wenn deine Mutter dir sogar erzählt, dass dein Vater sie geschlagen hat, kannst du sie definitiv ermuntern, sich zur Wehr zu setzen! Entweder leitet sie eine Trennung in die Wege, denn Gewalt in der Ehe ist kein Kavaliersdelikt. Oder sie bringt deinen Vater dazu, eine Paartherapie oder zumindest eine Eheberatung in Anspruch zu nehmen.
Sag ihr bitte, dass du Angst hast und die unklaren Zustände alles noch schlimmer für dich machen! Letztlich wirkt sich das alles ja auch auf deine schulischen Leistungen aus.
Signalisiere ihr, dass du sie lieb hast und für sie da bist - im Rahmen deiner Möglichkeiten. Du kannst aber nicht ihr seelischer Ratgeber sein oder sie vor deinem Vater beschützen. Das muss sie selbst machen, ggf. unter Zuhilfenahme von anderen Erwachsenen. Du kannst dich dafür im Haushalt engagieren und dich auf deine Verbesserung in Mathe konzentrieren. Das wird auch deine Eltern erleichtern, sodass sie mehr Kapazitäten haben, um ihre Konflikte zu klären. Du kannst dich zudem anderen Verwandten anvertrauen, z.B. deinen Großeltern. Diese können dir mitunter neue Sichtweisen auf die Schwierigkeiten deiner Familie geben - möglicherweise sind manche Dinge nicht so gravierend, wie du sie wahrnimmst. Doch natürlich sollten bestimmte Dinge nicht verharmlost oder unter den Teppich gekehrt werden!

Deine täglichen Gefühle und Gedanken kannst du in einem Tagebuch notieren. Das entlastet dein Herz und deinen Kopf und hilft dir, klarer zu denken. Dort kannst du pro Tag auch die schönen Momente festhalten, denn diese werden oft vergessen. Sie sind aber wichtig, um nicht alles schwarz zu sehen und sich an etwas zu erfreuen. Nicht alles läuft schlecht im Leben. Du kannst dich fragen: Was ist mir heute besonders gelungen? Was war ein Triumph? Was war witzig, spannend, turbulent...? Welche erfreuliche Wendung gab es...? Du wirst staunen, wie viel da zusammenkommt, wenn du länger darüber nachdenkst! Daraus kannst du dann gezielt Kraft für den kommenden Tag schöpfen.

Ich wünsche dir alles Liebe.
Nuala