Problem von Ano - 29 Jahre

Ich werde Vater und habe Angst

Hallo Kuka Team,
hallo Männer, die ihr bereits Väter seid!

ich bin seit kurzem verheiratet mit meiner besten Freundin, wir sind seit 6 Jahren zusammen.
Kurz nach der Hochzeit waren wir auch schon schwanger.
Davor war ich phasenweise hin und hergerissen, mal wollte ich unbedingt ein Kind, dann konnte ich mir wieder vorstellen keine Kinder zu haben und so ging das hin und her.
Jetzt wo wir in ein paar Monaten Eltern werden, sind die Momente der richtigen, ehrlichen Freude meiner Meinung nach sehr gering... und ich fühle mich schlecht deswegen...
Ich fühle mich jetzt schon eingeschränkt durch die Schwangerschaft, obwohl wir noch relativ am Anfang sind...
Ich habe Angst, dass sich das nicht ändert und ich nicht zum Vater tauge, nachdem ich solche Gedanken habe... Ich möchte auch nicht mit meiner Frau darüber reden, weil ich mir sehr gut ausmalen kann, wie sie jetzt mit den ganzen Hormonen darauf reagiert, wenn ich ihr das so schildere... Ich will sie eben nicht aufregen, das wäre nicht gut für sie und das Baby...
Aber was wenn ich Recht behalte und diese Vatergefühle/freuden nie bei mir ankommen und ich von vorne herein nur genervt bin von dem Kind?
Das erste Ultraschall war schon ein eigenartiges, aber tolles Gefühl, aber dieses Gefühl verging genau so schnell, wie es gekommen war...
Bald haben wir den zweiten US Termin, ich bin gespannt, was ich dann empfinde...

Was mache ich wenn der Worst Case eintrifft und ich wirklich keine Vatergefühle bekomme???

Bitte um eure Hilfe!

LG
Ano

Anna Anwort von Anna

Hallo erstmal,

und vielen Dank für Dein Vertrauen und Deine Offenheit. Sich als werdender Vater einzugestehen, dass man Angst und Zweifel hat, ist, denke ich, nicht leicht und ich finde es sehr mutig, dass Du Deine Gedanken in Worte gefasst hast. Ich bin zwar leider nicht der von Dir erhoffte Vater, der hier antwortet, aber kann Dir aus eigener Erfahrung heraus hoffentlich trotzdem weiterhelfen.

Dass man als werdender Vater oder werdende Mutter Angst vor der neuen Verantwortung, vor dem neuen Leben, das da auf einen zukommt, hat und sich fragt, ob man das wirklich alles so gewollt hat und vor allem, ob man überhaupt der richtige Mensch dafür ist, ist denke ich völlig normal. Ich könnte mir vorstellen, dass fast jeder Vater und jede Mutter in der Schwangerschaft (und nicht selten auch darüber hinaus) sich unsicher sind, zweifeln und vielleicht sogar richtige Panik bekommen.
Vielleicht trifft es die Männer aber tendenziell stärker, denn sie haben das Kind nicht im Bauch, sie haben nicht die entsprechenden Hormone, die sich mit der Schwangerschaft einstellen, kurz gesagt, sie haben keinerlei (körperliche) Beziehung zu dem Baby, das da auf die Welt kommt und von dem man weiß, dass man es unbedingt lieben muss. Ich habe schon von vielen Männern gehört, dass sie auch nicht so unbedingt ein Baby haben wollten wie vielleicht ihre Partnerin. Diese Männer zweifeln dann natürlich noch heftiger und haben noch mehr Angst davor, "alles falsch zu machen". Tatsächlich ist es ja so - sie kennen den kleinen Menschen gar nicht, der da auf die Welt kommt. Sie haben vielleicht eine Vorstellung, eine Idee, ein Ultraschallbild und später die hörbar gemachten Herztöne, aber keinerlei sichtbaren Körper, keinen Geruch, keinen Blick in die Augen, sprich nichts von alldem, was macht, das man einen Menschen kennen und lieben lernen kann.

Daher hilft es Dir sicherlich, wenn Du Deine Frau zu den Ultraschall-Untersuchungen begleitest, später auch zu den CTG-Sitzungen, und mit ihr gemeinsam die ersten Eindrücke darüber sammelst, wie sich euer Baby entwickelt. Das erlebt man aber nicht nur bei den Frauenarztbesuchen, sondern auch im Verlauf der Schwangerschaft, wenn erste Tritte und Boxer zu spüren und zu sehen sind. Ich bin mir sicher, Deine Frau wird Dich daran teilhaben lassen und sich darüber freuen, diese ersten sichtbaren "Hier bin ich"-Zeichen mit Dir gemeinsam zu erleben.
Die Beziehung, die Du zu dem Baby jetzt noch gar nicht richtig haben kannst, kannst Du Dir aber schon mal ausmalen. Du kannst Dir versuchen vorzustellen, welche Augenfarbe das Baby wohl haben wird, wie das Gesichtchen aussieht, ob es schon Haare hat, aber auch welche Charaktereigenschaften es wohl mitbringt. Möglicherweise fühlst Du Dich vielleicht komisch dabei, aber es wird Wunder wirken, wenn Du Deinem ungeborenen Kind einen Brief schreibst. Damit richtest Du das Wort sozusagen direkt an es und baust damit eine Beziehung auf, die zwar erst noch in Dir beginnt, aber gleich an das Baby anknüpfen kann, sobald dieses Dich auch (schon im Bauch) hören und wahrnehmen kann. Ab dem dritten Trimester übrigens, so schätzt man, kann das Ungeborene auch die Stimme vom Vater hören und unterscheiden.
Trotzdem: mach Dich nicht verrückt. Ich habe mir schon von zwei Männern, die beide große Angst und Zweifel in der Schwangerschaft hatten, erzählen lassen, dass in dem Moment, wo sie ihr Kind zum ersten Mal im Arm gehalten haben, sofort jegliche Unsicherheiten verflogen waren. Ich denke also, sobald das Baby erstmal da ist, ist noch ganz ganz viel Zeit da, um sich kennenzulernen, eine Beziehung aufzubauen und all das zu sagen, was man vorher gar nicht sagen konnte, das zu fühlen, was man vorher noch nicht in der Lage war zu fühlen.

Aber ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist anzusprechen - Deine Frau und eure Beziehung zueinander. Ich denke, es ist ganz ganz wichtig, dass Du mit ihr über Deine Ängste sprichst. Natürlich vorsichtig und einfühlsam, aber trotzdem offen. Ich bin mir sehr sicher, dass auch sie Ängste und Zweifel hat, die schwer einzugestehen, aber da sind. Gerade beim ersten Kind hat man absolut keine Ahnung, was einen erwartet. Ich sage immer gerne, dass es schwer ist, sich in der Schwangerschaft auf das was kommt vorzubereiten, da man überhaupt nicht weiß, was einen erwartet. Meiner Meinung nach ist das Leben nach der Geburt ein anderes. Viel intensiver, viel sinnerfüllter, viel anstrengender, viel schöner, manchmal zum verrückt werden. Und ihr werdet gemeinsam noch in sehr viele Situationen kommen, in denen ihr nicht weiter wisst, in denen ihr zusammen halten müsst, in denen ihr aber auch offen über das, was ihr denkt und fühlt, sprechen müsst, um auf einem grünen Zweig zu bleiben. Ich denke, Deine Zweifel sind vollkommen normal und gehören dazu; scheue Dich nicht, mit Deiner Frau über sie zu sprechen. Vielleicht wird sie sie Dir noch am ehesten nehmen können. Oder sie verfliegen, weil Du erfährst, dass es ihr ähnlich geht. Ihr sitzt im selben Boot. Wenn ihr euch schon so eine beträchtliche Zeit kennt und liebt, bin ich mir sicher, dass eure Beziehung das tragen wird.

Und, zum Schluss: ein Mann, der sich so viele Gedanken darüber macht, ob er wohl alles richtig macht, ob er seiner Aufgabe gerecht wird, ob er das Kind überhaupt lieben kann, der wird mit Sicherheit ein wundervoller Vater. Denn welches Kind würde sich keine Eltern wünschen, die, noch bevor es überhaupt auf der Welt ist, sich schon so um es bemühen?

Ein Zitat von Gertrud von Le Fort:

Geboren wird nicht nur das Kind durch die Mutter,
sondern auch die Mutter durch das Kind.

Ich denke, Du kannst das Zitat auch auf Dich beziehen. :-)

Viele liebe Grüße und alles alles Gute für euch drei!
Anna


https://www.baby-und-familie.de/Schwangerschaft/Was-hoert-der-Foetus-im-Mutterleib-543433.html