Problem von Laura - 15 Jahre

Was tun wenn man sich selbst nicht mehr kennt?

Ich habe das Gefühl jeden Menschen irgendwie zu verstehen, weil mich irgendwas an ihnen an mich selbst erinnert. Die letzten Jahre meines Lebens waren verdammt hart und ich hab mich stark verändert. Früher war ich die beliebte Klassensprecherin und heute bin ich das Opfer, das keine Freunde in der Klasse hat und ständig allein ist. Es ist als wäre ich quasi zwiegespalten. Ein Teil von mir will das und der andere das Gegenteil. Ich bin so kompliziert gestrickt dass meine Eltern auch nicht mehr wissen wie sie mit mir klarkommen sollen und keiner (mich eingeschlossen) mehr bei mir durchblickt. Egal was die anderen tun - es ist das Falsche. Ich will das man mich für immer alleine lässt, gleichzeitig aber auch dass man mir zuhört und mir Beistand leistet. Es ist ein ständiger Wechsel zwischen diesen Dingen und ich weiß selbst nicht was ich will. Keiner kann es mir irgendwie recht machen. Die einzige Person, die mich irgendwie bändigen kann ist meine beste Freundin, aber ich bin leider so abhängig von ihr, dass ich das Gefühl habe, dass ich ohne sie nichts auf die Reihe kriege. Wenn sie schlecht gelaunt ist, bin ich es auch. Und falls sie einestages gehen sollte, bin ich endgültig kaputt. Ich hab keine Ahnung mehr wer ich bin und das verunsichert mich. In der Schule hält man mich für ein kluges, ruhiges Mädchen, dass ich aber nicht bin. Zumindest glaube ich das. Ich hab das Gefühl in dieser Schule klebt man mir ein Etikett an, dass sich nicht abreißen lässt. Wie die Rolle eines unbeliebten Mädchens aus einem Film, die ich perfekt spielen muss. Ich hasse es so zu tun als wäre ich jemand der ich nicht bin, aber ich kann auch nicht ich selbst sein, weil mich irgendwas daran hindert. Ich muss mich quasi dazu zwingen in der Klasse etwas zu sagen was ich vor meinen Freunden ohne groß darüber nachzudenken einfach gesagt hätte. So ist das ständig. Ich wünschte ich könnte einfach einen Neuanfang machen. Irgendwo wo mich keiner kennt und eine neue Chance haben mich vorzustellen. Und zwar nicht als das stille, langweilige Mädchen. In einem Jahr wechsle ich die Schule und ich weiß das ab dann nur alles besser werden kann. Aber ich weiß nicht wie ich es bis dahin aushalten soll. Oder wie ich mit meinen Problemen klarkommen soll wenn ich nicht einmal weiß was mein Problem ist.

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Liebe Laura,

Vielen Dank für deine Zuschrift :)

Als Ich deine Nachricht das Erste Mal durchgelesen habe, da kam mir direkt eine Frage in den Sinn:
Was wäre wohl, wenn Du ab Morgen anfängst, Du selbst zu sein?
Dies führte mich zum nächsten Gedanken: Wer bist Du eigentlich wirklich? Ich glaube, das Du deine "Rolle" mittlerweile so gut spielst, das Du dabei gar nicht mehr im Kopf hast, was Davon eigentlich dein echtes, wirkliches Ich ist.

Wenn man wie ein Schauspieler zwischen Rollen hin- und herspringt, dann ist es gar nicht so leicht zu unterscheiden, wer man eigentlich selbst ist und was nur gespielt wird. Man muss dies einfach lernen zu unterscheiden, wenn man Schauspieler ist. Aber Du bist keine Schauspielerin - Du bist Laura, 15 und solltest nur Du selbst sein müssen. Es ist manchmal hilfreich sich in eine Rolle zu flüchten, aber Du spielst deine nun schon so lange perfekt, das es langsam an der Zeit ist, wieder Du selbst zu werden. Das ist absolut nicht Leicht.

"Wer immer lügt, dem glaubt man nicht mehr." Dieser Satz trägt viel wahres in sich, oder? Ich meine, du spielst zur Zeit eine Rolle, wenn Du schreibst, nicht vor anderen Du selbst sein zu können. Letztendlich belügst Du vielleicht "nur" Dich selbst. Und die Anführungszeichen um das NUR haben Ihre Berechtigung!! Denn es bist nicht "nur" Du, sondern dein gesamtes Umfeld, was Teil deiner Rolle ist. Immerhin spielst Du auch für andere Menschen, diese ganz andere Laura.

Man hält dich in der Schule für ein ruhiges, kluges Mädchen?

Wenn Du nicht weißt, wer Du aktuell eigentlich bist, dann solltest Du damit anfangen dir Gedanken zu machen, wer Du einmal sein möchtest. Was möchtest Du aus deinem Leben machen? Wie möchtest Du sein? Was ist dir wichtig und was spielt für dich keine Rolle - damit meine Ich, womit schläfst Du ein und was ist dir Gleichgültig vom Tag, sobald Du in deinem Bett liegst.

Ich kann nicht raten, wer Du bist. Ich kenne dich nicht. Aber was ist mit deiner besten Freundin? Was meinst Du, wie würde Sie dich beschreiben? Wie denkt Sie über dich? Du bist nur abhängig von Ihr, solange Du glaubst nicht mit dir selbst zurecht zu kommen - aber genau das ist das, woran Du arbeiten solltest. Schau dich mal im Spiegel an und versuche in dir zu sehen, wie Du bist. Möchtest Du diese Rebellin sein? Oder bist Du doch die ruhige, kluge Laura? Das kannst nur Du erkennen. Alle anderen können nur raten oder einschätzen.

Kein Grund erst beim Schulwechsel in einem Jahr ein neues Ich anzufangen, das sollte direkt passieren. Es ist ein Prozess, der nicht von heute auf Morgen zu erledigen ist. Und ich denke, das Du, wenn Du nicht an dir selbst arbeitest ganz schnell in alte, gewohnte Muster verfällst, auch an der neuen Schule.

Also,
Weg von der Frage, wer Du bist zum Wer Du sein möchtest. Das ist das, was dich weiterbringt und was zählt.

Keine Schande, wenn man sich dabei auch die Unterstützung von Vertrauten sucht :)


Alles Gute für dich,

Julia