Anwort von PaulG

Liebe Anonyme,

wieso sollte ich dir nach deinem Text "sexistisches Schubladendenken" unterstellen? Du schreibst ja nicht über das, wovon du selbst annimmst, dass es "männlich" ist (denn du bist eine Frau, und du tust es, weil es dir entspricht, weil das DU bist). Du schreibst über das, was gesellschaftlich als "männlich" wahrgenommen und einsortiert wird. Und die Erwartungen und Vorannahmen der Gesellschaft sind es dann auch, über die du dir Sorgen machst. Das ist absolut nachvollziehbar.

Du fragst dich, ob diese "männlichen" Verhaltensweisen abschrecken. Die wichtigere Frage wäre doch aber: Wen? Wenn du auf der Suche bist nach Jungs oder Männern, die ein zurückhaltendes Frauchen suchen, das es wahnsinnig toll findet, wenn SIE den "Mann" raushängen lassen - dann: Ja, die wirst du abschrecken. Einige wirst du aber auch herausfordern, und du wirst sehr schnell merken, welche davon an dir als Person interessiert sind - und welche nur nach einem besonderen Erlebnis suchen. Wenn du hingegen auf der Suche nach Männern bist, die eine Frau mit Persönlichkeit wollen, die ihre Interessen selbstbewusst nach außen vertritt - diese Männer sind es doch, die dich interessieren? Oder wenigstens sollten sie dich interessieren. Und du machst sehr deutlich, dass nur ein Mann, der auch eine selbstbewusste Frau ertragen kann, deiner würdig ist. Das ist nicht falsch oder ungehörig, sondern sehr vernünftig und im Übrigen gut für deinen Seelenfrieden. Denn du kannst nicht auf Dauer etwas leben, das du nicht bist.

Natürlich kann man Männer nicht nur in zwei Gruppen unterteilen. Die Wirklichkeit ist komplizierter. Ich persönlich würde mich als Romantiker bezeichnen. Ich träume schon seit Jahren davon, den perfekten Heiratsantrag zu machen - auch wenn meine Freundin und ich keinerlei Pläne in diese Richtung haben. Ich liebe Sonnenuntergänge und Kerzen und Menükarten. Was ich nicht mag, sind Clubs und Kneipen, in denen man sich anschreien muss. Ich mag auch keine Drinks und keine abgefahrenen Aktionen. Ich bin auch kein Beschützer - ich brauche eher jemanden, die manche Dinge für mich regelt, die mich auch mal energisch zur Ordnung ruft. Wer meine Texte auf dieser Seite liest, wird sich leicht denken können, dass ich ein sehr verkopfter Mensch bin. Kurz und gut - und ich habe noch viele Details ausgespart, die nicht unbedingt hierher gehören -: Ich bin in vielen Dingen jemand, der dem Sterotyp eines Mannes nicht entspricht. In manchen Punkten dann doch wieder. Wenn es auch vielleicht eher ein Bild ist, das schon etwas in die Jahre kommt, etwas altmodisch und überholt ist. Ich bin sozusagen eine Mischung aus vielem - und das bist natürlich auch du. So wie man mich entweder als altmodischen Spießer, als Langweiler oder auch als netten Typen wahrnehmen könnte, könnte man dich in viele Kategorien einordnen: Manchen erscheinst du vielleicht als Feministin, manchen als gestählte Rapperbraut mit dem Anspruch, die Gesellschaft aufzumischen - manche nehmen dich vielleicht auch als verletzliche, schutzbedürftige Frau wahr, die unter ihrer harten Schale etwas versteckt. Und nichts von dem trifft vielleicht zu. Vielleicht alles ein bisschen, vielleicht auch alles in hohem Maße. Entscheidend ist: Uns umgeben viele Klischees - und du wirst nicht umhin kommen, wenigstens ein paar davon zu erfüllen. Jemanden, der sich davon angezogen fühlt, gibt es immer. Wichtig ist, dass du diejenigen erkennst, die es ernst meinen, und dich nicht unter Wert verkaufst.

Wenn du also wissen möchtest, was Männer attraktiv finden: Wenn du für Männer - im Allgemeinen - attraktiv sein willst, dann kannst du dich auch gleich in diesen absurden Schönheitswettbewerb stürzen, der uns überall umgibt. Du bist nicht jedermanns Typ, ich bin nicht jederfrau Typ; so ist es nun mal. Wahrscheinlich hast du recht damit, dass viele Männer nach wie vor Frauen bevorzugen, die einerseits möglichst nahe an ein Schönheitsideal kommen, ihnen andererseits aber Freiraum lassen und möglichst nicht SO begehrt sind, dass sie ständig Angst um sie haben müssten. Das zeigt aber nur zu deutlich die Schwäche von uns Männern, über Frauen auch der Gesellschaft gefallen zu wollen. Da wären wir wieder bei der Eingangsfrage: Menschen gefällt, was dem Kollektiv gefällt - oder eben auch nicht. Du hast dich von Rollenklischees frei gemacht - du wirst auch jemanden brauchen, der das nicht nur akzeptiert, sondern auch bejaht. Vielleicht ist er ganz anders als du, vielleicht ähnlich. Das weißt du nicht. Entscheidend ist: Du kannst den Richtigen nur finden, wenn du das lebst, was dich ausmacht. Und ich denke nicht, dass du uns schreibst, weil du glaubst, deine vermeintlich "männlichen" Verhaltensweisen hätten überhand genommen. Du schreibst uns, weil du dich damit wohlfühlst und Angst hast, deine Person und deine Liebe nicht gemeinsam verwirklichen zu können. Hierzu kann nur gesagt werden: Habe Geduld! Männer stehen auf Frauen, die etwas Besonderes sind. Nur können viele Männer es nicht zugeben. Aber vielleicht braucht es ja jemanden wie dich, damit endlich mehr Männer dazu kommen, dazu zu stehen, was sie anzieht. Ich bin mir sogar sicher, dass es dich und andere Frauen wie dich braucht. Also - stürze dich ins Leben, und lass dich überraschen, was es dir bringt. Mehr kannst du nicht tun. Und du tust in jedem Fall mehr, wenn du so handelst, als wenn du dich erst einschließt und als sterotypes, verschämtes Frauchen wieder ans Licht kommst. Das bist du nicht, das wirst du auch nicht werden, weil du es nicht willst. Du bist nur als Individuum schön - und als solches mit Sicherheit sehr. In diesem Sinne: Viel Glück in der Liebe - und es kommt von Herzen.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul