Problem von Katrin - 18 Jahre

An Paul: Kann ich mit meiner Lehrerin über meine Selbstmordgedanken sprechen?

Hallo,

vielen Dank für deine Antwort. Es hat mir ein bisschen geholfen. Nun hätte ich noch eine Frage zu dem Thema. Ich würde wohl ganz gerne mit jemanden darüber reden. Ich würde dann wohl gerne mit meiner Deutschlehrerin reden. Es gibt sonst niemanden mit dem ich darüber reden kann. Und mit einem Therapeuten möchte ich nicht so gerne sprechen. Ich würde meiner Lehrerin dann eine Nachricht schreiben, ob sie Zeit für ein Gespräch unter vier Augen hat. Zu ihr persönlich hingehen traue ich mich nicht. Mir bereitet es auch Sorge wie sie dann reagieren wird. Sie ist an der Schule keine Vertrauenslehrerin, aber ich habe Vertrauen in ihr gefunden. Sie hat mir schon bei einem anderen Problem geholfen. Ich kenne sie schon seit zwei Jahren. Ich weiß ja auch gar nicht, ob Lehrer für sowas ausgebildet sind.

Liebe Grüße
Katrin

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Katrin,

ich freue mich, dass ich dir eine kleine Hilfe bieten konnte. Mehr wünsche ich mir gar nicht.

Grundsätzlich: Wovor fürchtest du dich? Siehst du einen Anlass, warum sie dich zurückweisen sollte? Das ist mehr als unwahrscheinlich. Selbst wenn sie selbst nicht dafür ausgebildet ist, wird sie dich vielleicht an jemanden verweisen können, der mit dem Thema besser umgehen kann. Wichtig ist, dass du dich öffnest. Und es wird dir gut tun, das Thema nicht weiter in dir zu vergraben, sondern darüber zu sprechen.

Du schreibst, dass du zu ihr Vertrauen hast. Dennoch ist es nur natürlich, wenn du dir unsicher bist. Andererseits: Wenn du dich nicht traust, wirst du nie wissen, wie es ausgegangen wäre. Was kann dir schlimmstenfalls passieren? Es könnte sein, dass sie sich überfordert oder nicht zuständig erklärt. Das wäre eine persönliche Enttäuschung für dich, weil du ihr vertraut hast, aber es würde dir auch zeigen, dass du auf ihre Hilfe ohnehin verzichten kannst. Möglicherweise hast du auch Angst, dass sie dein Problem weniger schlimm empfindet als du - das kann dir immer passieren. Aber beide Szenarien sind nicht wahrscheinlich. Zunächst einmal wünschst du dir jemanden, der dir zuhört. Und vielleicht findest du in ihr jemanden. Was daraus entsteht, und wie eine Lösung aussehen kann, das sind Schritte, die danach kommen - und über die du dir jetzt noch keine Gedanken machen musst.

Natürlich kannst du zuerst schriftlich bei ihr "anklopfen", was es für sie vielleicht auch leichter macht. Lass dich da ruhig von deinem Gefühl leiten, es liegt sicher nicht falsch. Ihre Reaktion wird dir in jedem Fall etwas darüber verraten, wie es in ihrem Leben aussieht: Wenn sie ablehnend reagiert, wirft das ein bezeichnendes Licht auf ihren eigenen psychischen Zustand. Denn natürlich sind Lehrer auch dafür da, den Schutz ihrer Schüler im Auge zu haben - wozu auch eine Aufmerksamkeit für private Anliegen gehört. Deshalb darfst du ihre Reaktion, sollte sie negativ sein, nicht auf dich persönlich beziehen. Jede Hilfe, die sie dir geben kann - und wenn es nur ist, dass sie dir zuhört - kann dir nur nützen. Zurückweisung aber sagt etwas über sie, nicht über dich aus.

Ich denke aber nicht, dass sie dich zurückweisen wird, Katrin. Ich denke nicht, dass du dich in ihr täuschst. Wahrscheinlich wird sie zunächst einmal mehr von dir wissen wollen, ehe ihr überlegt, was man tun könnte. Vielleicht dauert das eine Weile. Sei bereit, dich darauf einzulassen: Im Moment bist du mit deinen Fragen allein, und jede Gelegenheit, sie mitzuteilen, kann eine Erleichterung sein. Auch wenn es anfangs leichtsinnig, ja gefährlich erscheint, sich zu öffnen, entsteht am Ende doch meistens etwas Gutes daraus.

Ich wünsche dir viel Erfolg und baldige Besserung deiner Situation!

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul