Problem von B - 24 Jahre

3. Studium / Selbstzweifel

Hi,

Ich habe bereits an 2 verschiedenen privaten Hochschulen versucht Psychologie zu studieren, jedoch wurde es mir finaziell einfach zu teuer sodass auch die Motivation zum Lernen darunter leidete. Nach meinem 2. Abbruch fühlte ich mich einfach nur noch leer, ich war 23 hatte bis jetzt nichts erreicht, keine Ausbildung, nur ein Abitur und ein Teilzeitjob an einer Tankstelle. Klingt schonmal nach einem tollen Lebenslauf. So war dann bis jetzt Ende September Vollzeit bei der Tankstelle und war auch die Vertrettung vom Chef. Hatte jetzt die Option entweder eine Ausbildung zum Pächter zu machen (intern), eine normale Ausbildung (naja hatte mich nicht wirklich beworben) oder ein Studium.

Ich habe mich nun doch für ein Studium entscheiden müssen, da ich leider bis September noch in der Tankestelle Vollzeit war. Ist es mein Traumfach? Ich weiß es nicht, ist ein rein Technisches Studium hat auch nichts mit Psychologie zu tun. Es ist zumindest nicht Privat, es ist eine Staatliche FH, wodurch sich die Kosten schonmal stark verringern. Aber was wenn ich wieder abbreche? Ich will nicht in der Tankstelle wieder enden. Ich will auch nicht meine Eltern entäuschen. Ich will kein Versager sein, nicht noch einmal.

Meine Gründe für die ersten 2 Abbrüche lagen nicht daran das ich zu unfähig bin zu studieren. Nein im Gegenteil es machte mir Spaß (zumindest das Fach), beim 1.Studium waren die Studiengebühren zu hoch, ich habe mehr gearbeitet als studiert, ich konnte einfach nicht mehr. Beim zweiten Studium war es sehr unklar was die Anerkennung des Bachelors anging, sowohl der Wechsel von der Privaten zur Staatlichen Uni war auch nicht so einfach wie es anfangs versprochen wurde, es gab auch keinen richtigen Rotenfaden bei den Vorlesungen.

Naja vielleicht wird mir das Studium dann doch Spaß machen. Es ist jetzt nicht mein Traumfach. Zumindest bin ich aus dem Loch Namens Tankstelle raus. Da sammelt sich, so leid es mir tut, Leute die nichts erreicht haben oder nichts haben und ja ich war einer davon. Damit hatte ich mir auch meine ersten 2.Versuche mit dem Studium selbst finanziert, was leider erfolglos war. Die Zeit als Vertrettung war ansich schon toll, ich bekam mehr Einblick in das Ganze, jedoch merkte ich auch das ich diesen Job nicht machen möchte. Es ist nicht das was ich mir vorstelle für meine Zukunft.

Ich weiß nicht ob man mir wirklich helfen kann, manchmal verstehe ich mich selber nicht. Das Studium hat nicht mal bekonnen und ich mache mir jetzt schon Gedanken über Abrrechen.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du,

natürlich ist es sehr unangenehm, sich selbst als "scheiternd" wahrzunehmen. Niemand möchte an der Verwirklichung seiner Träume gehindert werden und niemand möchte das Gefühl haben, auf der Stelle zu treten.
Zuallererst will ich dich darin bestärken, wieder deinem eigentlichen Wunsch mit dem Psychologie-Studium nachzugehen! Alles Andere klingt destruktiv und nicht sinnvoll. Ich denke, wenn du ganz ehrlich zu dir bist, weißt du das auch.
Geh doch an die FernUni in Hagen, da kostet es überschaubar viel und du kannst dir alles frei einteilen. Die Kosten sind pro Semester wirklich moderat! Ich weiß das, weil ich selbst wenig Geld hatte und dort studiere. Das "Fernlernen" kann man lernen - und es gibt Lerngruppen und viel Hilfe in der Studiengemeinschaft. Da macht niemand Druck! Du kannst in deinem ganz eigenen Tempo lernen und auch mal aussetzen, wenn du möchtest. Darin sehe ich einen entscheidenden Vorteil gegenüber herkömmlichen Unis. Das könnte wirklich etwas für dich sein, weil du sehr gehetzt klingst.

Außerdem gibt es noch andere Wege, Psychologie zu studieren. Neben Wartesemestern und Losverfahren an Präsenzunis kannst du auch über ein Studium im Ausland nachdenken, z.B. in den Niederlanden. Es gibt auch Psychologie-Studiengänge, die etwas spezieller sind und/oder an kleineren Hochschulen angeboten werden. Deswegen sind diese nicht so überrannt. Im Osten Deutschlands gibt es z.B. da ein paar Möglichkeiten.
Desweiteren kannst du ja überlegen, was genau dich an der Psychologie reizt - und dies dann mitunter anderweitig ausleben, z.B. durch eine Ausbildung im beraterischen Bereich. Das ließe sich auch als Zeitüberbrückung nutzen, um Wartesemester zu sammeln.

Zur Finanzierung: Ich denke, ein Studienkredit ist total okay, wenn es sich um dein Traumstudium handelt! Sei bitte nicht an der falschen Stelle stolz. Du kannst das Geld getrost nach deinem Studium zurückzahlen. Dafür ist es ja gedacht. Analog für BaföG, falls es dir zusteht.
Und falls die Option FU Hagen für dich in Frage käme, könntest du in Teilzeit studieren und dadurch einen Nebenjob ermöglichen.

Bei dir lese ich allerdings noch eine andere Sache aus deinen Zeilen, die dir selbst vielleicht noch gar nicht so bewusst ist. Du hinderst dich selbst am Verwirklichen, indem du sehr starr in Leistungskategorien denkst (siehe deine Aussagen zum Versagen und zu deinem bisherigen Lebenslauf). Du ordnest dich streng als Versager ein und strafst auch andere Menschen ab, die nicht dem gängigen Bild einer "erfolgreichen" Person entsprechen (siehe deine Aussage zur Kundschaft in der Tankstelle). Du blockierst dich mit diesen Denkmustern! Dir werden spannende Erfahrungen verwehrt. Und du verharrst in Unzufriedenheit. Ich sehe eine gewisse "Mitschuld" in unserem gesellschaftlichen System und dem verkrusteten Männerbild, das leider noch vorherrscht und Leistung allerorten propagiert. Das ist wirklich fragwürdig, althergebracht und schlicht schädlich, weil es die Menschen an ihrer echten Entwicklung hindert und Überforderung erzeugt. Wie soll man sich richtig entfalten und seine wahren Stärken leben, wenn man immer ein bestimmtes Bild von außen aufgedrückt bekommt? Hier muss sich also noch viel verändern. Du selbst kannst bei dir beginnen!

Ganz ehrlich: Denk bitte mal über dein Menschenbild nach. Du stehst dir selbst im Weg, wenn du Leute in grobe Kategorien und negativ getönte Schubladen steckst á la "Versager" etc. Gerade in der Psychologie ist es wesentlich, flexibel im Denken zu sein, verschiedene Möglichkeiten zu sehen und Blickwinkel einnehmen zu können. Und ein möglichst ganzheitliches und wertschätzendes Menschenbild zu vertreten, weil das nicht zuletzt in der späteren Arbeit als Psychologe von großer Bedeutung ist. Denn erstens weißt du gar nichts über die Leute in der Tankstelle, jedenfalls nichts Tiefergehendes, und zweitens können das unter anderem Menschen sein, mit denen du dann beruflich zutun haben könntest. Da wäre es schrecklich, wenn du ihnen derart voreingenommen und eindimensional-negativ gegenübertreten würdest! Du musst natürlich kein Vollblut-Humanist werden, doch mehr Wohlwollen, Offenheit und einfach eine positive Grundeinstellung für deine Mitmenschen sollten schon drin sein.

Sieh all deine bisherigen Erfahrungen als wertvoll an, ohne sie als "wirtschaftlich-nützlich", "peinlich", "sinnlos" o.ä. einzuordnen. Sie sind eben da und haben dir was gebracht - du musst nur ihren positiven Gehalt für dich erschließen! Du hast Dinge gelernt, du hast dich erprobt, etwas Neues versucht. Und dabei einen Ausschnitt aus der Arbeitswelt kennengelernt.

Bis du dich neu bewerben kannst, hast du Zeit, die du für dich selbst nutzen solltest. Zur Ruhe kommen, zehn Gänge runterfahren. Einen soliden Plan erarbeiten, der dich zufrieden stimmt und deine Motivation anregt. Mit deinen Eltern und Vertrauten Gespräche führen, diese einweihen. Sprich einmal offen aus, wie du dich fühlst. Und sei bereit, dich zu öffnen, zu verändern. Du kannst auch einen Job annehmen, um etwas Geld für die Studienzeit zurückzulegen. Auf jeden Fall solltest du nicht weiterstudieren, wenn du aktuell nicht glücklich bist und keinen Sinn darin siehst!

Ich wünsche dir viele reiche und vielfältige Erkenntnisse und drücke dir fest die Daumen, dass du bald wieder Psychologie studieren kannst.

Alles Liebe,
Nuala