Problem von Ella - 14 Jahre

Lehrer beim Ritzen um Hilfe fragen?

Hi. Ich bin 14 und gehe in die 8te Klasse eines Gymnasiums. Ich schneide mich schon seit einundhalb Jahren. Langsam habe ich das Gefühl dass es über mein Leben einnimmt und ich die Kontrolle verliere. Ich würde mir schon manchmal gerne Hilfe suchen. Ich hatte da an meinen Lehrer gedacht, da er der einzige Lehrer ist dem ich vertrauen würde aber vorerst nicht mit meinen Eltern reden will. Ich habe nur Angst ihn anzusprechen, da ich ihn nicht nerven will oder ihn mit meinen Problemen belasten. Am liebsten hätte ich es natürlich wenn er mich darauf anspricht, aber er sieht meine Wunden ja nie. Sollte ich ihn ansprechen und wenn ja, wie?
Danke im Voraus.
-Ella

Anwort von Stephanie

Hi Ella,
schön, dass du uns geschrieben hast!
Lass uns doch direkt beginnen, dir zu helfen, damit es dir bald wieder besser geht, okay? :)

Deine Zuschrift ist bereits einige Wochen her, deshalb vorab:
Liebe Ella, bevor wie auf das zu sprechen kommen, was du geschildert hast.
Wie geht es dir aktuell?

Du sollst zunächst einmal wissen, dass du dich jederzeit bei uns melden darfst, wenn dich etwas bedrückt.
Dazu empfehle ich dir auch gerne die Telefonseelsorge, die du jederzeit anrufen kannst. Dein Anruf dort ist kostenfrei:
0800/111 0 111 · 0800/111 0 222 · 116 123

Ich kann mir vorstellen, dass dich dieses Gefühl sehr belastet.
Du spürst ihn - immer und immer wieder. Und er scheint dich zu erdrücken. Du hast das Gefühl, diesem Druck nicht standhalten zu können und greifst zur Klinge. Du hast das Gefühl, dadurch zu existieren
(Die Kontrolle über dich gewonnen zu haben) und weißst: "HEY, ICH BIN JA DOCH NOCH DA!".
Das scheint beruhigend für dich zu sein (im ersten Augenblick). Doch dann kommt er wieder - dieser Schmerz. Er schmerzst unglaublich. Du greifst wieder zur Klinge. Dies ist wie ein Teufelskreis, der nicht zu durchbrechen funktioniert.

Dazu kommen die Narben. Du machst dir Sorgen. Was, wenn jemand meine Narben sieht? Was soll ich sagen? Dies baut noch einmal einen enormen Druck auf dich auf. Doch das Gute dabei ist, dass du eingesehen hast, dass dies nicht der richtige Weg für dich ist. Du hast bemerkt, dass deine Seele kaputt ist und du den Weg nicht selbst besteigen kannst. Doch manchmal scheint der Berg nicht so hoch wie er ausschaut - denn: Hey, den ersten Schritt bist du schon gegangen. Du hast dir Luft gemacht und dich geöffnet, gesagt: "Ich schaffe das nicht alleine, ich brauche Hilfe" Du musst auch nicht immer stark sein.
Du hast gesagt: "Ja, ich bin nicht den richtigen Weg gegangen, ich drehe um, und wähle nun den richtigen Schritt für mich aus!"
Ich bin wirklich ganz stolz auf dich! :) Und du darfst es auch gerne sein!
Doch nun nehmen wir nochmal Anlauf und gehen einen Schritt weiter. Einen weiteren Schritt für dich und deine Gesundheit. Da kommen wir auf das Thema, welches du gerade angesprochen hast:
Deinen Lehrer!
Ich kann verstehen, dass du es als unangenehm findest, mit deinem Lehrer über dieses Thema zu sprechen. Doch ich empfinde es als unendlich wichtig! Deshalb sei bitte noch einmal stark und rede mit deinem Lehrer darüber, versprochen?
Alternativ könntest du ihm auch einen Brief schreiben.
Aber wichtig ist, dass du ab sofort nicht mehr alleine mit deinem Problem dastehst und Menschen an deiner Hand hast, die dich unterstützen. Unterstützen, damit es DIR gut geht!
Gerne unterstütze ich dich auch weiterhin, wenn du das möchtest! :)

Aber auch möglich wäre es, wenn du eine neutrale Person dazuholst. Eine Person, die ausgebildet hierfür ist, wie es innerlich ausschaut, dir die zusätzliche Unterstützung bietet.
Wärst du damit einverstanden?
Adressen von ausgebildeten Kinder - und Jugendpsychologen findest du, indem du "Kinder - und Jugendpsychologen + deine PLZ (Postleitzahl) in eine Suchmaschine eingibst.
Siehe dieses nicht als Schade, sondern als Unterstützung für ein Leben, welches du dir wünschst! Du bist es wert! Du darfst glücklich sein! :) Das wünsche ich mir sehr für dich!

Gerne aber habe ich dir noch ein paar "Skills" zusammengesucht. Es würde mich sehr freuen, wenn du sie dir einmal durchlesen würdest! :)

Versuche Dich zu entspannen bzw. abzulenken, z.B. Tief durchatmen, Baden, Musik hören, Lesen, Fernsehen...

- Mit jemandem sprechen (ein Freund, Therapeut oder Telefon-Krisendienst -> 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222) (Anruf ist kostenfrei).

- Versuche, möglichst nicht alleine zu sein (einen Freund besuchen, einkaufen, spazierengehen) - Tagebuch schreiben bzw. schreibe das auf, was Du momentan fühlst, was Dir durch den Kopf geht

- Versuche deine Gefühle kreativ umzusetzen, z.B. durch Zeichnen - Trage ein Gummi um Dein Handgelenk und laß es schnalzen, wenn Du den Drang hast, Dich selber verletzen zu wollen.

- Male Dir rote Striche mit wasserlöslichen Filzstiften auf die Haut anstatt zu schneiden. - Presse Eiswürfel an Deine Haut. Die Kälte ist zwar schmerzhaft, aber weder gefährlich noch gesundheitsschädlich.

- Versuche Dich nicht in Versuchung führen zu lassen, d.h. halte Dich nicht an Orten auf, wo du z.B. deine Klingen aufbewahrst

- Versuche Deine Aggressionen loszuwerden (Schlag auf ein Kissen oder eine Matratze, geh nach draussen und schrei alles aus Dir heraus)

- Suche Dir eine Sportart, bei der Du Deinen inneren Stress abbauen kannst - Weine, wenn du kannst. Du fühlst dich besser, wenn die Tränen erst einmal raus sind.

- Tu irgendetwas mit deinen Händen (Malen, Zeichen, Aufräumen, Abwaschen, Hausarbeiten) - Schreibe einen Brief an die Person, die Dich traurig oder wütend macht bzw. die Dich verletzt hat.

- Schreibe Dir Deinen ganzen Frust von der Seele, verfasse Kurzgeschichten oder Gedichte. - Mach Musik, spiele ein Instrument spielen oder erlerne es.

- Höre laut Musik und versuche dich voll auf das Lied zu konzentrieren, lasse dich sozusagen davon fesseln. Versuche Deine Gefühle mitzuteilen anstatt sie zu schlucken oder sie für Dich zu behalten.

- Nimm den Gegenstand, mit dem du dich sonst selber verletzt und richte es dieses Mal gegen etwas anderes als dich selbst. - Sage Dir, dass Du Dich in 15 Minuten immer noch verletzten kannst. Versuche nach den 15 Minuten, ob du es nochmal 15 Minuten aushälst.

- Schreib eine Liste mit Gründen, warum du das Schneiden aufhören wirst. Immer wenn du dann den Drang verspürst, dich selber zu verletzen, lies die Liste als Erinnerung daran, warum du es jetzt nicht tun solltest. Wenn Du kurz davor bist Dich zu verletzten, versuche nachzudenken: Warum mache ich das? Möchte ich es wirklich? Hilft es mir? Was werden die Folgen sein? Möchte ich mit diesen Folgen leben? Quelle:rotetraenen.de

Lass' uns gemeinsam diesen Weg gehen - wenn du magst, unterstütze ich dich gerne weiterhin dabei! Lass' sehr gerne wieder von dir hören, sobald du Neuigkeiten hast - dies würde mich sehr freuen! Du sollst wissen, dass du dich zu jeder Zeit an uns wenden darfst! :)

Ich wünsche dir alles Liebe! :)

Liebe Grüße,
StephanieK