Problem von Anonym - 17 Jahre

Was kann ich gegen eine längere und heftige innere Leere/Traurigkeit, besonders in Bezug auf Schule, tun?

Hallo lieber Kummerkasten,

erst einmal möchte ich betonen, dass es mir wirklich nicht leichtfällt, all das hier niederzuschreiben und ich meinen Namen und Details hier weglassen werde. Trotzdem hoffe ich, dass ihr mir helfen könntet, meine Geschehnisse der letzten Monate etwas besser einordnen zu können.

Kurz zu meiner Person: 17 Jahre, diagnostiziertes Asperger-Syndrom, so gut wie keine näheren Kontakte zu AltersgenossInnen, mit einigen sehr abstrusen Hobbies/Spezialinteressen, und lebe seit jeher ein unauffälliges, spartanisches, eher nach innen gerichtetes Leben. Nicht dass ich damit unglücklich wäre. Ich mache in einigen Monaten Abitur.

Ein Problem, was möglicherweise daraus resultiert und sich im Lauf der Zeit verstärkt hat, ist meine ausgeprägte Computernutzung. Ich zocke nicht 20 h am Tag WoW wie typisch Süchtige, sondern surfe, gucke Videos, lese Wikipediaartikel, verbringe aber fast meine ganze Zeit vor Bildschirmen, wenn ich allein bin. Ich vernachlässige eigentlich nichts notwendiges (Schule, Hygiene, Essen).

Ich hatte fast eine normale Kindheit, hatte aber immer schon unter mangelnden sozialen Fähigkeiten/Neigungen zu leiden und habe mich schon mit etwa 6 gefragt, warum "ich ich sein muss".

Im Lauf der Zeit habe ich mir eine Nische eingerichtet, die aus Zeitvertreib, Bildung, Hobbies, Alleinsein und Abschottung bestand. Ich bin nicht (mehr) unglücklich damit, bin bis vor einiger Zeit ein ganz beliebter Gesprächspartner gewesen (ich habe mich etwas dazu gezwungen) und die Zeit verging. Mit Mobbing hatte ich zwar teilweise auch zu kämpfen, das war aber das geringste Problem.

Ich habe mich geschätzt vor einigen Monaten angefangen, ziemlich zu verändern. Ich hatte in der Schule, die ich bis dahin mit guten Noten beiläufig gemacht hatte, plötzlich wirklich schlechte Laune, die sich teilweise gegen Nachmittag noch verschlimmerten, mit Gedanken von, was das alles soll und Schulabbruch usw... Hass auf alles, das Leben und andere. Das verschwand meistens am nächsten Tag wieder und ich wusste währenddessen auch, dass ich schlechteste Laune hatte, habe aber vorige Eingebungen für real gehalten.

Zusätzlich hatte ich eine ziemliche Sinnkrise (was ist der Sinn des Lebens? Warum soll man arbeiten gehen? Warum leben wir? Warum haben wir Gefühle? Warum gibt es eine Gesellschaft?), die aber etwas abgeklungen ist. Freude hatte ich auch an wirklich nichts mehr, so etwas wie Glück habe ich bis jetzt nur in Ansätzen gespürt. In diesen Monaten bis jetzt habe ich gehandelt wie in Trance, habe teilweise Menschen grundlos angeschrien, habe den Geigenunterricht und mein Orchesterspiel beendet, weil es mir einfach keine Freude bereitet hat... teilweise war ich über mich selber erschrocken, wie irrational ich geworden war (etwa mit Woyzeck aus dem gleichnamigen Werk Georg Büchners vergleichbar) und es dann wieder runtergeschluckt. Anfangs konnte ich das auch nicht deuten und dachte, es wäre Pubertät, ich wäre zu ernst oder hätte nur schlechte Laune. Gelacht habe ich seit (gefühlt) einigen Wochen nicht mehr und zwei Kilo zugenommen. Seit neuestem gehe ich schon um 8 bis 9 ins Bett und fühle mich noch alleiner. In der Schule sitze ich oft nur herum und grüble vor mich hin.

Mittlerweile sind meine heimlichen Wünsche (einmal im gesellschaftlichen Mittelpunkt stehen, einmal Menschen haben die einen verstehen und mögen, nur ein normales Leben zu führen mit allem drum und dran, mehr Zeit in die Weiterbildung und Hobbies zu stecken statt PCs) und noch einige andere Sachen soweit hochgekommen, dass mich die Realität einfach nur noch ankotzt. Diese Ahnungslosigkeit und das Gefühl des Abgehängtseins sind mittlerweile komplett in Hass auf mich und mein ganzes Umfeld umgeschlagen.

Ich kenne einige Autisten an der Schule, und alle haben, so stupsnasig sie auch auf mich wirken, ihr Leben gemacht: sie haben Hobbies, Freunde, ein Leben, in dem sie als solche akzeptiert werden. Ich habe mich aus gutem Grund nicht geoutet.

Zusätzlich haben sich auch die letzten "Bekannten" an der Schule von mir abgewandt oder wir ignorieren uns geflissentlich, unter anderem wegen politischen Differenzen. Ich gehe eigentlich nur hin, um zu lernen und gehe in den Pausen ins Kaufhaus nebenan. An diversen Veranstaltungen nehme ich seit einiger Zeit nicht mehr teil und rede eigentlich nur noch mit zwei oder drei Leuten, wenn diese niemand anders um sich haben. Vor kurzem habe ich auch noch angefangen, Black Metal zu hören, eine sehr dystopische und extreme Musikrichtung. Raus gehen tue ich auch nicht mehr oft.

Wenn ich sehe, dass selbst die größten Freaks einen riesigen Freundeskreis haben, einen Freund/eine Freundin, sich regelmäßig treffen, Hobbies haben, aktiv sind, sich engagieren, lachen, herumalbern, sich über noch so sinnlose Sachen unterhalten, sprich, nicht nachdenken und einfach glücklich erscheinen, könnte ich manchmal echt nur heulen! Manchmal denke ich einfach, es wäre besser, nicht geboren zu sein oder dieses armselige Leben verlassen zu können.

Inzwischen verliere auch öfters etwas die Kontrolle über mein Temperament, was öfters in heftigem Streit, Brüllen meinerseits oder Sachen zu Boden werfen enden kann: es ist das flammende Gefühl, das man in den Fingern bekommt, wenn man jemandem wirklich an die Gurgel möchte. Ich bin zwar noch nie wirklich ausgeflippt, merke aber, wie ich immer wieder total fahrig, gereizt, unkonzentriert und einfach leicht zu triggern bin, obwohl ich niemandem etwas Böses will! Irgendwann könnte noch einmal der Tag kommen, wo sich aller aufgestauter Frust entlädt, und das möchte ich nicht!

Ich weiß momentan einfach nicht mehr weiter. Da die Schule eh in einem halben Jahr vorbei ist und dann ein neuer Lebensabschnitt beginnt, kann ich mir jetzt keinen Freundeskreis mehr aufbauen, zudem ist mein Ruf auch nicht der Beste.

Ich fühle mich nicht krank oder bemitleidenswert, sondern mittlerweile mit oben geschilderten Sachen einfach überfordert und möchte mal den Rat einer etwas erfahreren oder geschulten Person hören. Insbesondere frage ich mich, inwiefern das oben geschilderte in dem Rahmen noch normal ist?

Dazu muss noch gesagt sein, dass ich mich nirgendwo in Behandlung befinde und es auch noch nicht über mich gebracht habe, mal mit den Vertrauenslehrern oder der Schulsozialarbeit zu reden. Die Überwindung ist doch zu groß!

Ich hoffe, ihr könnt mir irgendeinen Ratschlag geben, außer alles in mich hineinzufressen! Sollte es nur typisches Pubertäts-Gejammer sein, würde mir das auch schon helfen!

Mit vielen Grüßen,

G.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Ja, es kann sehr schwer fallen, über derart intime Dinge zu erzählen und sich damit vollkommen im freien Fall zu befinden. Umso erfreulicher finde ich es, dass du diesen Schritt gegangen und dich uns anvertraut hast.
Ich finde es gut, dass du auf Datenschutz Wert legst und hierfür aktiv vorsorgst. Das ist sehr durchdacht und letztendlich schützend. Ich würde mir wünschen, dass sich andere Jugendliche ein ähnliches kritisches Bewusstsein aneignen würden.

Ich habe den Eindruck gewonnen, dass sichdurchaus eine Notwendigkeit zur Veränderung bei dir abzeichnet, doch einige Punkte, die du nennst, auch okay sind oder von dir einfach positiv umgedeutet werden sollten! Ich werde darauf noch eingehen.

Desweiteren denke ich, dass sich bei dir im Laufe deiner Lebensjahre viel angestaut hat, was sich jetzt in Form von Wut, Frust, Antriebslosigkeit und Grübeln aus dir herausschält. Du hast lange versucht, den Deckel draufzuhalten. Jetzt kocht alles über.
Der Bereich Schule ist geradezu prädestiniert dafür, Aggressionen zu entwickeln und sich abzukapseln. Das liegt meiner Ansicht nach daran, dass das deutsche Schulsystem im Allgemeinen sehr auf Anpassung, Konventionaliät, Druck und Auswendiglernen setzt, anstatt Kreativität, Quergeistigkeit, Introversion und Innovation zu belohnen und zu fördern. Ausnahmen mögen freie Schulen sein. Es ist nicht verwunderlich für mich, dass sich deine psychischen Verschlechterungen gerade in der Schule deutlich zeigen. Denn dort wirst du nicht nur mit einem starren System, sondern auch mit der recht konformen Mehrheit der Schüler:innen konfrontiert. Du hast es über Jahre geschafft, passabele Noten zu schreiben und nach außen hin "mitzuhalten". Nun ist es Zeit für eine grundlegenden Kurswechsel.

Es ist in vielen Lebensbereichen leider trauriger Standard, sich eine Fassade aus scheinbarem Erfolg auf ganzer Linie und Perfektion aufzubauen. Fehler, Eigenheiten und abweichende Weltanschauungen werden vermieden und versteckt. Das bremst uns jedoch alle aus! Es ist nicht nur krankmachend, sich ständig zu verstellen, sondern auch für den gesamtgesellschaftlichen Fortschritt absolut hinderlich! Sieh dich also als eine Person, die sich genau dem gegenüberstellen kann!
Zur Schule kann ich dir noch nüchtern sagen: Du hast es bald geschafft. Nun gilt es, deine letzten Ressourcen deiner Kraft (und die hast du!) zu mobilisieren und dich auf dein Ziel, das Abitur, zu fokussieren. Glaub' mir, du kannst nach der Schule viel, viel mehr das ausleben, was dir entspricht. Du kannst wählen, ob du eine Ausbildung, ein Studium oder eine Kombi aus beidem anstreben willst. Du kannst aus unendlich vielen Möglichkeiten wählen, welche berufliche Richtung du einschlagen willst, ob du als Angestellte:r oder in Selbstständigkeit tätig sein möchtest. Du kannst erstmal die Welt bereisen. Du kannst dich sozial engagieren... Es gibt ungeahnte Quellen der Selbstverwirklichung, die sich mit deiner Volljährigkeit und deinem Schulabschluss auftun!

Hinzu kommt wahrscheinlich das, was man gemeinhin als typisch für die Pubertät ansieht: Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach dem eigenen Stand in der Welt, wie alles zusammenhängt, was man selbst verändern kann und vieles mehr. Das an sich würde ich also nicht als besorgniserregend einstufen, sondern als wunderbare Einladung, den faszinierenden Dingen um uns herum auf die Spur zu kommen.

Black Metal zu hören empfinde ich persönlich nicht als schlimm - außer es handelt sich um explizit menschenverachtende Texte. Ansonsten ist das eben eine eigene Musikgattung, die genauso ihre Daseinsberechtigung hat wie z.B. Pop oder Klassik. Sieh es doch eher als Ventil oder als Mittel, dich abzureagieren oder dich verstanden zu fühlen. Metal kann viel Kraft spenden!

Deine Beschreibung deiner sozialen Situation, gepaart mit deinen Neigungen und besonders der ausgeprägten Internetnutzung erinnern mich stark an eine Person mit Asperger, die ich schon eine Weile kenne. Bei ihr ist es so, dass die intensive Zeit vor dem PC zwar einerseits einem starken Interesse an der Technik an sich entspringt, andererseits aber auch kompensieren soll, dass keine beruflichen Perspektiven und wenig soziale Kontakte vorhanden sind. Ich habe sie dann in einer Phase kennengelernt, als sie aktiv nach neuen Beschäftigungen umgesehen hat. Sie wollte sich einem Verein anschließen und mehr rauskommen. Und auch sie hat psychisch zu kämpfen und fühlt sich oft "nicht richtig".
Doch ich sehe es so: Die Mehrheit diktiert sehr stark, wie wir zu sein haben. Das betrifft sehr viele Bereiche. Individualität wird meines Erachtens oft nur oberflächlich gelebt oder gar nicht. Oder eine merkwürdige Auslegung davon. Es kann einzelne Handlungen, Weltanschauuungen, Hobbys oder einfach die Zugehörigkeit zu einer Minderheit sein. Du wirst schräg angeguckt, wenn du einen ausgefallenen Kleidungsstil hast, draußen barfuß läufst, Ratten unter deinem Pulli trägst. Du kannst mit blöden Kommentaren oder sogar Übergriffen rechnen, wenn du behindert, queer, politisch sehr aktiv und dich bewusst gegen bestimmte Schönheits - oder Geschlechtsvorstellungen stellst. Es reicht in unserer Gesellschaft schon, Linkshänder:in oder junger Mensch mit Hörgerät zu sein. Dann gibt es einige Menschen, die durch ihre angeborene besondere Wesensstruktur immer wieder anecken. Dazu gehören nicht nur solche mit Asperger oder anderen Autismusformen, sondern auch Hochbegabte, psychisch Erkrankte, Hochsensible, Introvertierte, Schüchterne... Das Ironische daran ist aber auch, dass viele Menschen irgend etwas an sich haben, was sie scheinbar total zu "gesellschaftlich Außenstehenden" macht. Schüchternheit ist zum Beispiel ein relativ weit verbreitetes und vielgestaltiges Phänomen. Umso schlimmer ist es, wenn alle versuchen, gegen ihre scheinbaren Schwächen anzukämpfen!
Das Gefühl, sich nicht in der Masse der Mehrheit einfinden zu können, beschleicht sie alle mehr oder weniger. Umso wichtiger ist es, diese speziellen Merkmale nicht zu verdammen und sich zu wünschen, so wie die Mehrheit zu sein. Das funktioniert ja sowieso nicht. Sondern sich möglichst liebevoll anzunehmen und sich so zu sehen, wie man eben mit all seinen Facetten ist. Und gleichzeitig sich aktiv um ein Umfeld bemühen, das einen als Individuum zu schätzen weiß und einen nicht bewertet. Hat man beides geschafft oder befindet sich zumindest in dieser Richtung, kann man viel für sich an Reichtum ernten.
Ich kenne außerdem jemanden, der mittlerweile offensiv mit seiner ehemaligen Essstörung umgeht. Angriff ist manchmal tatsächlich die beste Verteidigung! Er muss sich keine unnötigen Gedanken machen, wie er möglichst unauffällig bleiben kann. Nein, er sagt einfach, dass es manchmal zu seltsamen Situationen kommen kann beim Essen, was von der Essstörung herrührt. So nimmt er dem Ganzen den Wind aus den Segeln und kann sich dann viel besser auf sich selbst konzentrieren - im konstruktiven Sinn.
Du schreibst: "Ich habe mich aus gutem Grund nicht geoutet." Ja, darin liegt der Fehler! Da sind Leute in deinem Umfeld, von denen du weißt, dass sie Autist:innen sind. Sie haben also den Schritt gemacht und sich bekannt. Bekannt zu dem, was sie in ihrer Persönlichkeit ausmacht. Mal abgesehen davon, dass du vermutlich nur bedingt einschätzen kannst, ob sie wirklich so erfolgreich in ihrem Leben sind, sehe ich da genau den Unterschied: Dass du überhaupt das Gefühl bekommen konntest, dass sie im Gegensatz zu dir etwas im Leben "erreichen", liegt sicherlich auch mit darin begründet, dass sie ihre Energien in die richtigen, also aktiven Bahnen lenken. Sie sind nicht damit beschäftigt, sich zu verstecken und zu verstellen. Sie haben Zeit und Kraft, ihren wahren Passionen nachzugehen und zu ihnen zu stehen. Und das macht sie erfolgreich.
Es ist völlig richtig, eine Freizeitbeschäftigung aufzugeben, wenn sie keine Freude bereitet. Das war also gut - und nicht notwendigerweise ein Indiz dafür, dass es mit dir "bergab geht".

Letztlich ist auch vieles eine Frage der Balance: Menschen, die gerne allein sind, brauchen dann auch mal den sozialen Anschluss. Oder die, die dauernd von Anderen umgeben sind, wollen dann auch mal ihre Ruhe. Diejenigen, die viel im Sitzen arbeiten, an Rechnern hängen, wollen sich dann körperlich betätigen. Es gibt einige, die permanent nach einem gesunden Ausgleich der Pole streben. Arbeit - Freizeit, zuhause sein - die Welt erkunden, Spezialinteressen - Mainstreaminteressen usw.

Ich möchte dir nun konkrete Tipps geben:
- Wie schon geschrieben - versuche, deine Eigenheiten als etwas Positives zu begreifen. Das macht wirklich sehr viel aus!
- Zwing dich nicht zu Verhaltensweisen, die dir nicht entsprechen. Führe z.B. nur dann Gespräche, wenn du es wirklich möchtest. Auch hier hilft, Abneigungen und Vorlieben möglichst rasch klar und ehrlich zu formulieren. Die Menschen, die dir zugewandt sind, werden dich verstehen. Sie werden dich zumindest nicht dafür verurteilen. Und wenn es dann mal Small Talk geben muss, dann verurteile dich nicht noch dafür, dass es dir schwer fällt, sondern sehe es als eine neutrale Gegebenheit an: "Ah, jetzt bin ich wieder leicht gereizt, weil ich mich mit Frau X auf der Straße unterhalten musste." Sorge dann einfach dafür, dass du dich möglichst rasch entspannen kannst.
- Belohne dich bewusst dafür, wenn du Dinge getan hast, die dir sehr schwer fallen.
- Verfalle nicht dem Hang, alles, was nicht der breiten Masse zuzuordnen ist (Beispiele wie dein Musikgeschmack, Spezialinteressen, Eigenbrötlerei, viel nachzudenken...), automatisch als minderwertig anzusehen. Du qualifizierst völlig zu Unrecht Dinge ab, die dich als Individuum ausmachen. Sie gehören zu dir und wollen gesehen und gelebt werden! Alles Andere führt unweigerlich in die Endlosspirale des Unglücklichseins.
- Nutze das Internet weiter für deine Interessen, aber achte darauf, auch Ausgleiche zu schaffen. Geh z.B. spazieren, beobachte Tiere, fotografiere... Außerdem kannst du das Internet nutzen, um dich mit anderen Aspis zu vernetzen. Stichwort Internetforen, Gruppen in sozialen Netzwerken.
- Tu dich mit Menschen zusammen, denen du dich zugehörig fühlst, von denen du angezogen wirst. Da können regionale Stammtische und private Aktionen helfen. Du kannst dich auf ein bestimmtes Hobby fokussieren, das sich wunderbar mit anderen Leuten ausüben lässt. Gerade die Zeit nach deinem Abitur eignet sich super für diese Neuanfänge.
- Ich habe die wunderbare Erfahrung gemacht, dass Personen, die sich in sozialen Kontexten aus verschiedenen Gründen schwer tun, in einer pfadfinderischen Gemeinschaft aufgehoben und akzeptiert fühlen können. Der Grund ist, dass alle einfach so sein können, wie sie eben sind. Guck doch mal hier: https://www.pfadfinden.de/ Dort kannst du nach Gruppen bei dir in der Nähe suchen. Natürlich kommen auch andere Vereine in Frage! Hauptsache ist, dass du wirklich Lust drauf hast und darin eine Chance auf eine für dich gehaltvolle und stimmige Freizeitbeschäftigung siehst.
- Schließe allmählich deinen Frieden mit der Schule. Sie ist ein auslaufendes Kapitel. Du kannst all die ungeliebten Menschen und Inhalte hinter dir lassen und dich beschwingt an die Gestaltung deiner Zukunft machen.
- Setze bewusst auf die Nischen, welche dich glücklich machen - und grenze dich damit vom Mainstream ab. Jage nicht mehr dem Unerreichbarem hinterher und trauere nicht um das, was du nie verkörpern wirst. Du bist nur dann stark und erfüllt, wenn du ganz bei dir bleibst!
- Unterscheide bitte klar zwischen dem, was du faktisch über andere Personen weißt - und was du lediglich glaubst zu wissen. Der Unterschied ist sehr wichtig.
- Suche dir Möglichkeiten, deine Aggression angemessen rauszulassen oder produktiv umzuwandeln. Rauslassen kannst du sie durch Sport (z.B. Laufen, Kampfsport, Boxsack im Zimmer), Schreiben, Zeichnen, Werken mit Ton. Das geht auch gleich ins Produktive über. Songtexte über deine Gefühle und Erfahrungen sind etwas Tolles, vor allem in Kombination mit Gitarre - oder Klavierspielen. Wenn du merkst, dass du gerade im Begriff bist, anderen Leuten Unrecht anzutun, gehe z.B. lieber schnell weg und sorge für einen klaren Kopf an der frischen Luft.
- Gewöhne dir an, direkte höfliche Rückmeldungen zu geben, wenn dir etwas missfällt - anstatt Kummer in dich hineinzufressen. Du kannst auch Wünsche äußern, z.B. dass du gerne mehr Zeit mit Person X verbringen möchtest oder etwas mehr Ruhe brauchst. Das wird dir niemand krumm nehmen, sofern eure Beziehung intakt ist. Im Gegenteil: Sie werden begreifen, was dir am Herzen liegt und dich als Person besser verstehen lernen.
- Auch du kannst dich um Verständnis für das Verhalten der Anderen bemühen und entsprechende Besonnenheit üben: Sachen bemerken und benennen, ohne sie gleich zu bewerten. Gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme sorgen auf Dauer für intensivere und stabilere Beziehungen.
- Sei geduldig und nachsichtig mit dir. Fehler passieren, Missgeschicke auch. Du bist weiter in deiner Nicht-Perfektion als all die Marionetten, die noch am Faden der Perfektions-Illusion zappeln!
- Wenn du reflektiert, wach und offen durch die Welt gehst, wirst du im Lauf der Monate und Jahre viel für dich erreichen und ausbauen können.

Wenn du dich also nun auf Weg begibst und den Kurswechsel in jeder Hinsicht einleitest, wirst du die positiven Auswirkungen bald spüren. Du wirst Andere nicht anbrüllen, weil du mehr in dir selbst ruhst, sich Wut nicht mehr aufstaut und du mehr Balance gewonnen hast. Du wirst dich nicht in Grübelschleifen verfangen. Und du wirst neue Perspektiven für dich erschließen.

Ich habe von dir den Eindruck gewonnen, dass du eine faszinierende Persönlichkeit bist. Wenn ich könnte, würde ich mich gerne einmal mit dir persönlich unterhalten.
Ich wünsche dir, dass du dir selbst die Chance gibst, dich in Liebe wachsen zu lassen.

Nuala