Problem von Celine -

Komische Gedanken

Hallo,
Ich melde mich mal wieder mit einem sehr komischen Problem das ich schon länger habe, mir aber erst jetzt richtig aufgefallen ist. Ich habe in letzter Zeit öfters in ganz normalen Alltagssituationen (In der Schule während dem Unterricht, wenn ich auf dem Bett liege und Musik höre usw.) Gedanken wie: ,,Was wäre wenn jetzt etwas schlimmes passieren würde und ich alle sterben sehe?". Zum Beispiel saß ich vor ein paar Tagen in der Schule und hab meiner Lehrerin zugehört und plötzlich ohne Grund kam mir der Gedanke:,, Was wäre wenn jetzt ein Amokläufer ins Klassenzimmer stürmt und alle abknallt, ich mich aber unter meinem Tisch verstecke und mich tot Stelle, er mich aber bemerkt und sieht das ich nicht tot bin?" In dem Moment habe ich kurz richtig Angst bekommen das es vielleicht wirklich passieren könnte. Ich weiß nicht genau was das zu bedeuten hat, ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen.

Anwort von Julius

Liebe Celine,

Ich finde es toll, dass Du uns anvertraust, was Du denkst und wovor Du Angst hast. Leider lässt sich die Frage, was genau Deine Gedanken bedeuten, nicht allgemein beantworten. Dafür kann und will ich ein paar Theorien und Tipps aufschreiben, die dabei helfen, mit solchen Gedanken auszukommen. Das Problem liegt nämlich nicht in besagten Gedanken selbst, sondern im Umgang mit ihnen! Überleg mal:

Jeden Tag denken wir über alles Mögliche nach. Derzeit bewohnen rund 7,5 Milliarden Menschen die Erde und pro Tag kreuzen im Durchschnitt 50-tausend Gedanken den Kopf eines Menschen. Das bedeutet auf unserer Welt werden täglich grob 7,5 Milliarden mal 50-tausend Gedanken gedacht. Heraus kommt irgendeine riesengroße Zahl, die weit hinter dem liegt, was vorstellbar ist und normalerweise verschwinden Gedanken so schnell, wie sie gekommen waren.
Klipp und klar bedeutet das: Du solltest einzelnen Gedanken nicht zu viel Bedeutung beimessen, weil sie häufig komplett unabhängig von der Wirklichkeit stehen. Wie Du bestimmt selbst weist, geht die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich ein Amokläufer in euer Klassenzimmer stürmt nahezu gegen Null. Trotzdem hast Du solche Gedanken, also Gedanken, wie „irgendetwas schlimmes könnte passieren und dann könnte ich Alle sterben sehen“ und diese Gedanken quälen dich. Aber jetzt weißt Du, dass viele Menschen solche oder so ähnliche Gedanken haben. Die Meisten stören sich allerdings nicht daran, sie bewerten weder positiv noch negativ, sondern akzeptieren die Gedanken ganz einfach als das, was sie eben sind - ganz einfache Gedanken.
Das Problem liegt nämlich – wie bereits erwähnt - nicht in besagten Gedanken selbst, das Problem liegt in Deinen Angstgefühlen, die mit besagten Gedanken aufkommen! Gedanken sind nämlich mitverantwortlich für die Gefühle, die wir haben, und, nach dem was Du schreibst, verbindest Du den Gedanken „etwas Schlimmes könnte passieren“ mit dem Gefühl „Angst“. Aufgrund dieser Angst verschwindet der Gedanke nicht einfach, sondern Du wiederholst ihn neu für neu und prüfst wahrscheinlich, ob er nicht doch in Erfüllung gehen könnte. Man gerät mehr und mehr in ein spiralförmiges Denkmuster hinein.
Leider besteht theoretisch die Chance, dass so etwas passiert, wirklich und deswegen fokussiert man sich automatisch auf diese Chance, egal wie gering sie auch ist. Aber ganz egal, wie oft das Szenario durchdacht wird, die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses steigt damit weder, noch fällt sie. Diese Überlegung macht das viele Denken in logischer Konsequenz sinnlos und das zu verstehen stellt den ersten Schritt im Umgang mit Deinen Befürchtungen dar.

Anhand Deiner früheren Zuschriften habe ich gesehen, dass Du schon einmal überlegt hast, dir professionelle Hilfe zu suchen. Mach das bitte möglichst bald. Ein/e Psychotherapeut/in unterstützt Dich nicht bloß im Umgang mit derartigen Gedanken besser, als wir das können, sondern hilft auch dabei, die Ursache und damit das Problem an der Wurzel anzupacken. Vielleicht werdet Ihr gemeinsam sogar die Frage danach, „was das zu bedeuten hat“, Stück für Stück beantworten!
Außerdem hilft ein/e Psychotherapeut/in auch Deine Angst- und Selbstwertthematik anzupacken. Natürlich sollte Dir klar sein, dass die Verbesserung des eigenen Wohlbefindens nur mit hohem Maß an Eigeninitiative gelingt. Aber glaube mir, es beruhigt ungemein, jemanden an seiner Seite zu wissen, der Kompetenz besitzt und einen motiviert! Diese Rolle würde Dein/e Psychotherapeut/in einnehmen.

Warum man keine Angst vor Psychotherapeuten/innen haben muss, und wie man überhaupt eine/n Psychotherapeutin/en findet, steht übrigens hier:

https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Bitte gerne eine Person Deines Vertrauens um Assistenz bei der Suche! Und vergiss bitte nicht: sich ein Problem einzugestehen und Hilfe zu holen verdient keineswegs Spott, sondern großen Respekt!

Meistens dauert die Wartezeit bis zum therapeutischen Erstgespräch ziemlich lange, das bedeutet jedoch nicht, dass Du währenddessen tatenlos herumsitzen und Deinen Sorgen ausgeliefert sein musst. Die Wartezeit lässt sich nämlich produktiv nutzen! Treibe Sport! Erstelle eine Liste mit Eigenschaften an Dir, die Du magst! Geh mal wieder shoppen! Tu irgendetwas, was Dir gut tut!
Versuche außerdem, wenn die Gedanken wieder mal auftauchen, sie einfach vorbeiziehen zu lassen. Geh ihnen nicht weiter nach, lenke dich nicht ab und versuche nicht an irgendetwas Anderes zu denken, sondern versuche, das aufkommende Angstgefühl zu ertragen. Je öfter das gelingt, desto weniger Macht und Furcht werden die Gedanken auf Dich ausüben!

Ich hoffe, ich konnte Dir ein Bisschen weiterhelfen und vergiss niemals: Letztendlich bist Du Herrin über Deine Gedanken, nicht andersherum!

Liebe Grüße und alles Gute für die Zukunft,
Julius