Problem von Anonym - 38 Jahre

Mobbing auf der Arbeit

Nach meiner Trennung war auf der Arbeit noch alles gut. Meine Kollegen waren sogar richtig nett zu mir. Ich bekam sogar Telefonnummern von Kolleginnen. Brachten gegenseitig Kuchen mit etc. Doch plötzlich gab es neue Kollegen meist männliche, und ab einen bestimmten Zeitpunkt redete keiner mehr mit mir. Plötzlich fingen einige mich unabhängig voneinander an, mich anzuschreien, oder Sachen an den Kopf zu werfen, die keinen Sinn ergaben. Keiner sagte mir ein Grund. Es wurde immer komischer weil ich ganz alleine war und niemand mehr freundlich. Durch das Anschreien bekam ich Tinitus der 1 Jahr anhält. Dann wurde ich gekündigt, und mir wurden Sachen vorgeworfen. Ich bin immer nett gewesen und mir wurden Sachen gesagt, mit denen ich nicht einmal was anfangen konnte. Der BR sagte und machte nichts! Auch die HR Abteilung nicht. Ich bekam nur die Kündigung. Warum habe ich das verdient? Ich habe immer geglaubt wenn man nett ist und freundlich ist das sozial, aber dafür wurde ich geächtet. Dafür das ich anderen geholfen habe.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Es tut mir aufrichtig leid, dass meine Antwort so spät erfolgt. Leider war es mir aus verschiedenen Gründen nicht möglich, dir früher zu antworten. Ich denke trotzdem, dass dir meine Gedanken weiterhelfen könnten, da das Thema Mobbing ja leider sehr präsent ist und dich nachhaltig beeinträchtig hat. Du bist sogar krank davon geworden.
Ich hoffe, dir geht es mittlerweile etwas besser. Vielleicht konntest du den ersten Schrecken schon etwas aufarbeiten und deine Enttäuschung sacken lassen.
Ich möchte dir eines versichern: Ich kann deine Trauer, dein Unverständnis und dein Gefühl des Verrats absolut nachempfinden! Du dachtest, deine Arbeitssituation sei in Ordnung - und nach und nach bricht alles über dir zusammen. Das muss sich schrecklich anfühlen.
Bitte zweifle nicht an deiner Person. Du hast dich bemüht, hast Positives in die Welt geschickt. Behalte dir diese wunderbare Einstellung auf jeden Fall bei! Denn wenn du dich selbst liebst und schätzt UND dazu eben noch Liebe an deine Mitwelt entsendest, kommt dir diese Wertschätzung auch wieder entgegen.
Ich denke nicht, dass du dich vom Schicksal oder von der Menschheit verraten fühlen musst. Vermutlich waren deine Umstände nur sehr ungünstig - du warst bestimmt zur falschen Zeit am falschen Ort. Oder besser gesagt: Du hattest das Pech, dass plötzlich die falschen Personen aufgetreten sind. Sie scheinen euer System - euer Arbeitsteam - gehörig aufgemischt zu haben. Ich denke, sie selbst haben Probleme und/oder die damalige Arbeitsumgebung hat das Mobben begünstigt. Leider ist das oft so bei Personalwechseln. Und wenn dann nicht gleich "von oben" interveniert wird, wenn erste negative Anzeichen auftreten, kann sich schnell eine Abwärtsspirale entwickeln.
Von daher finde ich es wichtig, dir nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, was Du falsch gemacht haben könntest. Sondern dass du dich darum kümmerst, einen für dich erfüllenden Job zu finden bzw. zu halten, in dem du Schwierigkeiten offen ansprechen und Rückhalt einfordern kannst. Das beginnt bereits in Bewerbungsgesprächen, in denen dein Verstand nie allein entscheiden sollte! Fühle dabei in dich hinein, wie es dir geht - welchen Eindruck machen die Leute auf dich? Fühlst du dich als Mensch respektiert, wird aufrichtiges Interesse an dir signalisiert und Wert auf gute Arbeitsbedingungen gelegt? Gibt es Strategien, um Konflikte und Stress am Arbeitsplatz schonend anzugehen?
Guter Start hin - oder her: Veränderungen im System Arbeitsplatz kann es jederzeit geben. Sei es bei deinen Kolleg:innen, sei es bei deinen Vorgesetzten, sei es bei den Rahmenbedingungen. Du kannst dir hierfür vornehmen, bei einem schlechten Gefühl genauer hinzuhorchen und zu schauen, woher dieses Warnzeichen kommt. Und dann entsprechende Personen nach Möglichkeit zu meiden oder auch konkret deutlich zu machen, welche Verhaltensweisen dir missfallen oder zumindest auffallen. Denn gerade bei solchen Effekten, dass sich nach und nach immer mehr Kolleg;innen gegen eine:n stellen, ist es gut, frühzeitig nachzufragen, was geredet wird, dass einem etwas komisch vorkommt und so weiter. Du kannst dir hierfür auch Vertraute am Arbeitsplatz suchen, denen du von deinen schlechten Erfahrungen mit Mobbing berichten kannst. Das schafft zum Einen für dich persönlich Erleichterung, zum Anderen ist es immer gut, Mobbing als gravierendes Phänomen offen zu legen und Andere dafür zu sensibilisieren. So hast du bestenfalls echte Verbündete, sollte es wieder brenzlig werden.
Hast du Ideen, wie man bestimmte Problemherde effizient beseitigen kann, kannst du dies ruhig in Teamsitzungen und in Zweiergesprächen besprechen.

Sollte es dir gesundheitlich noch schlecht gehen - egal ob psychisch oder physisch (oder beides), gib dir bitte genug Zeit, dich zu regenerieren. Mobbing hinterlässt leider hässliche Narben in der Seele und kann sich eben auch psychosomatisch auswirken. Du wirst noch eine Weile damit zu knabbern haben, zumindest wirkt eine Mobbing-Erfahrung meistens lange nach, wenn auch nicht immer so bewusst. Manchmal bricht die Angst vor erneuten Attacken auch nur situativ hervor. Genau dann ist es sehr wichtig, dass du dich bemühst, ruhig zu bleiben und dich selbst nicht zu verlassen. Lass deine Empfindungen zu, aber lass sie nicht die Kontrolle über dein Handeln übernehmen.

Falls es bei dir ein Thema sein könnte: Beschäftige dich ruhig mal näher mit dem Aspekt "Grenzen setzen". Wie gehst du selbst damit um? Stehst du an erster Stelle mit deinen Bedürfnissen - oder grundsätzlich eher die Anderen? Vergisst du manchmal, dich selbst ernst und wichtig zu nehmen - oder gelingt dir das super? Spürst du, wann dir etwas genug ist? Kannst du auf dein Bauchgefühl setzen?
Grenzen setzen kann auch bedeuten, vorhandene Barrikaden zu akzeptieren und sich "strategisch zurückzuziehen". Das kann dir in Zukunft helfen, falls du erneut beruflich auf wenig Rückhalt stoßen solltest. Dann sehe ich eine frei gewählte Kündigung als den sinnvolleren Schritt, als in einer verfahrenen Situation auszuharren, in der keine echte Hilfe zu erwarten ist.

Ich wünsche dir das Beste und hoffe sehr, dass der Tinnitus bald Vergangenheit ist.

Alles Liebe!
Nuala