Problem von Sophie - 18 Jahre

Stiefvater

wollte euch einfach mal nach eurer Meinung fragen, und vlt. habt ihr sogar Tipps, wie ich mit der Situation umgehen kann... Also:
Ich bin 18. Als ich 4 war haben sich meine Eltern getrennt. Ich lebte bei meiner Mutter, und ging am Wochenende zu meinem Vater. In den darauf folgenden 4 Jahren, hatte meine Mutter diverse Lovers, von denen ich meistens nicht viel hielt. Als ich 8 wurde lernte meine Mutter, meinen jetztigen Stiefvater(nennen wir ihn Roger) kennen. Wir haben uns nie gut verstanden. Doch es wurde immer schlimmer. Er begann meine Mutter verbal zu dominieren. Sie wollte sich eigentlich immer trennen, hat es aber( ich kann nicht verstehen warum) nie gemacht. Als ich 11 wurde, bekam sie von ihm ein Kind. Ab da ging es richtig bergab. Er machte mir klar das sie absofort nur noch für meinen kleinen Bruder (nennen wir ihn Hans) Mutter war. Meine Mutter machte das dann auch so. Verständlicherweise begann ich Hans zu hassen, obwohl er nichts dafür kann. In den folgenden 6 Jahren wurde zuhause nur noch gestritten, es war immer schlechte Stimmung. Ich fühlte mich nicht wohl, hatte ständig angst vor Beschimpfungen. Als ich in die Pupertät kam, wurde es für mich noch schlimmer, Roger kennt keine Privatsphäre.. er ging einfach in meinem Zimmer ein und aus, wie es ihm gerade passt. ( sehr unangenehm beim umziehen oder bei der "selbstenddeckung"). Mit 17 began ich eine Lehre, es wurde noch schlimmer, da ich abends sehr erschöpft war, machte ich oft eine Pause, ging früh ins Bett und vergass 1,2 mal die Hausarbeiten. Roger (Arbeitslos!) wurde darauf stinksauer und pöbelte mich ständig an, weil sein leben ja viel anstrengender ist als meins. Mit 18 (vor 2 Monaten) vorderte ich meine Alimente von meinem Vater an und zog aus. Meine Mutter hat mir jetzt gesagt, dass ich nicht mehr nach Hause kommen darf, weil seit ich weg bin, sei er viel netter zu ihr.... Ich wohne jetzt alleine, Familie habe ich jetzt quasi keine mehr. Den Kontakt zu meiner Mutter würde ich eigentlich gerne halten aber Roger steht im weg.
Ich trage eine solche Wut in mir... Ich bin letztens bei der Arbeit einfach in Tränen ausgebrochen, als mich jemand nach meiner Familie gefragt hat. Ich kann so nicht weiter machen. Ich brauche eine Lösung oder zumindest einen Tipp wie ich damit umgehen kann.
Danke Sophie

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Sophie!

Deine Wut ist für mich total gut nachvollziehbar. Ich wäre ebenfalls stinksauer - auf beide! Das finde ich schon ein starkes Stück, dass deine eigene Mutter dich nicht mehr zuhause sehen will. Dass Roger ein krasses Verhaltens - und wahrscheinlich auch Persönlichkeitsproblem hat, steht außer Frage. Dennoch darf die Wut dich nicht überrollen und lähmen.
Ich würde an deiner Stelle erstmal abwarten und zur Ruhe kommen. Lass einige Wochen verstreichen. Dann kannst du ihr z.B. eine Mail oder SMS schreiben oder sie anrufen, wenn sie wahrscheinlich gerade Zeit hat (also nicht arbeiten muss und dergleichen). Bitte sie um ein Treffen an einem neutralen Ort, um dich mit ihr aussprechen zu können. Wenn sie dem zustimmt und ihr euch treffen könnt, klappt es vielleicht immer wieder. So kannst du sie behutsam an dein Anliegen heranführen, wieder als vollwertiges Familienmitglied behandelt zu werden. Und sie sich bestenfalls von diesem Menschen trennt. Sicherlich weißt du, dass es Frauen - und Familienberatungsstellen gibt und auch Frauenhäuser. Das heißt, sie könnte notfalls auch mit ihrem kleinen Sohn dort hingehen, falls sie sich vor Roger fürchtet.

Allerdings musst du dich psychisch auch darauf einstellen, dass sie weiterhin mauert. Vermutlich aus Angst.
Du kannst ihr einen Brief ohne Absender schicken (am besten nicht in deiner Handschrift auf dem Umschlag, damit Roger deine Schrift nicht erkennt) und auf diese Weise versuchen, an sie heranzukommen. Du kannst die Frage formulieren, ob sie wirklich will, dass Hans genauso schlecht behandelt wird wie du es damals wurdest. Das kann in ihr etwas auslösen. Vielleicht bringt es ihr was, wenn du ihr zusicherst, dich um deinen kleinen Bruder zu kümmern, während sie sich rechtlich und/oder psychologisch beraten lässt. Oder du begleitest sie direkt dorthin. Der Kleine kann ja einfach mitkommen.
Wenn das auch nicht hilft, musst du dich leider wieder zurückziehen.

So bitter es auch ist, aber deine Mutter muss letztlich selbst an ihre Schmerzgrenze kommen. Wenn sie deine Hand nicht ergreifen will, ist es noch zu erträglich für sie. Das ist hart, aber was sollst du auch anderes machen?
Bleib tapfer und verurteile deine Mutter nicht. Sie hat ihre Gründe, auch wenn diese noch so krude und schwer nachvollziehbar sein mögen. Gib ihr immer wieder Chancen und sei geduldig.

Zum Thema "Stress mit Stiefvater" gibt es im Kummerkasten übrigens viele weitere Beiträge. Zum Beispiel hier: https://www.mein-kummerkasten.de/245296/Mein-Stiefvater-gibt-mir-die-Schuld-an-allem.html

Ich hoffe sehr für dich, dass sie sich aus dieser destruktiven Beziehung lösen können wird.

Alles Liebe!
Nuala