Problem von Russel - 19 Jahre

Ich wäre gerne weniger abhängig von der Beziehung

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

Bin seit 3 Monaten mit meiner Freundin zusammen. Hab sie auf einer Geburtstagsfeier kennengelernt, mich dann überwunden und nach 3 Dates waren wir zusammen. Klingt erstmal unproblematisch.
Als Typus ist sie eher ein untypisches Mädel; eher unkonventionell, nicht auf den Mund gefallen, überdurchschnittlich ehrlich (nich dass das schlimm wäre, aber manchmal würde ich mir mehr Sänfte wünschen) und im Umgangston etwas schroffer. Zu Beginn und auch jetzt noch find ich das über alle Maßen sympathisch an ihr, das ganze hat aber auch eine Kehrseite - liegt aber auch an mir. Bei ihr, oder generell; wenn man mir etwas sagt, bin ich immer sehr auf den Wortlaut fokussiert und die Konnotation und nehme mir das sehr zu Herzen. Wir haben zwar schon darüber gesprochen, sie sagt auch von Zeit zu Zeit, dass es ihr leid tut ,dass sie sich was Gefühle angeht nicht so gut ausdrücken kann und das ist auch in Ordnung, das sage ich ihr auch und ich möchte meinen, dass ich auch geduldig mit ihr bin. Ich muss mich dann aber sehr anstrengen, das Gute in ihren Worten zu finden. Ich will damit nicht sagen dass sie mir ständig Beleidigungen an den Kopf wirft. Ich will nur sagen, dass das auch charmanter geht, ich kann’s ja auch. Sie hatte durchaus Momente wo ich dann dachte: Wow, wie schön das von dir zu hören. Aber die sind selten. Da ich im Augenblick ein Duales Studium mache, sehe ich sie unter der Woche eher selten, an den Wochenenden allerdings relativ konstant. Vermisse sie entsprechend, obwohl ich weiß dass ich sie wieder sehe.
Ich merke gerade das ich mich hier ein bisschen verliere. Meine Frage ist, wie ich damit umgehen soll. Ich möchte nichts falsch machen, ich will sie nicht verlieren. Sie ist sehr bestimmt in dem, was sie will und ich habe Angst, dass wenn ich ihr sage dass ich dementsprechend etwas empfindlich bin, mir ihre Reaktion nicht gefällt. Ich würde mich gern von dem Gedanken lösen. Ich möchte mir nicht so viele Gedanken darüber machen, wie das ganze scheitern könnte, ich will lockerer werden. Ich will sie nicht ändern; sie gefällt mir so wie sie ist süß, smart, unabhängig, spontan. Eigentlich weiß ich, dass sie nicht negativ von mir denkt, dass ich sie nicht bedränge (hatte manchmal das Gefühl, auf Anfrage hat sie aber verneint), dass es keinen Grund gibt. Aber mein Kopf spielt mir Streiche und ich male mir die schlimmsten Szenarien aus.

Bitte entschuldigt das Textgewirr mit den vielen Dass-Sätzen; ich weiß wie man einen Aufsatz oder ein Rechtsgutachten schreibt aber sowas nicht.

Vielen Dank im Voraus

Nuala Anwort von Nuala

Hallo Russel!

An sich klingt das alles machbar. Ich finde es in Ordnung, dem Menschen, mit dem man zusammen ist, ehrliche Rückmeldungen zu geben. Wenn das Ganze höflich und im passenden situativen Rahmen geschieht, sollte das eher eine Bereicherung und Verbesserung der Beziehung sein, als dass es zu negativen Konsequenzen kommt.
Ich denke, du "verkopfst" gerade zu sehr den Umstand, dass du dir eigentlich vor allem einen lieben und rücksichtsvollen Umgangston wünschst. Und genau den darfst du ruhig einfordern. Nur solltest du eben auch unterscheiden, was eben jetzt ihrer flapsigen Art zuzuschreiben ist und von dir einfach hingenommen werden kann - und was davon dich wirklich kränkt. Da solltest du es dann gleich thematisieren. Das ist ein Lernprozess. Es ist also auch eine Frage der Zeit, bis sich bestimmte Verhaltensweisen ändern (oder eben nicht). Ihr müsst euch erst aufeinander einspielen. Und die Fernbeziehung (wenn ich die als solche bezeichnen darf) tut ihr Übriges.
Du scheinst ein gefühlvoller Mensch zu sein, dem Empathie alles andere als fremd ist. Nutze diese Stärke, um bei dir selbst zu erspüren, was dir gut tut - oder wo es weh tut. Deine Freundin kann von dir lernen. Und du von ihr. Ihr könnt euch gegenseitig etwas abschauen: Du kannst von ihr lernen, in bestimmten Kontexten tougher zu sein und nicht jedes Wort "auf die Goldwaage zu legen". Und sie kann von dir lernen, Worte mit Bedacht zu wählen und darauf zu achten, sich selbst etwas zurückzunehmen.

Und hey, ihr seid erst drei Monate zusammen. Ihr seid ganz am Anfang, da ist eine gewisse Unsicherheit vorprogrammiert. Versuche lieber, dich insgesamt zu entspannen. Erfreue dich an dem, was ihr habt, anstatt dir mögliche Bedrohlichkeiten, negative Folgen und dergleichen auszumalen. Glaube mir: Wenn eure Grundchemie stimmt und ihr den Willen habt, füreinander da zu sein und an euch zu arbeiten, ist eine Trennung wegen dieser "Wortgeschichte" kein Damokles-Schwert, das du fürchten musst.

Genieße eure gemeinsame Zeit!
Alles Liebe,
Nuala