Problem von Helena - 21 Jahre

Ich drehe mich im Kreis (Bernd)

Hallo,

ich fühle mich praktisch als wäre ich hier Stammkunde, weil ich mich seit ich 13 war immer mal wieder an euch gewendet habe. Letztes Mal hat mir Bernd total nett und einfühlsam zurückgeschrieben und dafür wollte ich mich erstmal nochmal bedanken, weil ich nicht weiß, was ich sonst zurückgeben kann. (Und wollte vorwarnen, dass es wahrscheinlich wiedermal ein längerer Text wird.. :D)

Andererseits macht es mich selbst etwas traurig, dass ich wohl immer noch nicht aus dieser Spirale herausgefunden habe und ich jetzt..naja.. Rat im Internet suche.
Ich habe meinen Studiengang gewechselt und bin jetzt schon fast im vierten Semester. Insgesamt kann ich sagen, dass ich die Entscheidung noch keine Sekunde bereut habe, ich fühle mich mit dem Studium und dem Ort deutlich wohler. Auch habe ich ein paar sehr nette Menschen kennengelernt. Jetzt aber zu meinem "Problem": Ein paar der Leute, mit denen ich mich gut verstanden habe, haben ihr Studium abgebrochen und sind weggezogen, ich selbst bin erst Ende des zweiten Semesters in meine Studienstadt gezogen und wohne dort in einem Einzelzimmer in einem Studentenwohnheim (ziemlich anonym).Ich würde behaupten, dass ich jetzt noch 1-3 Freundinnen habe, wobei ich die eine eigentlich nur in der Uni sehe. In dem "größeren Kreis" sind noch drei Andere dabei, die ich jedoch nicht als Freunde bezeichnen würde.
Erstens ist mir das ein bisschen zu wenig (ich bin sonst ja alleine in meinem Studentenzimmer) und zweitens ist unsere Beziehung auch nicht sehr tief. Ich weiß nicht, ob das an der eher kurzen Zeit liegt, seit der wir uns erst kennen, oder an etwas Anderem..
Ich habe schon einen Sprachkurs gemacht und war/bin beim Hochsschulsport, aber daraus haben sich keine Freundschaften ergeben wie ich gehofft hatte.. Ehrlich gesagt denke ich, dass das an mir liegt, weil ich oft sehr zurückhaltend bin (gerade in Gruppen, wo ich oft in eine "schweigende Beobachterrolle" verfalle und die anderen mich dann wahrscheinlich ziemlich komisch finden..) und wahrscheinlich nicht allzu "unterhaltsam". Das ist ein Charakterzug, der mich schon lange an mir stört (dieses Ruhig-sein, introvertiert-sein) und ich glaube mittlerweile, dass das angeboren ist -aber es fällt mir so schwer das zu akzeptieren, ich fühle mich im Gegenteil oft doppelt schlecht oder (dramatisch ausgedrückt) minderwertig deswegen.
Das ist jetzt mein Dilemma: Ich fühle mich einsam, aber "raus zu gehen", mit Menschen zusammen zu sein kostet mich viel Energie (auch etwas, das ich nicht an mir mag) und... wahrscheinlich sind meine "kommunikativen Fähigkeiten" auch nicht gerade die Besten (was nicht verwundert, weil ich viel Zeit alleine verbringe -ein Teufelskreis wenn man so will).
Mein Bruder hat einen großen Freundeskreis, er ist praktisch ständig unterwegs und ich sitze allein daheim bei meinen Eltern (wenn ich zuhause bin wie jetzt in den Ferien). Manche Freundschaften mit Schulfreundinnen haben sich aufgelöst, ein paar von ihnen sehe ich noch ab und zu, aber nur sporadisch, da sie jetzt mehr Zeit mit neuen Freunden/Studium/Freund verbringen. Ich weiß, man soll sich nicht vergleichen, aber gerade im Kontrast zu meinem Bruder fällt mir auf, was bei mir scheinbar "falsch" läuft..
Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo ich anfangen kann.. Das Einsam-sein in Kombination mit dem gern-allein-sein, das mehr-Freunde-haben wollen, das tiefere-Beziehungen-haben-wollen und dabei nicht wissen wie und dann noch die Zweifel an mir selbst, die ich leider immer noch habe, die Unsicherheiten (Angst davor einen Nebenjob zu beginnen, Angst ein Auslandssemester zu machen.. das kommt mir so erbärmlich vor, ich sollte langsam erwachsen sein und souveräner mit so etwas umgehen können..), die Minderwertigkeitskompexe..
Das Ding ist: Ich habe das Gefühl ich komme nicht voran. Und ich will nicht mein ganzes Leben lang immer wieder in diese Selbstzweifel zurückgeworfen werden, in dieses Gefühl von Einsamkeit. Ich will nicht mein ganzes Leben lang bei Allem Bedenken haben und unsicher sein und das Gefühl haben nicht gut genug zu sein. Irgendwann will ich das Leben auch einfach genießen können und mich ganz auf wirklich wichtige Dinge konzentrieren können, die vielleicht auch anderen etwas bringen.. (mit meinen Sorgen kreise ich ja im Prinzip nur die ganze Zeit um mich selbst).
Es tut mir leid, dass ich keine konkretere Frage stellen kann, aber ich würde einfach gerne wissen, was ich tun kann, um das endlich hinter mir zu lassen.

Deshalb würde ich mich sehr über Gedanken, Ideen und Inspirationen freuen! :)


Viele Grüße,
Helena

PaulG Anwort von PaulG

Liebe Helena,

ich kann mich an deinen Austausch mit Bernd noch erinnern und habe ihn mir, um einen Überblick zu gewinnen, durchgelesen. Ich hoffe, du verzeihst mir - und genauso hoffe ich, Bernd wird es mir verzeihen - dass ich die Antwort an dich übernehme. Ich bin mir sicher, dass er dir unter anderen Umständen gerne geantwortet haben würde. Doch in der Zeit seit deiner letzten Anfrage an uns haben sich die Reihen unseres Teams ziemlich gelichtet, und auch Bernd hat seine Mitarbeit aus privaten Gründen leider eingestellt. Falls es mir möglich ist, werde ich dein Lob an ihn weiterleiten - jedenfalls mache ich es auf diese Weise gern öffentlich, da wir in ihm wirklich einen engagierten Mitstreiter und weisen Ratgeber gehen lassen mussten. Auch ich verdanke ihm sehr viel.

Zunächst: Du hast von einer "Spirale" gesprochen. Dieses Bild erweckt den Eindruck, als habe sich bei dir in den letzten Jahren nichts gebessert. Das von dir zu glauben, muss dich niedergeschlagen machen. Doch habe ich durchaus nicht den Eindruck, als hättest du keine Fortschritte gemacht: Ganz im Gegenteil. Denn nicht nur hast du Bernds Empfehlung, deine Studienwahl zu überdenken (die auch deinem eigenen Gefühl entsprach) ja umgesetzt, sondern du hast auch viele Maßnahmen ergriffen, um deine sozialen Kontakte auszubauen. Auch wenn der Erfolg nicht der war, den du dir erhofft hast, können wir doch sagen, dass es dir gelungen ist, nicht den Anschluss an die Außenwelt zu verlieren - du bist in Tuchfühlung, triffst mit Menschen zusammen, bist präsent. Wenn du dir vor Augen hältst, dass es dich - wie du gesagt hast -, viel Kraft kostet, das überhaupt zu tun, kann man sich vorstellen, wie schwer es dir fallen würde, hättest du dich das gar nicht getraut oder lange vermieden. Zwar hast du noch nicht die tieferen Freundschaften gefunden, die du dir wünschst, aber immerhin hast du dir Strukturen geschaffen, auf denen sich aufbauen lässt. Das ist eine Leistung, die du auf keinen Fall unterschätzen solltest.

Dasselbe gilt für deine eigenen Bedürfnisse und Belastungsgrenzen, die du sehr klar erkannt hast und benennen kannst. Es stellt einen immensen Fortschritt dar, dass du nicht nur sagen kannst, wonach du dich eigentlich sehnst - nämlich intensive, tiefergehende Bindungen - sondern auch erkannt hast, dass du wohl niemals ein Partytier werden wirst. Ständig unter Leuten, immer spontan und auf Abruf zu sein, ist ein anstrengender Lebensstil, der einem liegen muss. Wenn dein Bruder zu den Menschen gehört, für die es die Erfüllung ist, jeden Abend ein anderes Event zu haben, tausend Leute zu treffen und sich durch Kontakt regelrecht auszupowern, dann liegt der Gedanke nahe, dass er Kontakt anders wahrnimmt als du - und auch anders braucht: Für ihn ist es wie eine Art tägliches Grundbedürfnis, etwas zu erleben, er braucht die Stimmen, die Gerüche, die Lautstärke, die Gespräche - du dagegen möchtest lieber mit weniger Leuten, dafür aber intensiv in Kontakt sein. So jedenfalls verstehe ich dich. Dein Frust erklärt sich nicht daraus, dass du nicht das hast, was dein Bruder hat, sondern dass er damit zufrieden ist, dass er "angekommen" zu sein scheint, während du trotz all deines Aufwands nicht das bekommen hast, was du dir wünschst. Hast du dich schon einmal gefragt, ob dein Bruder vielleicht tatsächlich nicht exakt das hat, was du vermisst - viele Kontakte und ständig in Bewegung, niemals allein zu sein, bringt auch eine gewisse Oberflächlichkeit des Austauschs mit sich - sondern dass er sein soziales Bedürfnis auf diese Weise einfach besser befriedigen kann als du? Etwas, das ihm soviel gibt, wird er auch mit Leidenschaft betreiben. Du könntest das gar nicht, denn es entspricht dir nicht. Du suchst die Massensituation, wenn überhaupt, nur auf, um mit Menschen zusammen zu treffen, die ähnliche Ziele haben wie du: Enge Bande zu knüpfen, um das Sozialleben anschließend eher um diese herumzustrukturieren. Bei deinem Bruder ist es genau umgekehrt: Auch er hat mit Sicherheit Freunde, zu denen er ein engeres Band hat, aber er richtet sich in seinem Sozialleben nicht nach diesen Kontakten und baut eine Kulisse drum herum (wie zum Beispiel gemeinsames Training, gemeinsames Kochen o. Ä.), sondern sie nehmen gemeinsam alles mit, was nur geht - und in dem Aufgehen in der Gruppe liegt ihre Vertrautheit begründet. So bist du jedoch nicht gestrickt, du brauchst Ankerpunkte in Form anderer Leute, mit denen du etwas Besonders machen willst, weil das "eures" ist, und bist nicht damit zufrieden, einfach nur das pralle Leben auf dich eindröhnen zu sehen - in der Disco, auf Festivals oder wo auch immer.

So hast du also unterm Strich eine große Entwicklung vollzogen, die du nicht verkennen und vor allem nicht geringschätzen darfst: Du weißt, wie du leben willst, und was du im Privatleben für Ziele verfolgst; du weißt, dass du bereits viel getan hast, um sie zu erreichen; du weißt, wo deine Schwächen liegen, und damit - das darf man nicht unterschätzen! - zugleich auch, was für Anforderungen du an einen engen Freund oder Freundin stellen musst, damit wirkliche Vertrautheit zwischen euch wachsen kann; und du weißt, dass du umsetzungsstark bist, dass du in der Lage bist, Neues auszuprobieren, um dahin zu kommen, wo du hin willst. Du bist also tatsächlich eine sehr fokussierte und sich selbst kennende Person - Qualitäten, die viele Leute nicht haben. Und die viele sicherlich auch an dir zu schätzen wissen, ohne dass du es bemerkst. Hab also den Mut, dich zu dem zu beglückwünschen, was du selbst als ärgerliche Zurückhaltung und Schüchternheit wahrnimmst: Denn wenn du eine ruhige Art hast, dann entspricht dir ein ruhigeres Leben (jedenfalls kein buntes und schrilles), und das ist in Ordnung. Du bist dir deiner selbst bewusst, du weißt, was du brauchst, was du willst - und du weißt, nachdem ich es dir sage, hoffentlich auch, was du geben kannst: Nämlich Nähe, Vertrauen, Beständigkeit, Rast und "einfach-mal-nichts-sagen-müssen". Daneben bist du - gerade weil du selbst lange brauchst, dich zu öffnen - sicherlich auch bereit, einer anderen Person genau das zu ermöglichen, und jeder, der sich dir nähert, findet in dir eine verlässliche Freundin, die auch bereit ist, gemeinsam etwas durchzustehen, die nicht immer etwas Anderes vorhat, die nicht immer hundert Personen gleichzeitig mit Kontakt "versorgen" muss, sondern Prioritäten setzen wird im Dienste der Freundschaft. Trau dich, das alles als das Gute anzusehen, das es ist! Du bist nicht ohne Vorzüge, sondern hast viele davon - es hängt jedoch von deiner Wahrnehmung ab, ob du sie erkennst. Dazu möchte ich dich ermutigen.

Was kannst du also konkret tun? Ich möchte dir raten: Nachdem du jetzt weißt, was du willst - lerne kennen, wer du bist. Es ist eine Sache, zu Gelegenheiten zu gehen, wo du Leute treffen kannst. Eine andere Sache ist es, dich selbst zu verwirklichen, etwas zu machen, weil du es dir wünschst, ohne dass die Möglichkeit, potenzielle Freunde zu treffen, im Vordergrund steht. Menschen, die Freunde fürs Leben werden, kann man überall treffen. Aber nehmen wir mal an, du triffst eine solche Person - was unternimmst du mit ihr, wenn ihr einmal eure neue Vertrautheit zelebrieren wollt? Und hier geht es los: Was machst du, wenn du einmal ganz allein etwas unternehmen magst, einfach aus Spaß? Was macht dich zu einer Persönlichkeit? Wann bist du zuletzt ins Kino gegangen, einfach, weil du auf einen bestimmten Film Lust hattest - ganz ohne den Vorsatz, jemanden zu treffen? Hast du Vorträge oder Podiumsdiskussionen, Workshops oder Kurse an deiner Uni ins Auge gefasst - Sachen also, die man macht, weil sie einen interessieren, nicht, weil da zufällig auch andere Menschen sind? Ich habe von dir den Eindruck, dass du sehr vieles in erster Linie deshalb unternimmst, weil du dir nicht vorwerfen möchtest, nicht versucht zu haben, Freunde zu treffen. Worüber aber willst du dich ihnen gegenüber definieren? Um gegenüber anderen Menschen entspannt, offen und mitteilsam zu sein, musst du dir erst deiner selbst sicherer werden. Schaff dir deshalb Termine und Pläne, die sich aus deinen Interessen ergeben - geh zu Veranstaltungen, die dich schlicht interessieren, ganz ohne den Hintergedanken, dass da vielleicht jemand ist. Wenn du das Leben lebst, dass du leben möchtest - dir Erfahrungen schaffst, Neues ausprobierst und deinen Horizont erweiterst -, dann findest du möglicherweise ganz zwanglos etwas, das dich mit zukünftigen Freundinnen und Freunden verbindet. Entwirf deine Planung deshalb von dir selbst aus, gerade so, als wolltest du niemanden treffen, sondern einfach nur sehen, was alles um dich herum passiert. Hab den Mut, dich bei einer Veranstaltung als bloße Beobachterin wahrzunehmen, nicht als eine, die unbedingt teilnehmen muss, weil sie sonst vereinsamen könnte. Du hast dir selbst ja schon bewiesen, dass du nicht in dieser Gefahr bist, weil du ihr entgegen wirkst, sobald sie am Horizont erscheint. Nun solltest du auch einfach mal deinen Bedürfnissen streicheln - die Filme sehen, die dich faszinieren, in den Lokalen essen, die dich ansprechen, die Spaziergänge machen, über die du schon lange nachdenkst, die Galerien / Flohmärkte / Demos / Tanzkurse / Tauschbörsen / AGs / Konzerte / Lesungen / Kabaretts... besuchen, die dich einfach anziehen. Forme dein Leben und lebe deine Persönlichkeit aus, versuche, einmal den Gedanken an Kontakt und Gespräche beiseite zu schieben - sie ergeben sich, wenn du irgendwo bist, wo du gerne sein willst. Wenn du deine Lebensführung von dem Anspruch her entwirfst, unter Menschen zu sein, ist es manchmal schwer, denn wie die Menschen sind, die man irgendwo trifft, weiß man nie. Wenn du aber weißt, dass du das, was du gerade machst, gerne machst, wenn du dich auf etwas freust, was du vorhast - dann strahlst du auch ganz anders aus. Und vielleicht wirst du überrascht sein, wie schnell du in Kontakt kommst. Dafür muss aber zuerst eine neue Unbefangenheit her - und die erreichst du am besten, indem du dich so verhältst, als hättest du das Ziel intensiver Freundschaften gar nicht, sondern als wärst du dir genug und würdest einfach deshalb irgendwo hingehen, weil DU selbst etwas sehen und erleben möchtest - nicht die Leute, die du treffen musst, und derentwegen du dort hingehst. Wenn du von den Hobbys und Plänen anderer Menschen aus denkst, die du noch nicht einmal kennst, hast du es schwer. Wenn du aber grundsätzlich dort bist, wo du gerne sein willst, kannst du annehmen, dass du dich dort am wohlsten fühlst - deshalb auch am entspanntesten bist. Und das zwischenmenschliche Erlebnis findet immer irgendwie statt, auch wenn du manchmal ganz passiv bist. Das ist in Ordnung. Wichtig ist, dass du dich nicht verbiegst, sondern dir erlaubst, ruhig und interessiert zu sein, ohne dich mit Gewalt in den Kontakt zu werfen.

Das alles, was du fühlst, will dir ja etwas sagen: Einerseits wünschst du mehr Kontakte, vor allem tiefreichende, andererseits stresst dich das soziale Erleben. Das könnte ein Hinweis sein, dass du fürchtest, etwas zu verpassen, während du gleichzeitig merkst, dass die, mit denen du dich vergleichst, nicht sind wie du. Wenn du also etwas erzwingen möchtest, weil du glaubst, es haben zu müssen, setzt du dich zusätzlich unter Druck. Und das ist der Fall, wenn du etwas machst, weil es einem anderen Zweck dient, nicht aus sich selbst heraus schön für dich ist. Darauf solltest du auch deine bisherigen Strategien überdenken: Übst du den Hochschulsport aus, weil du dich dort wohlfühlst, weil du es magst, dich auszupowern, weil es dir für deinen Körper und dein Wohlbefinden etwas gibt? Oder bist du eher unsicher, weil du deine Umgebung darauf musterst, wem du näher kommen könntest, und vergleichst dich am Ende ständig? Dann wird das Ganze für dich zum Spießrutenlauf, weil du permanent das Gefühl hast, zu sehen, worin der Rest der Menschheit vermeintlich besser ist als du - und du kannst weder entspannen noch wirklich unbefangen auftreten, wenn jemand auf dich zukommt. So ergibt sich dann eines aus dem anderen: Du bist unsicher, suchst aber eine Situation, in der es dir so geht, bewusst - weil du es als Pflichtübung zur Erreichung deines Zieles siehst. Dabei gelangst du direkt an die Quelle deiner Unsicherheit - andere sind scheinbar viel geübter, viel hübscher, viel offener, viel unbefangener... - und mehrst sie dadurch nur. Deine Erschöpfung ist die logische Folge eines Tagesablaufs, der sich selbst nicht genug ist, den du nicht hast, weil du es willst, weil du Leidenschaften pflegst, sondern weil du erst ein anderer Mensch werden möchtest - einer "mit mehr Freunden". Aber wodurch soll dieses Leben sich auszeichnen, wenn du es vorher gar nicht zu kosten gelernt hast? Du lebst dein Leben für dich, nicht für andere. Und sie können nur Teil davon werden, wenn sie hinein passen - nicht, wenn du sie unbedingt hinein zwängen willst, damit jemand diesen Platz einnimmt. Das macht weder dich noch andere glücklich. Prüfe dein Leben darauf, was du aus wirklicher Leidenschaft und aus Befriedigung, die es dir verschafft, tust - und was aus Druck, um dir nicht sagen lassen zu müssen, dir fehle sonst etwas. Solche Stimmen sind unwichtig, wenn sie nur die anderer Menschen sind, aber nicht die deines Herzens.

Und entsprechend will ich sagen: Folge deinem Herzen - und es wird andere anziehen! Ich bin sicher, dass du das finden wirst, was du suchst. Aber vielleicht hat diese Suche sich bei dir zu einer Obsession entwickelt, die dir den Weg zum Ziel ein Stück weit verstellt. Versuche dich davon frei zu machen und dich konsequent an dir selbst zu orientieren. Dann, und das wünsche ich dir sehr, kann sich die Welt schon bald viel bunter anfühlen.

Alles Gute und Liebe Grüße,

Paul