Anwort von Nuala

Lieber Unbekannter,

es tut mir leid, dass es dir so schlecht geht.
Allerdings kann ich dir nur sehr bedingt helfen, fürchte ich - denn ich weiß zu wenig zu eurer Gesamtsituation.
Es klingt so, als seist du auch bei den Zeugen Jehovas - vielleicht leidest du aber auch "nur" aus der Ferne mit.. allein das macht schon einen großen Unterschied!

Ich zitiere hier mal von folgender Internetseite: http://www.zeugenjehovas-ausstieg.de/03-blog/allgemein/zeugen-jehovas-eine-gefahrliche-sekte.html
"Thema Selbstverwirklichung. Das ist ausdrücklich unerwünscht. Besonders gilt das für Frauen, die ihren Männern Untertan sein sollen und Kindern, die in Unterwürfigkeit erzogen werden sollen. Frauen dürfen bei den Zeugen Jehovas kein Amt bekleiden, sondern sollen daheim ihre Männer fragen. Gleichberechtigung gibt es nicht! Sagt eine Frau, was sie denkt, gilt sie als Frau mit einem isebelschen Geist und wird in der Versammlung als bezeichnet gehalten. Mit so einer Frau pflegt man keinen Umgang. Mit dem Mann übrigens auch nicht, weil er seine Frau nicht unter Kontrolle hat."
Ich kann das nicht mit meinen Werten vereinbaren und finde die Vorstellung, dass sich deine beste Freundin solchen frauenfeindlichen Grundsätzen unterwerfen soll, einfach schrecklich!

Allgemein kann ich es ehrlich gesagt nur begrüßen, eine Sekte zu verlassen. Da bin ich knallhart und strikt. Man kann in vielen anderen Gemeinschaften Nähe und Geborgenheit finden, das müssen nicht die Zeugen Jehovas sein. Es gibt so viele kirchliche und soziale Angebote, man muss nicht auf Religion und Glaube verzichten. Aber ein vernünftiges Maß an Freiheit und Gleichberechtigung muss immer gegeben sein!

Außerdem finde ich, dass eine echte Freundschaft stärker sein sollte als eine Entscheidung gegen die Gruppe, zu der man gemeinsam gehört hat (sofern du auch dort dabei bist). Also: Deine beste Freundin zu begleiten in ihrer neuen Phase, das ist das eigentlich Wichtige. Sie hat ihre Gründe für den Austritt, daher ist es gut, wenn du sie in ihrer Entscheidung stützt und für sie da bist. Auch dann, wenn dir ihre Entscheidung nicht passt.
Du kannst genau darüber ja mit ihr sprechen, z.B. nach ihren Gründen fragen und was sie sich vom Austreten erhofft. Dann kannst du vielleicht immer mehr Verständnis aufbauen.
Außerdem ist jedes Ende auch der Anfang von etwas Neuem. Sie kann jetzt neue Kontakte knüpfen und sich vielleicht mehr entfalten, als sie es vorher konnte. Das ist doch etwas Schönes! Eure Freundschaft sollte eigentlich nicht darunter leiden - und wenn doch, schau bitte genau hin, woran das liegt!

Lies gern hier weiter, da gibt es ähnliche Beiträge:
https://mein-kummerkasten.de/108282/Zeugen-Jehovas.html
https://mein-kummerkasten.de/108715/Feedback-Zeugen-Jehovas.html

Und hier gibt es einen Fragenkatalog, woran man problematische Gruppierungen erkennen kann. Das kannst du dir auch gerne mit deiner Freundin zusammen ansehen und diskutieren. https://www.elternimnetz.de/kinder/erziehungsfragen/schuetzen/sekten.php
Ihr zwei könnt euch doch nach neuen Gruppen umsehen, wenn euch das wichtig ist. Hier kommen viele in Frage, z.B. Jugendgruppen verschiedener Kirchengemeinden, Pfadfinder, Malteser, ökologische Gruppen, Ehrenamt mit Tieren und Menschen usw. Dort hättet ihr Anschluss zu Gleichaltrigen, ohne dass ihr in einer festen (Sekten)struktur gebunden wärt.

Ich wünsche dir alles Gute,
Nuala