Problem von Stefan - 17 Jahre

Ein Jahr und immer noch dieser Stich im Herz

Hallo mein Name ist Stefan, ich bin in der achten Klasse und bald 18.

Ich schreibe an den Kummerkasten, weil ich mich selbst hasse und ich mich so fühle, als ob ich jeden Tag ein bisschen mehr ausbluten würde.
Dies liegt daran, dass ich vor etwas mehr als einem Jahr meine erste Liebe nach drei Monaten mit mir Schluss gemacht hat. Das klingt nun erstmal nicht so lang, aber ich kann sie dennoch nicht vergessen, da dies die schönsten drei Monate meines Lebens waren und sie die bisher einzige Person in meinem Leben war, die mein Denken und alles was mich ausmacht komplett verschanden und geliebt hat. Sie konnte schon am zweiten Tag unserer Beziehung meine Gedanken lesen und meine Sätze für mich beenden, da sie mich genau verstand. Der Grund für die Trennung war laut ihr, das wir doch nicht so viel gemeinsam hatten wie es anfangs den Anschein hatte. Ich kann sie gut nachvollziehen, da wir nach ungefähr einem Monat keinen Gesprächsstoff mehr hatten und ich einige Beziehungsfehler machte (wahrscheinlich weil es meine erste Beziehung war). Nachdem sie mich verlassen hatte, war ich die nächsten zwei Wochen wie paralysiert und wurde sogar durch meine negative Psyche physisch krank. Es ging so weit, dass ich zwei bis drei Tage meinen Selbstmord plante. Wegen der stressigen Schule wurde ich jedoch so sehr abgelenkt, dass ich diese Gedanken vorerst verwarf und "nur" tottraurig wurde, weil ich wusste, dass sie ihr Leben weiter führte und ich mir nicht einmal mehr wert genung war die gleiche Luft wie sie zu atmen. Ich wollte niemadem davon erzählen, weil Menschen nicht zuverlässig Geheimnisse für sich behalten können und ich eine Freunde so gut kenne, dass ich schon weiß , dass sie versucht hätten mir auszureden, dass sie die Frau meiner Träume war.
Heute, mehr als ein Jahr später bin ich solange ich durch die Schule oder anderes abelenkt werde kurzzeitig glücklich, doch ab dem Moment in dem ich alleine bin, kommen meine Gedanken an sie und wie sehr ich mich für alle Fehler die ich in unserer Beziehung gemacht habe, zurück.
Dann greife ich mir immer an meinen Mini-USB Stick, der an einer Schnur um meine Hals hängt und auf dem Bilder von ihr, sowie Gedichte die ich nach der Trennung verfasst habe, gespeichert sind.
Auch wenn jeder sagt der Schmerz hört irgenwann auf spüre ich ihn selbst nach einem Jahr immer noch, solange ich meinen Fokus nicht auf andere Dinge lenke.
Langsam glaube ich, dass ich nicht mal mehr will das der Schmerz aufhört, weil der das einzige ist, was mich noch mit ihr verbindet.
So lebe ich vor mich hin, jeden Tag ein wenig mehr ausblutend.
Der Grund weshalb ich mich überhaupt dazu durchringen konnte an den Kummerkasten zu schreiben, liegt darin, dass mir heute klar geworden ist, dass ich nicht glaube, dass ich das bis ich 80 bin durchhalten werde.

Mit freundlichen Grüßen
Stefan (hier wurde etwas entfernt um deinen Datenschutz zu gewährleisten)

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Lieber Stefan,

Vielen Dank für deine sehr ausführliche Zuschrift! :)

Zuerst vorweg: Bitte wundere dich nicht, denn ich habe deine persönlichen Daten (deinen Nachnamen) entfernt, damit es keine Rückschlüsse auf deine Person geben kann und Du da geschützter bist.

Also, Stefan - Deine Zuschrift ist sehr berührend und du machst ganz deutlich, wie sehr du unter deiner Situation leidest. Das tut mir sehr Leid für dich, das es dir so schlecht geht. Ich möchte im Folgenden zuerst gerne auf deinen Ersten und deinen Letzten Satz eingehen. Hier schreibst Du uns "Ich schreibe an den Kummerkasten, weil ich mich selbst hasse und ich mich so fühle, als ob ich jeden Tag ein bisschen mehr ausbluten würde." - und "Der Grund weshalb ich mich überhaupt dazu durchringen konnte an den Kummerkasten zu schreiben, liegt darin, dass mir heute klar geworden ist, dass ich nicht glaube, dass ich das bis ich 80 bin durchhalten werde." - Das sind sehr bewegende Worte für einen 17 Jährigen jungen Mann, der noch so viel vor sich hat, auch wenn Sich das nun für dich grade nicht so danach anfühlt. Das kann ich mir im Ansatz vorstellen. Ob Ich (also deine Ansprechpartnerin jetzt im Kummerkasten) es schaffen kann, das du dich gar nicht mehr oder weniger hassen kannst oder das du dich nicht so fühlst, als würdest du "ausbluten", das kann ich dir wirklich nicht versprechen. Ich werde versuchen dir ein paar Ansätze mit zu geben und dir verschiedene Möglichkeiten anbieten, die dir helfen könnten. In wie weit dir das dann hilft, das kannst dann nur Du selbst sehen und dann entscheiden. Ich kann nicht zaubern und dafür sorgen, das es dir jetzt plötzlich viel besser gehen wird, aber ich bin ganz überzeugt davon, das es ganz sicher Möglichkeiten für dich gibt, die dir helfen können! Die sind da, aber du musst schauen, was du für dich annehmen kannst. Wenn nicht heute, vielleicht in ein paar Tagen, Wochen oder Monaten kannst du dich dadurch dann besser fühlen. Da bin ich mir sicher! Aber es ist deine Entscheidung!!

Du beschreibst eure (kurze) Beziehung als sehr intensiv und hast auch vieles daraus ziehen können. Umso schlimmer ist es nun natürlich, das du diese Person nun nicht mehr an deiner Seite mit dir, durch dein Leben gehen siehst. Zum Trennungsgrund kann ich dir sagen, das du da nicht zu viel auf dich schieben solltest. Weißt du, es ist so, das zu einer Beziehung 2 Personen gehören und die Umstände. Auch wenn Sie der perfekteste Mensch für dich ist, so ist Sie trotzdem nicht weniger beteiligt, als Du. Du schreibst ja von "Beziehungsfehlern", welche Du gemacht hast. Was auch immer das war, es hatte sicherlich seinen Ursprung in den Umständen und in deinem Gegenüber gehabt. Denn dazu gehören meist (da wiederhole Ich mich gerne) zwei Personen. Da bist du also erst einmal überhaupt nicht Schuld. Das der Gesprächsstoff vorbei war und ihr vielleicht eben wirklich nicht so viel gemeinsam hattet, wie zuvor gedacht, das ist auch etwas, was man unterschiedlich auslegen kann. Ist es denn nötig, das man in einer Beziehung die gleichen Interessen hat? Ist es nötig, damit die Beziehung halten kann. Man kann immerhin in einer Beziehung auch gemeinsame neue Interessen finden und erkennen und diese dann zu gemeinsamen Erinnerungen werden lassen. Du schreibst, das dies ihre Gründe für die Trennung waren. Vielleicht hast du da eine ganz andere Sicht drauf, warum es einfach nicht geklappt hat? Frag dich da selber etwas aus, woran es wohl gelegen hat. Und bedenke (nochmals) es sind immer 2 Personen und die Umstände. Irgendwo lag da das Problem und das ist sicherlich nicht nur ein Grund gewesen.

Das du dann auch in Selbstmord-Gedanken gerutscht bist, das ist nicht gut - wie du weißt. Aber es ist für den kurzen Moment verständlich. Ich bin froh, das du lebst und uns geschrieben hast. Sehr. Da bin ich der "stressigen Schule" doch sehr dankbar, das dich das aus den Plänen reißen konnte, weil ein Gedanke dabei ganz wichtig ist: Du solltest dir nicht wünschen nicht mehr zu leben, nicht mehr die gleiche Luft wie Sie zu atmen. Das sollte nicht dein Wunsch und dein Ziel sein/ ist es auch nicht! Es geht viel mehr darum, wie du zukünftig dein Leben verbringen möchtest, was vor dir steht. Da warst du an dem Punkt, wo dir dein jetziges Leben und die Aussicht in deine Zukunft ohne Sie so wenig gefiel, das du dein Leben so wie es ist nicht mehr wolltest. Aber wichtig ist doch, das du dein Leben eigentlich anders möchtest. Du wünscht Sie an deiner Seite und wünscht dir das, was Sie dir gegeben hat, was dir vorher noch fremd gewesen ist. Dich in der Zukunft glücklicher zu wollen, ist dein Ziel. Bitte nicht das, dein Leben weg zu werfen, weil es so wie es ist, nicht gut für dich ist. Auch wenn es sich grade schrecklich und zerstörend anfühlt, hast du die Wahl dabei! Wir Menschen können uns entscheiden und wir sind in der Lage, das wir uns eben auch manchmal durchbeißen müssen. Es ist jetzt deine Entscheidung dran, dein Leben anders haben zu wollen. Raus aus dem Kreis: Dieser Traurigkeit und dem Selbsthass! Das ist jetzt leichter gesagt, als getan. Aber du bist nie alleine! Und wenn du dich alleine fühlst, dann gibt es Möglichkeiten, weil es immer Möglichkeiten gibt! Es gibt diese Menschen, denen Du wichtig bist und wenn du auch das verneinen würdest, dann gibt es die Menschen, denen du wichtig sein wirst! Jetzt in diesem Moment bist du mir wichtig gewesen, sonst würde Ich dir nicht antworten, oder? Und auch in deinem Umfeld wirst du Menschen finden und haben, die dich wertschätzen. Es fühlt sich für dich nicht immer so an, ich weiß. Es sind auch vielleicht nicht die Personen, von denen du dir diese Wertschätzung wünscht, das ist auch in Ordnung so. Aber es sollte dir zeigen, das Du da nicht alleine durch musst.

Du hast (leider) die Meinung, vielleicht weil Du die Erfahrung machen müssen, das die Menschen nicht zuverlässig Geheimnisse für sich behalten können. Das ist schade, denn es kommt natürlich auch auf das Geheimnis drauf an. Wenn Du zu Freunden gehst und da Selbstmord-Pläne mitteilst oder ankündigst, dann sind es gute Freunde, wenn Sie es weiter sagen und wenn Sie aus deinen Aussagen nicht mehr wissen, wie Sie dir helfen könnten, dann holen die Sich auch vielleicht bei anderen Menschen die Hilfe dafür, um dir zu helfen oder auf weitere Ideen gebracht zu werden. Die schnellste, welche Ihnen einfallen kann, wäre natürlich dir auszureden, das Sie die "Frau deiner Träume" war - aber kannst du das deinen Freunden dann wirklich übel nehmen? Okay, es hilft dir dann in dem Moment nicht weiter, aber was hast du für eine Erwartung, wenn du dich öffnest. Wir können nicht bei jedem Problem alle Schlagartig eine Lösung parat haben. Das geht gar nicht. Da muss man überlegen und vielleicht eben manchmal auch weitere Menschen mit ins Boot (symbolisch gemeint) holen. Deine Freunde haben ja (so wie ich herauslesen kann) versucht dir zu helfen. Sie sagen dir auch, das der Schmerz irgendwann aufhört, obwohl Du das eben genau nicht hören möchtest. Aber Sie sind für dich da und versuchen zu helfen! und den letzten Satz solltest du dir nun mehrmals durchlesen und in deinen Gedanken fest markieren, weil er wahr ist!


Nun habe ich einiges über die Vergangenheit geschrieben, was Ich aus deiner Nachricht so rausnehmen konnte.

Letztendlich bringt es uns nichts. Wir können kurz in die Vergangenheit zurück schauen um daraus zu lernen und die Zukunft und Gegenwart anders zu gestallten. Wir können das was gewesen ist, aber nicht verändern oder gar rückgängig machen. Das wäre manchmal gar nicht so ein schlechter Gedanke, oder? Vielleicht ganz schön, wenn man da auch an der Vergangenheit drehen und wenden könnte, was da so zu ändern wäre? Aber es geht nicht! Und das müssen wir uns ganz bewusst machen. Das ist sicherlich das schwerste, was wir lernen müssen. Schwer deshalb, weil es uns die Endlichkeit der Vergangenheit so greifbar und verständlich macht. Das ist eben nicht schön, wenn man so sehr an der Vergangenheit hängt und die so sehr vermisst. Mit "die" meine ich die Personen die man um sich hatte und die Momente, die man gemeinsam verbracht hat. Es ist sehr schwierig und auch anstrengend, sich davon zu trennen. Das ist für die meisten Menschen eine richtige "Lebensaufgabe" weil uns das Zurücklassen und das Loslassen gleichermaßen schwer fallen kann. Das merkst du jetzt ganz stark und es zerreißt dich in gewisser Art und Weise!

Was du brauchst um wieder zurecht zu kommen, das ist meiner Einschätzung nach, wirklich die Hilfe von anderen. Deine Freunde konnten dir nicht helfen, auch wenn Sie es versuchen. Dir ist auch die Gefahr zur Enttäuschung, wenn du dich anvertraust zu groß, aber ich glaube tatsächlich das es nur darüber gehen wird. Du brauchst da Gesprächspartner! Ich möchte Dir zu allererst das Angebot machen, das du dich auch hier natürlich jederzeit erneut melden kannst. Wenn du "An JuliaZ" in den Titel schreibst, dann finde Ich deine Zuschrift schneller und kann Sie schneller beantworten. Das ist natürlich eine Möglichkeit, auch wenn Ich nun natürlich mit meinen Vorschlägen an dich auch vorerst an dich übergeben möchte, das du da nun aktiv wirst und dir helfen lässt! Damit deine Traurigkeit und deine Ansicht zur Situation verändert werden kann. Je mehr du wartest, desto schlimmer wird es sich doch für dich anfühlen, nehme Ich an.

Eine andere Möglichkeit ist, das du dich rund um die Uhr mit direkter Reaktion an die Telefonseelsorge wenden kannst. Da kannst du kostenlos anrufen und dich dort beraten lassen. Vielleicht hat diese weitere unabhängige Person auch noch eine Idee für dich. Dort ist es gänzlich anonym, die Mitarbeiter sind 24 Stunden zu erreichen und du kannst dich da mit Worten direkt ausdrücken und erfährst auf deine Aussagen auch die direkte Gegenreaktion. Zudem ist die Nummer kostenlos. Auch gibt es dort die Möglichkeit zur Mail- und Chatberatung.

www.telefonseelsorge.de

Zudem haben wir hier natürlich auch schon ganz allgemein bereits eine Soforthilfe erstellt gehabt, für die Situation, wo man verlassen wurde. Ich bin mir da nicht ganz sicher, inwieweit dir das nun zusätzlich noch etwas bringen kann, da deine Situation natürlich auch nicht zu verallgemeinern ist, aber vielleicht kannst Du daraus doch auch noch Vorschläge für dich finden, deshalb schicke Ich dir diese Seite jetzt zusätzlich auch mal.

https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/8/Sie-Er-hat-mich-verlassen.html

Außerdem möchte Ich dir dringend (!) anraten, das du dich mit deinem Hausarzt zusammensetzt. Er kann dir helfen, das du eventuell auch Psychologische Hilfe bekommen kannst, denn es belastet dich verständlicherweise so sehr, das du damit nicht alleine bleiben darfst mit diesen Gedanken. Erzähle deinen Hausarzt was los ist (auch er hat Schweigepflicht und wird nichts verraten können - da brauchst du davor also auch keine Angst haben). Er wird dir dann sicherlich überweisen können und dort findest du dann auch weiteres geschultes Personal, was sich mit deiner Problematik auch auskennt und wo schon sehr vielen geholfen werden konnte, die vielleicht ähnliche Erfahrungen des Verlustes gemacht haben, wie du bereits.

Auch kannst du dich natürlich an eine Beratungsstelle in deiner Nähe wenden. Hier findest du eine Suchfunktion, wo du nach Beratungsstellen in deiner Nähe suchen kannst. Da sind die Wartezeiten meistens deutlich reduzierter und du kannst vielleicht schneller darüber sprechen, was dich da jetzt belastet. Du suchst mit Hilfe deiner Postleitzahl oder deines Wohnortes und findest dann alle Beratungsstellen, die es in deiner Nähe gibt. Da suchst du dir dann die passende für dich aus. Eventuell der Bereich "Kinder und Jugendberatung" "Lebensberatung" etc. für dich zuständig.

https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/

Das ist nun schon einmal einiges zu tun. Ich finde deine Grundidee ja gut, das du dich ablenkst und auf anderes fokussierst, aber damit wird das Problem ja nur auf Zeit nach hinten verschoben und das kann dich auf Dauer ja nur kaputt machen - so wollen wir das nicht! Also: Fokussieren und am Problem arbeiten (mit Unterstützung) und gleichzeitig Freiräume für dich schaffen, damit du dich ablenken kannst und auch die Positiven, fröhlichen Momente in deinem Leben bewahrst und die nicht komplett vergessen und beiseite geschoben werden, Stefan. Das ist unbedingt zu beachten !! Die Mischung aus beiden, macht den Erfolg spürbarer.

Hast du ein/mehrere Hobbies? Was machst du in deiner Freizeit, was dir gefällt. Mach da was draus und lenke dich damit ab, neben der intensiven Beschäftigung mit dem, was dich belastet.

Und dann noch etwas wichtiges: Das ist alles nicht einfach, ich weiß! Das habe ich auch nie behauptet, du auch nicht. Aber du bekommst das hin, weil du dir besseres wünscht, als wie es nun ist. Das ist nicht immer so, wie du es dir erhoffst, so wie es wird. Aber du kannst dir eben ganz, ganz sicher sein, das es voran geht und du nicht ewig in dieser Situation bleiben musst. Aber dafür musst du dich damit auseinandersetzen. Das siehst du jetzt selbst. Es tut weh, aber es ist befreiend und hilfreich.



Wenn Du berichten möchtest wie es weitergeht, dann kannst du dich natürlich auch gerne jederzeit erneut melden, lieber Stefan.

Ich wünsche Dir nun erst einmal Alles Liebe und Gute und hoffe, das es dich etwas voran bringen konnte. Das sind die Schritte und Möglichkeiten die vor dir liegen und es gibt noch viel mehr an Möglichkeiten. Du wirst das schaffen und wieder positiver in die Zukunft schauen, da bin ich überzeugt! Jetzt kannst du das auch sein!

Julia