Problem von Anonym - 13 Jahre

Soll ich Schule wechseln?

Hallo, ich bin Nelly, 13 Jahre alt und bitte um Rat bei folgender Situation:
Dieses Schuljahr, etwa Mitte November habe ich mich in ein Mädchen an meiner Schule verliebt, allerdings hoffnungslos da sie 16 und hetero ist. Seitdem mir das klar geworden ist, geht es mir psychisch eher schlecht.
Auch in meiner Klasse fühle ich mich nicht sehr wohl. Ich werd zwar nicht gemobbt und ich denke ich komme mit allen recht gut aus, allerdings habe ich niemanden, mit dem ich reden kann, wenn es mir schlecht geht. Fühle mich deshalb auch oft einsam und alleine, da ich gerne jemanden hätte, mit dem ich über meine Gefühle reden könnte.
Ich glaube es wäre sinnvoll sich erst einmal von ihr zu distanzieren und da ich in meiner Schule niemanden besonders stark vermissen werde, habe ich überlegt, ob ein Schulwechsel helfen würde. Was denkt ihr? Gibt es eine andere bessere Lösung? Danke im Voraus für eure Antworten

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Nelly!

Auf den ersten Blick scheint es eine gute Lösung zu sein, einen Neuanfang an einer anderen Schule zu wagen. Doch sehe ich einige Aspekte, die meiner Ansicht nach dagegen sprechen. Ich möchte sie dir nennen:

- Im Großen und Ganzen ist es für einen Menschen eine bereichernde Erfahrung, etwas durchzustehen und nicht davonzulaufen. Das kann eine Phase sein, ein ganzes Lebensjahrzehnt, eine Woche... es ist stärkend und wertvoll, sich Herausforderungen zu stellen und zu zeigen, was in einem steckt. So auch in dir! Du kannst mit der Trauer um die nicht erwiderte Verliebtheit umgehen lernen, ohne von der Schule zu gehen. Du kannst lernen, dich insgesamt wohler zu fühlen und bestimmte Dinge in deiner Klasse zu schätzen zu wissen. Jeder Mensch hat in sich schon das "Werkzeug", um sich selbst zu helfen. An Ort und Stelle. Das fängt in deinem Kopf an und geht bis zu deinen Beinen, die dich jeden Tag in deine Schule bringen, obwohl es sich manchmal unangenehm anfühlt. In einem Jahr schaust du zurück und siehst: Ich habe Durchhaltevermögen bewiesen! Wer das kann (an den richtigen Stellen), hat einen Gewinn für das gesamte weitere Leben, denn solche Durststrecken wird es immer wieder geben. Wenn du beispielsweise später im Berufsleben steckst, kannst du auch nicht gleich alles hinschmeißen, weil es einen Konflikt gab oder das Arbeitsteam nur so "lala" ist.

- Vor Liebeskummer kannst du nicht flüchten. Du bewältigst ihn am allerbesten, wenn du mitten durch den Schmerz gehst. Weglaufen kann eine Methode sein, damit umzugehen, allerdings ist sie keine sinnvolle.
Deine Gefühle wollen erkannt und gespürt werden. Dann vergehen sie mit der Zeit, denn dein Alltag wird dir viel Neues bescheren, ganz ohne Schulwechsel. Einfach allein deswegen, weil sich alles permanent verändert!

- Du hast in deiner aktuellen Schule Umstände, die okay sind. Das ist schon mal was! Denn: Du kannst sie noch verbessern! Von "geht so" kann es sich zu "Ich fühle mich wohl" wandeln, dafür kannst du etwas tun :) Dazu schreibe ich dir weiter unten noch etwas.
... oder blöd formuliert: Es kann woanders schlimmer sein. Manchmal sieht man das Gute nicht, das einen die ganze Zeit umgeben hat. Und erst, wenn man im Kontrast dazu das Schlimmere erlebt, wünscht man sich die alten Bedingungen zurück... natürlich muss das woanders nicht sein, es könnte durchaus erfüllender sein. Doch finde ich, dass man erstmal gekämpft haben sollte, bevor man das Feld verlässt!

- Ein Schulwechsel ist ein Systemwechsel. Du müsstest dich an völlig neue Abläufe, Menschen und Orte gewöhnen. Unterschätze das nicht! Ich würde das wirklich nur dann in Kauf nehmen, wenn ich einen hohen Leidensdruck und berechtigten Anlass zur Annahme hätte, dass meine Situation nur besser werden kann, wenn ich gehe.

- Schule ist Schule - auch wenn du jetzt besonders das Mädchen und deine Klasse vor dir siehst. Schule ist dein Job, auf den du dich in erster Linie konzentrieren solltest. Es ist hart gesagt nicht das oberste Ziel, dass du Freund:innen dort hast und deine Verliebtheit erwidert wird. Denn zuerst geht es darum, dass du lernen und deine Stärken einbringen kannst. Das Drumherum ist auch wichtig, nur darfst du es nicht an die erste Stelle setzen. Lass dich nicht ablenken. Setze dir Ziele z.B. "Ich möchte meinen Abschluss schaffen." Das kann dich anspornen und dir gleichzeitig helfen, dich nicht so sehr von den sozialen Faktoren ablenken zu lassen.

Jetzt habe ich ein paar Ideen, was du an deiner Schule bzw. in deiner Klasse noch machen könntest.

* Zuerst: Ändere deine Erwartungshaltung. Es ist bei Weitem nicht so, dass man "eigentlich" Freund:innen in der Schule haben muss. Wenn das so ist, ist es natürlich fein, weil sie einem alles versüßen. Doch sind echte Freund:innen, mit denen man durch Dick und Dünn gehen kann, generell etwas Besonderes. Daher ist es nicht verwunderlich, dass man in einer beliebigen Gruppe nicht automatisch auf Gleichgesinnte trifft. Deine Klasse und du, ihr seid zunächst einmal eine "Schicksalsgemeinschaft", aus der sich Freund:innenschaften entwickeln können. Vielleicht sofort, vielleicht im Laufe der Jahre, vielleicht auch nie. Alles kann, nichts muss. Wenn du es schaffst, dich zu entspannen und die Dinge lockerer zu sehen, kann sich etwas bewegen, weil es nicht mehr so "klemmt"!

* Wenn du möchtest, dass du mit Anderen gut reden kannst, gehe mit gutem Beispiel voran. Öffne dich, erzähle von deinen Eindrücken. Das muss am Anfang nichts total Privates sein. Doch deine Klassenkamerad:innen können dich besser kennenlernen, wenn du etwas von dir zeigst. Egal ob durch Meinungen, Diskussionsbeiträge, tröstende Worte etc. Wer sich still zurückhält und frustriert darauf hofft, dass endlich etwas von den Mitmenschen kommt, wartet meistens vergeblich.

* Gehe bewusst auf die Leute aus deiner Klasse zu, welche dir sympathisch sind! Achte auf Gemeinsamkeiten und nimm diese zum Anlass, eine Unterhaltung zu beginnen. Lade jemanden zu dir nach Hause ein, geht nach der Schule wohin. Beispiel: Wenn du sehr sportbegeistert bist und merkst, dass Mitschülerin X gerne skatet, kannst du sie bitten, dir das zu zeigen. Dann könntet ihr am Nachmittag zur Halfpipe gehen und dort üben.

* Nimm an schulischen Angeboten teil, die klassenübergreifend stattfinden. Sowas wie Schul-AGs, Projekte, Exkursionen.

* Suche dir außerhalb der Schule neue Kontakte und baue Hobbys auf. Das nimmt dir erstens den Druck, in der Schule Leute haben zu müssen und schafft mehr seelischen Ausgleich.

Im Kummerkasten findest du viele weitere Beiträge dazu, wenn du rund um Liebeskummer und "Freund:innen finden" weiterlesen möchtest.
https://mein-kummerkasten.de/Suche/Liebeskummer
https://mein-kummerkasten.de/70101/Feedback-Freunde-finden-nicht-leicht.html


Beste Grüße!
Nuala