Problem von Bella - 17 Jahre

Unzufrieden mit meinem Leben

Hallo,

es ist sehr schwer zu beschreiben, daher Versuch ich mich möglichst kurz zu halten..

Ich beneide viele Leute um das Leben das sie führen. Ich bin unzufrieden damit, was ich in meiner Freizeit mache.. ich habe kaum Freunde, nicht mal eine richtige beste Freundin und die Freunde die ich hab, die tun keine Dinge, die ich gerne machen würde.. Feiern gehen (ich mag tanzen), trinken (manchmal macht man das ja gerne) usw usw. Natürlich verbringe ich auch gerne mal einen Abend in gemütlicher Runde.. aber ich habe auch kaum Gemeinsamkeiten mit Ihnen, daher reden wir so gut wie nie über Dinge die mich wirklich beschäftigen..

Ich hab zwar einen festen freund und mit dem läuft alles gut; allerdings unternimmt er halt auch manchmal Dinge mit seinen Freunden.. um welche ich IHN sehr beneide. Generell beneide ich ihn um das Leben welches er führt und bereits geführt hat..

Durch dieses Gefühl entstehen regelrecht depressive Phasen...
Vielleicht habe ich ja auch schon absolut fantastische Momente mit allen die ich habe erlebt.. aber in solchen Momenten (des neids) wie jetzt sehe ich diese nicht und bereue mein bisheriges Leben..

Ich weiß nicht was ich noch tun soll.

Lg.. Bella

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Bella!

Danke, dass du deine Gedanken hier niedergeschrieben hast.

Dein Leben bereuen - hmmm. Ich möchte dir eine andere Sichtweise aufzeigen!
Platt gesagt: Es ist so, wie es ist. Du hast bestimmte Erfahrungen gemacht, die dich prägen. Ob du diese nun schlecht - oder gutheißt: Nimm sie alle uneingeschränkt an, sie gehören zu deiner Biografie. Vielleicht werden sie dir noch nützlich sein.
Die Kunst besteht vielfach darin, mit den vielen Herausforderungen zu jonglieren und irgendwie das Beste für sich herauszuholen, auch wenn das häufig mit viel Einsatz, Schmerz und Zweifeln verknüpft ist. Ohne Grund tauchen sie nicht immer wieder auf, sie wollen uns eben auch mal an unsere Grenzen bringen und testen, wie sehr wir schon mit etwas zurechtkommen. Dann passieren Dinge auch wieder und wieder, bis wir endlich kapieren, wie wir diese Herausforderung nehmen müssen.

Wenn du derart unzufrieden bist, beginne am besten sofort mit Veränderungen!
Zunächst solltest du jedoch eines tun, auch wenn es dir schwer fallen sollte: Dich in Dankbarkeit üben. Denn du hast vieles, auch wenn es dir nicht so vorkommt. Bedanke dich bei dir selbst, z.B. so: "Ich habe damals meinen Freund angesprochen, wodurch wir uns kennenlernen konnten. Ich danke mir, dass ich auf ihn zugegangen bin!"
Dazu gehört auch, alles zu finden, was dich mit Dankbarkeit erfüllt. Und sei es, dass du ein warmes Bett hast, gesund bist und eine bestimmte Bildung erhalten hast. Das alles ist nicht selbstverständlich. Es ist oft ZU selbstverständlich! Und: Es hilft dir, gegen den Neid anzugehen. Weil du ihm viel entgegensetzen kannst. Du entziehst ihm zumindest etwas die Grundlage. Natürlich musst du dir auch immer wieder, wenn die Neidgedanken in dir aufziehen, ein STOPP zurufen und dich darauf besinnen, was du selbst alles hast! Denn auch du kannst um Dinge beneidet werden! So wie alle anderen auch!

Ganz konkret:
Schnappe dir Stift und Zettel und schreibe alles auf, was schön ist in deinem Leben. Mache dies ausführlich, mit vielen Details. Hier gibt es kein "unwichtig".
Und erst danach kommt alles, was dich so frustriert und was ab jetzt anders laufen soll. Begründe dies alles auch.
Dann kannst du im zweiten Schritt sortieren, z.B. nach Freizeit, Freund:innen, (Weiter)bildung.
Hier kannst du auch eine Rangliste festlegen, was dir jeweils am wichtigsten ist bzw. was du als drängendste Aspekte empfindest.
In Schritt Drei kannst du dann mit ausgewählten Punkten beginnen und erste Veränderungen einläuten.
Am besten nicht zuviel aufeinmal, beginne vielleicht mit einer dir sehr wichtigen Sache und nimm noch etwas kleineres dazu, beispielsweise. Oder mehrere kleine, je nach Belieben. Du kannst also einen Schnupperkurs in einem Sportclub besuchen, mit jemandem oder alleine in eine Kneipe gehen, in der du noch nie warst, etc. Ich habe ein interessantes Buch, das bewusst ungewöhnliche Vorschläge für neue Dinge gibt - es heißt "Tu`s doch! 365 Tipps, die mehr Schwung ins Leben bringen." Könnte etwas für dich sein!

Außerdem solltest du dir notieren, was dir noch helfen könnte. Eine psychologische Beratung? Ein Workshop zu einem bestimmten Thema? Mehr intensive Gespräche? Das im Detail herauszufinden, wäre auch sehr wichtig.

Zum Thema Neidgedanken: Du kannst sie effektiv unterbinden, wie ich oben schon geschrieben habe. Setze ihnen etwas entgegen! Lasse nicht zu, dass du dich ihnen hingibst, denn sonst kommen die blöden Gefühle mit voller Wucht. Sobald du merkst, dass du wieder mit Neid um die Ecke kommst, rufst du dich selbst zur Ordnung und konterst "auf positive Weise".

Du scheinst zu Pessimismus zu neigen, wie deine Zuschrift von 2017 zeigt. Bitte lies dir das nochmal durch und überlege, wie du damit ab sofort umgehen könntest. https://mein-kummerkasten.de/327717/Ich-bin-immer-so-pessimistisch.html
Auch hier wieder: Du kannst deine Gedanken lenken! Sei kein Spielball deines Kopfes!
Meine Buchempfehlung für dich: "Gedanken verändern Gefühle" von D. Greenberger und C.A. Padesky. Damit kannst du sehr aktiv arbeiten.
Natürlich kann es auch sein, dass du eben eher der Typ für Grübeleien und Schwermut bist. Dann wäre es sinnvoll, diese Phasen anzunehmen und nicht gegen sie anzukämpfen. Spüre deinen Gefühlen nach, sie werden auch wieder verschwinden, wenn du Neues zulässt. Du bist ja vermutlich nicht permanent nur am Grübeln.

Ich musste beim Lesen deiner Zuschrift an eine andere denken, welche ich einmal beantwortet hatte. Dort ging es um "mehr Abenteuer im Leben". Möglicherweise hilft sie dir ebenfalls weiter: https://mein-kummerkasten.de/331429/Zukunft.html
Rund um neue Kontakte kannst du beispielsweise hier reinlesen:
https://mein-kummerkasten.de/70101/Feedback-Freunde-finden-nicht-leicht.html

Enden möchte ich mit einem Gedicht von Eugen Roth, das ist immer wieder fein und so wahr:

Optische Täuschung

Ein Mensch sitzt stumm und liebeskrank
Mit einem Weib auf einer Bank:
Er nimmt die bittre Wahrheit hin,
Daß sie zwar liebe, doch nicht ihn.
Ein andrer Mensch geht still vorbei
Und denkt, wie glücklich sind die zwei,
Die - in der Dämmrung kann das täuschen -
Hier schwelgen süß in Liebesräuschen.
Der Mensch in seiner Not und Schmach
Schaut trüb dem andern Menschen nach
Und denkt, wie glücklich könnt ich sein,
Wär ich so unbeweibt allein.
Darin besteht ein Teil der Welt,
Daß andre man für glücklich hält.


Alles Liebe!
Nuala