Problem von Anonym - 15 Jahre

Depression oder anderes?

Hey.. Ich fühle mich seit mehr als einem halben Jahre depressiv, schwach und Antriebslos. Alles fing an mit Beleidigungen darauf folgte Beziehungsaus, Stress in der Familie, Stress in der schule, Freunde verloren. Diese kleinen Probleme stapelten sich immer uns immer weiter zu einem großen Problem. Ich wusste nicht mehr was ich tun sollte... daraufhin fing ich an mich zu ritzen und mir 3 mal eine Überdosis zu mir zunehmen. Dies bekamen Freunde mit und es gab ein weiteres Problem. Meine depressive Stimmung würde zum Alltag. Seit kurzem kam dazu das ich nichts mehr aß und ich in einer woche 3 Kilo abnahm. Ich kann nicht mit meinen Eltern darüber sprechen bzw damit ich zum Arzt kann. Könnt ihr mir helfen?

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Unbekannte!

Ja, leider geschieht das schnell - es fängt mit einzelnen Schwierigkeiten an, welche dann weitere nach sich ziehen. Wenn dann keine "guten" Unterbrechungen kommen, kann sich ein Teufelskreislauf bilden.

Die Auslöser sind anscheinend besonders in deinem sozialen Umfeld zu finden. Das darf man nicht unterschätzen, was Anfeindungen mit einem machen können! Das wirkt wie Gift. Wir sind soziale Wesen und brauchen Geborgenheit, Halt, Wertschätzung. Wenn man einmal Streit hat, aber ansonsten weiß: Da sind Leute für mich da, ist das kein Ding. Nur wenn man dauerhaft durch Verhalten der Anderen beeinträchtigt wird, kann, das durchaus krank machen. Manche Leute reagieren (erstmal) körperlich darauf, indem sie z.B. schlecht schlafen und Schmerzen haben. Oder es ist ihnen immer wieder übel ("es ist zum Kotzen"). Andere bekommen wie du Symptome wie Niedergeschlagenheit, Trauer und dergleichen mehr. Natürlich auch als Kombi von körperlichen und seelischen Anzeichen kann das vorkommen.

Und es ging bei dir so negativ weiter, denn wer angeschlagen ist, verhält sich natürlich dann auch nicht immer so, wie es sich das Umfeld vorstellt. Wer wenig Kraft hat, gerät schneller in weitere Streitereien, kann vielleicht die eigenen Bedürfnisse nicht mehr so gut ausdrücken etc.

Dass du von deinen "Freund:innen" ausgrenzt statt aufgefangen wurdest, hat das alles sicherlich verschärft. Das macht dann alles noch drückender, weil du dich vermutlich in die Ecke gedrängt fühlst.

Kurz: Es muss nicht immer eine "ausgewachsene" Depression sein - es können auch depressionsähnliche Zustände, Vorstufen sein bzw. eine eher leichte Form von Depression.
Wie auch immer: Es geht darum, die Bedingungen zu verändern, die dein schlechtes Befinden aufrecht erhalten!

Wenn etwas so verfahren ist und man psychisch derart mitgenommen ist, empfiehlt sich ein Meiden dieser Menschen, die einen derart auslaugen. Also entweder ein strikter Kontaktabbruch oder sehr, sehr wenig Kontakt, der sich auf das Nötigste beschränkt und verhindert, dass du weiter verletzt wirst.
Langfristig wäre es klasse, wenn du dir neue Kontakte und dadurch freundschaftliche Beziehungen aufbauen würdest. Echte Freund:innen verurteilen dich nicht, sie sind für dich da, wenn es dir dreckig geht. Sie unterstützen dich, lachen und weinen mit dir. Sie sagen dir auch mal ihre Meinung, aber nicht, um dich fertigzumachen, sondern um dir in deiner Entwicklung zu helfen.

Bei deiner Familie kann ich für klärende Gespräche plädieren. Ja, du kannst das! Auch wenn es dich Überwindung kostet, ist es das, was wirklich der erste Schritt zur Veränderung ist. Deine Familie ist dein Rückzugsbereich, die Basis für alles Weitere. Du lebst bei deinen Eltern, du bist bei ihnen großgeworden. Sieh es als Chance! Je besser deine Eltern (und Geschwister) Bescheid wissen, desto eher können sie Verständnis für dich entwickeln. Und vielleicht reagieren sie einfühlsamer, als du es dir jetzt eventuell vorstellst. Also zieh dich nicht zurück, sondern sprich über deine Empfindungen, ohne Schuldzuweisungen auszusprechen. Bitte um etwas Rücksichtnahme und Ruhe für dich. Falls du es nicht mir Reden auf Anhieb schaffst, kannst du ihnen einen Brief oder eine Mail schreiben.
Gemeinsam mit ihnen/einem Elternteil oder auch alleine solltest du dann zu deiner Hausärztin bzw. deinem Hausarzt. Er oder sie kann dich an eine therapeutisch arbeitende Person vermitteln. Du könntest eine Schnuppersitzung wahrnehmen, um mit der Therapeutin/dem Therapeuten herauszufinden, ob du wirklich eine Psychotherapie benötigst oder ob bereits Veränderungen in deinem Umfeld, wie ich sie beschrieben habe, etwas bringen würden. Hier unsere Soforthilfe zum Reinlesen: https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Davon abgesehen möchte ich dich ermutigen, auf deine eigenen Kräfte zu vertrauen. Du kannst sehr viel, denn der menschliche Wille kann sehr viel bewirken! Am Beispiel Ritzen: Du hast die Macht, deine Gefühle anders zu bewältigen. Es fängt mit deinem Denken an und hört bei deinem konkreten Verhalten auf. Du kannst dir z.B. gut zureden, dir für den Ernstfall passende Möglichkeiten zum Abreagieren überlegen und das dann durchziehen, wenn du es nicht anders schaffst. Sport, Natur, Handwerk sind u.a. gute Richtungen, um negative Energien abzubauen. Solltest eher etwas Ruhiges bevorzugen, kann eine Maltechnik, Arbeit an einer Collage, Puzzlen, kleine Gegenstände ordnen etc. sehr entspannend und beruhigend wirken.
Zum Thema Ritzen kann ich dir unsere Soforthilfe empfehlen: https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/30/Ich-ritze-mich-was-kann-ich-tun.html
Lies bei Bedarf auch hier im Archiv quer, da gibt es noch viel mehr Input.

Also: Du kannst den Teufelskreislauf durchbrechen. Ich glaube fest daran, dass du es schaffen kannst :)

Alles Liebe!
Nuala