Problem von Julia - 16 Jahre

Psychoterror in der Familie

Hallo,

Ich habe meine Ausbildung zur Speditionskauffrau abgebrochen, weil ich immer um halb 5 aufstehen musste und erst abends um 20 Uhr daheim war.

Am Wochenende gab es dann immer Ärger, weil ich meine Aufgaben unter der Woche nicht erledigt habe, das hieß, ich musste sie alle nachholen und Rasen mähen oder Gehweg kehren kann dazu, zusätzlich musste ich aber immer für Prüfungen lernen.

Aber da konnte ich ja kein Verständnis von meinen Eltern erwarten, die waren ja am Wochenende die meiste Zeit nur am Handy spielen oder Fernsehen.

Seitdem gibt es fast täglich Probleme, dass ich meine Aufgaben im Haushalt nicht nachkommen solle.

Weil diese Spedition mich psychisch richtig fertig gemacht hat, habe ich mittlerweile auch gekündigt und lerne jetzt als Konditorin.

Die ewigen Streitereien, dass ich meinen Pflichten im Haushalt nicht nachkomme, stimmt aber nicht. Ich meine, wie kann er nachvollziehen, was ich mache, wenn er immer arbeiten ist, genauso wie meine Mama?

In letzten Zeit hackt mein Vater auch immer öfter auf mir herum, dass ich zu "fett " bin.
Und dann stopfe ich mir aus Frust wieder was rein und es geht weiter mit der ganzen Tour...

Ein anderes Problem war mein Rollerführerschein. Ich bin mittlerweile leider schon ein paar mal durch die Theorieprüfung gerasselt, weil ich mich wegen der Speditionund meiner Familie nie richtig auf die Prüfung vorbereiten konnte.

Mich macht mein Vater einfach fertig, wenn ich fast täglich von Ihm zu hören bekomme, dass ich die Familie zerstöre

oder

ich zu fett bin und es ein Wunder wäre, wenn nich jemals auch nur ansatzweise ein Junge anfassen würde.

Er hat auch schon mal gesagt, dass er sich wünsche, dass ich nie geboren worden wäre.

Und mit meiner Mama kann ich auch nicht darüber reden. Sie hält eh nur zu meinem Vater.
Sie ist in letzter Zeit auch mehr für meine Schwester da und nimmt sie einfach mal so in den Arm oder sieht mit meiner Schwester auch einfach nur mal einen Film an.

Aber wann hat meine Mama mich den das letzte mal in den Arm genommen?
Das kann ich gar nicht mehr so genau sagen, letztes Jahr vieleicht?

Und meine Schwester ist mal so, mal so...

Ich fühle mich einfach nicht geliebt in dieser Familie, kann sein, dass ich übertreibe oder laut meinem Vater nur ein "jämmerliches Weichei" oder eine "Schlampe" oder "Missgeburt" bin, so wie er mich manchmal auch betitelt, aber ich empfinde das so.


Ich will einfach, dass der ganze Psychterror mir gegenüber endlich aufhört. Ich wünsche mir echt manchmal, dass ich nie in diese Familie hineingeboren wäre.


Ich hoffe wirklich, dass Ihr mir helfen könnt und das ich euch nicht belästigt habe, mir das alles mal von der Seele geschrieben zu haben.


Alles Liebe


Julia

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Hallo liebe Namensvetterin,

Ich danke dir für dein Vertrauen in uns :) Du hast mich nicht belästigt. Dieser Kummerkasten ist unter anderem dazu da, das man sich etwas von der Seele schreiben kann. Manchmal ist das auch wirklich nötig und kann manchmal auch schon ein Stück weit helfen, Dinge anders zu betrachten und sich vielleicht alleine nur durch das schreiben schon etwas besser zu fühlen.

Ich bin mir nicht sicher: Ist demnach Konditorin nicht der Beruf gewesen, den Du wirklich machen möchtest? Bzw. bist Du mit dem Job zufrieden und möchtest diese Beruflichen Wege für dich auch weiter verfolgen?

Ich kann irgendwo nachvollziehen, das Du die erste Ausbildung abgebrochen hast. Jeden Tag diese Masse an Stunden unterwegs sein und zusätzlich den anderen Verpflichtungen nachkommen - das ist sehr hart. "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" hilft da auch nicht so wirklich, um die positiven Seiten heraus zu arbeiten. Verpflichtungen hat man immer im Alltag, auch nach der Arbeitszeit. Vor allem später mit eigener Wohnung und ggf. Kindern merkt man schnell, wie sehr das alles fordert. Es gehört vielleicht irgendwo in unserem Leben dazu, das man die ersten Berufsjahre brauch, um sich da irgendwie durchzukämpfen. Natürlich fallen für dich später ja aber auch alle Schulaufgaben und Lernen für Prüfungen weg, was das ganze auch wieder ein Stück erleichtert. Ob es das aber aufheben kann - weiß Ich nicht. Es wird immer schwer sein, Arbeit, Freizeit, eigenen Pflichten nachzukommen. Den Spagat hier schaffen ist wirklich eine Herausforderung, wie Du bereits erfahren musstest.

Deine Eltern arbeiten beide auch und du erlebst Sie dann am Wochenende auch viel am Handy oder am Fernsehen. Das zeigt mir, das auch deine Eltern vielleicht überarbeitet nach Hause kommen und dann natürlich auch deine Unterstützung beim Haushalt und bei den anfallenden Haushaltsaufgaben brauchen. Du weißt genau, was deine Aufgaben sind? Sonst könnte ein Rat sein, das Ihr euch wirklich mal als Familie hinsetzt und einen Plan erstellt, wer sich worum kümmern kann und vor allem auch Wann. So könntest Du dann auch benennen, an welchen Tagen es für dich besser passt, oder evtl. das Wochenende für deine Pflichten nutzen. Schlag das deinen Eltern vielleicht einfach mal vor. Vielleicht ist es für deine Eltern eben nur wichtig, das es gemacht wird und wann nicht. Du weißt wie viele Stunden eine Woche hat und wie viele Stunden du in der Woche Zuhause verbringst. Einige davon kannst Du dann vielleicht nutzen - oder eben auch Aufgaben die dir zu viel sind (mit guter Begründung) abgeben. Dabei daran denken, das deine Eltern sicherlich auch ihren eigenen Aufgaben noch nachkommen müssen. Es muss alles weiterhin fair zugehen, d.h eine etwa gleiche Aufgabenverteilung, angepasst an eurem sonstigen Alltagspflichten. Auf keinen Fall darf bei dir die Schule leiden.

Wenn ich allerdings auch lese, wie dein Vater vor allem mit dir umgeht und was du dir anhören musst - dachte ich daran, das es vielleicht besser für dich wäre auszuziehen? Mit 16 in eine eigene Wohnung ist natürlich nicht so einfach machbar - aber eventuell mit Unterstützung. Informiere dich in einer Beratungsstelle. https://www.dajeb.de/beratungsfuehrer-online/beratung-in-ihrer-naehe/ Was Du dir da anhören musst geht überhaupt gar nicht und das solltest Du dir auch nicht gefallen lassen! Du bist NOCH 16 und selbst wenn jetzt für dich keine Möglichkeiten für den Auszug gefunden werden können, dann hast du in jedem Fall trotzdem die Möglichkeit Dinge zu verändern, das Du es noch bis 18 aushalten kannst. Es ist nur auf Zeit und ich bin mir ganz sicher, das sich einiges klären lässt. Spätestens eben mit 18 dann!

Weiß deine Schule von deinen Belastungen - sprich Klassenlehrkräfte, Vertrauenslehrer, Schulsozialarbeiter? Wäre auch eine Möglichkeit. Auch in deinem Betrieb deinen Chef/deine Chefin darüber zu informieren - warum dir das Lernen und die Konzentration Zuhause so schwer fallen. Vielleicht hast Du hier Möglichkeiten und Vertrauen dich mitzuteilen?

Manchmal weiß man als Mutter auch nicht direkt, das die 16 jährige Tochter Umarmungen überhaupt möchte. Besonders wenn sowieso so viel Spannung zwischen euch ist, fällt es deiner Mutter vielleicht auch schwer dich einfach mal in den Arm zu nehmen - weil es ja sein könnte, das Du dir das gar nicht wünscht. Sie weiß es ja nicht besser! Manchmal musst Du dann auch deine Wünsche mitteilen, damit Sie stattfinden können. Dies nicht als Vorwurf: Meine Schwester umarmst Du ja. Das fällt manchmal leichter zu sagen, als direkt zu sagen, das man sich wünscht, wieder mal in den Arm genommen zu werden. Wenn Du dich nicht traust mit deiner Mutter zu sprechen, dann kann es auch manchmal helfen, wenn Du einen Brief verfasst, den Sie dann in deinem Beisein liest. Hier kann man auch Regeln absprechen wie z.B Nach jedem Absatz über das Geschriebene Sprechen, Komplett lesen und erst danach Kommentieren,... Je nachdem, wie man es sich wünscht. Vielleicht weiß deine Familie gar nicht wirklich, wie sehr es dich wirklich verletzt und sehen nur die Punkte, das ihre Tochter eine Ausbildung abbrach, das ihre Tochter mehrmals durch die Theorie gefallen ist, all sowas. Hilf deinen Eltern wieder das Positive zu sehen und das Negative zu erklären. Vielleicht verstehen Sie nicht, wie es zu der abgebrochenen Ausbildung kam? Wie es zu den nicht bestandenen Theorieprüfungen kam. Bleib dabei bei dir. Was ist wirklich das Problem?

Das Problem sind nicht deine Eltern, die dir nicht die Zeit zum Lernen gegeben haben. Das Problem ist, das Du dich nicht heraus ziehen konntest aus den Verantwortungen die auf dir lasten. Sei nicht böse auf mich, aber bei genauerer Überlegung verstehst Du, wie das gemeint ist. Du bist natürlich nicht Schuld, wie mit dir umgegangen wird - so wie das bei dir Zuhause ist, darf es nicht sein. Aber sei dir ganz sicher, das Du das auch mit beeinflussen und verändern kannst. Das Verhalten deiner Familie gefällt dir nicht und du kannst nichts dafür, wie du da behandelt wirst - aber Du kannst eine ganze Menge dafür tun, das es anders ist. Lass dir das in Ruhe durch den Kopf gehen.

Ich wünsche Dir Alles Liebe und Gute,
Du kannst dich jederzeit natürlich erneut an uns wenden,

Julia