Problem von Marie - 17 Jahre

Zu viele Probleme mit Mutter

Hallo,
ich wende mich mal jetzt hier an euch, weil ich einfach nicht mehr weiter weiß.
Erstmal zu mir: ich bin 17 Jahre alt, habe 5 Geschwister und meine Eltern sind getrennt.

Seit wir mit unserer Mutter alleine wohnen (2 Großen sind schon ausgezogen), haben wir ziemlich viele Probleme mit unserer Mutter. Es fängt schon beim Haushalt an. Sie putzt nie wirklich die Wohnung. Anscheinend ist das für sie schon alles sauber. Meine Omas und wir haben sie schon ziemlich oft drauf angesprochen, doch sie sagt dann immer, dass wir Kinder ja nicht genug helfen und sie ja nicht alles alleine machen kann. Doch ich kann mich nicht wirklich dran erinnern, dass sie jemals z.B. das Bad geputzt hat. Klar, wir Kinder müssen auch helfen, das wissen wir auch, jedoch verlangt sie, dass wir alles machen sollen und sie dann quasi fast gar nichts. Alleine schon wie ihr Zimmer aussieht, doch sie behauptet, dass das doch in Ordnung ist und ja nur ihr Zimmer ist. Ich denke aber, dass sie da als Vorbild fungieren muss, doch das versteht sie ebenso nicht. Das ist nur ein Problem von vielen.
Ein anderes Problem ist, dass ihre Art nicht mehr erträglich für uns alle ist. Meine zwei großen Geschwister haben sogar schon den Kontakt zu ihr abgebrochen, einfach um sich selbst zu schützen und weil sie schon genug über sich hergehen lassen mussten. Doch meine Mutter sieht nie die Fehler ein und gibt immer den anderen die Schuld. Das alles belastet sie auch sehr und sie ist oft sehr traurig, aber sie versteht nicht, was sie falsch macht. Wenn man versucht ihr das zu erklären, streitet sie immer alles ab und es endet in einem Streit. Drei von uns Kindern waren auch schon bei unserer Oma (ihrer Mutter) und haben ihr alles erzählt was uns stört, in der Hoffnung, dass meine Oma dann mit ihr reden kann und meine Mutter es vielleicht so dann versteht und die Ernsthaftigkeit erkennt. Doch das hat alles nur viel schlimmer gemacht und sie war und ist sauer auf uns, weil wir sowas doch nicht machen können und sie meint immer wir sollen alles innerhalb unserer Familie klären, was wir schon sooo oft versucht haben, aber es nie gekappt hat. Jetzt ist sie auch sauer auf meine Oma, weil sie und wir ja angeblich lügen und alles erfinden.
Wir wissen echt nicht mehr weiter und es belastet uns Kinder sehr. Zum Jugendamt wollen wir auch nicht, weil es unsere Mutter ist und wir sie doch irgendwie lieb haben.
Allgemein ist sie mit dem ganzen Haushalt und mit uns überfordert, doch Hilfe von außen nimmt sie nicht an. Auch wenn jemand mit ihr Streit hat, dann ist sie gleich auf alle sauer und lässt ihre Wut und Laune an uns allen aus. Dann macht sie uns immer Vorwürfe. Z.b. sagt sie, dass sie doch immer nur Gutes für uns getan hat und uns doch großgezogen hat, dafür sind wir auch dankbar, aber sie macht nun mal nicht alles richtig. Auch droht sie uns dann immer, z.b. das Geld für die Klassenfahrt nicht zu bezahlen oder uns keine Klamotten mehr zu kaufen. Früher als wir alle kleiner waren, durften wir immer nichts den Verwandten erzählen, was wir in den Ferien gemacht haben oder so. Sie wollte dann immer dass wir lügen oder einfach gar nichts sagen. Heute will sie das immer noch, jedoch sind wir alle größer geworden und verstehen, dass nicht alles was die Mama sagt oder macht, richtig ist. Sie ist momentan in der Kur und will, dass wir niemandem erzählen, dass sie dort ist. Wenn ich sage, warum sie denn immer alles geheim halten möchte, dann sagt sie, dass die anderen (Verwandten) ihr ja auch nix erzählen. Jedoch mögen wir nicht, wenn wir immer alles geheim halten müssen und wollen locker damit umgehen.
Oft erzählt sie uns, dass sie mit Freunden oder ihrem Psychologen über die ganzen Probleme geredet hat und sie ihr immer Recht gegeben haben und sie sich dadurch nur noch bestärkt fühlt. Jedoch erzählt sie da immer nur was wir falsch machen und nicht was sie falsch macht. Ihre Seite der Geschichten sind immer ganz anders. Wenn ich dann sage, dass sie ihre Fehler und Schuld doch auch mal einsehen soll, dann fragt sie mich immer wieder, was sie denn falsch macht. Ich habe ihr schon so oft versucht alles zu erklären, jedoch ist das nicht so einfach, da sie gehörlos und wir die Gebärdensprache nicht ausreichend dafür können. Meine zwei großen Geschwister hattenauch schon mit Depressionen zu kämpfen, weil sie einfach nicht damit klar kamen und es zu viel für sie wurde. Ich denke, dass ich stark genug bin, auch wenn meine Oma und Tante sagen, dass ich später auch noch damit zu kämpfen haben werde. Ich hoffe, dass ich vielleicht einen hilfreichen Rat von euch bekomme, denn wir alle wissen echt nicht mehr weiter und sind hilflos. Wir wissen, dass wir unsere Mutter nicht mehr ändern können aber vielleicht gibt es ja doch irgendwas, womit es besser wird.
Mit freundlichen Grüßen

Anwort von Miriam

Hallo Marie,
Die Situation mit eurer Mutter klingt sehr belastend und ich ziehe schon einmal den Hut vor dir, dass du so offen und vor allem reflektiert mit der Problematik umgehst. Viele hätten vielleicht schon den Kopf in den Sand gesteckt, aber du scheinst nicht aufzugeben und das ist sehr bewundernswert.
Wenn die eigene Mutter so große Probleme hat, dass sie selbst nicht ohne eine Therapie auskommt, dann färbt das meist direkt auf die Kinder ab. Wie du schon richtig erkannt hast – und das ist hierbei sehr wichtig – ist nicht alles, was deine Mutter zu euch sagt, richtig. Keiner von euch sollte sich zum Beispiel genötigt fühlen, jemanden anzulügen, nur weil sie es so möchte, vor allem wenn es um Dinge geht, die man in den Ferien gemacht hat oder die einen selbst betreffen. Allerdings ist es ihr natürlich trotzdem selbst vorbehalten, wenn sie nicht möchte, dass jemand etwas von ihrem Aufenthalt in der Kur weiß. Man muss hier ja nicht gleich lügen, sondern man könnte zum Beispiel sagen, dass die Mutter verreist ist, wenn jemand fragt. Das ist ein unverfänglicher Satz und schützt gleichzeitig die gewünschte Privatsphäre deiner Mutter nach außen.
Das Argument, dass die anderen aus der Familie ihr ja auch nichts erzählen werte ich hier als vorgeschoben, denn ich glaube, dass dahinter eher eine große Angst vor der Beurteilung anderer steht. Und wenn man gehörlos ist, dann kann ich mir gut vorstellen, dass man große Ängste in eine solche Richtung entwickelt und scheinbar hat sie auch Angst, ihr Kinder würdet sie negativ beurteilen. Dass sie selbst bei einem Psychologen ist, finde ich schon mal eine gute Sache. Sie scheint sich zumindest teilweise ihrer Probleme bewusst zu sein und geht diese an. Das ist sehr wichtig. Trotzdem ist es natürlich problematisch, wenn sie dort auch eher Dinge erzählt, die ihrer eigenen vielleicht verzerrten Realität entspringen und der Therapeut ihr offensichtlich dann nur eine Bestätigung ihrer Sichtweise gibt. In dieser Hinsicht ist es jedoch tatsächlich schwierig, das zu beurteilen, denn es kann auch sein, dass eure Mutter euch das einfach nur erzählt, um wieder ein neues Argument zu haben. Was wirklich in ihren Beratungsgesprächen kommuniziert wird, kann wohl keiner genau wissen.
Ich finde es sehr gut, dass ihr eure Oma mit einbezogen habt. Sie ist eine Person, die die Situation von außen betrachten kann und trotzdem genug über deine Mutter weiß, um die andere Seite einzuschätzen. Ich gehe nun einmal davon aus, dass sie nicht gehörlos ist..?
Wenn sie das nicht ist, dann ist es natürlich auch hier sehr viel einfacher, ihr das Problem zu schildern. Vielleicht ist eure Oma der Gebärdensprache auch eher mächtig als ihr..? Generell ist dieser Umstand insofern problematisch, dass leicht Missverständnisse aufkommen können und deine Mutter sich dann auch schnell wieder in ihre eigene Realität zurückziehen kann, indem sie sich einfach abwendet und nicht mehr sieht, was gesagt wird.
Dass deine Mutter nun auch sauer auf ihre eigene Mutter ist, obwohl keiner von euch ja eigentlich etwas Böses von ihr wollte, zeigt, wie verletzlich und instabil sie wahrscheinlich ist. Auch die immer wieder abverlangte Dankbarkeit seitens deiner Mutter stelle ich mir sehr belastend vor und auch, wenn man weiß, dass man sich das nicht zu sehr zu Herzen nehmen sollte, gelingt es doch wahrscheinlich in vielen Situationen nicht. Mütter können ja sehr überzeugend sein.
Es geht in eurer Familie ganz klar darum, als Kind eurer Mutter Grenzen zu setzen und sich selbst auch ein Stück weit zu schützen. Sie scheint viel von euch abzuverlangen und gibt andererseits eher Unverständnis und geringe Akzeptanz eurer Probleme zurück. Auch, wenn es schwer ist, solltest du ihr weiter klar zeigen, dass du nicht alles gutheißt, was sie sagt und tut und dass du die Situation anders einschätzt als sie. Weiterhin würde ich überlegen, für euch Kinder Hilfe von außen anzunehmen. Natürlich wäre das Jugendamt immer noch eine Option, wenn andere Möglichkeiten scheitern. Aber ich kann auch vollkommen nachvollziehen, dass ihr eure Mutter da erst einmal schützen wollt.
Deshalb fände ich hier erst einmal eine etwas unabhängigere Familienberatung für euch Kinder sinnvoll. Vielleicht auch einen Kinder- und Jugendtherapeuten, der euch dabei hilft, euch selbst und die Situation so einzuordnen, dass ihr keine langfristigen Schäden davontragt. Er/sie könnte vielleicht auch zwischen euch und eurer Mutter eine Mediator-Funktion einnehmen und das Ganze vielleicht auf einem objektiveren Weg schlichten. Wenn eure Mutter daran kein Interesse zeigt, das zu unterstützen, dann macht das auf eigene Faust. Eure Oma kann euch da bestimmt bei der Suche nach einer geeigneten Beratung beistehen und mit euch da auch hingehen. Ich finde das sehr wichtig, vor allem wenn du sagst, dass deine Geschwister teilweise schon mit Depressionen zu kämpfen haben oder hatten. Ich kann dir auch noch ein oder zwei hoffentlich hilfreiche Links unten einfügen. Falls ihr nach einem Mediator sucht, kann ich erst einmal nur schwer mit jemandem dienen, der die Gebärdensprache spricht, da ich mich in diesem Bereich nicht auskenne. Aber vielleicht könnte man mal einen entsprechenden Verband anschreiben..? Vielleicht hat auch der Psychologe deiner Mutter weitere Kontakte in diese Richtung.
Sollte die Situation gerade für die jüngeren von euch zu belastend werden, sind Auszeiten vom aktuellen Familienkontext manchmal sehr hilfreich und wichtig. Damit meine ich, dass ihr vielleicht eine Möglichkeit habt, bei einer eurer Omas oder bei eurer Tante für eine gewisse Zeit unterzukommen.
In jedem Fall wünsche ich dir und deinen Geschwistern alles Gute und dass ihr eine Lösung findet, mit der alle von euch einigermaßen gut auskommen.

Liebe Grüße
Miriam

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