Problem von Anonym - 20 Jahre

Ungewollte Schwangerschaft

Hallo
Also ich wurde Mai 2018 ungeplant schwanger, hab das Kind auf Anraten meiner Eltern behalten. Mein Freund machte direkt nach dem positiven Schwangerschaftstest Schluss . Mittlerweile ist mein kleiner fast 6 Monate alt und kerngesund. Seit er da ist fühle ich mich überfordert und vermisse meine Jugend da ich erst 20 Jahre alt bin. Ich fühle mich oft traurig und allein gelassen. Manchmal wünsche ich mir mein altes Leben zurück. ( nicht falsch verstehen ich liebe ihn und versuche eine gute Mutter zu sein). Wenn er andauernd schreit und alle Bedürfnisse abgeklärt sind fühle ich mich überfordert. Der Vater meines Sohnes macht sich während dessen ein schönes Leben. zahlt zwar den Unterhalt und lässt dich ein mal die Woche für 3 Stunden anschauen jedoch eine Hilfe ist der nicht. Meine Freunde haben alle noch keine Kinder somit hab ich nicht wirklich wem zum reden oder eine „Verbündete“ mit der ich meine Sorgen teilen kan...
Familie hilft zwar aber eine Stürze ist diese auch nicht..
Ich weiß nicht mehr weiter

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Unbekannte!

Ja, das ist total besch..., wenn man so allein mit Baby da steht und selbst noch sehr jung ist. Du hast mein vollstes Mitgefühl! Dementsprechend spitze ist es, dass du dir Rat suchst, denn noch ist es nicht zu spät.

Zunächst mein ganz großer Tipp: Gehe in eine Mütter, - Familien - bzw. Frauenberatungsstelle. Dort können sie dir konkret aufzeigen, wer bei dir in der Gegend Hilfen anbietet. Sei es Alltagsunterstützung, Babybetreuung, psychologische Beratung, Erziehungshilfe. Und dir wird zugehört!

Es ist absolut normal, sich als Mutter/Vater immer wieder mal das alte Leben zurückzuwünschen, egal ob bei einem Wunschkind oder bei einem ungeplanten Kind. Damit bist du absolut nicht allein!
Aber: Es ist eine Illusion, dass das alte Leben einfach so weitergeplätschert wäre, wenn da nicht die Schwangerschaft und die Geburt gewesen wären. Leben ist IMMER Veränderung! Es bleibt nie alles beim Alten. Ein Baby zeigt einem das eben auf sehr eindrückliche Weise.

Zum Redenkönnen und seelische Erleichterung: Ich glaube, hier müsstest du strikt trennen zwischen den Eltern-Themen und anderen Themen, die du mit deinen Freund:innen besprechen kannst. Für Eltern-Themen sind Online-Communities, Foren und Babytreffen in deiner Gegend ideal. Da findest du nicht nur offene Ohren und Tipps, sondern auch die Bestätigung: Es ist eine große Leistung und Herausforderung, einen kleinen Menschen großzuziehen. Wir gehen es an, wir sind damit nicht allein! Da können alle Sorgen und Nöte mal raus, denn das Allermeiste wird verstanden. Das ist wirklich sehr erleichternd!
Also: Suche dir z.B. eine Krabbelgruppe, Babyschwimmen, jemand in deiner Nachbarschaft mit Baby, gehe auf Spielplätze und suche dort Kontakt etc. Du kannst auch eine Anzeige schalten bzw. nach einer virtuellen Gruppe junger Eltern suchen, um diese dann auch zu treffen für gemeinsame Spaziergänge mit den Babys, gegenseitige Hilfe und seelischen Beistand. Bestenfalls entstehen so ganz neue Freund:innenschaften!

Es ist aber für deinen aktuellen Freundeskreis auch wichtig, dass sie dich noch als Person erleben können, die nicht nur über Elternsachen redet. Deswegen der Punkt, lieber bestimmte Dinge mit anderen Müttern/Eltern zu besprechen und mit den Freund:innen dafür eher die "gewohnten" Sachen. Das ist ja auch für dich fein, wenn du dich nicht nur als Mutter erleben musst, sondern noch als diejenige, die bestimmte Interessen mit ihren Leuten teilt.

Ich finde, auch sehr junge Menschen in deinem Freundes - und Bekanntenkreis können lernen, dass du eben jetzt mit Kind unterwegs bist und entsprechend Rücksicht entwickeln. Da kannst du mutig vorangehen und deinen Sohn ganz selbstverständlich zu Treffen mitnehmen. Dann kann ein Kumpel z.B. ihn mal halten und mit ihm spielen, während du etwas erledigen gehst. Sicherlich machen das nicht alle sofort und bereitwillig, doch wenn es sich nicht um ausgesprochene Kinderfeind:innen handelt, kannst du diesen dein Baby durchaus "zumuten". So kann sich eine Gewöhnung einstellen und auch ein Mögen und Freuen, dass er dabei ist. Natürlich dauert es etwas und klappt nicht bei allen, aber so ein Baby hat ja seine Möglichkeiten, Erwachsene für sich zu gewinnen. Also sei geduldig und beharrlich. Du wirst überrascht sein, wer dann doch ein Babyfreund oder sich als eine "Kindesflüsterin" entpuppt! :D Manche freuen sich dann sogar, dass sie mal die Gelegenheit erhalten, ein Baby zu erleben und sich ein bisschen zu kümmern. So werden (Berührungs)ängste abgebaut und neue Stärken entdeckt - zum Beispiel: Ich habe eine beruhigende Art, die beim Baby gut ankommt! Oder: Ich bringe den Kleinen ja zum Lachen, das will ich jetzt öfter tun!

--> Du kannst also beides verbinden: Deine Freund:innen treffen, dein Baby dabei haben und gleichzeitig über "eure" Themen reden, dein Sohn muss ja nicht immer der Dreh-und Angelpunkt sein. Natürlich kannst du sagen, dass du gerade ziemlich erschöpft bist und Redebedarf hast. Ein:e enge:r Freund:in wird dann hoffentlich genauer nachfragen. Ansonsten kannst du es darauf beruhen lassen und dich anderweitig erleichtern, wie oben geschrieben.
Guck mal bitte hier rein, da findest du ein paar Gedanken rund um Entspannung und psychische Entlastung: https://mein-kummerkasten.de/330573/Ich-weiss-nicht-weiter.html

Den Kindsvater stärker in die Pflicht zu nehmen, fände ich auch sehr wichtig! Zeige ihm, dass du dich alleingelassen fühlst! Er hat genauso Verantwortung wie du! Und gerade wenn du nicht stillst, gibt es nichts, was er nicht exakt so erledigen könnte wie du! Und auch ein Fläschchen mit abgepumpter Muttermilch kann er ihm reichen.

Ebenso deine Familie - bestimmt gibt es da noch Mittel und Wege, wie du etwas mehr Entlastung finden kannst. Dir würde es bestimmt gut tun, mal abends wieder auszugehen (und sei es für 2 - 3 Stunden), dich allein mit einer engen Freundin zu treffen, allein einkaufen zu gehen usw.
Ich glaube, viele Familien könnten da noch etwas Zeit und Energie lockermachen, wenn man das direkt einfordert!

Nun zum Schreien: Es kann sehr hilflos machen, das kann ich absolut verstehen.
Vielleicht zeigt dir dein Sohn dabei, wie es in DIR aussieht? -
Viele machen tolle Erfahrungen mit Tragehilfen und Tragetüchern. So kann das Baby ganz nah am Körper der Mutter/der Bezugsperson sein und man hat die Hände noch frei für andere Tätigkeiten. Man ist im Alltag dynamischer unterwegs als mit Kinderwagen. Das Schreien wird beim Tragen so automatisch weniger (Ausnahmen gibt es natürlich). Dein Baby fühlt sich geborgen, sicher und kann sich aus dieser Lage an deinem Körper durch andere Körpersignale bemerkbar machen. Babys schreien erst dann los, wenn die vorherigen Signale nicht beachtet wurden.
Hier geht es um diese Signale: https://www.baby-und-familie.de/Entwicklung/Baby-Signale-So-verstehen-Sie-was-Ihr-Kleines-braucht-151879.html
Außerdem gibt es hier noch einen Filmtipp rund um das Schreien: https://mein-kummerkasten.de/331317/Feedback-zu-Bereue-es-Mutter-zu-sein.html

Vielleicht kannst du deinen Sohn auch mit bestimmten Dingen gezielt beruhigen, z.B. Vorsingen, Summen, sanftes Schaukeln in einer Babyhängematte, massieren. Viel Hautkontakt beruhigt natürlich sehr, also viel streicheln, kraulen.
Du kannst auch überlegen, ob ein Familienbett für dich passend wäre. Das heißt ja nichts anderes, als dass dein Sohn direkt bei dir schläft. So kannst du sofort reagieren und vermeidest nächtliches Aufstehen und großes Geschrei. Was am besten mit dem Stillen zusammenpasst, denn da musst du gar nicht großartig aufstehen, einfach im Halbschlaf stillen und dann weiterschlafen. Das ist sehr kräfteschonend, eine Win-Win-Situation sozusagen.

Das Tolle ist: Es geht bergauf. Dein Baby wird schon so bald laufen können, dann sprechen, du wirst immer mehr spüren, dass es anders wird und dann auch etwas leichter. Freue dich auf diese Veränderungen. Du bekommst Routine, du bist "abgehärtet". Und du kannst verdammt stolz auf dich sein!!

So, nun möchte ich dir noch viel Kraft senden und dir alles Gute wünschen. Melde dich gerne wieder hier im Kummerkasten, wenn du das Bedürfnis hast.

Alles Liebe!
Nuala