Problem von M. - 19 Jahre

Hoffnungsloser Liebeskummer

Liebes Kuka Team,

Ich schreibe weil ich mich sonnst an nichts und niemanden wenden kann. Ich finde es sehr toll dass ihr so selbstlos Hilfe anbietet, und hoffe natürlich dass es auch bei mir klappt.

Ich habe insgesamt einfach große Probleme mit meinem Leben. Das hat schon recht früh begonnen, als meine Eltern wegen familiärer Probleme lange Zeit vor Gericht waren, weswegen ich mich mit ihnen nun auch nicht mehr verstehe. Das selbe passierte im Laufe der Zeit auch mit Freunden, weswegen ich eben auch keinen Ansprechpartner habe.

Im Moment verfolgt mich aber am meisten ein Problem mit einem Mädchen, welches ich vor ca. 3 Jahren auswärts kennengelernt habe. Die hat mich total beeindruckt, da ich bisher noch nie ein solches Mädchen getroffen hatte. Sie ist viel natürlicher und gutherziger als all die Anderen die ich davor & danach getroffen habe. Zwischenzeitlich war es auch wirklich toll mit ihr, und wir wollten uns treffen usw. Nachdem sich das jedoch nicht ergeben hatte, habe ich ihr eine Zeit später einen Brief geschrieben. Das war im Frühling des letzen Jahres. Daraufhin sagte sie mir jedoch dass sie noch am selben Tag mit ihrem jetzigen Freund zusammen kam, und dass sie meine Einladung ablehnen muss. Sie würde sich aber weiterhin freuen mich mal wieder zu sehen. Das hab ich jedoch nicht gut verkraftet. Damit nicht genug, so hat sie das auch noch so verschreckt, sodass sie meine Nummer blockierte, und ich seitdem nicht mehr mit ihr gesprochen habe. Ich kann so einfach nicht mehr fröhlich weiterleben, und sie vergessen, wie es mir sicher ein Jeder raten würde.
Ich habe auch nicht mehr große Lust am Leben. Jeden Tag fühle ich mich nicht motiviert und bereit um noch weiter zu leben und um etwas zu erreichen. Dieser Mangel an guten Erfahrungen bezüglich Familie, Schule und meiner Umwelt lässt das irgendwie nicht zu. Als ich sie kennenlernte hatte ich hingegen genau auf das Gegenteil gehofft, und wünschte mir dass es auch jetzt wieder aufwärts gehen würde. Sie selbst hat ein gutes Leben mit einigem Erfolg, einer lieben Familie und schönen Aussichten... Nachdem ich jedoch nur mehr vor Augen hatte, wie sie mit ihrem Freund noch glücklicher wird, war ich nicht nur bedrückt wegen den Beiden, sondern wurde sogar irgendwie eifersüchtig auf sie und ihr Lebensglück.
Ich will das natürlich nicht, und mag mich selbst wegen solchen Dingen auch eigentlich nicht mehr. Jeden Tag muss ich an sie und das Leben denken, und an Sachen die ich falsch gemacht hab. Aufgrund von meinem Verdruss hab ich einige falsche & unehrenhafte Dinge gemacht, die von der Gesellschaft auch nicht gut geheißen werden. Ich dachte mir sogar schon oft, dass sie einen viel lebendigeren und "besseren Menschen" verdient hat, und es sicher so seine Richtigkeit hatte. Trotzdem kann ich sie nicht vergessen, und möchte auch kein anderes Mädchen lieben. Das kommt mir unrichtig vor, da ich ein anderes Mädchen auch nicht ehrlich und aufrichtig lieben könnte, was ja die eigentliche Voraussetzung ist...
Mit der Zeit habe ich so eine totale Abneigung gegen viele Menschen und die heutige Zeit bekommen. Alles zusammen hat dazu geführt dass ich an kleinsten Problemen festhalte und sie viel zu ernst nehme. Ich habe so fast einen Verfolgungswahn der nicht mich nicht in Ruhe lässt, und mich zwanghaft unglücklich macht.
Natürlich wird mein Leben dadurch erstrecht nicht besser, und es steuert so nur noch schneller ins Verderben. Ich hoffe einfach dass es noch zu retten ist, und dass es nicht mehr so weiter geht, da ich schon mehr als die Hälfte meines Lebens so verbringe.

Liebe Grüße

M.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Auch bei dir muss ich mich für die lange Wartezeit entschuldigen. Wir kommen personell gerade nicht hinterher.

Ich finde vier Aspekte in deiner Beschreibung, die ich aufgreifen möchte:
1. Schlechter sozialer "Start" ins Leben
2. Daraus großer Pessimismus
3. Die Annahme, dieser eine Mensch müsse auf Händen getragen werden
4. Ambivalente Gefühle der Frau gegenüber

Ich kann es dir nicht verübeln, dass du sehr drastische Beschreibungen verwendest wie "mein Leben steuert ins Verderben". Ich kann das aus deiner Perspektive heraus wirklich verstehen! Und dennoch möchte ich probieren, dir eine neue Perspektive aufzuzeigen und dich hoffentlich für diese zu erwärmen.

Auch wenn du sehr negative Erfahrungen mit deiner Familie und ersten Bezugspersonen gemacht hast, bedeutet das nicht, dass es jetzt immer so weitergehen wird. Jeder Mensch hat es selbst in der Hand, wie glücklich er sich macht. Das klingt vielleicht platt, ist es bei näherer Betrachtung jedoch nicht. Es ist eigentlich sehr komplex und darum schwer in ein paar Sätzen zu beschreiben. Ich versuche es einfach mal - und werde dir auch andere Zuschriften verlinken, die der deinen ähneln und in denen sehr viel steckt, was ich dir mitteilen möchte. Also: Wir alle kommen auf diese Welt und machen so unsere Erfahrungen. Einige erleben schon als Baby und Kleinkind keinen ausreichenden Schutz und zu wenig Geborgenheit. Das muss nicht einmal die böse Absicht der Eltern gewesen sein. Es sind Dinge, die geschehen sind. Und hier ist schon der erste Punkt, an dem du innerlich ansetzen kannst: Zu lernen, die Gegebenheiten anzunehmen und nicht automatisch alles zu bewerten bzw. dir für deine Zukunft weitere Nachteile abzuleiten. Es ist, wie es ist. Wenn du das schaffst, setzt vermutlich eine erste Erleichterung ein, weil du sozusagen "loslassen" kannst.
Auch sehr harte Zeiten haben ihre Lichtmomente. Wer nur Bullerbü erlebt, kann bestimmte Sachen nie erfahren. Das soll nicht heißen, dass es gut ist, wenn Kinder in miserablen Bedingungen aufwachsen. Doch es ist eben nicht alles nur schwarz oder weiß. Mancher Mensch, der viele Widrigkeiten durchstehen musste, kann daraus eine ganz spezielle Stärke ziehen, wenn er sich dafür öffnet. Und das wäre mein Tipp Zwei für dich: Versuche zu reflektieren, was du alles in dir trägst und erlebt hast. Ich bin mir sicher, dass nicht alles so schlimm war. Dass dich mit deinen Eltern auch ein paar schöne Erinnerungen verbindet.
Alles in allem ist es natürlich deutlich herausfordernder, mit einem schweren "Erfahrungspaket" weiterzugehen. Doch es ist machbar und kann sogar eine Quelle von viel tieferer Selbsterkenntnis und Befreiung sein, als wenn man nicht solche einschneidenden Erfahrungen gemacht hat! Es ist immens wichtig, DASS man etwas zum Positiven verändern möchte. Dass man bereit ist, alles anzuschauen, was sich so darbietet und nichts wegzuschieben. Alles, was besonders unangenehm ist, bietet sehr viel Potenzial, eine:n weiterzubringen. Und irgendwann kann es sogar richtig Spaß bereiten, sich immer wieder so eine "harte Nuss" vorzunehmen und diese zu bearbeiten. Nicht zuletzt mit der Unterstützung von psychologischen Berater:innen, Therapeut:innen etc.

Dann ist es sehr entscheidend, die Vergangenheit nicht dauernd in die Gegenwart, oder noch schlimmer, in die Zukunft zu holen. Es geschieht alles im Hier und Jetzt. Schrecken der Vergangenheit muss man nicht "vergessen", geht auch nicht so einfach (außer es sind traumatische Elemente...). Wie schon geschrieben: Nimm sie an und schaue bedächtig auf den Ist-Zustand.
Aktuell hängst du noch sehr an der jungen Frau. Du schwankst zwischen starker Zuneigung, Neid und Trauer. Und wahrscheinlich noch vielen anderen Gefühlen. Es ist schon super, dass du diese so wahrnehmen kannst. Nun kannst du weitermachen und bei dir hineinfühlen, was du alles so vermisst - was schmerzt dich besonders, was hättest du gern? Wo kannst du dir selbst mehr Zuneigung schenken?
Es ist eine Weisheit, die viele nicht leben - nur wer sich selbst akzeptieren, lieben und wertschätzen kann, bekommt dies auch von der Umwelt zurück. Das bedeutet, du darfst bei dir noch sehr genau schauen, wo du dich selbst in den Staub getreten hast. Wo du dich als minderwertig und unwert abstempelst und dich somit an deiner Selbstverwirklichung hinderst.

Auch bei deiner Verliebtheit wäre es an der Zeit, diese zu akzeptieren und dann allmählich ziehen zu lassen. Diese Frau hat ein tolles Leben verdient - ja, absolut! Genauso du selbst! Und dafür ist es nötig, dass du dich davon emanzipierst. Löse dich von inneren Bildern á la Prinz auf weißem Pferd bzw. Prinzessin, die auf diesen wartet. Jeder Mensch macht sich sein Glück selbst. So auch diese Frau. Sie hat wahrscheinlich genau das verwirklicht, was du dir so wünschst, was dich deswegen auch so neidisch werden lässt. Sieh es als Geschenk an, dass sie es dir so unter die Nase reibt (wenn auch unabsichtlich). Du kannst daran wachsen, indem du daraus lernst. Ziehe den Schluss daraus, dass du dich selbst noch nicht auf Händen trägst und dich noch daran hinderst, dein eigenes Glück zu etablieren. Doch dafür ist es nie zu spät :)
Ich habe im August eine relativ ähnlich gelagerte Zuschrift beantwortet und ich glaube, dass vieles, was ich damals geschrieben habe, auch bei dir passt: https://mein-kummerkasten.de/331991/Die-unbekannte-Liebe-und-7-Jahre-Herzschmerz.html

Dann packe ich dir hier mal ein paar Sachen zusammen, die sich um Bewältigung von Lebensthemen, Selbstliebe, Achtsamkeit etc. drehen:
* https://mein-kummerkasten.de/332237/Hilfe-zur-Bewaeltigung-von-Trauer-und-Depression-Meine-Taktik.html
* https://mein-kummerkasten.de/332020/Unzufrieden-mit-sich-selbst-im-Leben-keine-Ziele.html
* Hier sind sehr viele Buch, Text - und Videotipps enthalten: https://mein-kummerkasten.de/331843/Kann-man-die-Liebe-satt-haben.html

Ich wünsche dir alles Gute und eine fette Portion Motivation für alles Weitere, was sich bei dir anbahnt :)

Alles Liebe,
Nuala