Problem von Cat - 19 Jahre

Ich mache immer alles falsch

Hallo liebes Kummerkasten-Team,

Ich mache im Augenblick meine Ausbildung zur KFZ-Mechatronikerin und bin im 1. Lehrjahr. Die Ausbildung macht mir echt richtig viel Spaß und ich komme auch mit meinen Kollegen ganz gut aus (jedenfalls mit den meisten)

Allerdings mache ich momentan, egal was ich mache, verdammt viele Fehler. Klar ist mir bewusst das man im 1. Lehrjahr Fehler macht weil man nicht alles wissen kann, aber das sind Fehler die eigendlich nicht mehr passieren dürfen. Das ich das Profil der Reifen falsch Messe und eintrage zum beispiel oder das ich die Auswuchtmaschiene falsch einstelle. Ich habe schon tausendmal Räder gewuchtet und ich mache jedes mal den gleichen Fehler. Heute sind mir gleich alle fehler auf einmal passiert und zusätzlich habe ich bei einer Wartung das falsche Öl genommen. Also nicht die falsche Ölsorte sondern das Falsche Markenöl (Wir haben einmal Castrol und Total) sind jetzt keine verheerenden Fehler, aber sie dürfen mir einfach nicht mehr passieren und dann Frage ich mich immer wieder :" wäre ja auch ein Wunder wenn ich mal etwas richtig machen würde".

Mich meckert niemand so richtig an wenn mir diese Fehler unterlaufen, aber mir wird es von mal zu mal einfach immer peinlicher und unangenehmer und ich Frage meinen Gesellen mitlaweile bei jeder Kleinigkeit ob das richtig ist oder ob ich das richtig mache. Ich habe einfach mitlaweile Angst davor einen Fehler zu machen.

Genauso wie ich Angst davor habe Kundenfahrzeuge in die Werkstatt zu fahren. Ich habe meinen Führerschein noch nicht besonders lange und bei uns in der Werkstatt ist es verdammt eng und ich habe bereits einmal eine Delle in die Tür einer Kundin gehauen. Ich habe auch dafür keinen richtigen Ärger bekommen, mich hat jedenfalls keiner angeschrien, aber mein Geselle war richtig sauer auf mich, was ich auch vollkommen verstehen kann, ich hätte mich an dem Tag am liebsten selbst gesteinigt und begraben. Mir war das so unangenehm und ich wollte wirklich heulen als das passiert war. Seit dem habe ich echt richtig Angst davor ein Kundenfahrzeug zu fahren, zum einen weil ich nichts beschädigen will und zum anderen weil ich nicht will das jemand wieder wegen mir zusätzliche Arbeit hat und sauer auf mich ist.

Ich bemühe mich wirklich sehr darum
das ich gut mit den Männern in der Werkstatt auskomme und man mich auch mag, aber das gestaltet sich ab und zu ein wenig schwierig weil ich von Natur aus eine recht schweigsame Person und auch sehr schüchtern bin. Dazu kommt noch das ich anscheinend einen recht schwierigen Charackter habe und nicht immer das sagen kann was ich sagen will. Ich traue mich einfach nicht so wirklich etwas von mir selbst zu erzählen wenn mich keiner fragt, vielleicht interessiert es meinen gegenüber nicht oder ich sage irgendetwas falsches. Deswegen kann ich auch kein richtiges Gespräch mit anderen aufbauen. Ich glaube ich werde in der Werkstatt auch viel mehr akzeptiert als wirklich gemocht das merke ich besonders an den anderen Azubis, also die aus dem 2. 3. Und 4. Lehrjahr, die Jungs reden zwar mit mir, aber um Längen nicht so locker wie mit dem anderen Azubi aus dem 1. Lehrjahr. Sie reden und scherzen mit ihm wesendlich mehr als mit mir und wenn ich versuche mich auch irgenwie mit ein zu bringen dann wird das Gespräch gleich so angespannt und ich habe dann immer das Gefühl als hätte ich irgendetwas an mir was andere abstößt.

Extrem vergesslich bin ich auch noch und tollpatschig dazu. Wenn ich eine Wartung mache, egal wie viel Mühe ich mir gebe es wird immer mindestens zwei Sachen geben die ich vergessen habe zb reifendruck kontrollieren und Ölzettel schreiben. Mir ist das dann immer so unangenehm wenn der Geselle direkt beim ersten mal schon errät was ich vergessen habe. Für ihn ist das mitlaweile nichts mehr neues das ich mal was vergesse und er scheint das auch nicht schlimm zu finden, aber ich finde es um so schlimmer weil ich mir echt Mühe gebe wenigstens einmal alles richtig und mal keinen Fehler zu machen oder etwas zu vergessen.

Denn irgenwie kann ich die letzte Zeit nicht eine positive Eigenschaft an mir nennen, es sind immer nur negative und ich habe momentan echt Angst davor wieder in Depressionen zu rutschen, weil ich echt froh bin das ich das hinter mir habe. Vor knapp fünf Jahren hatte ich echt schwere Depressionen weil ich in der Schule gemobbt wurde und mit dem Tod von meinem Vater nicht klar gekommen bin, habe mich deswegen auch geritzt und habe einmal versucht mir das Leben zu nehmen.
Seit den letzten Tagen habe ich immer wieder den Drang danach mich wieder selbst zu verletzten, aber ich bemühe mich dem zu widerstehen so gut ich kann. Trotzdem habe ich Angst das ich das nicht lange so kann und wieder mit dem Mist anfange.

Ich weiß nicht ob mein Problem hier überhaupt hin gehört, aber irgendwie müsste ich mir das von der Seele schreiben. Danke das ihr euch Zeit genommen habt euch das alles durch zu lesen.

LG Cat

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Cat!

ich finde es spitze, dass du dich für eine (Noch)-Männerdomäne entschieden hast und deinem Berufswunsch nachgegangen bist :) Es gibt viele Mädchen und Frauen, die davor zurückschrecken, obwohl sie das Zeug dazu hätten. Von daher erstmal Hut ab dafür, dass du die Ausbildung begonnen hast! Damit kannst du dich als Vorbild sehen, ich finde das sehr anerkennenswert.

Gleich vorweg - ich glaube, du wärst in einem psychologischen Coaching oder sogar in einer begleitenden Psychotherapie gut aufgehoben, weil sich das bei dir schon sehr nach "dünnem Eis" anhört.
Solange du in dir als Person nicht stabil bist und dich selbst derart abwertest, ist es fast schon eine zwingende Konsequenz, dass du Fehler und Missgeschicke machst.

Du schreibst, die würden _momentan_ viele Fehler passieren. Das ist natürlich spannend, denn da frage ich mich automatisch, ob es am Anfang deiner Ausbildung noch nicht so gewesen ist? Falls es wirklich ein neueres Phänomen sein sollte und du eigentlich weißt, dass du die nötigen Handgriffe drauf hast, würde ich auf eine psychische Ursache tippen. Du schreibst ja selbst, dass du dich verunsichert fühlst und dich sozial schwer tust. Und das kann schon viel im Negativen ausmachen. Diejenigen, die sich sozial besser einfügen konnten, bekommen dann auch mehr Unterstützung und finden durch Gespräche etc. mehr Gemeinsamkeiten. Es ist ja nicht einmal so, dass schüchterne Menschen schlechtere Karten haben - sondern dass sie dazu tendieren, sich abzuwerten und selbst zu isolieren bzw. zu glauben, genau zu wissen, dass Andere schlecht über sie denken würden. Meistens projizieren sie aber nur ihr eigenes vernichtendes Urteil auf die Außenwelt.
Ich möchte dir ans Herz legen, dich genauer mit deiner Persönlichkeit auseinanderzusetzen, um deine Bedürfnisse besser kennenzulernen und herausfinden zu können, was in dir steckt. Vielleicht hast du Lust, dich mit dem "inneren Kind" zu beschäftigen. Denn Vieles, was uns als erwachsene Menschen hemmt, ängstigt, blockiert, aufregt usw., lässt sich auf prägende Erlebnisse aus der Kindheit zurückführen, was viel mit dem Elternhaus zutun hat. Stefanie Stahl hat dazu ein sehr liebevolles Buch geschrieben: "Das Kind in dir muss Heimat finden". Dieses Buch zu lesen und damit zu arbeiten, lohnt sich absolut!

Wegen deiner Ausbildung: Ich empfehle dir eine Berufsberatung bzw. eine Besprechung mit deinen Ausbildenden. Sprich bitte genau an, was dir auffällt. Du solltest herausfinden, ob du tatsächlich in deinem Wunschjob richtig bist. Und ob du die Begabungen mitbringst, die dafür wichtig sind. Denn Interesse ist auf jeden Fall sehr wesentlich, doch braucht es genauso das Geschick für die jeweiligen Tätigkeiten. Hier darfst du dich ruhig zu allem bekennen, was du super drauf hast! Keine falsche Bescheidenheit! Zumindest solltest du versuchen, dich nicht schlechtzureden. Denn das ist sehr kontraproduktiv und auch einfach Käse.

Bei der Arbeit solltest du nicht dauernd inhaltlich nachfragen, ob du X oder Y richtig machst. Versuche, dich hier zu stoppen. Du bist anscheinend sehr in Angst, doch wenn du dich nicht auf dein Gefühl und dein Können verlässt, machst du die Angst noch größer. Dann hast du dauernd das Gefühl, dich absichern zu müssen.
Sei so konzentriert wie möglich, atme ruhig und tief. Gehe die Schritte im Geist durch, handle lieber langsam, dafür bewusst. Wenn du dich beruflich beraten lässt bzw. du in ein Coaching oder in eine Therapie gingest, könnte an diesen Arbeitsthemen sehr detailliert gearbeitet werden.

Ich habe dir eine ähnliche Zuschrift herausgesucht, die ich einmal beantwortet habe. Da sind bestimmt auch für dich nützliche Antworten dabei, ich habe darin auch andere Zuschriften zu Selbstzweifeln verlinkt: https://mein-kummerkasten.de/331615/Weiss-nicht-wie-ich-weitermachen-soll.html
Außerdem gibt es zu Selbstakzeptanz z.B. noch das Buch von Rolf Merkle: "So gewinnen Sie mehr Selbstvertrauen. Freundschaft mit sich schließen, den inneren Kritiker besiegen."

Hier noch unsere Soforthilfen:
- https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/34/Selbstzweifel.html
- https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/50/Kommunikation.html
- https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/52/Angst-Furcht-Phobie-Panik.html


Ich wünsche dir, dass du nicht nur innere Klarheit, sondern auch innere Ruhe finden kannst, um dann deine Wunschausbildung souverän meistern zu können.

Alles Gute!
Nuala