Problem von JayJay - 28 Jahre

Mein Mann treibt mich noch in den Wahnsinn

Hallo,

ich bin seit 1 3/4 Jahren mit meinem Mann verheiratet. Wir kennen uns schon fast unser gesamtes Leben. Ich bin 28 und er 27. Ich habe meine Tochter 4 3/4 mit in die Ehe gebracht.
Am Anfang war echt alles super, aber seit mehreren Monaten wird unsere Ehe immer mehr zur Hölle. Er unterstellt mir ständig, dass ich ihn mit meinem Ex (den Vater meiner Tochter) betrügen würde. Das ist natürlich totaler Schwachsinn. Er steigert sich da tagtäglich so sehr rein, dass er mir die krassesten Dinge unterstellt. Z.B. sobald er auf der Arbeit ist, würde ich meinem Ex die Türe öffnen, dass er zu mir kommen kann. Er behauptet auch, dass meine Familie darüber Bescheid wisse und mich decken würde.
Aber ganz im Gegenteil, eigentlich leben mein Ex und ich in Dauerauseinandersetzungen weil er keinen Kindesunterhalt zahlt. Zudem wäre ich niemals so blöd, etwas mit ihm am Laufen zu haben, er hat mir kurz nachdem unsere Tochter geboren war, mein Bein gebrochen, indem er es einfach im Streit durchgetreten hat. Aber mein Mann glaubt mir natürlich kein Wort.
Im Gegenteil, wenn ich unterwegs bin z.B. zum Einkaufen oder zu Besuch bei meiner Mutter, ortet er andauernd mein Handy und obwohl er sieht, dass ich an den besagten Orten war, behauptet er trotzdem ich hätte mich mit meinem Ex getroffen.

Aber das ist noch nicht alles. Mein Mann arbeitet 60 Stunden jede Woche und ist ständig genervt und schlecht gelaunt, das lässt er dann auch an mir raus. Ich bin an allem schuld. Z.B. seine Tasche ist weg und ich bin die Schuldige, ich habe sie verschwinden lassen. Er wird dann laut, schreit das gesamte Haus zusammen, scheucht mich durch die Wohnung brüllt mich nur noch an und wird richtig aggressiv. Dann sind entweder Sachen von mir kaputt (aufgrund seines Zorns) oder er schaltet mein Handy aus und versteckt es und behauptet er wissen nicht wo es ist. Das Auto hat er auch schon öfter irgendwo im Ort versteckt, obwohl er gar keinen Führerschein mehr hat.
Meine Tochter bekommt das Geschreie natürlich häufig mit und fängt dann fürchterlich an zu weinen. Ich habe echt teilweise richtig Angst. Ich habe ihm schon so oft gesagt, dass ich nicht so behandelt und angeschrien werden möchte, da ich in meiner gesamten Kindheit schon darunter gelitten habe. Mein Vater, Alkoholiker hat immer nur geschrien und meine Mutter und mich geschlagen. So Dinge kommen dann einfach bei mir hoch und er hat absolut kein Verständnis für nichts.
Ein noch anderes Problem ist, dass ich in der 14. Woche schwanger bin, nachdem ich 8 Fehlgeburten erlitten habe.
Ich habe natürlich ein Beschäftigungsverbot und soll mich viel schonen aufgrund dieser Vorgeschichte und daran bin ich natürlich auch schuld, weil ich ja stinkfaul wäre.

Klar läuft bei uns im Haushalt nicht alles so rund, aber am Anfang der Schwangerschaft hatte ich viel mit Übelkeit, starken Unterleibsschmerzen, sowie extremer Müdigkeit zu kämpfen. Dazu soll ich mich viel schonen, dann gibt es ja auch noch meine Tochter und ich leide an starken Depressionen, welche sich ständig mehr durchsetzen, wenn er mich so runterputzt.

Ich bin wirklich oft völligst überfordert und fühle mich einsam. Dazu weiß ich nicht, wie es weitergehen soll. Oft denke ich Trennung und dann denke ich es wird bestimmt alles wieder.

Langer Text, aber es tut gut, mal Ballast abzulassen.

Sarah B. Anwort von Sarah B.

Liebe JayJay,
ich danke dir vielmals für dein Vertrauen und vor allem dafür, dass du uns so offen von deiner Situation erzählt hast.

Es macht mich traurig zu lesen, was du durchmachen und ertragen musst .
Du hast geschrieben:
"...und dann denke ich es wird bestimmt alles wieder."
So hart das jetzt klingt:
Das wird es nicht!

Ja, das ist vermutlich nicht das was du hören wolltest, aber ich möchte und kann das Ganze nicht beschönigen.
Du musst schnellstmöglich da raus.
Du hast in deinem Leben viel Gewalt erleben müssen, sowohl durch deinen Vater, als auch durch deinen Expartner und nun durch deinen Ehemann.
Vielleicht denkst du jetzt: Er schlägt mich ja aber nicht...
Auch verbale Gewalt ist eine Form von Missbrauch und hinterlässt tiefe Spuren. Die Auswirkungen hast du bereits an dir und deiner Tochter festgestellt.

Egal wieso/weshalb/warum dich jemand schlägt, anschreit, kontrolliert, ausrastet oder ähnliches.
ES IST NICHT DEINE SCHULD!!!
Du hast nichts falsch gemacht. Ich weiß, dass Frauen in deiner Situation das oft denken, einfach weil sie es nicht anders kennen und irgendwann glauben, dass sie es nicht anders verdient haben und verantwortlich dafür sind, dass der Mann tut, was er tut.
Aber bitte glaub mir, dem ist nicht so. Jeder Mensch hat es verdient in einer sicheren Umgebung, ohne jegliche Form von Gewalt zu leben.
Gibt dich nicht mit weniger zufrieden und denk auch bitte daran, dass deine Kinder ebenfalls ohne Gewalt, Geschrei, Misstrauen etc. aufwachsen sollten.
Sie dürfen nicht mit der Vorstellung aufwachsen, dass es normal ist so behandelt zu werden.


Sieh dir bitte die folgenden Sätze aus deiner Nachricht an:

- seit mehreren Monaten wird unsere Ehe immer mehr zur Hölle
- dass er mir die krassesten Dinge unterstellt
- mein Mann glaubt mir natürlich kein Wort
- ortet er andauernd mein Handy
- ist ständig genervt und schlecht gelaunt, das lässt er dann auch an mir raus. Ich bin an allem schuld
- Er wird dann laut, schreit das gesamte Haus zusammen, scheucht mich durch die Wohnung brüllt mich nur noch an und wird richtig aggressiv
- Meine Tochter bekommt das Geschreie natürlich häufig mit und fängt dann fürchterlich an zu weinen
- Ich habe echt teilweise richtig Angst
- er hat absolut kein Verständnis für nichts
- ich leide an starken Depressionen, welche sich ständig mehr durchsetzen, wenn er mich so runterputzt
- Ich bin wirklich oft völligst überfordert und fühle mich einsam

Und jetzt stell dir vor jemand anders hätte sie geschrieben oder eine Freundin würde dir erzählen, dass ihr Leben so aussieht.
Was denkst du darüber? Sind das Zustände, die man ertragen sollte?

Ich kann mir vorstellen, dass du hoffst, dass es besser wird, aber ich glaube ehrlich gesagt nicht daran.
Das Verhalten, das dein Mann an den Tag legt hat nichts mit "Ich hatte einen schweren Tag auf der Arbeit" zu tun.
Natürlich kann man mal schlecht gelaunt oder nicht gut drauf sein, aber das geht doch weit darüber hinaus.
(Lies dir an der Stelle gerne noch mal deine Aussagen durch, die ich vorhin zitiert habe).

Ich fürchte es macht keinen Sinn an dieser Ehe zu arbeiten, wir reden hier nicht von banalen Alltagsproblemen, sondern von Gewalt und Missbrauch.
Du musst jetzt an dich und deine Kinder denken.
Ich freue mich sehr für dich, dass du nach all den Komplikationen wieder schwanger geworden bist und hoffe sehr, dass es keine weiteren Probleme gibt.

Jetzt konzentrieren wir uns darauf wie es weiter geht, ok?
Den ersten Schritt hast du bereits getan, in dem du uns geschrieben hast. Das zeigt ja, wie sehr es dich belastet und, dass was passieren muss.
Jetzt muss der nächste Schritt erfolgen.
Ich bitte dich inständig dich an das Hilfetelefon zu wenden.
https://www.hilfetelefon.de
Die beraten dich sowohl telefonisch, als auch per Chat, als auch per E-Mail. Das Ganze ist anonym und kostenlos.
Sieh dich gerne auf der Seite um, dort findest du sämtliche Informationen zu dem Thema häusliche Gewalt und sie bieten etliche Hilfsangebote an.
Du musst da nicht alleine durch, also hab bitte keine Angst, dass du keine finanzielle oder emotionale Unterstützung erhälst.
Dieses Thema wird glücklicherweise nicht mehr gänzlich totgeschwiegen oder ignoriert. Es gibt Behörden und Verbände die Frauen in deiner Situation begleiten und unterstützen.

Hast du dich jemandem aus deinem Umfeld anvertraut? Lass dich auch von den Menschen die dir nahe stehen auf diesem Weg begleiten, du musst das nicht alleine bewältigen.
Psychologische Betreuung wäre ebenfalls wichtig. Auch hierzu kann dich das Hilfetelfefon beraten.

Ja, es liegt kein leichter Weg vor dir, aber du bist stark und du schaffst das.
Liebe JayJay, ich hoffe sehr, dass ich dir weiterhelfen konnte und vor allem, dass du meine Ratschläge beherzigst.
Ich wünsche dir von Herzen, dass du den Weg weiter gehst, damit du und deine Kinder ein Leben ohne Angst und Gewalt führen könnt.
Ihr habt das verdient.
Ich würde mich sehr freuen, wenn du dich nochmal melden und erzählen würdest, wie es weiter gegangen ist.

Alles Liebe für euch und viel Glück.
Viele Grüße,
Sarah