Problem von Isy - 16 Jahre

Nach Schulwechsel keinen Anschluss gefunden

Liebes Kummerkasten- Team,

nach den Sommerferien diesen Jahres habe ich das Gymnasium zur 11. Klasse gewechselt, da ich mich auf meiner alten Schule nicht mehr wohlgefühlt habe. Grund hierfür waren lediglich Lehrerinnen, die mir Schwierigkeiten bereitet haben. Nun bin ich also seit knapp vier Monaten auf der neuen Schule, doch leider habe ich noch nicht wirklich Anschluss gefunden. Am Anfang habe ich mich einer Clique, die aus drei Mädchen besteht, angeschlossen. Zuerst hat das auch gut geklappt und wir haben uns gut verstanden. Jedoch gibt es in meiner Klasse noch ein anderes Mädchen, welches ebenso neu an der Schule ist. Das Mädchen hat sich vor ein paar Wochen zu uns gesellt, aber es hat sich nur mit den anderen Mädchen der Clique unterhalten und mich vollkommen ignoriert. Seitdem fühle ich mich wie das fünfte Rad am Wagen, weil sich die anderen Mädchen nur noch mit ihr unterhalten. Letztens hat das Mädchen die Clique (mich natürlich nicht) zu ihrem Geburtstag eingeladen und führt diese nun an Alkohol, Drogen und Shisha- Rauchen heran! Sie hat also einen schlechten Einfluss auf die anderen Mitschüler und so etwas ist überhaupt nicht mein Ding! Ich habe zudem das Gefühl, dass meine Interessen generell nicht mit denen meiner Mitschüler übereinstimmen, da fast meine ganze Klasse an Dingen wie rauchen, Alkohol und Drogen interessiert ist... die Mädchen- Clique war meines Wissens nach, bevor das Mädchen dazu gestoßen ist, auch nicht an solchen Dingen interessiert. Ich habe das Gefühl, dass niemand mit mir auf einer Wellenlänge ist und ich weiß echt nicht mehr, was ich tun soll, weil ich eigentlich nie ein Außenseiter war und immer Freunde hatte- wenn auch nicht so viele wie andere sie haben. Es besteht leider auch nicht die Möglichkeit, die Klasse zu wechseln, da ich in einer Französisch- Klasse bin und das die einzige in meiner Jahrgangsstufe ist... Es graust mir auch schon vor den zwei Klassenfahrten, die im nächsten Halbjahr anstehen... Dadurch fühle ich mich natürlich unwohl in meiner Klasse, was natürlich auch meine mündliche Leistung im Unterricht beeinträchtigt. Mit den Lehrern hingegen komme ich aber gut klar, weshalb ein erneuter Schulwechsel für mich nicht infrage kommt. Jedoch möchte ich auch nicht einsam sein... zwar werden die Klassen nächstes Jahr wieder aufgelöst und dann ist der Jahrgang in Kurse aufgeteilt, aber ich bin besorgt, dass ich auch dann keine Freunde finde, weil ich die Befürchtung habe, dass generell ein großes Alkohol- und Drogenproblem in meinem Jahrgang besteht... wenn man daran nicht interessiert ist, ist man im Prinzip "uncool" und ausgeschlossen...
Ich bedanke mich schon mal im Voraus für Ihre Bemühungen, eine Lösung für mein Problem zu finden!

Liebe Grüße von Isy!

Adriano Anwort von Adriano

Hallo, liebe Isy!

Vielen Dank zunächst einmal für deine Nachricht und das Vertrauen, das du in uns setzt! Du hast deine Situation gut beschrieben. Anhand deiner Nachricht habe ich gut mitfühlen können, wie sehr dich diese Umstände offenbar belasten. In deinem Kopf schwirren mit hoher Wahrscheinlichkeit auch noch viele andere Gedanken herum, die du dir diesbezüglich machst. Wenn dem so sein sollte, könnte ich das jedenfalls gut verstehen.

Es schmerzt, wenn Freunde sich von uns abwenden. Oder aber wenn eine Person, die im Freundeskreis neu dazu gestoßen ist, dafür sorgt, dass sich Freunde zunehmend von uns abwenden. Du beschreibst, dass dieses Mädchen deine Freundinnen zum Geburtstag einlud, dich jedoch nicht. Der Einfluss des Alkohols, des Rauchens und der Drogen, dem deine Freundinnen nun ausgesetzt sind, erregt in dir (völlig zurecht!) große Sorge. Du fühlst dich als das fünfte Rad am Wagen, verstehst den Großteil deiner Klasse nicht (mehr) und alle scheinen dicke, fette Scheuklappen auf den Augen und Ohren zu haben. Glaub mir, Isy, auch ich würde mich an deiner Stelle genauso fühlen wie du dich im Moment fühlst. Du möchtest wahrscheinlich am liebsten alle mal gepflegt wachrütteln, insbesondere deine Freundinnen. Alle mal so richtig packen und fragen, was das Ganze eigentlich soll. Nicht wahr? Dass du dich unter all diesem Mist (ich nenne es jetzt einfach mal so!) unwohl bei dem Gedanken fühlst, mit deiner Klasse im nächsten Jahr dann auch noch auf Klassenfahrt zu gehen, kann ich absolut nachvollziehen.


Was also könnte die Lösung des Problems sein? Ich möchte gleich mal an die Wurzel gehen. Ohne groß zu beschönigen.

Es steht dir durchaus aus zu deine Freundinnen zu fragen, ob sie den wüssten, weshalb dich das andere Mädchen nicht zu ihrer Geburtstagsfeier eingeladen hatte. Wenn es dich verletzt haben sollte, stünde es dir ebenso zu, ihnen deine Enttäuschung darüber mitzuteilen. Das wäre weder Vorwurf noch Anklage. Sondern unter Freunden eigentlich üblich, Gefühle untereinander auszutauschen und über sie zu reden. Wenn du der Meinung bist, dass eine deiner Freundinnen (es können, aber müssen ja nicht alle sein) dafür mal ein gutes Gehör haben könnte: rede mit ihr über deine Empfindungen! Vielleicht war es deinen Freundinnen nicht bewusst, dass du dich ausgeschlossen gefühlt hattest. Oder aber sie haben angenommen, dass du zwar eingeladen, aber eben einfach nicht da warst. Ich gebe zu - es ist genauso gut wahrscheinlich, dass sie wussten, dass du nicht eingeladen warst. Doch auch dazu könntest du zumindest deine Enttäuschung insofern äußern, dass du nicht verstehst, warum das passiert ist und gleichzeitig bekunden, dass du dich für die Gründe interessierst. Insofern sie dich denn interessieren sollten, selbstverständlich. Denn irgendwo zwischen deinen Zeilen konnte ich zumindest erahnen, dass du eventuell nichtgerade so viel Wert auf die Meinung des neuen Mädchen legst. Aber dafür umso mehr auf die deiner Freundinnen, die dem neuen Mädchen zunehmend Aufmerksamkeit schenken. Dass sie diesem Mädchen steigende Aufmerksamkeit geben und schenken ist dabei gar nicht mal so schlimm. Dass du dich aber dadurch vernachlässigt fühlst ist jedoch mindestens EIN guter Grund, sie darauf anzusprechen. Ein weiterer guter Grund wäre da auch selbstverständlich deine Sorge um den Einfluss von Alkohol, Rauchen und Drogen auf sie.

Zugegeben - es ist ein sehr schmaler Grat Freunden klarzumachen, dass das, was sie tun, irgendwo falsch oder schlecht ist oder sich irgendwie ungerecht anfühlt. Es gehört schließlich Mut dazu, einerseits die eigenen Gedanken und Gefühle zu offenbaren und andererseits unangenehm wirkende Fragen zu stellen. Sind es jedoch gute Freunde, nehmen sie sich deiner Gedanken und Fragen zumindest an. Im Idealfall reflektieren sie, und antworten und lassen Veränderungen zu. Dieser Prozess muss nicht, aber kann unter Umständen auch länger dauern. Veränderungen müssten sie jedoch selbst zulassen. Ein guter Freund nimmt sich deiner Sorgen an! Jedoch, und das muss ich dir an dieser Stelle sagen: auch ein guter Freund, oder aber du selbst als guter Freund für jemand anderen, wird/kann hin und wieder mal in die Lage kommen, dass er dich in irgendeiner Weise vernachlässigen könnte. Es ist nicht selten, dass jede Freundschaft solche Phasen er- und idealerweise auch überlebt. Es ist daher wichtig, sich beiderseits auch für die jeweils andere Seite zu interessieren, für die Gründe, die eine Rolle dabei spielten, dass sich jemand vernachlässigt fühlt. Manchmal ergeben sich dabei Antworten, an die man vorher nicht einmal gedacht hätte. Miteinander zu reden ist in jedem Fall der allerbeste Anfang für Veränderungen. Diese Formel, wenn man so will, ist eine, die in so vielen Lebenslagen stets allgemeine Gültigkeit hat, ein Leben lang.

Was ich dir, nachdem ich deine Situation gelesen habe, empfehlen würde, ist also dass du versuchen könntest, mit einer deiner Freundinnen einfach mal das Gespräch zu suchen. Ob unter 4 oder mehr Augen, bliebe ganz deiner Einschätzung überlassen. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Gespräch der beste Anfang überhaupt ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass du danach eine, zwei oder viele Antworten dazugewonnen haben könntest. Ich hoffe, dir damit weitergeholfen zu haben.

Noch kurz zu deiner Klasse und zu allen die sagen, es sei uncool nicht zu rauchen und keine Drogen zu nehmen: es ist zunächst einmal schon ziemlich cool herauszufinden und dann auch genau das zu tun (oder nicht zu tun), was man selbst möchte (oder nicht möchte)! Nicht einmal aber die interessantesten Zwanzig-, Dreißig, Vierzig- oder Fünfzigjährigen haben es heute geschafft, genau DAS für sich herauszufinden. Und, sind wir ehrlich, es ist ja auch verdammt schwer. Aber: es ist hochgradig uncool anderen einzureden dass es uncool sei, wenn man nicht das tut, was andere tun. Es ist hingegen hochgradig cool andere genau das machen zu lassen, was sie für sich selbst am besten finden!



Ich wünsche mir für dich, dass sich alles bald in bessere Bahnen für dich lenken lässt. Und sei es, dass du Antworten von anderen und du dadurch Antworten für dich selbst findest. Lass, wenn du möchtest, gerne von dir hören, wenn wir dir weiterhelfen konnten oder du noch weitere Hilfe haben möchtest.



Viele liebe Grüße,
Adriano