Problem von Anonyme - 17 Jahre

Vergewaltigt. Aber von wem?

Also.. es war im März 2019 bei einem Geburtstag. Ich kannte dort kaum wen nur ein paar Freunde von mir, die auch eingeladen waren, jedoch nicht immer bei mir waren. Ich habe Alkohol getrunken und ich habe auch aus Versehen gekifft. Jemand hatte mir einen joint in die Hand gedrückt und gesagt es wäre eine Zigarette. Leider weiß ich auch nicht mehr wer das war. (Bevor jetzt jemand schreibt, dass ich ja zu jung bin und so: ich weiß) Jedenfalls weiß ich danach FAST gar nichts mehr.
Ich weiß das ich nach oben (Die Geburtstagsparty war bei meiner Freundin zu Hause) gegangen bin, da die Musik mir zu laut war und mich in ein Bett gelegt habe. Ich bin eingeschlafen. Kurz darauf habe ich gemerkt, dass jemand in das Zimmer gekommen ist. Ich habe eine Gestalt auf mich zukommen sehen, konnte jedoch nicht erkennen wer es war. Es war eine Silhouette mit einer schwarzen cap und einem dunklen Pullover. Er zog mich also irgendwie aus obwohl ich es nicht wollte. Er hatte mich anscheinend stark an den Hüften und am linken Handgelenk festgehalten, da ich am nächsten Tag ziemlich krasse blaue Flecken dort jeweils hatte.
Niemand hatte es mitbekommen. Ich weiß, dass ich es nicht wollte. Ich weiß dass ich zu schwach war mich zu wehren und Ich weiß das es höllisch weh tat. Dann habe ich wieder eine Gedächtnislücke. Ich glaube ich bin vor Schock ohnmächtig geworden oder so aber ich weiß es nicht.
Dann weiß ich noch das ich irgendwann aufgewacht bin und halbnackt war. Untenrum hatte ich nichts an. Der Typ war weg. Ich hatte schmerzen. Irgendwie zog ich mich wohl wieder an und ich taumelte zur Treppe, wo mich meine Freundin fand und mir das auch erzählt hatte, dass sie mich an der Treppe „ohnmächtig“ auffand. Aber normal also nicht halbnackt. Nur mein Knopf von der Hose war auf. Daraus schließe ich, dass ich mich wohl angezogen haben musste.
Den Rest nun weiß ich nur aus Erzählungen. Alle fragten mich am nächsten Tag was los war und ich sagte einfach das ich zu viel getrunken hatte. Ich hab versucht es meiner „besten Freundin“ anzuvertrauen aber sie nahm es nicht wirklich ernst.

Laut Erzählungen weinte ich dolle und sagte immer irgendwas von dass ich schmerzen hätte. Meine beste Freundin und ihr Freund brachten mich nach Hause. Sie mussten mich stützen, da ich nicht laufen konnte und immer wieder sagte ich, dass ich schmerzen hätte.
Am nächsten Morgen wachte ich auf und wusste erst gar nichts mehr . Doch dann sah ich die blauen Flecken und irgendwie war das dann alles wie im Film. Ich konnte mich nur noch an die oben genannten Dinge erinnern. Ich habe 1 Stunde nur vor mich her gestarrt um das Geschehen zu realisieren. Immer hatte ich schreckliche Angst davor und war immer vorsichtig.
Ich fühlte mich ekelig, leer und wollte/will am liebsten aus meinem Körper raus und in einen neuen schlüpfen. Mir ist das alles ziemlich unangenehm, da ich mir die Schuld gebe, da ich nicht hätte soviel trinken sollen. Dann wäre es nicht passiert.
Wie gesagt meine „beste Freundin“ nahm es nicht wirklich ernst. Sie sagte, dass ich einfach nicht drüber nachdenken solle, da ich eh nichts mehr dran ändern könne. Sie sagt auch das sie nichts mehr mit mir anfangen könnte als beste Freundin, da ich mich seit dem Vorfall stark verändert habe. Ich habe es dann noch einer anderen Freundin erzählt und stand und steht immer noch hinter mir. Mit ihr zu reden hat mir sehr geholfen.
Ich hatte viele Panikattacken tags und nachts. und habe mich Nachts auch aus Versehen selbst verletzt, indem ich mit meinen Fingernägeln immer meinen linken Oberschenkel aufgeratscht habe. Schweißgebadet bin ich fast jede Nacht aufgewacht, da ich schreckliche Albträume oder Panikattacken hatte. Das ging ein gutes halbes Jahr so. Durch das reden ging es mir aber immer besser. Je öfter ich die Geschichte erzählt habe, desto besser wurde es habe ich gemerkt. Es hat mich viel Überwindung gekostet aber ich wollte auch das meine anderen Freude eben nicht das gleiche sagen wie meine „beste Freundin“, dass ich mich verändert habe und sie nichts mehr mit mir zu tun haben wollen und halt nicht wissen wieso. Es war auch eigentlich dann alles wieder halbwegs gut. Bin jetzt vor kurzem. Ich habe wieder Panikattacken und habe mich auch wieder verletzt im Schlaf. Ich schlafe wenn es gut läuft 3-4 Stunden pro Nacht. Es ist irgendwie viel schlimmer als davor.
Ich bereue es sehr das ich mir nicht früher Rat gesucht habe. Aber ich dachte, da ich eh nicht weiß wer es war, bringt es nichts. Ich wusste ja gar nicht, dass man das alles heutzutage so herausfinden kann. Außerdem habe ich mich geschämt und ich konnte auch nicht zur Frauenärztin. Ich hatte einfach die Kraft nicht dazu. Ich fühle mich deswegen auch sehr schlecht und schuldig , da ich nun Angst habe, dass diese Person das immer wieder macht und ich nichts dagegen tun kann oder nichts getan habe.
Ich habe auch tatsächlich versucht mit meiner Mutter darüber zu reden aber sie glaubt mir das nicht. Das Verhältnis zu meiner Mutter ist generell nicht so gut.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Ich fühle sehr mit dir. Das ist ein schlimmes Verbrechen, das viel zu oft vorkommt.

Zu deiner Aussage mit dem Alkohol möchte ich einwenden: Niemand hat das Recht, dich zu vergewaltigen, egal wieviel du getrunken hast!! Daher finde ich es enorm wichtig, dass du diesen Glauben ab sofort aus deinem Kopf verbannst und dich immer wieder korrigierst, wenn er wieder auftaucht. Du bist nicht schuld! Niemand ist schuld daran, außer der Täter. Er hat dich heimtückisch überfallen und deine Wehrlosigkeit ausgenutzt. Und das hätte er sicher auch dann getan, wenn du nüchtern oder mit weniger Alkohol in diesem Bett gelegen hättest. Solche Typen machen es einfach, Alkohol hin - oder her. Selbst wenn du im Stande gewesen wärst, dich zu wehren, hätte er vermutlich nicht so rasch von dir abgelassen. Er scheint auch sehr brutal vorgegangen zu sein, was meine Wut auf dieses Arschloch noch steigert. Fühl dich bitte mal doll von mir gedrückt!!

Ich kann auch sehr verstehen, dass du gerne wissen möchtest, wer dir das angetan hat. Doch wahrscheinlich wird es eine der großen Herausforderungen für dich sein, genau diese Ungewissheit annehmen zu lernen und - so gut es geht - deinen Frieden damit zu schließen. Ich muss aber auch sagen: Falls es noch einen Hauch einer Chance geben könnte, den Täter zu ermitteln, solltest du das in Erwägung ziehen und dir dabei helfen lassen. Der Weiße Ring ist dafür u.a. eine Anlaufstelle.

Du hast Recht: Das ist keine wirkliche beste Freundin, wenn sie dich in Zeiten der schlimmsten Not derart im Stich lässt! Sie hat nicht einmal das Wort Freundin verdient. Echt unglaublich.
Wie gut, dass du noch andere Menschen um dich hast, die anders mit dir umgehen und mitfühlend sind. Ich kann dir nur sehr empfehlen, dich weiterhin mit solchen Leuten zu verbinden und alle, die dir schaden, indem sie dich z.B. nicht ernstnehmen, weitestgehend meidest. Natürlich ist das bei der eigenen Mutter besonders tragisch, doch kann man ein gutes Verhältnis leider nicht erzwingen. Und der Selbstschutz geht immer vor - Pseudoharmonie braucht niemand.

Ich verlinke dir mal eine Zuschrift, welche ich kürzlich beantwortet habe. Da geht es ebenfalls um Vergewaltigung. Ich denke, da steckt auch für dich viel drin an nützlichen Informationen und Gedankenanstößen. Vor allem hinsichtlich der therapeutischen Aufarbeitung des Geschehens.
https://mein-kummerkasten.de/332415/Im-Auto-Vergewaltigt.html

Ich wünsche dir alles Gute und grüße dich herzlich!
Nuala