Problem von Anonym - 18 Jahre

Meine Eltern akzeptieren meine Sexualität nicht

Hallo,
ich bin Homosexell. Eigentlich ist es für mich nie ein großes Problem gewesen. In meinem Freundeskreis spreche ich zwar nie darüber wenn ich ein anderes Mädchen mag aber ich werde trotzdem akzeptiert.
Vor einem Jahr habe ich zum ersten Mal meiner Mutter erzählt das ich in eine Freundin verliebt war. Sie wirkte sofort enttäuscht und verletzt und meinte, dass es falsch sei und das ich mir das nur einbilden würde. Ich habe oft noch weitere Versuche gestartet mit ihr über das Thema zu reden aber sie hat es immer abgewiesen. Dann habe ich bei meiner Schwester um Verständnis gehofft und es ihr erzählt. Sie ist total enttäuscht aus dem Zimmer gestürmt und hat nicht mehr mit mir gesprochen. Diese Reaktion hat mich wirklich sehr verletzt. Daraufhin habe ich ihr geschrieben dass es nur ein Scherz gewesen sei.
Irgendwie habe ich mich damit abgefunden dass sie es nicht akzeptieren. Meinem Vater würde ich es sowieso niemals erzählen. Er würde mich sofort verstoßen.
Obwohl ich mich daran gewöhnt habe dass sie es nicht verstehen. Macht es mich sehr traurig und ich weiß nicht wie ich jemals eine Beziehung zu einer Frau eingehen kann ohne den Kontakt abbrechen zu müssen.
Danke im voraus

Delia Anwort von Delia

Hallo liebe Anonyme,

es tut mir sehr leid, dass deine Familie so ablehnend auf deine Homosexualität reagiert. Jeder Mensch möchte von seiner Familie geliebt und akzeptiert werden wie er ist. Wenn man von der eigenen Familie abgelehnt wird, ist das häufig besonders schmerzhaft und man hat das Gefühl, als wäre mal selbst nicht richtig oder als würde man etwas falsch machen. Daher möchte ich dir zu Beginn ganz klar sagen: So wie du bist, bist du genau richtig! Mit dir ist alles in Ordnung! Du hast das Recht, zu lieben wen du möchtest! Es gibt keinen Grund, dich zu schämen oder dich selbst zu verurteilen! Lass dir von niemandem etwas anderes einreden!

Leider gibt es keinen Zaubertrick, um die Meinung deiner Familie zu ändern. Viele Menschen wachsen mit einer Meinung auf und bleiben ihr ganzes Leben dabei. Sie glauben, dass Homosexualität falsch oder unnatürlich ist und hinterfragen diese Meinung ihr ganzes Leben nicht. Sie denken in Schwarz und Weiß und geben sich keine Mühe, ihre eigenen Einstellungen zu reflektieren. Daher glaube ich leider nicht, dass es Sinn ergibt, wenn du in nächster Zeit noch einmal versuchen würdest mit deiner Familie zu reden. Wahrscheinlich würden sie dann genauso ablehnend reagieren und dir würde es noch schlechter gehen. Ich wünsche dir sehr, dass sich deine Mutter und Schwester Gedanken über deine Worte machen und sich nach einiger Zeit doch noch damit anfreunden können. Ich wünsche dir, dass sie lernen es zu akzeptieren und verstehen, dass deine Sexualität aus dir keinen anderen Menschen macht. Leider gibt es dafür keine Garantie und du kannst nicht dein Leben lang darauf warten, dass deine Familie es irgendwann akzeptieren kann.

Vorerst bleibt dir wohl nur übrig, deine Persönlichkeit von deiner Familie zu trennen. Ja, du bist die Tochter deiner Eltern und die Schwester deiner Geschwister. Ja, du bist und bleibst Teil deiner Familie. Aber du bist auch ein eigenständiger Mensch, der selbst Entscheidungen trifft und sich überlegen muss, wie er sein eigenes Leben führen möchte. Du bist für dein eigenes Leben verantwortlich. Du musst jeden Morgen aufstehen und dein eigenes Leben leben. Niemand außer dir selbst kann beurteilen, wie sich das für dich anfühlt oder was für dich richtig ist.
Wenn deine Familie dich nicht unterstützt, dann such dir Unterstützung bei anderen Menschen. Rede mit deinen Freunden oder mit Bekannten, denen du vertraust. Tausch dich im Internet mit Menschen aus, die sich in einer ähnlichen Situation befinden wie du. Folge Menschen in sozialen Netzwerken, die offen mit ihrer Homosexualität umgehen und Tipps geben, wie man zu sich selbst stehen kann. Es ist wichtig, dass du nicht das Gefühl bekommst, falsch oder komisch zu sein. Du darfst nicht den Eindruck haben, dass deine Homosexualität dein Geheimnis sein muss, weil dich sonst niemand akzeptieren würde. Es gibt so viele Menschen, für die Homosexualität vollkommen normal ist und die dich dafür niemals verurteilen würden. Es ist wichtig, dass dir das immer bewusst ist und du immer weißt, dass es genug Menschen auf dieser Welt gibt, die dich nicht ablehnen. Das Problem bist nicht du! Das Problem sind die Menschen, die auch im Jahr 2020 noch nicht verstehen, dass Homosexualität keine Bedrohung oder Abnormalität ist, sondern etwas ganz Normales, das es schon immer gab und immer geben wird.

Bleib mit deinen Gefühlen und Gedanken nicht alleine, sondern such dir Menschen, mit denen du dich austauschen kannst. Es wäre schön, wenn deine Familie zu diesen Menschen gehören würde, aber dazu kannst du sie nicht zwingen. Du kannst mit ihnen reden und ihre Fragen beantworten, wenn sie dir welche stellen, aber dafür müssen sie zuerst bereit sein, sich überhaupt damit auseinander zu setzen. Deine Priorität sollte immer bei dir selbst liegen. Du bist dafür verantwortlich, dass du zufrieden mit deinem Leben bist. Es lohnt sich nicht, auf die Liebe zu einer Partnerin zu verzichten, nur weil deine Familie damit nicht einverstanden ist. Wenn du eine Beziehung mit einer Frau führen möchtest, dann lass dich nicht davon abhalten. Du bist es deiner Familie auch nicht schuldig, ihnen etwas davon zu erzählen, wenn du weißt, dass sie es eh nur ablehnen würdest. Du bist nicht dafür verantwortlich, immer einen Schritt auf sie zuzugehen, wenn sie dir nicht entgegen kommen.

Ich wünsche dir, dass du mit dir selbst im Reinen bist und viele Menschen in deinem Leben haben wirst, die dich so lieben und akzeptieren wie du bist!

Liebe Grüße