Problem von Maike - 17 Jahre

Meine Mutter ist Überfordert und ich auch

Hallo,
Mein Problem ist es, dass ich einen kleinen Bruder habe mit geistiger Behinderung.
Er ist 14 und Klaut mir oft Geld, Obwohl er damit Garnichts anfangen kann, dass macht er einfach aus Prinzip, aber das ist nicht mein größtes problem sobald ich die Treppe runterlauf beleidigt er mich und geht auf mich los und schlägt mich, doch meiner Mutter ist das egal er darf sogar damit er ruhig ist an ihr handy und ich bekomme ärger.
Mein Bruder geht oft auf Bauernhöfe und Riecht dann Unangenehm aber meine mutter ist das egal er hat schon seit 5 Monaten nicht mehr geduscht und wenn ich sage das er duschen soll geht er sofort an die decke und meine mutter nimmt ihn in Schutz und sagt nur das ich ihn in ruhe lassen soll und er bekommt dann wieder das handy meiner mutter.
Klar verstehe ich das mein kleiner bruder eine geistige Behinderung hat das ist aber kein grund ihn alles durch gehen zu lassen. Er weiß das er durch das Schreien, Kreischen und ausrasten alles bekommt was er will weil meine mutter nie was macht dagegen sie ist überfordert mit meinem Bruder das merkt man auch daran das sie unten nichts macht es sieht aus als wären wir Mässis und es bleibt alles an mir und meiner älteren schwester hängen.
Daher wollte ich wissen, ob es eine gute Idee wäre das Jugendamt zu Informieren, obwohl meine mutter mir das verboten hat.
Lg Maike

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Hallo liebe Maike,

Vielen Dank für dein Vertrauen erst einmal :)

Es gibt zwei Seiten bezüglich deines Bruders und damit auch zwei vollkommen unterschiedliche Wege, wie man mit der Situation einen geistig behinderten Sohn zu haben/ oder einen geistig behinderten Bruder zu haben - umgehen kann.

Deine Mutter scheint deinem Bruder sehr viel durch zu gehen. Sie kann sich all sein Verhalten aufgrund der Behinderung erklären und "lässt ihn machen". Sicher hast du Recht, das da auch eine Überforderung rein spielt, anders zu handeln. Vielleicht eben aber auch die Sorge und das Wissen, das er gar nicht anders kann und eben immer so handelt, wie er es muss - aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten. Sie wird sich selbst denken, das dein Bruder genug "Schicksal" trägt und eben das was er tut, nicht wirklich Konsequenzen bekommen kann, weil er doch nichts dafür kann, wie er handelt.

Du siehst das alles ganz anders und denkst, das dein Bruder die Konsequenzen für sein Handeln bemerken muss. Das man Ihn aufgrund seiner Erkrankung nicht alles durchgehen lassen darf und er trotzdem nicht denken sollte, das er sich sozusagen auch dir gegenüber "alles Erlauben darf". Ich kann deine Situation selbst durchaus ganz gut nachvollziehen, da Ich im Kreise meiner Verwandten ähnliches erlebt habe, wie deine Mutter nun deinen Bruder sieht. Auch ich habe das immer als ungerecht empfunden jemandem alles durchgehen zu lassen NUR weil man glaubt, das man Ihn oder Sie so "nehmen" muss, wie die Person oben ist. Das ist ein schwieriger Konflikt und da stecken sehr viele Ängste und Emotionen hinter, wenn man solche Entscheidungen treffen muss.

Wie es wirklich um deinen Bruder steht und ob er Konsequenzen verstehen kann und inwieweit er tatsächlich vollkommen bewusst das Kreischen benutzt, da er weiß das es oft Erfolg bringt - kann Ich nun aus der Ferne nicht beurteilen und deine Mutter und Du aus der Nähe scheint euch hier ja nicht einig zu werden. Du bist nun 17 Jahre alt und durchaus sicher in der Lage die Situation zu beurteilen, allerdings tust du dies auch nur aus deinem Standpunkt heraus - was wie geschrieben von meiner Seite aus absolut nachvollziehbar ist. Ihm das anzubieten was Ihm hilft um sich zu beruhigen (das Handy deiner Mutter) scheint wirklich für Sie das Mittel zu sein, was einfach immer sicher und zuverlässig funktioniert. Das ist einfacher als in einen Konflikt zu gehen, den man nicht "gewinnen" kann - für dich macht es aber natürlich einen Unterschied!

Das der Bauernhof und das Nicht Duschen von deinem Bruder für dich ebenfalls belastend und problematisch ist, ist ebenfalls ganz klar. Ich denke jede Person würde dies nach geraumer Zeit stören. Aber auch hier scheint es so für deine Mutter wieder einfacher zu sein, sich nicht in diesen Konflikt zu begeben. Er scheint Duschen nicht wirklich gut zu finden und das wird sicher bei jedem Versuch große Lautstärke und Gegenwehr hervor rufen, wenn deine Mutter versucht, deinen Bruder zum Duschen zu motivieren. Immer Ohne Erfolg. Da gibt man dann vielleicht schnell auf!

Deine Mutter scheint viele Verhaltensweisen mit der Behinderung zu "erklären" und was genau wünscht Du dir? Was genau erwartest Du von deiner Mutter? Ich denke anders als Du: Deiner Mutter sind seine Verhaltensweisen sicher nicht gänzlich egal, wenn er dich beleidigt, dir Geld klaut, etc. sondern Sie wird nicht wirklich wissen, was Sie "noch" tun kann, um die Situation zu verändern. Ein wirkliches Gespräch mit deinem Bruder scheint ihr nicht eine Möglichkeit zu sein, die sein Verhalten verändert und Strafen für etwas wo man denkt, das er da nichts für kann, wird Sie sicherlich auch nicht tun wollen. Das kann man hier denke Ich nicht vorhalten. Anders aber: Das du dich wohler fühlen solltest und es wirklich nicht gut ist, das Du unter der Situation so zu leiden hast und als Schwester einiges gegen dich gewendet wird. Das muss sich ganz sicher verändern.

Dazu ist es auch ganz wichtig, das Du dir genug Freiräume schaffst.Treffen mit Freunden, ein Hobby, was dir gefällt, etwas neues ausprobieren und gemeinsame Aktivitäten mit anderen Familienmitgliedern oder Freunden sind wichtig, in deiner Situation. Beziehungsweise könnten wichtig werden. Ich denke, das Du da etwas für dich finden solltest, was dir gehört. Unabhängig von deinem Bruder! Unabhängig von dem, was deine Mutter sagt und macht. Einfach nur etwas, was sich einige Stunden in der Woche mit dir beschäftigt. Nur für dich! Für niemanden anderes! Vielleicht findest du da etwas, was dir gefällt? Für das was in deiner Familie passiert und inwieweit deine Mutter mit deinem Bruder überfordert ist oder auch nicht. Es ist wichtig, was DU mit dir anfängst. In erster Linie. Weiter kann man immer schauen, wie man eure Situation Zuhause verändern kann. Aber erstmal sollte es nur um dich gehen, unabhängig von dem, was dein Bruder sagt, macht, tut. Das ist sehr, sehr wichtig.

Deine Mutter hat dir "verboten" dich an das Jugendamt zu wenden - da stecken ebenfalls sehr viele Ängste hinter. Du musst dir nur einmal vorstellen, was dies für deine Mutter bedeutet, wenn das Jugendamt Einfluss nimmt. Anders als der Allgemeine Gedankengang ist es auch gar nicht so, das Du deine Mutter dort "verraten" solltest und über eure Ordnungs- Situation, bzw. der Erziehung deines Bruders nun jemanden holst beim Jugendamt, der sich um alles kümmert und eventuell beeinflusst, was mit deinem Bruder weiterhin passiert. So ist es beim Jugendamt nicht unbedingt immer zwingend gedacht und in deinem Fall, solltest du auch überhaupt nicht damit drohen können, das Jugendamt einzuschalten.

Das Jugendamt ist neben vielen anderen Aufgaben nämlich auch zu einem großen Teil damit beschäftigt Situationen einzuschätzen und dann entsprechend der Situation Entscheidungen zu fällen, wie es weitergehen kann und was Hilfeleistungen sind, die benötigt werden. Über so eine Einschätzung geht es da in erster Linie. Da hat deine Mutter natürlich viele Ängste und Sorgen, wenn das Jugendamt im Gespräch ist. Hier wird mit dem Jugendamt vielleicht auch in erster Linie überlegt, wie man deiner Mutter und deinem Bruder und Dir helfen kann. Damit das geht, müssen alle Beteiligten auch einverstanden sein, bzw. es muss Situationen zu geben, wo man auch gegen den Willen hilft - aber das ist nicht so oft der Fall, wie man glaubt. Man wird es immer versuchen, das deine Mutter bereit sein wird, Hilfe anzunehmen. Zum Wohle von ihr selbst und euch.

Wenn Du also das Jugendamt informieren möchtest, dann auch trotz des Verbotes, was deine Mutter ausgesprochen hat. Schlussendlich nicht, damit Du es deiner Mutter "zeigen" kannst, sondern damit deiner Mutter geholfen wird auch mit deinem Bruder anders zurecht zu kommen. Und neue Möglichkeiten zu finden, statt die Handynutzung. Auch, das Sie die ersten Themen und Konflikte mit deinem Bruder nicht alleine durch stehen muss, sondern Fachliche Betreuung hat. Ich rate dir hier nicht zwingend das Jugendamt aufzusuchen, weil ich deine Situation dafür zu wenig einschätzen kann: Wenn Du sagst, das es Zuhause nicht mehr auszuhalten ist für dich und deinen Bruder und deine Mutter und von allen Beteiligten ohne Fremde Hilfe kein Fortschritt geschehen wird, dann suche dir dort Hilfe - denn da hast du die Richtigen Ansprechpartner, die dich sonst auch weiter schicken könnten.

Du hast noch eine Ältere Schwester schreibst du - wie nimmt Sie die Situation wahr? Vielleicht gibt es ja die Möglichkeit das ihr euch zusammen darüber austauschen könnt und Lösungen finden könnt eure Mutter zu entlasten und für euren Bruder da zu sein. Vielleicht hat auch diese noch eine andere Einschätzung zu der Situation.

Auch kannst du jederzeit Hilfe bei Beratungsstellen suchen - das ist vielleicht manchmal ein gefühlt "weniger" großer Schritt, als sich direkt an das Jugendamt zu wenden. Langfristig, um mit der Situation Zuhause bei dir zurecht zu kommen (hier musst du selbst in dich reinhören, inwieweit dich das alles psychisch beeinflusst und runterzieht. Ein Handlungsbedarf meiner Meinung nach, besteht dann, wenn ein Leidensdruck vorhanden ist. Das scheint mir bei dir so zu sein, ob Du aber das auch genau so siehst, kannst du nur selbst beantworten) wäre es vielleicht ratsam, wenn Du dich bzgl. Psychotherapie informierst und dir einen Termin geben lässt. Das kann zeitlich etwas dauern - jedoch ist deine Situation ja auch langfristig belastend und etwas ständiges, womit Du umgehen musst. Schau gerne mal in unserer Soforthilfe vorbei:

https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html


Ich wünsche Dir in jedem Fall, Alles Liebe und Gute,
Du kannst dich jederzeit erneut melden und berichten,
Julia