Problem von Michael - 30 Jahre

Wohnung verlassen und zur Mutter wieder gezogen

Hallo Kuka Team. Ich musste Dezember 2019 meine Wohnung verlassen weil der Vermieter es für Eigenbedarf selber brauchte. Ich suchte verzweifelt nach einer neuen Wohnung, aber bei meinem Gehalt war es Schwer ne Wohnung zu finden. Meine Mutter bot mir an, erst mal wieder bei ihr einzuziehen. Ich zog bei ihr ein und fühle mich total komisch. Es fühlt sich seltsam an, das ich wieder bei meiner Mutter wohne. Sie sagte das es momentan schwer geworden ist eine Wohnung zu finden und ich wohne ja nicht kostenlos, sondern zahle Untermiete. Meine aktuelle Freundin, sagte mir das ich mich nicht schämen brauch und das es jeden erwischt hätte. Sie studiert momentan, wohnt bei ihren Eltern und arbeitet nebenbei. Ich habe meine Mutter lieb und verstehe mich gut mit ihr, sie verwöhnt mich nicht und versorge mich weiterhin selber. Ich fühle mich unwohl mit mir selber. Ich habe das Gefühl, das ich meine Selbstständigkeit verliere. Ich habe immer wieder das Gefühl das es ein Fehler war, zu meiner Mutter zu ziehen. Ich weiß einfach nicht mehr weiter, ich möchte meine Freundin damit nicht belasten und habe Angst das sie mich deshalb verlässt. Ich schäme mich, habe Angst und hasse mich, all diese Gefühle kommen und manchmal sind sie Durcheinander. Bitte liebes Kuka Team helft mir. Was kann ich tun, damit es endlich aufhört.

Lg Micha

Nuala Anwort von Nuala

Lieber Michael,

schön, dass du dich wieder an uns gewandt hast.
Ich kann deine Gefühle nachempfinden. Es ist ab einem gewissen Alter einfach unangenehm, wieder derart auf die eigenen Eltern angewiesen zu sein. Das können sicherlich alle um die 30 und älter sehr gut verstehen! Dies hat aber auch viel mit den gesellschaftlichen Vorstellungen zutun, die leider sehr einengend sein können. Vielleicht kannst du dich hier schon etwas zurücklehnen und das versuchen zu trennen. Denn du hast nichts Verwerfliches getan - du entsprichst hier einfach nur nicht der Idealvorstellung einer 30-jährigen Person in Mitteleuropa. ;)

Gleichzeitig leben wir in Zeiten, in denen die Verhältnisse heikel sein können. Es gibt viele Regionen, in denen die Mieten jenseits von Gut und Böse sind. Und dann noch eine Wohnung zu finden, die zu den eigenen Bedürfnissen passt, ist schon schwierig. Außerdem kann es einige andere Einflussfaktoren geben, die ein vorübergehendes Wohnen bei den Eltern oder Mutter/Vater nötig machen.

Ich kann jetzt schreiben: Mach dir nicht so einen Kopf, du weißt ja vom Verstand her, dass es keine Dauerlösung sein wird und alle Beteiligten kein Problem damit haben. Doch solange du selbst Schwierigkeiten mit der Akzeptanz hast, lässt sich der blöde Beigeschmack nicht abschütteln.

Es sind zwei Ebenen: Einerseits die tagtägliche Ebene, auf der du eben weißt, dass du nur vorübergehend bei deiner Mutter lebst und schon nach einer passenden Wohnung suchst (falls nicht, rate ich dir zu mehreren Suchaufträgen bei den gängigen Immobilienseiten, Kleinanzeigen im Internet und in Zeitungen aufzugeben und zu lesen, private Kontakte befragen usw.).
Andererseits deine persönliche, innere Ebene. Hier sehe ich, dass du sehr wahrscheinlich viel Energie in die Abwehr des Ist-Zustandes steckst, was dich zusätzlich schwächt. Die Lösung kann so aussehen, dass du dich in der Akzeptanz der aktuellen Verhältnisse übst. Wenn du deine Gefühle und Gedanke zulässt und nicht mehr bekämpfst, wirst du immer mehr Erleichterung spüren können. Sage dir: "Es wird sich alles fügen, wenn ich zuversichtlich bleibe.", "Ich arbeite daran, eine passende Wohnung für mich zu finden", "Ich versuche, gelassen zu sein und das Positive zu sehen". Das wird natürlich nicht sofort passieren, doch kannst du dich selbst im Alltag beobachten und immer dann, wenn du sehr negativ und ängstlich denkst, einen neuen Gedanken aufbauen. Vielleicht hilft es dir, alles aufzuschreiben, z.B. per Tagebuch.

Nicht mit deiner Freundin zu sprechen, wie es dir wirklich geht, ist eine schlechte Idee. Sie hat dir doch schon signalisiert, dass es okay und total verständlich ist, wenn ich dich richtig verstanden habe. Also ist es doch völlig logisch, auch mit ihr zu reden und dich dadurch seelisch zu erleichtern. Das ist doch eigentlich auch der Kitt in einer Partner:innenschaft, dass man sich austauscht und Anteil am Innenleben des anderen Menschen hat. Es ist eine Ressource, die du getrost nutzen kannst.
Es zeigt sogar oft, dass der Rückzug und das Verschweigen zu neuen Problemen führen können. Denn deine Freundin weiß ja sowieso Bescheid und denkt sich ihren Teil. Sie freut sich bestimmt, wenn sie von dir miteinbezogen wird und dir behilflich sein kann, etwas zu entspannen. Gib ihr doch diese Möglichkeit.
Genauso kannst du auch mit deiner Mutter sprechen - es gibt keinen Grund, sich da zurückzunehmen.

Also: Es gibt keinen Grund zur Scham, du kannst deine Kräfte jetzt bündeln und die Gegenwart annehmen. So können die Dinge wieder ins Rollen kommen und du dich wieder souverän fühlen.

Ich wünsche dir alles Gute und drücke dir die Daumen, dass du bald fündig wirst :)
Nuala