Problem von Natalie - 21 Jahre

Ich bin einfach so unendlich traurig - ich kann nicht mehr

Hallo liebes Kummerkastenteam,

ich habe euch schon öfters geschrieben, meistens ging es um meine Freunde. Mein Freundeskreis hat sich inzwischen ziemlich gewandelt und ich habe neben meinen zwei längsten Freunden, nun auch 3 Freundinnen, die für mich da sind. Denn das sind und waren meine längsten zwei Freunde ja noch nie wirklich. Nun ja an euch wende ich mich, weil ich einfach das Gefühl hatte, ich muss es jetzt einfach einmal schreiben. Ich bin seit zirka 1 Monat unendlich traurig und weiß auch warum.

Zuerst war es so, dass meine Oma an Weihnachten den Kontakt zu mir abbrach, aus Gründen, die kaum nachvollziehbar sind und hat mir vorgeworfen, dass ich in meinem Leben noch nie etwas alleine hinbekommen habe und z.B. auch bei meinem psychischen Schwindel längere Zeit zu einer Psychologin gehen musste, weil ich es alleine nicht hinbekommen habe. Durch diese und noch andere Aussagen, möchte ich den Kontakt zurzeit auch nicht mehr haben, da es mir sogar besser geht dadurch, da meine Oma meistens nur an mir herumgemeckert hat.

In meinem Job ging es mir auch schon länger nicht mehr gut, da ich als Ergotherapeutin in einem Altersheim gearbeitet habe und mir die Tätigkeit als Ergotherapeutin und der Umgang mit den alten Menschen zwar Freude bereitet hat, ich aber sowohl von meinem Chef, als auch meiner Kollegin schikaniert wurde und mein Chef es nicht gut fand, dass mir das Wohl der alten Menschen so sehr am Herzen lag und ich ergotherapeutische Tätigkeiten anwenden wollte. Dies ließ er mich wenig machen und ich konnte wenig meiner Ausbildung wirklich anwenden. Beispielsweise aus meinem Gedächtnistraining wurde rasch eine Spielegruppe gemacht mit Mensch ärgere dich nicht etc.,... was ein paar Leute ziemlich traurig fanden, die noch kognitiv fit gewesen wären. Nun ja mein Arbeitsverhältnis läuft in einer Woche aus und ich bin zwar echt froh, dort gehen zu können, aber ich habe eben noch keine andere Stelle.

Dies führt mich zu einer meiner 2 größten Sorgen, nämlich dass ich zwar ab April an einer Stelle anfangen kann, diese aber komplett im funktionellen Bereich ist, der mir überhaupt nicht gefällt, wo ich auch kein Praktikum gemacht habe und mich deswegen auch wenig im Hand und Schulterbereich auskenne - nur das Wissen aus der Ausbildung halt - was mir große Sorgen bereitet. Ich habe im letzten Monat insgesamt 26 (Initiativ)bewerbungen geschrieben und entweder hatten sie dort keine freien Stellen oder ich bekam Absagen, was natürlich deprimierend ist. Nun arbeite ich halt ab April übergangsweise im funktionellen Bereich, was mir aber eben aufgrund meines eher mangelnden Fachwissens und dass mir dieser Bereich im Studium schon nicht gefiel große Sorgen.

Meine längste Freundin, hat mich vor 1 Monat zutiefst verletzt, indem sie etwas abgezogen hat, von dem sie wusste, dass mich so etwas psychisch fertig macht. Sie hat sich zwar am Telefon entschuldigt, trotzdem musste die Initiative von mir ausgehen, bis sie das überhaupt getan hat. Seitdem ist für sie wieder alles gut und sie hat mich auch öfters gebraucht, da sie selbst Probleme hat. Ich war natürlich - Gutmütigkeit lässt grüßen - für sie da, auch wenn ich selbst gerade echt jemanden brauchen würde. Naja, wir haben uns nie wirklich ausgesprochen und ich bin was sie betrifft auch noch echt traurig und verletzt, aber trotzdem dumm und für sie da.

Dies führt mich zu meinem zweiten großen Problem. Abgsehen von Job, bin ich mit dem Rest ganz gut zurecht gekommen und klar, mir ging es nicht gut, aber ich kam halbwegs klar. Nun ist am Freitag etwas geschehen, wo es mir richtig mies geht und ich eigentlich am laufenden Band nur mehr weinen möchte. Seit fast 2 Jahren gehe ich jeden Freitag eine Dame in einem anderen Altersheim ehrenamtlich besuchen. Sie ist im Anfangsstadium der Demenz und durch meine Fachkenntnis aus dem Studium kann ich ihr da auch relativ gut helfen, gehe sie aber natürlich als Privatperson besuchen. Sie ist eine total liebe Person und freut sich jedes Mal, wenn ich auf Besuch komme und es macht mich glücklich, dass ich ihr Freude geben kann. Zum Beispiel hatte sie vor kurzem den Wunsch ihr früheres Elternhaus zu besuchen und die Pflege bat mich dies mit ihr zu tun, da sie natürlich nicht so viel Zeit hatten. Dieser Besuch hat ihr denke ich viel gegeben. Nun wollte ich sie am Freitag besuchen und erfuhr, dass sie im Krankenhaus liegt, da sie gestürzt ist und sich den Oberarm gebrochen hat. Gestern bin ich ins Krankenhaus gefahren und habe ihr Blumen mitgebracht. Als ich sie dort liegen sah, bin ich fast in Tränen ausgebrochen. Ich hätte sie fast nicht erkannt, da sie eigentlich eine sehr lebensfrohe Frau ist und nun lag sie im Bett, vollkommen sediert durch Schmerzmittel, hat mich auch nicht erkannt und konnte mir nur schwer antworten. Sie war immer sehr selbstständig und auf einmal kam eine der Pflegerinnen im KH zu mir und bat mich, ihr Essen einzugeben, da sie Schluckstörungen hatte. Ich war wirklich geschockt, zumal sie auch nicht viel aß. Trotzdem versuchte ich ihr so gut es ging Essen einzugeben und zu trinken geben. Nahm dazwischen auch ihre Hand und redete mit ihr, streichelte über ihren Kopf und merkte zumindest, dass sie sich freute, dass ich da war. Mir fiel es richtig schwer zu gehen, aber sie war einfach sehr müde und ich merkte, dass es besser war nach einer Stunde zu gehen. Als ich das Krankenhaus verließ musste ich richtiggehend meine Tränen zurückhalten, da es mich wirklich schockiert hatte, sie so zu sehen. Am Montag wird die operiert und ich habe wirklich Angst, dass sie die Narkose nicht überlebt, da sie ja doch schon fast 100 Jahre ist. Dieser Gedanke alleine treibt mir schon wieder Tränen in die Augen, da ich weiß wie gern sie 100 werden würde, damit ihr der Bürgermeister Blumen vorbei bringt. Wenn sie stirbt, wüsste ich echt nicht wie ich damit fertig werden sollte, da sie für mich wie eine Oma ist und auch zu mir immer gesagt hat, dass ich wie eine Enkelin für sie bin, weil ich sie jede Woche besuchen komme.

Nun ja, leider bin ich mit meinen Sorgen da allein, da meine Freunde zwar jobtechnisch für mich da sind, aber das mit der alten Dame gar nicht verstehen und nur meinen, dass ich wusste worauf ich mich einlasse, wenn ich sie besuche. Und von meiner Familie kommt generell nur Druck zwecks Job. Und das hilft mir ehrlich gesagt nicht. Ich bräuchte so dringend einfach jemanden, der mich in den Arm nimmt und mir sagt, dass er immer für mich da ist, aber da ist einfach niemand. Sobald es Frühjahrskätzchen gibt und diese 12 Wochen bei ihrer Mutter waren, werde ich mir dort zwei holen, denen ich ein schönes Zuhause geben kann und die mich vielleicht auch trösten, da ich davon ja leider wenig erfahre.

Ich will hier wirklich nicht jammern und schon gar nicht in Selbstmitleid versinken und weiß natürlich auch, dass es Menschen gibt, denen es viel schlechter wie mir geht, aber ich verstehe es echt einfach nicht, ich gebe jedem so viel und versuche wirklich für jeden da zu sein, aber trotzdem kommt es mir gerade nur so vor, als ob mir das Leben Lektionen erteilen möchte.

Ich weiß einfach nicht mehr weiter, bin so unendlich traurig und möchte nur mehr weinen, aber ich kann nicht. Ich weiß, wenn ich jetzt weinen würde, könnte ich nicht mehr aufhören.

Vielleicht habt ihr ja die Zeit euch dieses ewiglange Probleme überhaupt durchzulesen und mir ein paar Tipps zu geben. Falls nicht, möchte ich mich trotzdem bedanken, da es mir schon ein wenig geholfen hat, alles nieder zu schreiben.

Liebe Grüße
Natale

Stephanie Anwort von Stephanie

Hallo liebe Natalie,

ich freue mich wieder von dir zu lesen. Bitte entschuldige das du etwas warten musstest. Das mit deiner Oma tut mir wirklich sehr leid, aber manchmal ist man wirklich machtlos und man kann erklären und reden was man möchte. Man kann an der Situation leider gerade nichts ändern. Falls du doch noch einmal einen Schritt auf sie zugehen möchtest, würde ich ihr einen Brief schreiben in dem du ihr zeigst das du sie trotz allem lieb hast aber keine Kraft mehr hast um dich mit ihr zu streiten. Ob es angenommen wird oder etwas ändert kann ich dir leider nicht sagen. Ich kenne so etwas aber aus der eigenen Familie.
Es ist auch traurig zu lesen das du bei der Arbeit solche Erfahrungen machen musst. Heutzutage steht wirklich mehr durch Zeitdruck in solchen Berufen nur das erledigen der Pflichtaufgaben auf dem Programm. Das Menschliche bleibt auf der Strecke obwohl ich der Meinung bin das gerade ältere Menschen die Zeit die ihnen noch bleibt, glücklich verbringen sollten. Auch da erkenne ich mich wieder. Ich helfe sehr gerne älteren Menschen auch wenn ich oft genug selbst um die Ohren habe. Aber Menschen wie du und ich haben das Herz am rechten Fleck und das zählt. Mach weiter so, die älteren Menschen sind dir unendlich dankbar denn meist sind es solche wie du die ihnen mehr Liebe geben in den letzten Tagen/Jahren als die eigene Familie.
Du fängst nun bald einen neuen Bereich an. Bitte versuch es erstmal und vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm wie du jetzt denkst. Vor neuem hat man immer etwas Angst, aber was ist wenn es dir doch Spaß macht? Du vieles dazu lernst und es dich weiter bringt? Ansonsten würde ich an deiner Stelle die Hoffnung nicht aufgeben und mich weiter bewerben für deinen Wunschbereich. Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen.
Das du noch verletzt bist wegen dem Verhalten deiner Freundin ist nachzuvollziehen. Aber entweder redest du noch einmal mit ihr das es dich noch immer so verletzt oder du versuchst zu verzeihen und vergessen. Wie du dich entscheidest liegt ganz bei dir, das kann ich dir leider nicht abnehmen.
Das du ehrenamtlich diese Damen besuchst, finde ich großartig. Damit machst du sie zu einem glücklichen Menschen, denn das meinte ich vorhin. Manchmal sind fremde Menschen mehr für die älteren da als die eigene Familie. Ich drücke wirklich von ganzem Herzen die Daumen das sie die OP gut überstanden hat. Es wäre wirklich toll wenn du mir schreiben würdest ob alles gut gegangen ist. Auch das du dir Katzen holen möchtest finde ich super denn Tiere können viel Liebe zurück geben denn sie sind Treue Begleiter für dein Leben.
Aber weißt du was ich die ganze Zeit gerne machen würde? Dich mal ganz lieb in den Arm nehmen. Du bist eine tolle starke Frau. Von dir sollte es viel mehr geben. Menschen die nicht nur an sich denken sondern Herz und Augen öffnen um zu sehen das andere Hilfe brauchen. Auch wenn jetzt gerade alles nicht so gut läuft und sich alles so schwer anfühlt, denke bitte immer daran wie wertvoll du bist und wie sehr du gebraucht wirst. Ich wünsche mir wirklich für dich das du auch wieder den Regenbogen sehen kannst mit einem Lächeln im Gesicht und im Herzen. Kämpfe für das was du liebst und lass dich nicht unterkriegen.

Ich wünsche dir alles Liebe und ich freue mich wieder von dir zu lesen

Stephanie