Problem von Anna - 35 Jahre

Freund ist noch verheiratet und redet nicht darüber

Guten Tag,
mein Freund und ich sind seit 1 Jahr zusammen und wohnen seit 10 Monaten gemeinsam in meiner Wohnung.
Er ist noch verheiratet, seit 4 Jahren inzwischen. Mit seiner Ehefrau hat er ein Kind, 2 Jahre.
Sein Kind war in den letzten 10 Monaten noch nie bei uns, ich kenne ihn also nicht. Fragen zum Umgang oder ob der Kleine mal zu uns zu Besuch kommen darf, beantwortet er genervt oder einfach gar nicht. Er besucht 1 mal pro Woche den Kleinen bei seiner Frau.
Wenn ich ihn zum Stand der Scheidung anspreche dann folgt ebenso nur Stille. Er macht das schon, er regelt das, das ist sein Bier, darüber muss ich mir nicht den Kopf zerbrechen. Ich habe nie irgendwelche Unterlagen gesehen, ob er die Scheidung überhaupt eingereicht hat. Auch kenne ich den stand derzeit nicht was er an Unterhalt bezahlt.
Seine Ehefrau lebt noch immer in der gemeinsamen Wohnung, die er allein bezahlt. Bei mir bezahlt er deshalb überhaupt keinen mietanteil. Ich fühle mich langsam sehr hingehalten und bin oft traurig. Er redet einfach nicht mit mir und bezieht mich nicht mit ein.
Sein Handy versteckt er oft, hat es lautlos und nimmt es mit zur Toilette. Er wirkt auf mich nicht offen. Zu seiner Frau habe ich keinen Kontakt, seine Eltern habe ich einmal getroffen, dort hat er mich vorgestellt vor ca 4 Monaten.
Bin ich ungeduldig? Wieso fühle ich mich so ausgeschlossen?

Sarah B. Anwort von Sarah B.

Hallo liebe Anna,
vielen Dank für deine Zuschrift und dein Vertrauen in uns.

Ich verstehe deine Verzweiflung bezüglich der Situation, aber ich möchte, dass wir das Ganze mal möglichst rational betrachten, okay?
Ich denke man darf und sollte nicht automatisch davon ausgehen, dass er dich und deine Gefühle nicht ernst nimmt oder du ihm nicht wichtig (genug) bist.
Er befindet sich vermutlich in einem enormen Zwiespalt. Auf der einen Seite sind seine Noch-Ehefrau und sein Kind auf der anderen Seite bist du, die neue Partnerin.
Es ist nicht leicht beiden Seiten gerecht zu werden und sie miteinander zu vereinen.
Dadurch, dass ein Kind involviert ist, wird er zwangsläufig in den nächsten Jahren Kontakt zu der Mutter haben.
Und eventuell hat er noch Scheu davor euch miteinander bekannt zu machen.
Es könnte ja sein, dass ihr euch nicht versteht; er dadurch öfter mal gezwungen wird Partei zu ergreifen etc.
Wie lange war er von seiner Frau getrennt, bevor ihr beide zusammen gekommen seid?
Haben sie sich im Guten oder vielleicht sogar wegen dir getrennt? Je nachdem könnte seine Noch-Ehefrau auch diejenige sein, die das gegenseitige Kennenlernen bisher unterbunden hat.
Und er fügt sich dem, weil er fürchtet ansonsten "unnötigen" Stress mit ihr zu bekommen.
Darüber kann ich natürlich nur spekulieren, das waren jetzt Gründe, die ich von anderen Betroffenen in ähnlichen Situationen kenne.

Unabhängig davon ist eine Scheidung eine große Sache, sowohl in emotionaler, als auch in finanzieller Hinsicht. Vielleicht ist er für diesen Schritt noch nicht bereit.
Man beendet damit ein wichtiges Kapitel im Leben und muss daher in der Lage sein damit umgehen zu können.
Bitte nicht falsch verstehen, ich meine das nicht in Bezug auf dich. Sprich, dass er an dir/euch zweifelt oder ähnliches.

Es ist schade, dass er dich nicht an seinen Gedanken teilhaben lässt. Ich gebe ihm nicht Unrecht. Die Scheidung an sich ist sein Bier, aber dass er dich komplett außen vor lässt, finde ich dir gegenüber nicht fair, vor allem nicht, weil er in deiner Wohnung lebt.
Ich würde vorschlagen ihn nochmal in einer ruhigen Minute auf das Thema anzusprechen.
Aber dann am besten nicht direkt fragen, ob er nun endlich die Scheidung eingereicht hat etc., sondern vielmehr ihm mitteilen, dass du ihn diesbezüglich nicht drängen möchtest, du ihn lediglich wissen lassen möchtest, dass du ihn unterstützt und ihm die Zeit gibst, die er braucht.
Sag ihm aber auch, wie DU dich fühlst. Dass du dich ausgeschlossen fühlst etc.
Es ist völlig in Ordnung, dass er mit der Situation z.B. überfordert ist, aber es steht auch dir zu ihm zu sagen, wie du das Ganze erlebst.
In Bezug auf das Finanzielle sollte auch eine Lösung gefunden werden. Beteiligt er sich an den laufenden Kosten? Oder bleibt alles an dir hängen?

Dass du das Kind noch nicht kennen gelernt hast, empfinde ich ehrlich gesagt nicht als negativ.
Ich würde raten, dass du zunächst seine Ex kennen lernst. Am besten in einer neutralen Umgebung und ohne Zeitdruck.
Wir wissen ja wie gesagt leider nicht, wie sie dazu steht, daher wäre es nicht schlecht, wenn sie sich ein Bild von dir machen könnte.
Ich denke, wenn das Treffen gut läuft sind Bereitschaft und Einverständnis für ein Kennenlernen zwischen dir und dem Kind wesentlich größer als ohne. Für sie wird es vermutlich wichtig sein zu wissen, dass ihr Kind in deiner Obhut gut aufgehoben ist und sie sich keine Sorgen machen muss, wenn er bei euch zu Besuch ist.

Ich weiß, dass das viel ist, was da auf euch zukommt. Aber es ist nunmal immer eine andere Hausnummer, wenn ein Kind involviert ist. Und dann ist es umso wichtiger, dass die Beteiligten an einem Strang ziehen.
Das ist nicht nur das Beste für das Kind, sondern für alle.
In den nächsten Jahren stehen ja noch einige wichtige Ereignisse wie Einschulung, Auftritte, Kommunion/Konfirmation etc. an. Es ist doch schöner für jeden von euch, wenn man das ohne Groll erleben und miteinander teilen kann.
Natürlich müssen du und sie nicht die besten Freundinnen werden, aber ich hoffe ihr schafft es das große Ganze im Auge zu behalten und so gut wie möglich miteinander auszukommen.

Ich hoffe sehr, dass ihr drei gemeinsam einen Weg findet, mit dem ihr euch wohlfühlt und bei dem keiner zu kurz kommt.
Setzt euch zusammen und besprecht alles in Ruhe.
Dabei darf dein Freund dich nicht außen vorlassen, du bist seine Partnerin und daher ein Teil davon.

Liebe Anna, ich hoffe sehr, dass ich dir weiterhelfen konnte. Melde dich gerne nochmal und erzähle wie es weitergegangen ist.
Ich wünsche euch von Herzen alles Gute und, dass sich alles so entwickelt, wie es für euch richtig ist.

Viele Grüße,
Sarah