Problem von Anonym - 16 Jahre

Ein Freund hat sich umgebracht

Also ich fang mal ganz von vorne an.
Vor 1 1/2 Jahren hab ich mich mit ein paar Mädchen aus dem Jahrgang unter mir angefreundet. Die drei waren mit diesen einen Jungen befreundet. Irgendwo wusste jeder, dass es ihm nicht gut ging. Ich hab ab und zu mit ihm geredet, schon alleine weil wir viele gemeinsame Freunde hatten. Die Lehrer wussten dass es ihm nicht gut geht, weil es kein sehr großes geheimnis war. Kein Lehrer hat sich jemals darum gekümmert geschweige denn mal nachgefragt. Sie wurden ab und zu mal darauf aufmerksam gemacht, dass man sich um diesen Jungen sorgt. Es wurde nie etwas getan. Heute wurde mir gesagt, dass er sich das Leben genommen hat. Ich selbst habe seit 4, fast 5 Jahren depressionen und viele andere Psychische Erkrankungen. Ich war soweit aus meinen Suizidgedanken draußen. Diese Situation hat jetzt irgendwie alles geändert. Wir standen uns weder nahe noch hatten wir jemals regelmäßigen Kontakt, trotzdem trifft es mich so.
Mein Kopf ist jetzt zwischen „ich mach’s auch, es ist eine lösung“ und „ich schaff es. ich will meine träume leben und nicht für noch mehr schmerz sorgen“. Es ist ziemlich ausgeglichen bisher, aber wie ich mich kenne, überwiegt der gedanke zum Suizid irgendwann. Ich möchte nicht wieder in die Klinik gehen müssen. Die Praxis meiner Therapeutin ist momentan leider geschlossen, sonst würde ich dorthin. Ich habe große angst davor, was passiert wenn es wieder soweit ist.

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Ich möchte mich bei dir für die verspätete Antwort entschuldigen.
Vielleicht hatte die lange Zeit aber auch ihr Gutes - denn der erste Schock, den du nach dieser schrecklichen Nachricht erlitten hast, ist vermutlich schon schwächer geworden. Im besten Fall konntest du bereits mehrmals mit deiner Therapeutin über all deine Empfindungen sprechen, die dich seit dem Tod des Jungen bewegen. Wenn nicht, fasse dir bitte ein Herz und vertraue dich ihr an (eine gute vertrauensvolle Beziehung vorausgesetzt, ansonsten wäre es angebracht, dass du dir eine:n neue:n Therapeut:in suchen würdest).

Ich hatte als Jugendliche ebenfalls die Konfrontation mit der Tatsache, dass sich ein Kumpel von mir umgebracht hatte. Das hat mich auch sehr mitgenommen und noch lange beschäftigt. Die Trauer kam dann situativ immer wieder hoch und oftmals dachte ich, ihn irgendwo in einer Menschenmenge zu entdecken.
Ich möchte dir mit auf den Weg geben, dass du so lange und so ausgiebig um diesen Menschen trauern kannst, wie es für dich passend ist. Hierzu verlinke ich dir noch ein paar Zuschriften zum Weiterlesen.
Lasse bitte all deine Tränen fließen, schreibe deinen Kummer auf, sprich mit den anderen Jugendlichen. Auch sie werden davon profitieren. Vielleicht könnt ihr euch dadurch gegenseitig Halt geben.

Letztlich ist es sehr tragisch, dass sich die Erwachsenen in eurem (schulischen) Umfeld nicht engagiert haben. Ich bin mir sicher, dass man mit Wärme und Fürsorge einiges hätte abwenden können. Umso mehr bleibt zu hoffen, dass diejenigen, die zu sehr weggeschaut haben, ab sofort aufmerksamer und mutiger handeln. Und du kannst alle, bei denen du den Verdacht hast, zu wenig zu unternehmen, extra auf ihre Verantwortung hinweisen. Wir alle tragen Verantwortung füreinander, die Erwachsenen natürlich im besonderen Maße für alle Heranwachsenden. Und auch wenn es unangenehm ist und hilflos machen kann: Jeder einzelne Mensch, dem es schlecht geht, benötigt mindestens ein offenes Ohr! Hier dürfen sich alle Eltern, Erzieher:innen, Lehrer:innen usw. an die Nase fassen und bei sich selbst beginnen: Ihre Gefühle spüren, reflektieren und zugewandt und ehrlich miteinander sein.

Du scheinst selbst sehr hilfsbedürftig zu sein. Vielleicht gibt es außer deiner Therapeutin noch Anlaufstellen, welche dir Halt und Kraft geben können. Manchmal kann das schon der regelmäßige Besuch in einem Jugendzentrum sein, die Mitgliedschaft in einem Verein, der nähere Kontakt zu bestimmten Verwandten... und du selbst kannst dir ganz zentral ein Anker sein, der dir Sicherheit und Stabilität gibt. Du kannst dich selbst halten und beschützen. Du kannst dich aktiv dafür entscheiden, dich dem Leben mit seinen strahlenden Seiten zuzuwenden, anstatt an Suizid zu denken. Hier kommt es wirklich sehr massiv auf deine Gedankengänge an. Je mehr du an Suizid, Gewalt, Schlechtes auf der Welt etc. denkst, desto mehr verfinstert sich sozusagen in dir, zieht deine Stimmung herunter und schafft so einen Teufelskreislauf aus deprimierenden Empfindungen. Wenn du auf Negatives "gepolt" bist, wird es schwierig, all das Schöne wahrzunehmen. Und das gibt es faktisch ja. Es ist für alle Menschen da, also auch für dich! Du kannst dir deine Träume erfüllen und an das Gute glauben. Es sind kleine Dinge, die sich dann bewegen. Und dann auch große. Erlaube dir deshalb, an dich, an deine Mitmenschen und an gute Ausgänge zu glauben. Erlaube dir, deinen Sehnsüchten nachzugehen und dich selbst zu verwirklichen. Bitte gib dich nicht auf. Wir brauchen dich im Hier und Jetzt. Du bist einzigartig und kostbar. Also lass dein inneres Licht strahlen und erhelle damit das Dunkel. Ich glaube ganz fest an dich und an deine Kraft.

Alles Liebe,
Nuala

PS: Hier kommen noch die versprochenen Links.
--> Tod, Trauer:
* https://mein-kummerkasten.de/332334/Sterbefall.html
* https://mein-kummerkasten.de/index.php/260725/Papa-3.html
* https://mein-kummerkasten.de/index.php/288009/Ich-kann-den-Tod-meines-Opas-nicht-verkraften.html
* https://mein-kummerkasten.de/332615/Trauer-wegen-dem-Tod.html
* https://mein-kummerkasten.de/332371/Suizid-einer-Freundin.html
--> Psyche, Selbsthilfe:
* https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/depression-in-verschiedenen-facetten/suizidalitaet
* https://mein-kummerkasten.de/331849/Mein-Freund-die-deprission.html
* https://mein-kummerkasten.de/332170/Einsamer-Teenie.html
* https://mein-kummerkasten.de/331932/Ich-fuehle-mich-leer.html
* https://mein-kummerkasten.de/331911/ICH.html
* https://mein-kummerkasten.de/331908/Angst-alle-im-leben-zu-verlieren.html
* https://mein-kummerkasten.de/332016/Habe-mein-Leben-voll-gegen-die-Wand-gefahren.html