Problem von Elias - 17 Jahre

Ich bin trans* und hab Angst vor meinen Coming Out

Hallo. Mein Name ist Elias und ich habe vor einem Jahr für mich selbst realisiert das ich trans* bin. Ich wurde als Mädchen geboren, allerdings identifizierte ich mich nie als dies und besuche jetzt aktuell eine Therapeutin.
Die Sache ist, ich hab mein Coming Out noch vor mir. Ich habe mir überlegt, für das nächste Schuljahr (ich lebe in Bayern und hab grad die letzte Woche Schule) in die Parallelklasse zu wechseln da meine aktuellen Klassenkamerad*innen regelmäßregelmäßig transphobe Kommentare abgeben. Die Sache ist, meine Eltern sind sehr christlich und glauben, trans* Menschen sind vom Teufel geschaffen. Ist es möglich mich in der Schule zu outen bevor ich 18 werde ohne das meine Eltern was davon mitbekommen?? Und kann die Schule mich als Junge leben lassen selbst wenn meine Eltern dagegen sind?

Nuala Anwort von Nuala

Lieber Elias,

leider kommt meine Antwort verspätet, ist aber möglicherweise trotzdem noch relevant für dich!

Ich denke, du musst hier zwischen der rechtlichen und der sozialen/gesellschaftlichen Seite unterscheiden. Wenn du 18 Jahre alt geworden bist, sieht die Sache natürlich ganz anders aus als noch mit 17. Ich kann dir leider nichts zu den rechtlichen Aspekten sagen, vermute aber, dass du ohne Geschlechtsangleichung keine Umtragung in der Schule erwirken kannst, schon gar nicht heimlich.

Ich frage mich, warum du dich jetzt gleich outen möchtest - ist es ein Grundbedürfnis, das du unabhängig von deinem momentanen Ausbildungsort (Schule) hast oder geht es dir konkret um die spezifische schulische Situation?
Ich frage das deswegen, weil ich einerseits immer finde, dass man zu sich stehen soll und ein Outing wichtig und gut ist, wenn man es sich wirklich wünscht. Ich finde andererseits aber genauso, dass man sich gut überlegen sollte, wann und wie man es tut und ob man sich zum jeweiligen Zeitpunkt wirklich einen Gefallen damit tun würde. Sprich: Du hast schon viel Ablehnung in deiner alten Klasse erfahren. Das ist Stress. Dazu noch deine Eltern - und die schulischen Anforderungen, da du kurz vor deinem Abschluss stehst. Da gilt es abzuwägen, was dir mehr Kraft geben oder rauben würde - das Outen oder das Verschweigen? Vielleicht wäre es klüger, dies nach der Schule zu tun, wenn du ggf. auch wegziehst für eine Ausbildung oder ein Studium. So könntest du gleich auch die räumliche Distanz zu deinen Eltern zu deinem Vorteil nutzen.
Wenn du aber sagst: Ich möchte das jetzt, das fühlt sich stimmig für mich an!, dann würde ich dir raten, gemeinsam mit deiner Therapeutin und am besten noch Fachpersonen aus dem Beratungsbereich (z.B. innerhalb einer Kinder-und Jugendberatungsstelle oder sogar einer Beratungsstelle für queere Jugendliche etc.) einen Plan zu erarbeiten, wie dein Outing möglichst angenehm und "geschickt" für dich angebahnt und vollzogen werden kann.
Außerdem glaube ich, dass dein Outing angenehmer für dich werden kann, wenn du dich vorher gut mit anderen trans*-Personen vernetzt bzw. dich emotional sehr gut vorbereitest. Sprich am besten mit engen Freund:innen, anderen Betroffenen etc., wie es dir damit geht und welche Empfindungen dich begleiten. Ich empfehle auch immer wieder gern das queere Lexikon und den dazugehörigen Kummerkasten: https://queer-lexikon.net/ --> Dort gibt es bestimmt auch viele Antworten auf deine rechtlichen Fragen.

Ich wünsche dir alles Liebe,
Nuala